VwGH 95/08/0092

VwGH95/08/00924.7.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell und Dr. Müller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Möslinger-Gehmayr, über die Beschwerde des R in T, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in T, gegen den aufgrund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Oberösterreich vom 3. November 1994, Zl. IVa-AlV-7022-11-B/4023 191258/Linz, betreffend Versagung der Notstandshilfe gemäß § 10 AlVG, zu Recht erkannt:

Normen

AlVG 1977 §10 Abs1;
AlVG 1977 §38;
AlVG 1977 §9 Abs1;
AlVG 1977 §10 Abs1;
AlVG 1977 §38;
AlVG 1977 §9 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) Aufwendungen von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Dem im Nostandshilfebezug stehenden Beschwerdeführer wurde am 17. August 1994 vom Arbeitsamt Linz eine Beschäftigung als Lagerarbeiter bei einem näher bezeichneten Unternehmen mit einer näher genannten Entlohnung und einem in Aussicht genommenen Arbeitsantritt vom 30. August 1994 zugewiesen.

Einer mit dem Beschwerdeführer vor dem Arbeitsamt aufgenommenen Niederschrift vom 6. September 1994 zufolge kam das Beschäftigungsverhältnis unter Hinweis auf einen vom Beschwerdeführer ausgefüllten "Personalfragebogen" nicht zustande, weil die Art, in der der Beschwerdeführer den Bewerbungsbogen ausfüllte, darauf hindeute, daß er an einer konkreten Arbeitsaufnahme nicht interessiert sei.

Nach dem Inhalt dieser Niederschrift gab der Beschwerdeführer zum Vorhalt dieses Fragebogens keine Stellungnahme ab.

Der Fragebogen enthielt folgende (wesentlichen) Fragen bzw. Antworten des Beschwerdeführers:

"Frage: Antwort:

...

Religion: ÖSTERREICHER

Stand: UNGEWISS

Kinder: 0 = NULL

Name der Gattin/Kinder: Ohne Antwort

Geburtsdatum: 191

vorgelegter Ausweis: NEIN

Erlernter Beruf: KFM. ANG.

zuletzt beschäftigt bei: SBG

als: SBGLER

Zeitraum: - 93

Mitglied der Gewerkschaft: NICHT UNBEDINGT

Allgemeiner Gesundheitszustand: MÄSSIG, MÄSSIG

Krankheiten: SELTEN

...

Vorstrafen: KAUM

Lohnexekutionen: NICHT AKUT

Bereits einmal bei CB beschäftigt: KEINESFALLS

Konfektionsgröße: 50 - 54 JE NACH

SCHRUMPFUNG DER

KLEIDER"

Mit Bescheid vom 13. September 1994 stellte das Arbeitsamt

fest, daß der Beschwerdeführer den Anspruch auf Notstandshilfe

gemäß § 38 in Verbindung mit § 10 AlVG 1977, BGBl. Nr. 609/1977

in geltender Fassung, für den Zeitraum vom 30. August bis

26. September 1994 verloren habe und eine Nachsicht nicht

erteilt werde. Nach der Begründung dieses Bescheides habe der

Beschwerdeführer die Arbeitsaufnahme beim genannten Unternehmen

am 30. August 1994 ohne triftigen Grund vereitelt.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung, in der er zusammengefaßt geltend machte, niemals die Annahme einer Arbeit vereitelt zu haben, und legte Briefe an das genannte Unternehmen vom 7. September 1994 vor, in denen er sein Interesse an einer Einstellung in diesem Unternehmen bekundete. Er habe bei seiner Vorstellung einen "peinlich-anzüglichen" Personalbogen auszufüllen gehabt, der auch Auskunft über seine "persönlich-private Struktur der derzeit betriebenen Exekutionen" hätte geben sollen. Da er diese Frage nicht eindeutig mit Nein beantwortet habe, sei die Ablehnung aus diesem Grunde erfolgt. Er habe sich "erstklassig gekleidet und mit guten äußerlichen Eindrücken" vorgestellt und auch "keine Beleidigungen oder disponierliche Bemerkungen geäußert".

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 3. November 1994 wurde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben.

In der Begründung dieses Bescheides führt die belangte Behörde nach einer Darstellung des Verwaltungsgeschehens und Zitierung der von ihr angewendeten Rechtsvorschriften zusammengefaßt aus, daß die zugewiesene Beschäftigung dem Beschwerdeführer zumutbar gewesen sei und sie es für als erwiesen erachte, daß der Beschwerdeführer "die meisten Fragen in der Absicht beantwortet" habe, "von der Firma ... nicht aufgenommen zu werden". Durch die Art der Fragenbeantwortung habe er das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses nicht nur in Kauf genommen, sein Verhalten sei vielmehr auf das Nichtzustandekommen eines Dienstverhältnisses gerichtet gewesen. In Ermangelung berücksichtigungswürdiger Umstände sei zu Recht eine Ausschlußfrist von vier Wochen verhängt worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 9 Abs. 1 AlVG 1977, BGBl. Nr. 609, in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 314/1994, ist arbeitswillig, wer u.a. bereit ist, eine durch die regionale Geschäftsstelle vermittelte zumutbare Beschäftigung anzunehmen. Gemäß § 9 Abs. 2 AlVG ist eine Beschäftigung zumutbar, die den körperlichen Fähigkeiten des Arbeitslosen angemessen ist, seine Gesundheit und Sittlichkeit nicht gefährdet, angemessen entlohnt ist und dem Arbeitslosen eine künftige Verwendung in seinem Beruf nicht wesentlich erschwert. Die letzte Voraussetzung bleibt bei der Beurteilung, ob die Beschäftigung zumutbar ist, außer Betracht, wenn der Anspruch auf den Bezug des Arbeitslosengeldes erschöpft ist und keine Aussicht besteht, daß der Arbeitslose in absehbarer Zeit in seinem Beruf eine Beschäftigung findet.

Gemäß § 10 Abs. 1 AlVG verliert der Arbeitslose für die Dauer der Weigerung, jedenfalls aber für die Dauer der auf die Weigerung folgenden vier Wochen den Anspruch auf Arbeitslosengeld, wenn er sich weigert, eine ihm von der regionalen Geschäftsstelle zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt.

Gemäß § 10 Abs. 2 leg. cit. kann der Ausschluß vom Bezug des Arbeitslosengeldes in berücksichtigungswürdigen Fällen, wie z. B. der Aufnahme einer anderen Beschäftigung, ganz oder teilweise nachgesehen werden. Vor dieser Nachsicht sowie vor Erlassung einer Entscheidung gemäß Abs. 1 ist der Regionalbeirat anzuhören.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Arbeitslose, um sich in bezug auf eine vom Arbeitsamt vermittelte, zumutbare Beschäftigung arbeitswillig zu zeigen, jedes Verhalten zu unterlassen, welches objektiv geeignet ist, das Zustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses zu verhindern (vgl. die Erkenntnisse vom 12. Mai 1992, Zl. 92/08/0051, und vom 24. November 1992, Zl. 92/08/0132).

Letzteres liegt insbesondere dann vor, wenn der Arbeitslose den Erfolg seiner (nach außen zutage getretenen) Bemühungen durch ein Verhalten, welches nach allgemeiner Erfahrung geeignet ist, den potentiellen Dienstgeber von der Einstellung des Arbeitslosen abzubringen, zunichte macht (vgl. neuerlich das bereits erwähnte Erkenntnis vom 24. November 1992, Zl. 92/08/0132).

Vor diesem rechtlichen Hintergrund geht zunächst die Verfahrensrüge des Beschwerdeführers fehl, die belangte Behörde habe sich mit den seiner Berufung beiliegenden Schreiben an das mehrfach genannte Unternehmen, wonach der Beschwerdeführer an der Arbeitsaufnahme sehr interessiert wäre, nicht auseinandergesetzt. Maßgebend ist vielmehr, ob die - oben wiedergegebene - Art, wie der Beschwerdeführer seinen Personalfragebogen ausgefüllt hat, eine Vereitelungshandlung im Sinne der zitierten Rechtsprechung darstellt, d.h. geeignet war, den potentiellen Dienstgeber von der Einstellung des Beschwerdeführers (die ja tatsächlich nicht erfolgte) abzubringen. Ob sich der Arbeitslose nach Vereitelung der Aufnahme einer konkreten Beschäftigung weiterhin an diesem Arbeitsplatz interessiert zeigt oder nicht, ist hingegen unentscheidend. Die belangte Behörde mußte sich daher mit den späteren Schreiben des Beschwerdeführers, worin er sich an der Arbeitsaufnahme bei dem genannten Unternehmen interessiert zeigte, aus rechtlichen Gründen nicht auseinandersetzen.

Auch bedurfte es - entgegen dem Beschwerdevorbringen - keiner "Beschreibung der Art der Fragenbeantwortung durch den Beschwerdeführer" im mehrfach genannten Personalfragebogen, zumal dem Beschwerdeführer dieser Fragebogen bekannt ist (hat er ihn doch selbst ausgefüllt) und er ihm auch bereits im erstinstanzlichen Verfahren - wie die Niederschrift vom 6. September 1994 zeigt - vorgehalten und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wurde, die der Beschwerdeführer allerdings nicht genützt hat. Deshalb ist auch die Beschwerdebehauptung, daß dem Beschwerdeführer keine Möglichkeit gegeben worden sei, zum Stande des Ermittlungsverfahrens Stellung zu nehmen, in bezug auf den mehrfach genannten Fragebogen aktenwidrig.

Der Verwaltungsgerichtshof teilt aber auch die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde, daß die - oben wiedergegebenen - Antworten des Beschwerdeführers auf die Fragen des Fragebogens geradezu darauf abzielten, den Dienstgeber von der Einstellung des Beschwerdeführers abzuhalten: Dabei kann auf sich beruhen, wie sich der Beschwerdeführer bei den Fragen hätte verhalten sollen, wieviele Exekutionen und in welcher Höhe gegen ihn anhängig seien. Es kann auch auf sich beruhen, ob eine derartige Frage anläßlich der Personalentscheidung sittenwidrig und daher unzulässig sein könnte, wie der Beschwerdeführer meint. Es genügt darauf hinzuweisen, daß z.B. die Antwort "UNGEWISS" auf die Frage nach dem Familienstand oder "SBGLER" auf die Frage nach der Art seiner letzten Tätigkeit sowie die Antwort "MÄSSIG, MÄSSIG" auf die Frage nach seinem allgemeinen Gesundheitszustand den Eindruck vermitteln, daß der Beschwerdeführer das Einstellungsgespräch bzw. die in diesem Zusammenhang geforderte Ausfüllung des Personalfragebogens nicht nur nicht ernst nahm, sondern es überdies darauf anlegte, seine Gesprächspartner zu provozieren. Wenn diese darauf in der Weise reagierten, daß sie eine Einstellung des Beschwerdeführers von vornherein ablehnten, so haben sie durchaus erwartungsgemäß gehandelt.

Schon deshalb hat die belangte Behörde zu Recht eine Vereitelung der Aufnahme einer Beschäftigung im Sinne des § 10 Abs. 1 AlVG angenommen und demgemäß eine vierwöchige "Sperrfrist" verhängt.

Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers wird nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Schwelle zur Vereitelung der Arbeitsaufnahme nicht erst dann überschritten, wenn "eine arbeitssuchende Person einen Personalfragebogen eines potentiellen Arbeitgebers mit dem Götzzitat versieht".

Wenn der Beschwerdeführer schließlich meint, die belangte Behörde hätte "im besonderen Maße überprüfen müssen, ob die Art der Fragebeantwortung tatsächlich dem Beschwerdeführer subjektiv als Vereitelung der Arbeitsaufnahme zur Last gelegt werden hätte können", so vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht nachzuvollziehen, aus welchem Grund und in welcher Weise die belangte Behörde eine derartige "Überprüfung" nach Auffassung des Beschwerdeführers vorzunehmen gehabt hätte. Der Beschwerdeführer behauptet schließlich selbst nicht, an geistigen Defekten zu leiden, die ihm die (für jedermann offenkundige) vereitelnde Wirkung seiner Verhaltensweise verdunkelt hätten.

Da somit die vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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