Normen
AVG §56;
AVG §59 Abs1;
AVG §68 Abs1;
BDG 1979 §75 Abs1;
BDG 1979 §75 Abs3;
AVG §56;
AVG §59 Abs1;
AVG §68 Abs1;
BDG 1979 §75 Abs1;
BDG 1979 §75 Abs3;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin steht als Oberkommissärin in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Ihre Dienststelle ist die Bundesversuchs- und Forschungsanstalt Arsenal.
Mit Schreiben vom 12. Dezember 1990 und vom 24. Jänner 1991 - zu diesem Zeitpunkt war sie noch als Beamtin der Verwendungsgruppe B am Institut für Psychologie der Universität Innsbruck beschäftigt - ersuchte die Beschwerdeführerin um Gewährung eines Karenzurlaubes. Dies mit der Begründung, sie habe nebenberuflich Jus studiert und dieses Studium im Oktober 1990 abgeschlossen. Die Universität Innsbruck könne ihr derzeit keine juristische Tätigkeit anbieten. Der beantragte Karenzurlaub solle daher der Absolvierung der Gerichtspraxis und ihrem weiteren beruflichen Fortkommen dienen.
Daraufhin erließ die nunmehr belangte Behörde am 13. März 1991 einen Bescheid folgenden Inhalts:
"Auf ihr Ansuchen vom 12. Dezember 1990 wird Ihnen für die Absolvierung der Gerichtspraxis gemäß § 75 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333, in der geltenden Fassung, ein Karenzurlaub für die Zeit vom 2. September 1991 bis einschließlich 1. September 1992 gewährt.
RECHTSMITTELBELEHRUNG:
Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht mehr zulässig.
SONSTIGE BEMERKUNGEN:
...
Gemäß § 10 Abs. 4 des Gehaltsgesetzes 1956 wird die Zeit des für die Vorrückung nicht berücksichtigten Karenzurlaubes mit dem Tag des Wiederantrittes des Dienstes zur Hälfte für die Vorrückung wirksam.
Für weitere Rechte, die von der Dauer des Dienstverhältnisses abhängen, wird die Zeit des Karenzurlaubes nicht berücksichtigt.
Mit Dienstantritt am 2. September 1992 gebühren Ihnen daher die Bezüge der Gehaltsstufe 3 der Dienstklasse V der Verwendungsgruppe B mit nächster Vorrückung am 1. Juli 1994."
Nach Absolvierung der Gerichtspraxis wurde die Beschwerdeführerin mit Wirksamkeit vom 1. September 1992 der Zentralleitung des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung dienstzugeteilt.
Mit Schreiben vom 16. Oktober 1992 ersuchte die Beschwerdeführerin, die Zeit des Karenzurlaubes für die Vorrückung zur Gänze anzurechnen, und begründete dies damit, daß der Beamte, der die Gerichtspraxis während eines Karenzurlaubes absolviert habe, nicht schlechter gestellt werden solle als der Beamte, der sie vor Eintritt in den Bundesdienst absolviert habe, zumal für ihre nunmehrige Tätigkeit das Jusstudium Einstellungserfordernis gewesen sei.
Das von der belangten Behörde daraufhin befaßte Bundeskanzleramt teilte am 12. Juli 1993 mit, es sehe sich einvernehmlich mit dem Bundesminister für Finanzen nicht in der Lage, "der in Aussicht genommenen Maßnahme gemäß § 75 Abs. 3 BDG 1979 näher zu treten".
Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 6. September 1993 wurde wie folgt abgesprochen:
"Ihr Ansuchen vom 16. Oktober 1992 um Anrechnung der Zeit des einjährigen Karenzurlaubes für die Absolvierung der Gerichtspraxis zur Gänze wird gemäß § 68 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, in der geltenden Fassung, in Verbindung mit den § 13 und 14 Dienstrechtsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 29/1984, in der geltenden Fassung, wegen entschiedener Sache zurückgewiesen."
In der Begründung wird nach Darstellung des Verfahrensganges ausgeführt, mit Bescheid der belangten Behörde vom 13. März 1991 sei der Beschwerdeführerin über Ansuchen vom 12. Dezember 1990 und vom 24. Jänner 1991 der beantragte Karenzurlaub für die Zeit vom 2. September 1991 bis 1. September 1992 gewährt worden. In den "Sonstigen Bemerkungen" dieses Bescheides sei die Beschwerdeführerin u.a. davon in Kenntnis gesetzt worden, daß "gemäß § 10 Abs. 4 des Gehaltsgesetzes 1956 die Zeit des für die Vorrückung nicht berücksichtigten Karenzurlaubes mit dem Tag des Wiederantrittes des Dienstes zur Hälfte für die Vorrückung wirksam" werde. Für "weitere Rechte, die von der Dauer des Dienstverhältnisses abhängen", werde "die Zeit des Karenzurlaubes nicht berücksichtigt". In der Rechtsmittelbelehrung sei der Hinweis enthalten gewesen, daß gegen diesen Bescheid ein ordentliches Rechtsmittel nicht mehr zulässig sei. Infolge Zustellung im Wege der Universitätsdirektion der Universität Innsbruck sei der Bescheid rechtskräftig geworden. Das Ansuchen der Beschwerdeführerin vom 16. Oktober 1992 stelle ein Anbringen in einer Angelegenheit dar, welche bereits durch einen rechtskräftigen Bescheid entschieden sei. Anbringen von Beteiligten, die außer in den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht unterliegenden Bescheides begehren, seien wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn nicht die Behörde den Anlaß zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG finde. Mit GZ 808.701/6-II/3/93 vom 12. Juli 1993 hätten das Bundeskanzleramt und das Bundesministerium für Finanzen einer Vollanrechnung die Zustimmung versagt, sodaß eine amtswegige Wiederaufnahme gemäß § 69 Abs. 1 lit. b und Abs. 3 AVG im Hauptinhalt des Spruches einen gleichlautenden Bescheid herbeigeführt hätte. Für eine derartige Verfügung fehle daher die gesetzliche Voraussetzung.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, die Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Nach dem gemäß § 1 Abs. 1 DVG im Dienstrechtsverfahren anzuwendenden § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlaß zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.
Die Beschwerdeführerin sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Sachentscheidung über die Vollanrechnung einer Karenzurlaubszeit gemäß § 75 BDG 1979 verletzt.
Im Beschwerdefall ist strittig, ob dem im Bescheid vom 13. März 1991 unter der Überschrift "Sonstige Bemerkungen" enthaltenen Satz "Gemäß § 10 Abs. 4 des Gehaltsgesetzes 1956 wird die Zeit des für die Vorrückung nicht berücksichtigten Karenzurlaubes mit dem Tag des Wiederantrittes des Dienstes zur Hälfte für die Vorrückung wirksam" die Bedeutung eines bescheidmäßigen Abspruches zukommt, und somit die belangte Behörde eine Sachentscheidung zu Recht verneint hat.
Für das Vorliegen eines verbindlichen Abspruches in einer Verwaltungssache ist der Wille der Behörde, in diesem Sinne "hoheitliche Gewalt" zu üben, maßgeblich; fehlt dieser Wille, dann kommt dem betreffenden Akt kein normativer Gehalt zu. Nur wenn die Behörde den Willen hatte, eine "bindende Regelung" zu erlassen, kann nach der Rechtsprechung das Vorliegen eines Bescheides angenommen werden. Bloße "Mitteilungen" sind daher keine Bescheide (vgl. Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts6, Rz 384 mit Judikatur- und Literaturhinweisen)
Vorliegendenfalls ist der mangelnde Bescheidwille der belangten Behörde in Ansehung der Erledigung vom 13. März 1991 und damit die Unverbindlichkeit der "Sonstigen Bemerkungen" sowohl daraus zu erkennen, daß die von der Beschwerdeführerin bekämpfte Aussage nicht im Spruch getroffen worden ist, als auch daraus, daß der Zusatz mit "Sonstige Bemerkungen" überschrieben ist, was nach dem allgemeinen Sprachgebrauch als unverbindlich informative Aussage zu verstehen ist.
Auch die von der belangten Behörde in der Gegenschrift vertretene Rechtsansicht, aus dem Umstand, daß im Spruch die Formulierung "gemäß § 75 des..." ohne eine Beschränkung auf einen bestimmten Absatz dieses Paragraphen gewählt wurde, ergebe sich, daß in diesem Bescheid schon über die gesamten nach § 75 BDG in Frage kommenden Ansprüche abgesprochen worden sei, verkennt, daß der Spruch gemäß § 59 AVG die in Verhandlung stehende Angelegenheit in DEUTLICHER Fassung zu erledigen hat. Der Spruch der Erledigung vom 13. März 1991 wird in Bezug auf die Rechtsfolgen des § 75 Abs. 3 BDG 1979 dieser Forderung nicht gerecht.
Da die belangte Behörde zu Unrecht das Vorliegen von res iudicata angenommen und den Antrag rechtsirrig wegen entschiedener Sache zurückgewiesen hat, hat sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.
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