Normen
AbgÄG 1986/327 Abschn3 Art2 Z1;
BewG 1955 §1 Abs2 idF 1986/327;
ErbStG §3 Abs1 Z1;
ErbStG §3 Abs1 Z2;
AbgÄG 1986/327 Abschn3 Art2 Z1;
BewG 1955 §1 Abs2 idF 1986/327;
ErbStG §3 Abs1 Z1;
ErbStG §3 Abs1 Z2;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Abtretungsvertrag vom 21. Mai 1990 trat Josef S. seinen Geschäftsanteil an der S. GmbH - der der Urkunde zufolge einer mit einem Betrag von S 125.000,-- eingezahlten Stammeinlage im Nennbetrag von S 250.000,-- entsprach - an den Beschwerdeführer um den Abtretungsbetrag von S 125.000,-- ab.
Nach einer Mitteilung des Finanzamtes Braunau vom 30. Oktober 1990 betrug der gemeine Wert der Anteile an der S. GmbH zum 1. Jänner 1989 für je S 100,-- des eingezahlten Stammkapitals S 924,--. Josef S. sei mit S 250.000,--, das waren 50 %, beteiligt gewesen.
Auf eine entsprechende Anfrage gab der Übergeber Josef S. am 6. März 1991 bekannt, daß der Beschwerdeführer sein Bruder sei. In den letzten zehn Jahren habe er ihm keine weiteren Zuwendungen gegeben.
Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Linz schrieb dem Beschwerdeführer hierauf Schenkungssteuer von einer Bemessungsgrundlage von S 2,310.000,-- vor.
In der am 22. April 1991 eingebrachten Berufung gegen diesen Bescheid wurde eingewendet, es fehle im Falle des Beschwerdeführers an einer Bereicherungsabsicht. Eine Berichtigung des Abtretungsvertrages sei in die Wege geleitet worden.
Am 17. Mai 1991 langte beim Finanzamt ein "Abtretungsvertrags-Nachtrag" ein. Nach Punkt 2. dieses Nachtrages werde der Punkt 3. des ursprünglichen Abtretungsvertrages aufgehoben. Der Abtretungspreis betrage S 1,625.000,--.
Nach einer die Berufung abweisenden Berufungsvorentscheidung wurde im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz ausgeführt, die ursprüngliche Gegenleistung sei "durch eine rechtsirrtümliche Überlegung" zwischen den Parteien zustande gekommen. Sie sei inzwischen "berichtigt" worden. Die beiden Gesellschafter seien sich damals nur einig gewesen, daß der halbe Geschäftsanteil übertragen werden werden sollte. Über die vermögensrechtliche Auseinandersetzung selbst sei im Abtretungsvertrag irrtümlich nichts vereinbart worden. Dies sollte einer internen Regelung vorbehalten bleiben. Seit der Gründung der Gesellschaft habe eine Divergenz zwischen der Ertragsfähigkeit der einzelnen Betriebssparten bestanden. Die GmbH habe bis zum Ausscheiden des Josef S. ein Spenglerei- und Dachdeckerei-Gewerbe betrieben, für welches ausschließlich dieser Gesellschafter "federführend" gewesen sei. Unter der Leitung des Beschwerdeführers habe die GmbH die Erzeugung und den Vertrieb von Mühleneinrichtungen, insbesondere das zugehörige Rohrsystem mit den notwendigen Abzweigungen und Verbindungsstücken betrieben. Aus der innerbetrieblichen Abrechnung habe sich in den vergangenen Jahren immer ergeben, daß der Unternehmensgewinn lediglich aus dem Betriebszweig der Mühleneinrichtungen entsprungen war, die Dachdeckerei jedoch niemals einen Gewinn abgeworfen habe. "Diese rein subjektive Diskrepanz" sei "nicht zuletzt auslösend" gewesen, "daß es irrtümlich verabsäumt worden sei, den rechtlich objektiven Wert bereits bei der Abtretung festzusetzen". Seitens des abtretenden Gesellschafters sei niemals ein Bereicherungswille gegeben gewesen. Zwischen den beiden Brüdern bestehe keinerlei Veranlassung für eine unentgeltliche Vermögensübertragung.
Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. In der Begründung des Bescheides wurde von der belangten Behörde ausgeführt, der Vergleich zwischen dem Wert "der Gesellschaftsanteile" (S 924,-- je S 100,--) und dem Abtretungspreis zeige das offenbare und erhebliche Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung deutlich auf. Eine "Aufspaltung" der Gesellschaft in die einzelnen Betriebssparten sei "unzulässig", weil es sich beim Wert der Gesellschaftsanteile um den Wert der gesamten Gesellschaft und nicht um die einzelnen Werte der verschiedenen Betriebssparten innerhalb der Gesellschaft handelte. Für die Annahme des zum Zeitpunkt der Übertragung der Gesellschaftsanteile bestehenden Wissens um das Mißverhältnis von Leistung und Gegenleistung und somit auch dafür, daß der Zuwendende die Bereicherung zumindest in Kauf genommen hat, spreche jedenfalls, daß eine Vermögensauseinandersetzung erst später stattfinden sollte.
In der Beschwerde gegen diesen Bescheid werden dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Der Bundesminister für Finanzen legte die Akten des Verwaltungsverfahrens und die von der belangten Behörde verfaßte Gegenschrift vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Schenkungssteuer unterliegt auch eine als ein einheitliches Rechtsgeschäft zu beurteilende gemischte Schenkung bzw. eine gemischte freigebige Zuwendung. Im § 3 Abs. 1 Z. 2 ErbStG wird dazu bestimmt, daß als Schenkung jede andere freigebige Zuwendung unter Lebenden gilt, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird. Damit wird der die Schenkungssteuer begründende Tatbestand auf die Erfassung des (unselbständigen) freigebigen Teils der gemischten freigebigen Zuwendung beschränkt. Vom Beschwerdeführer wird somit zu Recht gerügt, daß die belangte Behörde den gesamten Wert des übertragenen Geschäftsanteils der Steuer unterzogen hat, ohne die im Abtretungsvertrag vom 21. Mai 1990 vereinbarte Gegenleistung von S 125.000,-- abzuziehen.
Beide Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gehen überdies erkennbar davon aus, daß bei einer gemischten freigebigen Zuwendung wie überhaupt bei einer freigebigen Zuwendung jedenfalls der Zuwendende den Willen haben muß, den Bedachten auf seine Kosten zu bereichern. Dabei kann der Bereicherungswille von der Abgabenbehörde aus dem Sachverhalt erschlossen werden.
Im Beschwerdefall besteht zwar zwischen den Vertragspartnern ein Verwandtschaftsverhältnis. Anders als etwa bei Zuwendungen von Eltern an ihre Kinder, bei denen ein Bereicherungswille hinsichtlich von Zuwendungen zum Zwecke der Vorwegnahme der Erbfolge naheliegen kann (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 12. Juli 1990, Zlen. 89/16/0088, 0089), hat die belangte Behörde im Beschwerdefall aber keine Umstände festgestellt, die auf eine Erbberechtigung des Übernehmers des Geschäftsanteils schließen lassen. Vielmehr ist das Sachverhaltsvorbringen im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz bei verständiger Würdigung als Einwand gegen die Annahme eines Bereicherungswillens aufzufassen. Während die belangte Behörde dieses Vorbringen als Einwand gegen die Höhe des angesetzten gemeinen Wertes angesehen hat, war das Vorbringen wohl so zu verstehen, daß die Ansammlung der Gewinne und damit der den Nomininalbetrag des Geschäftsanteils übersteigende Wert allein vom Übernehmer, dem Beschwerdeführer, erarbeitet worden ist und der Übergeber demzufolge keinen Anspruch auf eine Thesaurierung dieser Gewinne hatte. Diese in der Wirtschaftsführung der GmbH gelegenen Umstände stellen in der Tat ein Anzeichen für das Fehlen eines Bereicherungswillens dar. Dadurch, daß sich die belangte Behörde mit diesem Vorbringen aus der Sicht des Tatbestandsmerkmals des Bereicherungswillens nicht auseinandergesetzt hat, hat sie aber den angefochtenen Bescheid mit einem wesentlichen Verfahrensmangel belastet.
Der Beschwerdeführer wendet sich - allerdings unter Bezugnahme auf den "Abtretungsvertrags-Nachtrag" - auch gegen die Höhe des von den Abgabenbehörden angesetzten gemeinen Wertes. Wie sich aus der Aufhebung des letzten Satzes des § 1 Abs. 2 BewG durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 327/1986, ergibt, sind Anteile an Kapitalgesellschaften im Bereich der Erbschafts- und Schenkungssteuer bereits in allen Fällen, in denen die Steuerschuld nach dem 31. Dezember 1986 entstanden ist, mit dem im Zeitpunkt der Bereicherung gegebenen tatsächlichen Wert anzusetzen. Auch dadurch, daß mit dem angefochtenen Bescheid demgegenüber ein zum 1. Jänner 1989 festgestellter Wertansatz bestätigt wurde, hat die belangte Behörde den Bescheid mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit belastet.
Zur Vermeidung von Mißverständnissen wird unter Bezugnahme auf die weiteren Beschwerdeausführungen schließlich darauf hingewiesen, daß die Parteien, ebensowenig wie sie bei einer Schenkung durch nachträglichen Abschluß eines Kaufvertrages über den bereits geschenkten Gegenstand die schon entstandene Steuerpflicht nicht mehr beseitigen können, im Falle einer gemischten Schenkung durch die nachträgliche Vereinbarung zusätzlicher Gegenleistungen eine für den unentgeltlichen Teil des Geschäftes bereits entstandene Schenkungssteuerpflicht nicht mehr verringern können.
Da die inhaltliche Rechtswidrigkeit gegenüber der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften prävaliert, war somit der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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