VwGH 95/19/0622

VwGH95/19/062214.12.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Bachler, Dr. Dolp und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des K in L, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 27. Mai 1995, Zl. 107.633/2-III/11/94, betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Angelegenheit einer Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §71 Abs1;
AVG §71 Abs2;
AVG §71 Abs1;
AVG §71 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdefürher hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit einem am 19. Juli 1994 zugestellten Bescheid hat die erstinstanzliche Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz abgewiesen. Gemeinsam mit einer dagegen erhobenen Berufung beantragte der Beschwerdeführer am 8. August 1994 die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (erkennbar gegen die Versäumung der Berufungsfrist) und begründete diesen Antrag wie folgt:

"Da ich leider erst relativ spät und überraschend vom Tod meines Vaters erfahren habe und ich dadurch kurzfristig eine Reise in meine Heimat vorgenommen habe, war es mir nicht möglich, fristgerecht gegen den o.a. Bescheid Einspruch zu erheben."

Am 25. August 1994 gab der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde an, er sei zuletzt im Jänner 1994 in Jugoslawien gewesen. Er habe den von einem Bekannten aufgesetzten Wiedereinsetzungsantrag lediglich unterfertigt.

Die Aufenthaltsbehörde erster Instanz wies den Wiedereinsetzungsantrag ab. Der Antragsteller sei im Juli 1994 nicht in Jugoslawien gewesen, sein Wiedereinsetzungsantrag sei daher unbegründet.

In seiner am 12. September 1994 eingebrachten Berufung gestand der Beschwerdeführer zu, Österreich nicht verlassen zu haben, bringt jedoch vor, dieses versucht zu haben. Aufgrund der mit dem Tod seines Vaters verbundenen enormen persönlichen Belastung sei es ihm nicht zeitgerecht möglich gewesen, einen Dolmetscher für das Berufungsschreiben zu finden, wodurch "ein Mißverständnis entstanden" sei.

Die belangte Behörde forderte den Beschwerdeführer mit dem am 17. Februar 1995 zugestellten Schreiben auf, binnen zwei Wochen eine Sterbeurkunde seines Vaters und eine vollständige Kopie seines Reisepasses vorzulegen. Dieser Aufforderung kam der Beschwerdeführer nicht nach.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers ab. Sie habe ihm Gelegenheit gegeben, glaubhaft zu machen, daß durch den Tod seines Vaters ein unvorhergesehenes Ereignis eingetreten sei, welches ihn daran gehindert habe, die Berufungsfrist zu wahren. Dieser Aufforderung sei der Beschwerdeführer jedoch nicht nachgekommen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens durch die belangte Behörde erwogen hat:

Gemäß § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft. Nach § 71 Abs. 2 AVG ist der Antrag auf Wiedereinsetzung binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt hat, zu stellen.

Wenn der Beschwerdeführer die Auffassung vertritt, sein Schreiben vom 8. August 1994 hätte unter Anwendung des Untersuchungsgrundsatzes ausreichen müssen, um die Berufungsbehörde vom Vorliegen der Wiedereinsetzungsgründe zu überzeugen, so ist ihm zu entgegnen, daß er sogar in der Berufung die Unrichtigkeit wesentlicher Angaben seines Wiedereinsetzungsantrages zugestanden hat. Insoweit die Berufung die Auswechslung des Wiedereinsetzungsgrundes anstrebt, ist ihr die Unzulässigkeit eines solchen Unterfangens entgegenzuhalten, zumal die Partei an den im Antrag vorgebrachten Wiedereinsetzungsgrund gebunden ist. Auch der im Verwaltungsverfahren herrschende Grundsatz der amtswegigen Ermittlung der materiellen Wahrheit entbindet einen Wiedereinsetzungswerber nicht, alle Wiedereinsetzungsgründe innerhalb der gesetzlichen Frist vorzubringen und glaubhaft zu machen. Gerade zufolge der Befristung eines Wiedereinsetzungsantrages ist es nicht Sache der Behörde, tatsächliche Umstände zu erheben, die einen Wiedereinsetzungsgrund bilden können (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 6. Dezember 1985, Zl. 85/18/0347, und vom 20. Juni 1986, Zl. 84/17/0136).

Im Gegensatz zu den Darlegungen in der Beschwerde wurde der Beschwerdeführer sehr wohl aufgefordert, Urkunden vorzulegen. Er ist dieser Aufforderung jedoch nicht nachgekommen.

Aus diesen Erwägungen vermag der Verwaltungsgerichtshof der Auffassung der belangten Behörde, wonach der Beschwerdeführer (die in seinem ursprünglichen Antrag geltend gemachten) Wiedereinsetzungsgründe nicht bescheinigt hat, nicht entgegenzutreten.

Die Ausführungen der Beschwerde zur inhaltichen Berechtigung des Antrages auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung sind für die Frage der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides ohne Bedeutung.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandsersatz gründet auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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