Normen
AsylG 1991 §7 Abs1;
AsylG 1991 §7 Abs3;
AsylG 1991 §7 Abs4;
AsylG 1991 §8 Abs1;
AVG §56;
VwRallg;
AsylG 1991 §7 Abs1;
AsylG 1991 §7 Abs3;
AsylG 1991 §7 Abs4;
AsylG 1991 §8 Abs1;
AVG §56;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist pakistanischer Staatsangehöriger, reiste am 13. September 1993 in das Bundesgebiet ein und stellte am 16. September 1993 den Antrag, ihm Asyl zu gewähren. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 24. November 1993 wurde dieser Antrag abgewiesen. Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 24. Jänner 1994 (Datum der Zustellung 26. Jänner 1994) rechtskräftig abgewiesen.
Mit Eingabe vom 11. November 1993 stellte der Beschwerdeführer u.a. die Anträge, ihm "gemäß § 8 Abs. 1 AsylG im Falle der Erlassung eines abschlägigen Bescheides den befristeten Aufenthalt im Bundesgebiet für ein Jahr zu bewilligen", sowie "eine Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 Abs. 1 AsylG zu erteilen", weil bei ihm die Voraussetzungen des § 6 AsylG vorlägen.
Da das Bundesasylamt innerhalb der Frist des § 73 AVG über diese Anträge nicht entschieden hat, stellte der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 24. Mai 1994 an die belangte Behörde den Antrag, der Bundesminister für Inneres möge infolge Überganges der Entscheidungspflicht auf ihn gemäß § 73 AVG in der Sache selbst feststellen und "mir gemäß § 8 Abs. 1 AsylG den befristeten Aufenthalt im Bundesgebiet für ein Jahr bewilligen;" sowie
"feststellen, daß mir eine Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 Abs. 1 AsylG bis zur rechtskräftigen Beendigung des Asylverfahrens zustand".
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies der Bundesminister für Inneres gemäß § 73 Abs. 2 AVG in Verbindung mit § 8 Abs. 1 AsylG 1991 den Antrag des Beschwerdeführers, ihm den befristeten Aufenthalt im Bundesgebiet für ein Jahr zu bewilligen, als unzulässig zurück (Spruchpunkt 1 des angefochtenen Bescheides) und gemäß § 73 Abs. 2 AVG in Verbindung mit § 7 Abs. 1 AsylG 1991 den Antrag, "eine Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 Abs. 1 AsylG zu erteilen", ab (Spruchpunkt 2 des angefochtenen Bescheides).
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichtete, von diesem nach Ablehnung deren Behandlung gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof mit Beschluß vom 28. November 1994, B 1783/94-10, abgetretene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Zu Spruchpunkt 1 des angefochtenen Bescheides:
Der Beschwerdeführer rügt zunächst, die Behörde gehe auf den Wortlaut der Bestimmung des § 8 Abs. 1 AsylG 1991 in keiner Weise ein, sondern vertrete lediglich die nicht weiter begründete Ansicht, diese Norm verwirkliche keinen Rechtsanspruch. Nach ständiger Judikatur beider Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts könnten Gesetzesmaterialien jedoch nur zur Auslegung eines Gesetzes herangezogen werden, wenn der Wortlaut des Gesetzes selbst zu Zweifeln über den Inhalt Anlaß gäbe. Ein kundgemachtes Gesetz sei aus sich selbst auszulegen. Andere Erkenntnisquellen über die Absicht des Gesetzgebers seien erst dann heranzuziehen, wenn die Ausdrucksweise des Gesetzes zweifelhaft sei. Die Erläuternden Bemerkungen verkennten, daß die Verwendung eines "kann" in § 8 Abs. 1 AsylG 1991 der Partei ein subjektives Recht versage. Die Verwendung des Wortes "kann" in einem Gesetz sei typisch für die Einräumung von Ermessen. Die in den Erläuternden Bemerkungen zu dieser Norm vertretene Anschauung würde gegen das verfassungsgesetzliche Legalitätsprinzip verstoßen. Als denkbarer Rechtsbehelf gegen eine menschenrechtlich bedenkliche drohende Abschiebung müsse das eingeräumte materielle Recht auch durchsetzbar sein, ansonsten es nicht nur gegen das Rechtsstaatlichkeitsprinzip, sondern auch gegen das Grundrecht nach Art. 13 MRK auf ein wirksames innerstaatliches Verfahren zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen verstoße. Im Falle des Beschwerdeführers sei eine Abschiebung, da gegen § 37 Fremdengesetz verstoßend, rechtlich unmöglich. Die materielle Voraussetzung für die Ausübung des mit § 8 AsylG 1991 eingeräumten Ermessens lägen hier vor.
Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 1991 kann die Asylbehörde aus Anlaß der Erlassung eines Bescheides, mit dem ein Asylantrag abgewiesen wird, in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen einem Fremden von Amts wegen den befristeten Aufenthalt im Bundesgebiet bewilligen, wenn die Abschiebung rechtlich oder tatsächlich unmöglich ist oder ihm wegen der Situation in seinem Heimatstaat oder - sofern er staatenlos ist - in dem Staat, in dem er zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, aus wichtigen Gründen nicht zugemutet werden kann.
Die Heranziehung der Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage durch die belangte Behörde als weiteres Begründungselement erweist sich nicht als a priori rechtswidrig. Diese Rüge geht darüber hinaus - wie im folgenden darzulegen sein wird - ins Leere. Entgegen der diesbezüglich vom Beschwerdeführer vertretenen Auffassung erweist sich der Gesetzestext seiner Gesamtheit nach keineswegs als so unzweideutig, daß er einer Interpretation unter Zuhilfenahme der Gesetzesmaterialien nicht mehr zugänglich wäre. Aus dem Wortlaut dieser Bestimmung, insbesondere aus dem Worten "von Amts wegen" (und nicht aus dem Wort "kann", welches - wie der Beschwerdeführer zutreffend meint - Ermessen einräumt) ergibt sich, daß eine Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung nach dieser Bestimmung ausschließlich auf Grund eines amtswegigen Verfahrens zugesprochen werden kann, auf die Erteilung einer solchen daher ein Rechtsanspruch, der Gegenstand einer Antragstellung sein könnte, nicht besteht. Zutreffend hat in diesem Zusammenhang die belangte Behörde auf die Ausführungen in den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage 270 Blg. Nr. XVIII. GP verwiesen. Die belangte Behörde hätte daher den diesbezüglich gestellten Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung dieser Aufenthaltsberechtigung lediglich als Anregung werten können, ohne darüber förmlich abzusprechen. Mangels einer Berechtigung zur Erhebung eines auf die Erlangung einer auf § 8 AsylG 1991 gestützten Aufenthaltsberechtigung gerichteten Antrages konnte aber der Beschwerdeführer auch durch die Nichtentscheidung über diesen Antrag durch das Bundesasylamt in seinen subjektiven Rechten nicht verletzt worden sein (vgl. hiezu insbesondere auch hg. Erkenntnis vom 10. Oktober 1995, Zl. 94/20/0800), weshalb die Zurückweisung dieses Antrages im Einklang mit der Rechtslage steht. Auf die inhaltlichen Ausführungen war daher weder von der belangten Behörde noch auch nunmehr vom Verwaltungsgerichtshof einzugehen.
Zum Spruchpunkt 2:
Gegenstand des an die belangte Behörde im Devolutionsweg gerichteten Antrages war die Feststellung, "daß mir eine Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 Abs. 1 AsylG bis zur rechtskräftigen Beendigung des Asylverfahrens ZUSTAND". Die belangte Behörde hat bereits erkannt, daß dieser (Feststellungs-)Antrag von jenem laut Eingabe vom 11. November 1993, der auf Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 Abs. 1 AsylG 1991 gerichtet gewesen war, abweicht. Gegenstand der Entscheidung durch die belangte Behörde war daher lediglich der an sie gerichtete Feststellungsantrag.
Zunächst ist festzuhalten, daß gemäß § 7 Abs. 1 ein Asylwerber, der gemäß § 6 eingereist ist, ab dem Zeitpunkt, zu dem ein Asylantrag gestellt wurde, zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt ist, wenn der Asylantrag innerhalb von einer Woche ab dem Zeitpunkt der Einreise in das Bundesgebiet oder innerhalb von einer Woche ab dem Zeitpunkt gestellt wurde, in dem er im Bundesgebiet von der Gefahr einer Verfolgung Kenntnis erlangt hat (vorläufige Aufenthaltsberechtigung). Der Asylwerber hat sich den Asylbehörden für Zwecke des Verfahrens nach diesem Bundesgesetz zur Verfügung zu halten. Nach Abs. 2 leg. cit. kann mit Bescheid die Aufenthaltsberechtigung auf Teile des Bundesgebietes eingeschränkt oder können Teile des Bundesgebietes davon ausgenommen werden, soweit dies im Interesse einer gleichmäßigen Verteilung von Asylwerbern auf das Bundesgebiet unter Bedachtnahme auf § 8 des Bundesbetreuungsgesetzes, BGBl. Nr. 405/1991, oder zur Verhinderung einer unzumutbaren Konzentrierung von Asylwerbern in Teilen davon notwendig ist. Nach Abs. 3 leg. cit. kommt die vorläufige Aufenthaltsberechtigung einem Asylwerber ab dem Zeitpunkt nicht mehr zu, zu dem das Asylverfahren rechtskräftig abgeschlossen wird oder einem Rechtsmittel gegen eine Entscheidung der Asylbehörden keine aufschiebende Wirkung zukommt. Nach Abs. 4 leg. cit. ist die vorläufige Aufenthaltsberechtigung unverzüglich von Amts wegen zu bescheinigen. Diese Bescheinigung nach dem Muster der Anlage ist mit einer verlängerbaren Gültigkeitsdauer von höchstens drei Monaten auszustellen. Sie ist in den Fällen des Abs. 3 unverzüglich zurückzustellen.
Aus dem Gesetzestext ergibt sich damit, daß das Recht der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung - bei Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen - ex lege eintritt. In diesem Falle wirkt die rechtzeitige Antragstellung hinsichtlich dieser vorläufigen Aufenthaltsberechtigung konstitutiv. Daher kommt auch der Bescheinigung über die vorläufige Aufenthaltsberechtigung im Sinne des Abs. 4 leg. cit. Bescheidcharakter nicht zu. Sie hat rein deklarative Bedeutung. Wird jedoch die Ausstellung dieser Bescheinigung verweigert, so ist darüber auf Antrag des Asylwerbers ein Bescheid zu erlassen (vgl. auch die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage 270 Blg. NR. XVIII. GP). Ein derartiger Antrag war jedoch nicht Gegenstand des hier angefochtenen Bescheides der belangten Behörde, sondern lediglich die Feststellung, daß der Beschwerdeführer im Bundesgebiet BIS ZUM RECHTSKRÄFTIGEN ABSCHLUSS SEINES ASYLVERFAHRENS vorläufig aufenthaltsberechtigt gewesen sei. Wie sich jedoch aus dem bereits oben zitierten Abs. 3 leg. cit. ergibt, endet die vorläufige Aufenthaltsberechtigung jedenfalls mit rechtskräftigem Abschluß des Asylverfahrens. Im Zeitpunkt der diesbezüglichen Antragstellung bei der belangten Behörde war jedoch das Asylverfahren des Beschwerdeführers bereits rechtskräftig abgeschlossen, sodaß eine allenfalls vorgelegene vorläufige, seine Person betreffend Aufenthaltsberechtigung zu diesem Zeitpunkt jedenfalls bereits erloschen war.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes können die Behörden im Rahmen ihrer örtlichen und sachlichen Zuständigkeit nur dann Feststellungsbescheide erlassen, wenn die Feststellung entweder im öffentlichen Interesse oder im rechtlichen Interesse einer Partei liegt und die Vorschriften nichts anderes bestimmen. Ein Feststellungsbescheid ist dann unzulässig, wenn ein Leistungsbescheid möglich ist oder die zum Gegenstand des Antrages gemachte Frage in der Begründung eines in Rechtskraft erwachsenen Bescheides beantwortet wurde oder sich aus dem Gesetz selbst ergibt. Unzulässig sind Feststellungsbescheide insbesondere dann, wenn sich ein behauptetes Rechtsschutzbedürfnis lediglich auf die Vergangenheit bezieht, ohne für den Beschwerdeführer selbst im Zeitpunkt seiner Antragstellung und in Zukunft von objektivem Nutzen zu sein und die zum Gegenstand des Antrages gemachte Rechtsfrage nur theoretische Bedeutung besitzen könnte. Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsverfahren ein rechtliches Interesse an dieser Feststellung nicht dargetan.
Die belangte Behörde hätte daher auch den Antrag des Beschwerdeführers auf Feststellung seiner Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 Abs. 1 mangels Geltendmachung eines rechtlichen Interesses zurückzuweisen gehabt. Dadurch, daß die belangte Behörde diesen Antrag abgewiesen hat, wurde der Beschwerdeführer in keinem subjektiven Recht verletzt, weshalb seine Beschwerde auch in diesem Punkte erfolglos bleiben mußte.
Aus den dargelegten Gründen war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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