VwGH 94/18/1061

VwGH94/18/106119.1.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des R in L, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 23. November 1994, Zl. Fr 2749/94, betreffend Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §15 Abs1 Z2;
EheG §23;
EheG §27;
FrG 1993 §18 Abs1 Z1;
FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §20 Abs1;
VwRallg;
AuslBG §15 Abs1 Z2;
EheG §23;
EheG §27;
FrG 1993 §18 Abs1 Z1;
FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §20 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich (der belangten Behörde) vom 23. November 1994 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 Fremdengesetz (FrG) ein bis zum 30. Oktober 1999 befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei Anfang Jänner 1990 sichtvermerksfrei in das Bundesgebiet eingereist. Er habe sich nur drei Monate im Bundesgebiet aufhalten dürfen. Am 29. März 1990 habe er mit einer namentlich genannten österreichischen Staatsbürgerin die Ehe geschlossen, die nach den Feststellungen der erstinstanzlichen Behörde mit Entscheidung des Bezirksgerichtes Döbling vom 18. April 1994 gemäß § 23 Ehegesetz rechtskräftig für nichtig erklärt worden sei. Auf Grund der Eheschließung sei dem Beschwerdeführer ein Befreiungsschein ausgestellt und in der Folge ein Sichtvermerk erteilt worden. Die Umstände der Einreise, die kurz nach der Einreise geschlossene Ehe, das Fehlen von Sprachkenntnissen und eines gemeinsamen Wohnsitzes ließen den Schluß zu, daß die Ehe nur zum Zweck der Erlangung der genannten Berechtigungen geschlossen worden sei. Die Eingehung einer "Scheinehe" stelle einen evidenten Rechtsmißbrauch dar, der die öffentliche Ordnung gefährde.

Bindungen des Beschwerdeführers zu an in Österreich aufhältigen Angehörigen seien nicht erkennbar. In Anbetracht des Umstandes, daß er seine Berechtigung zum Aufenthalt und zur Ausübung einer Beschäftigung im Bundesgebiet nur durch die Eingehung der Scheinehe erlangt habe, sei diesen Berechtigungen kein großes Gewicht beizumessen. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes stelle keinen relevanten Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers dar. Im übrigen bestehe ein erhebliches öffentliches Interesse an einem geordneten Fremdenwesen, zumal auf Grund des permanenten Zuwanderungsdrucks der Einhaltung der Bestimmungen, mit denen der Aufenthalt und die Beschäftigung von Fremden im Bundesgebiet geregelt werde, erhöhte Bedeutung zukomme.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

1. Soweit der Beschwerdeführer ins Treffen führt, er habe gegen die Ungültigerklärung des Sichtvermerkes Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben, über die noch nicht entschieden worden sei, ist ihm zu erwidern, daß nach dem Inhalt des zur hg. Zl. 94/18/0796 anhängig gewesenen Verfahrens mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt vom 18. August 1994 der dem Beschwerdeführer am 13. Mai 1993 ausgestellte Sichtvermerk ungültig erklärt wurde. Gegen diesen Bescheid war gemäß § 70 Abs. 2 FrG eine Berufung nicht zulässig. Die vom Beschwerdeführer erhobene Berufung wurde mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 27. September 1994 zurückgewiesen. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit hg. Erkenntnis vom 17. November 1994, Zl. 94/18/0796, als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerdeführer hält sich demnach seit der Ungültigerklärung des Sichtvermerkes unberechtigt im Bundesgebiet auf.

Daß er "illegal" eingereist sei, wird ihm im angefochtenen Bescheid ohnedies nicht angelastet, weshalb der Hinweis des Beschwerdeführers auf die nach der damaligen Rechtslage bestehende Möglichkeit zur sichtvermerksfreien Einreise ins Leere geht.

2.1. Der Beschwerdeführer bringt vor, daß bereits seinerzeit von erhebenden Beamten der Verdacht der Scheinehe geäußert worden sei; dennoch sei ihm damals ein Sichtvermerk bis 20. Mai 1991 erteilt worden. Im übrigen sei es nicht sein Verschulden, daß seine Ehefrau den gemeinsamen Wohnsitz verweigert habe und die Ehe für nichtig erklärt worden sei.

2.2. Der Beschwerdeführer vermag mit diesen Ausführungen keine Bedenken gegen die Annahme der belangten Behörde zu wecken, die Ehe sei nur deshalb geschlossen worden, um dem Beschwerdeführer den Aufenthalt und die Ausübung einer Beschäftigung im Bundesgebiet zu ermöglichen. Die belangte Behörde hat schlüssig begründet, auf Grund welcher Erwägungen sie zu dieser Annahme gelangt ist. Daß von der seinerzeit für die Erteilung des Sichtvermerkes zuständigen Behörde der von einem erhebenden Beamten geäußerte Verdacht, es liege eine "Scheinehe" vor, nicht weiter verfolgt wurde, hinderte die belangte Behörde nicht, die rechtsmißbräuchliche Eingehung der Ehe - noch dazu nach deren rechtskräftiger Nichtigerklärung - im Rahmen des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltesverbotes zu berücksichtigen.

3. Im Gegensatz zur Ansicht des Beschwerdeführers ist die Auffassung der belangten Behörde nicht rechtswidrig, daß durch die rechtsmißbräuchliche Eingehung einer Ehe allein zur Beschaffung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen die öffentliche Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens gefährdet werde und daher die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 21. Juli 1994, Zl. 94/18/0315, mwN).

4. Selbst wenn man zu Gunsten des Beschwerdeführers annimmt, daß im Hinblick auf seinen Aufenthalt im Bundesgebiet seit Anfang 1990 und die damit verbundene Integration das Aufenthaltsverbot einen Eingriff in sein Privatleben bewirkt, ist die Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Grunde des § 19 FrG zulässig, weil das Aufenthaltsverbot zum Schutz der öffentlichen Ordnung dringend geboten ist, dies insbesondere auf Grund des Ausmaßes der durch das festgestellte Verhalten des Beschwerdeführers bewirkten Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens (vgl. auch dazu das oben zitierte Erkenntnis vom 21. Juli 1994).

5. Bei Annahme eines Eingriffes in das Privatleben des Beschwerdeführers und der demnach - neben der Prüfung, ob das Aufenthaltsverbot im Sinne des § 19 FrG dringend gebotenen sei - auch erforderlichen Interessenabwägung gemäß § 20 Abs. 1 FrG, wäre die Zulässigkeit dieser Maßnahme auch nach dieser Bestimmung zu bejahen. Da weder familiäre noch sonstige Bindungen des Beschwerdeführers (§ 20 Abs. 1 Z. 2 FrG) festgestellt wurden und auch das Ausmaß seiner Integration im Hinblick darauf, daß Aufenthalt und Beschäftigung auf das besagte rechtsmißbräuchliche Verhalten zurückzuführen sind, nicht wesentlich zu seinen Gunsten zu veranschlagen ist, würden die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers keinesfalls schwerer wiegen als die gegenläufigen öffentlichen Interessen und damit die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von dieser Maßnahme (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 94/18/1053).

6. Da sohin bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

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