VwGH 94/03/0069

VwGH94/03/006924.1.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Gruber, Dr. Gall und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerde der F Gesellschaft m.b.H. in S, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 4. Februar 1994, Zl. VI/4-J-341, betreffend Jagdgebietsfeststellung (mitbeteiligte Partei: Jagdgenossenschaft S, vertreten durch den Obmann R), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §52;
AVG §56;
JagdG NÖ 1974 §6 Abs1;
JagdG NÖ 1974 §6 Abs2;
JagdG NÖ 1974 §9 Abs2;
JagdRallg;
VwRallg;
AVG §52;
AVG §56;
JagdG NÖ 1974 §6 Abs1;
JagdG NÖ 1974 §6 Abs2;
JagdG NÖ 1974 §9 Abs2;
JagdRallg;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 27. Oktober 1992 stellte die Bezirkshauptmannschaft Amstetten die Jagdgebiete in den Katastralgemeinden K und S für die Dauer der Jagdperiode vom 1. Jänner 1993 bis zum 31. Dezember 2001 fest, wobei unter Spruchpunkt 7 bestimmt bezeichnete Grundstücke im Gesamtausmaß von 153,1696 ha als Eigenjagdgebiet ("P") der Beschwerdeführerin anerkannt wurden und zugunsten der Eigenjagdberechtigten hinsichtlich eines Jagdeinschlusses von 30,4236 ha ein Vorpachtrecht festgestellt wurde.

Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung der mitbeteiligten Partei gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid Folge, indem sie den erstinstanzlichen Bescheid hinsichtlich des Spruchpunktes 7 aufhob und den Antrag der Beschwerdeführerin auf Zuerkennung der Eigenjagdbefugnis sowie der Vorpachtrechte abwies. Zur Begründung wird im angefochtenen Bescheid im wesentlichen ausgeführt, der Besitz "P" der Beschwerdeführerin bestehe aus einem nördlichen Teil im Ausmaß von ca. 108 ha und einem südlichen Teil im Ausmaß von ca. 42 ha. Beide Teile würden durch eine im Eigentum der Beschwerdeführerin stehende Verbindungsfläche verbunden, die eine Länge von 350 m und eine durchschnittliche Breite von 115 m aufweise. Diese - von Südwesten nach Nordosten ausgerichtete - Verbindungsfläche habe im Westen eine Engstelle von 20 m Breite und im Nordosten eine solche von 35 m Breite. Diese Verbindungsfläche sei als Längenzug anzusehen, weil die Längsausdehnung die Breite wesentlich überschreite. Die belangte Behörde habe geprüft, ob der Längenzug infolge seiner Breite und seiner übrigen Gestaltung für die zweckmäßige Ausübung der Jagd geeignet sei. Nach dem schlüssigen Gutachten des jagdfachlichen Sachverständigen sei eine derartige Eignung nicht gegeben. Eine sichere Schußabgabe sei nämlich nur schwer möglich, beschossene Stücke würden überdies erst in der Nachbarjagd zusammenbrechen und verenden. Nach Ansicht der belangten Behörde könne eine Eignung zur zweckmäßigen Ausübung der Jagd nicht gegeben sein, wenn es bei der Schußabgabe zur Verletzung von Nachbarrechten komme und es dem Zufall überlassen bleibe, ob das beschossene Wild noch im eigenen Jagdgebiet zustande gebracht werden könne. Aus dem von der Beschwerdeführerin vorgelegten Privatgutachten ergebe sich, daß unter Berücksichtigung eines ausreichenden Kugelfanges sowohl der Schrotschuß als auch der Kugelschuß möglich sei. Bei Berechnung des Gefahrenbereiches des Schrotschusses gehe die belangte Behörde von einer seitlichen Ausstrahlung von 100 bis 150 m aus; beim Kugelschuß, der im Hinblick auf das als hauptsächlich vorkommende Rehwild vorrangig zur Anwendung komme, sei der Gefahrenbereich noch wesentlich höher.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich verletzt im Recht auf Anerkennung ihrer Grundstücke als Eigenjagdgebiet.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 6 Abs. 1 des Niederösterreichischen Jagdgesetzes 1974, LGBl. 6500 (JG), steht die Befugnis zur Eigenjagd in der Regel dem Eigentümer einer zusammenhängenden Grundfläche von mindestens 115 Hektar zu, welche eine für die zweckmäßige Ausübung der Jagd geeignete Gestaltung und insbesondere Breite besitzt (Eigenjagdgebiet).

Werden Teile einer Grundfläche durch den Längenzug von Grundstücken, die zwischen fremden Gründen liegen, verbunden, so wird dadurch gemäß § 9 Abs. 2 JG der für die Bildung eines Eigenjagdgebietes erforderliche Zusammenhang nur dann hergestellt, wenn die die Verbindung bildenden Grundstücke infolge ihrer Breite und übrigen Gestaltung für die zweckmäßige Ausübung der Jagd geeignet sind.

Die Beschwerdeführerin bringt vor, nicht die Jagdgenossenschaft S, sondern deren Obmann persönlich habe sich in einem als Einspruch bezeichneten Schreiben gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft gewandt; dem Obmann der Jagdgenossenschaft komme aber die Berechtigung, gegen den Bescheid betreffend Jagdgebietsfeststellung zu remonstrieren, nicht zu. Diesem Vorbringen ist zu entgegnen, daß die als "Einspruch" bezeichnete Eingabe vom 9. November 1992 von "R Obmann der Jagdgenossenschaft S" gezeichnet ist. Da R sohin als Organwalter des zur Vertretung der Jagdgenossenschaft befugten Organes aufgetreten ist, kann es der Verwaltungsgerichtshof nicht als rechtswidrig erkennen, daß die belangte Behörde seinen "Einspruch" der Jagdgenossenschaft zugerechnet hat.

Nach der Aktenlage hat R den erstinstanzlichen Bescheid für die Jagdgenossenschaft S am 29. Oktober 1992 übernommen. Da der "Einspruch" vom 9. November 1992 am 10. November 1992 bei der Bezirkshauptmannschaft Amstetten eingegangen ist, sind die Bedenken der Beschwerdeführerin gegen die Rechtzeitigkeit der Berufung nicht begründet.

Im gegenständlichen Fall wird die strittige Verbindungsfläche durch die Grundstücke 197/3, 197/2, 197/4, 194/2, 193/2 und 191/3, je KG K, gebildet. Die Verbindungsfläche grenzt an das zum südlichen Teil des Besitzes "P" gehörende Grundstück 200 KG K und an das zum nördlichen Teil dieses Besitzes gehörende Grundstück 169/2.

Ein "Längenzug von Grundstücken" ist eine solche Grundfläche, deren Längsausdehnung die Breite wesentlich überwiegt (vgl. hg. Erkenntnis vom 23. März 1973, Zl. 1633/72, für ein Verbindungsstück mit einer Breite zwischen 58 m und 74 m sowie einer Länge von 147 m).

Unter dem Gesetzesbegriff des Grundstückes ist grundsätzlich eine Parzelle als katastermäßige Einheit zu verstehen (vgl. hg. Erkenntnis vom 20. September 1989, Zl. 88/03/0245). Ein "Längenzug von Grundstücken", wie er in § 9 Abs. 2 JG geregelt ist, kann nur angenommen werden, wenn mindestens drei selbständige Grundstücke vorhanden sind, von denen das eine (der Längenzug) die Verbindung zwischen den beiden anderen herstellt (siehe hg. Erkenntnis vom 24. Mai 1989, Zl. 89/03/0038, zur vergleichbaren Bestimmung des Salzburger Jagdgesetzes). Ein Längenzug von Grundstücken kann allerdings auch dann vorliegen, wenn die Verbindungsfläche durch mehrere (nebeneinanderliegende bzw. hintereinanderliegende) Grundstücke (Parzellen) gebildet wird; diesfalls muß für die gesamte (aus mehreren Parzellen bestehende) Verbindungsfläche gelten, daß die Längsausdehnung die Breite wesentlich überwiegt.

Die gegenständliche Verbindungsfläche weist eine Länge von ca. 350 m und eine durchschnittliche Breite von 115 m auf. Bei diesem Verhältnis von Länge und Breite konnte die belangte Behörde unbedenklich von einem Längenzug ausgehen (vgl. hg. Erkenntnis Zl. 1633/72).

Nach § 9 Abs. 2 JG ist sodann zu beurteilen, ob die eine Verbindung herstellende Fläche infolge ihrer Breite und übrigen Gestaltung für eine zweckmäßige Ausübung der Jagd geeignet ist; dabei handelt es sich um eine Fachfrage, die unter Beiziehung eines Sachverständigen beantwortet werden muß (vgl. hg. Erkenntnis vom 2. Juli 1980, Zl. 1527/78).

Der jagdfachliche Amtssachverständige hat in seinem Gutachten die Eignung des Verbindungsstückes für die zweckmäßige Ausübung der Jagd verneint und auf die Gefahr hingewiesen, daß im Verbindungsstück beschossene Stücke erst in der Nachbarjagd zusammenbrechen und verenden. Die Beschwerdeführerin hat zwar in der Folge ein Privatgutachten vorgelegt, in dem zu dieser Frage ausgeführt wird, daß beim heutigen Stand der Technik und bei weidgerechter Bejagung davon ausgegangen werden müsse, daß Wildstücke am Anschuß oder zumindest nicht weit davon zu liegen kämen und aufwendige Nachsuchen, welche fallweise auch über mehrere Jagdgebietsgrenzen erforderlich sein könnten, eher selten seien. Die Annahme des Amtssachverständigen, daß bei einer durchschnittlich 115 m breiten Fläche in hohem Ausmaß damit gerechnet werden müsse, daß beschossenes Wild in die benachbarten Gebiete abstreiche bzw. flüchte und damit Wildfolgeprobleme in weit höherem Ausmaß provoziert würden als bei einem arrondierten Gebiet, erscheint dem Verwaltungsgerichtshof schlüssig und durch das Privatgutachten nicht widerlegt. Wenn die belangte Behörde gestützt auf das Gutachten des Amtssachverständigen und unter Hinweis auf den Gefahrenbereich beim Schrot- und Kugelschuß die Eignung des gegenständlichen Längenzuges für eine zweckmäßige Ausübung der Jagd verneint hat, so hält diese Beweiswürdigung der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle stand. Entgegen dem Beschwerdevorbringen hat es die belangte Behörde - zu Recht - nicht als entscheidend angesehen, ob bzw. über welche Flächen eine Wildkommunikation zwischen dem nördlichen und dem südlichen Teil des Besitzes "P" bestehe; es hat daher für die belangte Behörde auch keine Verpflichtung bestanden, die zu diesem Beweisthema angebotenen Auskunftspersonen zu hören. Soweit die Beschwerde die Fallenjagd auf Füchse erwähnt, sei darauf verwiesen, daß auch nach dem im Verwaltungsverfahren von der Beschwerdeführerin beigebrachten Privatgutachten das Rehwild die Hauptwildart des betroffenen Gebietes darstellt.

Was schließlich den Beschwerdeeinwand betrifft, der betreffende Besitz sei seit 60 Jahren als Eigenjagdgebiet anerkannt, ist zu entgegnen, daß die bescheidmäßige Anerkennung als Eigenjagdgebiet nur für die jeweilige Jagdperiode gilt (vgl. die bei Gürtler/Döltl, Das niederösterreichische Jagdrecht, 37f, zitierte hg. Rechtsprechung). Die von der Beschwerdeführerin behauptete Effektivität der Jagdausübung in der Vergangenheit war im gegenständlichen Verfahren nicht zu prüfen, zumal wegen der westlich an den Längenzug angrenzenden Vorpachtfläche andere jagdliche Verhältnisse gegeben waren; ob eine Verbindungsfläche i.S.d. § 9 Abs. 2 JG zur zweckmäßigen Ausübung der Jagd geeignet ist, muß aber ohne Berücksichtigung von Vorpachtflächen beurteilt werden.

Da die Beschwerdeführerin sohin durch den angefochtenen Bescheid nicht in ihren Rechten verletzt ist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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