VwGH 92/14/0161

VwGH92/14/016117.9.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde des W in N, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat I) vom 30. Juni 1992, Zl 6/196/1-BK/Re-1991, betreffend Einkommen- und Gewerbesteuer für die Jahre 1986 bis 1988, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1972 §47 Abs3;
EStG 1972 §47 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war zwischen Februar 1984 und Juli 1988 für ein in Form einer GmbH geführtes Anlageberatungsunternehmen (in der Folge: GmbH) tätig.

Daneben war der Beschwerdeführer ab 1. Februar 1984 bis zu seiner Kündigung per 30. November 1988 für eine Versicherungs AG (in der Folge: AG) tätig.

In seinen Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1986 bis 1988 erklärte der Beschwerdeführer hinsichtlich seiner Tätigkeit für die GmbH Einkünfte aus Gewerbebetrieb (rund S 155.000,--, S 120.000,-- und S 2,878.000,--), welche auch in den Gewerbesteuererklärungen der Jahre 1986 bis 1988 erfaßt wurden, hinsichtlich seiner Tätigkeit für die AG Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (rund S 27.000,--, S 29.000,-- und S 64.000,--).

Anläßlich einer abgabenbehördlichen Prüfung wurde festgestellt, daß der Beschwerdeführer für die GmbH im Rahmen eines Werkvertrages tätig geworden sei. Über Wunsch des Beschwerdeführers sei von der GmbH bei einer Partnergesellschaft (der AG) ein "Dienstverhältnis hergestellt" worden. Falls der Beschwerdeführer dieses Anstellungsverhältnis nicht gewünscht hätte, hätte er für eine entsprechende Sozialversicherung selbst zu sorgen gehabt. In dem zwischen Beschwerdeführer und AG abgeschlossenen Dienstvertrag sei entsprechend dem Kollektivvertrag der Versicherungsangestellten für den Außendienst ein Mindesteinkommen (1984 S 5.000,--, 1986 S 7.800,--) vereinbart worden. Für den Fall der Nichterreichung dieses Mindesteinkommens aufgrund der vereinbarten Provisionssätze pro Versicherungsabschluß durch den Beschwerdeführer habe die GmbH hinsichtlich des Differenzbetrages eine Haftung übernommen und diesen Bertrag der AG ersetzt (1986 S 13.428,--, 1987 S 45.155,-- und 1988 S 43.760,--). Der Beschwerdeführer sei wiederum verpflichtet gewesen, der GmbH diese Beträge zu erstatten. Hätte die GmbH die Haftung nicht übernommen, wären bei der AG keine "Anstellungsverhältnisse hergestellt" oder die Mitarbeiter bei Nichterreichen des Mindesteinkommens von der AG gekündigt worden. Dies wäre aber auch nicht im Interesse der GmbH gewesen, da diese bei jedem Vertragsabschluß durch den Beschwerdeführer auch eine vertraglich vereinbarte Provision erhalten habe. Diese Provision errechne sich aus der Differenz der mit den Mitarbeitern vereinbarten Provision und der zwischen der GmbH und der AG vereinbarten Höchstvergütung unter Abzug eines Betrages als Abgeltung der Lohnnebenkosten. Der zwischen dem Beschwerdeführer und der GmbH abgeschlossene Vertrag enthalte auch die Vereinbarung, falls für die AG abgeschlossene Versicherungsverträge aufgrund der geltenden Provisionsvereinbarung in geringerem Ausmaß vergütet würden, als die GmbH ihrem Mitarbeiter für vergleichbare Leistungen zahlen würde, die GmbH für den Differenzbetrag aufkomme. Weiters wurde in diesem Vertrag vereinbart, daß etwaige Anstellungsverhältnisse bei Partnergesellschaften der GmbH im Falle der Beendigung des Vertragsverhältnisses mit der GmbH ebenfalls aufgelöst würden. Dem Beschwerdeführer wären von der AG keinerlei Aufwendungen, wie Fahrtkosten, Diäten und dergleichen ersetzt worden. Er hätte diese Aufwendungen aus den erzielten Einnahmen zu bestreiten gehabt. Die Vereinbarung über die Reisekostenvergütungen sei im Dienstvertrag, der ansonsten für die hauptberuflichen Mitarbeiter der Versicherung gültig sei, ausdrücklich gestrichen worden. Bei Einsichtnahme in die Urlaubskarte des Beschwerdeführers bei der AG habe sich ergeben, daß der bei der Versicherung angegebene Urlaub nicht mit dem tatsächlichen Urlaub übereingestimmt habe. Daraus habe sich ergeben, daß hinsichtlich Dienstzeit und Urlaub keine strengen Maßstäbe angewandt worden seien.

Aufgrund dieser Umstände ging der Prüfer davon aus, daß die Tätigkeit des Beschwerdeführer für die AG nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses, sondern (ebenfalls) im Rahmen eines Werkvertrages erbracht worden sei. Hinsichtlich der erzielten Einnahmen lägen daher ebenfalls Einkünfte aus Gewerbebetrieb vor.

Das Finanzamt folgte dieser Beurteilung des Prüfers und erließ entsprechende Einkommen- und Gewerbesteuerbescheide.

In der dagegen eingebrachten Berufung trat der Beschwerdeführer den Sachverhaltsfeststellungen des Prüfers nicht entgegen, meinte aber, die wesentlichen Merkmale für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses, nämlich mangelndes Unternehmerwagnis, gegebene Weisungsgebundenheit, gegebene organisatorische Eingliederung, mangelnde Vertretungsmöglichkeit, gegebene regelmäßige Lohnzahlungen und eine erfolgte Anmeldung zur Sozialversicherung, seien erfüllt.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. In ihrer Begründung hielt die belangte Behörde nach Darstellung der unbestrittenen Sachverhaltsfeststellungen des Prüfers weitere Erhebungen fest, wonach ua das vom Beschwerdeführer mit der AG im Jahr 1984 abgeschlossene Dienstverhältnis auf einem Zusatzübereinkommen zum Maklerübereinkommen zwischen GmbH und AG aus dem Jahr 1977 beruhe, in welchem ua vereinbart worden sei, daß Mitarbeitern der GmbH die Möglichkeit eingeräumt werde, ein hauptberufliches Dienstverhältnis mit einem mindestens im kollektivvertraglichen Ausmaß garantierten Mindesteinkommen bei der AG einzugehen. Die Vergütung von Diäten und Fahrtspesen sei hiebei nicht vorgesehen. In der Folge setzte sich die belangte Behörde auf der Basis dieser Sachverhaltsfeststellungen mit den auch vom Beschwerdeführer angeführten Kriterien zur Beurteilung der Frage, ob gegenständlich ein Dienstverhältnis vorliegt, im Detail auseinander und gelangte dabei zu der bereits vom Prüfer vertretenen Ansicht, daß zwischen dem Beschwerdeführer und der AG kein steuerlich anzuerkennendes Dienstverhältnis bestanden habe, sondern der Beschwerdeführer - auch bei seiner Tätigkeit gegenüber der AG - als selbständiger Versicherungsvertreter tätig geworden sei. Er habe daher auch aus dieser Tätigkeit Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt.

Der Beschwerdeführer beantragt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Ebensowenig wie der Beschwerdeführer in der Berufung die Richtigkeit der Sachverhaltsfeststellungen des Prüfers bestritt, bestreitet er in der Beschwerde die Richtigkeit der Sachverhaltsannahmen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid.

Strittig ist daher lediglich, ob auf der Basis des von der belangten Behörde als erwiesen angenommenen Sachverhaltes die Einkünfte des Beschwerdeführers aus seiner Tätigkeit für die AG als solche aus nichtselbständiger Arbeit oder als solche aus Gewerbebetrieb zu beurteilen waren.

Nach Lehre und Rechtsprechung sind bei Abgrenzungsfragen zwischen selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit wesentliche Merkmale einerseits das Vorliegen einer Weisungsgebundenheit, dh die Verpflichtung einer natürlichen Person - als Arbeitnehmer -, bei ihrer Tätigkeit die Weisungen eines anderen - des Arbeitgebers - zu befolgen, sowie die organisatorische Eingliederung in den Bereich des Arbeitgebers, andererseits das Vorliegen eines Unternehmerwagnisses. Es ist daher das Gesamtbild einer Tätigkeit darauf zu untersuchen, ob die Merkmale der Selbständigkeit oder jene der Unselbständigkeit überwiegen (vgl hiezu beispielsweise das hg Erkenntnis vom 5. Oktober 1994, 92/15/0230 mwN).

Zum Unternehmerwagnis vertritt der Beschwerdeführer die Ansicht, daß er ein solches nicht zu tragen gehabt hätte, weil ihm - unabhängig vom Geschäftserfolg - von der AG ein Mindesteinkommen zugesichert worden sei, und er auf dieses Entgelt einen regelmäßigen Anspruch gehabt hätte. Ein Unternehmerwagnis sei ausschließlich bei der AG gelegen. Wie die Berechunung eines Mehranspruches erfolge, habe bei der Beurteilung des Unternehmerwagnisses unberücksichtigt zu bleiben. Der Beschwerdeführer verweist weiters darauf, daß "hier" zwei verschiedene Verträge vorgelegen seien, die getrennt zu behandeln seien.

Der Verwaltungsgerichtshof teilt jedoch die Ansicht der belangten Behörde, daß das Unternehmerrisiko im Beschwerdefall ausschließlich vom Beschwerdeführer zu tragen war, weil dieser entsprechend seiner Vereinbarung mit der GmbH den von der AG "garantierten Mindestbezug" im Wege der GmbH an die AG zurückerstatten mußte, soweit seine tatsächlichen Provisionsansprüche gegenüber der AG den "Mindestbezug" unterschritten. Bei dem in diesem Zusammenhang stehenden Beschwerdevorbringen "was den zitierten Vertrag zwischen der GmbH und der AG betrifft, so handelt es sich dabei um einen Vertrag zu Lasten Dritter, der zivilrechtlich rechtsunwirksam ist" verkennt der Beschwerdeführer, daß die Vereinbarung über die Rückerstattung des "Mindestbezuges" in der Vereinbarung der GmbH mit dem Beschwerdeführer selbst enthalten ist. Unter "vertragliche Änderungen" wird nämlich nach Erwähnung der Möglichkeit, bei der AG mit einer Provisionsgarantie von S 5.000,-- angestellt zu werden, u. a. festgehalten, daß sämtliche Versicherungsumsätze von der AG direkt abgerechnet und über das "Anstellungsverhältnis" ausbezahlt würden. Die Provisionsgarantie werde von der tatsächlichen Provision abgezogen und S 5.000,-- übersteigende Überweisungen erfolgten erst, wenn die verdiente Provision höher sei als die bereits ausbezahlte Provisionsgarantie. Eventuelle Minussalden durch diese Auszahlung der Provisionsgarantie oder erhöhter Provisionszahlungen würden von der AG der GmbH angelastet. Der Mitarbeiter erkläre sich damit einverstanden, daß er bei seinem Auscheiden der GmbH nicht nur die Minussalden, welche bei der GmbH aus Vorschußzahlungen bestünden, sondern auch den übernommenen Debetsaldo von der AG in voller Höhe zurückzahlt. Damit erweist sich aber die Ansicht der belangten Behörde als zutreffend, daß der Beschwerdeführer entgegen seiner Ansicht tatsächlich keinen garantierten Mindestbezug, sondern nur einen allenfalls zurückzuzahlenden Provisionsvorschuß erhielt. Für eine Notwendigkeit, die Vereinbarungen "getrennt zu behandeln" besteht schon deswegen kein Anlaß, weil die Vereinbarung des Beschwerdeführers mit der GmbH unter den angeführten Umständen dessen Vereinbarung mit der AG ergänzt. Ebenfalls für ein Unternehmerrisiko des Beschwerdeführers spricht der Umstand, daß die AG an den Beschwerdeführer - anders als an ihre anderen Außendienstmitarbeiter, die nicht auch Mitarbeiter der GmbH waren - keinen Spesenersatz zu leisten hatte.

Hinsichtlich der Weisungsgebundenheit und der organisatorischen Eingliederung behauptet der Beschwerdeführer zwar, daß eine solche bestanden hätte, räumt aber ein, daß ihm durch seine Stellung als Außendienstmitarbeiter "gewisse" Freizügigkeiten eingeräumt gewesen seien.

Damit allein vermag der Beschwerdeführer aber nicht aufzuzeigen, daß die Ansicht der belangten Behörde, es sei eine die Beurteilung der diesbezüglichen Tätigkeit des Beschwerdeführers als Dienstverhältnis rechtfertigende entscheidende Weisungsgebundenheit und organisatorische Eingliederung in den Betrieb der AG nicht vorgelegen, unzutreffend ist. Unter den gegebenen Umständen, insbesondere unter Berücksichtigung der im Zusatzübereinkommen zum Maklerübereinkommen zwischen der GmbH und der AG aus dem Jahr 1977 ausgedrückten Bereitschaft der AG, mit den Mitarbeitern der GmbH ein "hauptberufliches Dienstverhältnis" einzugehen, durfte die belangte Behörde vielmehr zu Recht ableiten, daß eine Weisungsgebundenheit und eine organisatiorische Eingliederung des Beschwerdeführers in den Betrieb der AG in einer trotz gegebenen Unternehmerwagnisses des Beschwerdeführers die Merkmale der Unselbständigkeit überwiegenden Weise nicht anzunehmen ist, zumal der Umstand, daß der Beschwerdeführer an zum Teil 14-tägigen Seminaren der GmbH teilnehmen konnte, ohne bei der AG einen Urlaub zu beantragen mit einer Weisungsgebundenheit und insbesondere einer organisatorischen Eingliederung in einen Betrieb - selbst bei einem Außendienstmitarbeiter - nicht vereinbar ist. Ob die Möglichkeit des Beschwerdeführers ausgeschlossen war, sich bei der bezughabenden Tätigkeit vertreten zu lassen, kann bei den im Beschwerdefall gegebenen Verhältnissen dahingestellt bleiben.

Der Umstand der Anmeldung zur Sozialversicherung trägt im Beschwerdefall nicht entscheidend zur Beurteilung der Tätigkeit des Beschwerdeführers für die AG als unselbständig bei, weil unter den gegebenen Umständen der Dienstvertrag vom Beschwerdeführer - wie dies auch in der mündlichen Berufungsverhandlung eingeräumt wurde - gerade aus sozialversicherungsrechtlichen Gründen abgeschlossen worden war.

Da dem angefochtenen Bescheid daher die behaupteten Rechtsverletzungen nicht anhaften, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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