Normen
B-VG Art132;
VwGG §27;
VwGG §42 Abs2;
VwGG §63 Abs1;
B-VG Art132;
VwGG §27;
VwGG §42 Abs2;
VwGG §63 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der 1941 geborene Beschwerdeführer steht als rechtskundiger Beamter seit 1. August 1989 in einem öffentlich-rechtlichen Pensionsverhältnis zur Bundeshauptstadt Wien. Mit seinem an die belangte Behörde gerichteten Schriftsatz vom 29. Juni 1990 begehrte der Beschwerdeführer unter anderem die Feststellung der Gesetzwidrigkeit des Verhaltens des Vorsitzenden des Hauptausschusses I (HA) Josef P. (im folgenden P.) im Zusammenhang mit seiner (zu diesem Zeitpunkt) beabsichtigten Pensionierung (insbesondere Unterlassung der Vorlage des Schreibens der Dienstbehörde, mit dem diese beabsichtigte Personalmaßnahme dem Personalvertretungsorgan bekanntgegeben worden war, an den HA zur weiteren Beschlußfassung anstelle der tatsächlichen Erledigung durch P. in "Eigenregie als Routinefall"; Nichtermöglichung, seinen Fall persönlich dem HA vorzutragen).
Mit Bescheid vom 22. November 1990 wies die belangte Behörde unter anderem im Spruchabschnitt 2 den Antrag des Beschwerdeführers, soweit er sich auf das Verhalten von P. bezog, gemäß § 6 AVG zurück. Sie begründete dies im wesentlichen damit, der Antrag beziehe sich auf das Verhalten eines Personalvertreters; die belangte Behörde sei jedoch gemäß § 47 Abs. 2 W-PVG nur berufen, die Gesetzmäßigkeit oder Gesetzwidrigkeit der Geschäftsführung von Organen der Personalvertretung (§ 3 Abs. 1 W-PVG) festzustellen.
Mit Erkenntnis vom 18. März 1994, Zl. 90/12/0315, hob der Verwaltungsgerichtshof auf Grund einer Beschwerde des Beschwerdeführers den Spruchpunkt 2 dieses Bescheides, soweit damit der Antrag des Beschwerdeführers auf Überprüfung des Verhaltens von P. zurückgewiesen wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf, wies jedoch im übrigen die Beschwerde als unbegründet ab. Der Verwaltungsgerichtshof ging davon aus, daß in diesem Umfang die Voraussetzungen für eine Sachentscheidung gegeben seien, weil der Vorsitzende P. vom HA gemäß § 31 Abs. 8 W-PVG umfassend mit der Wahrnehmung von Vertretungsaufgaben beauftragt worden sei und auch der Beschwerdeführer in seinem Vorbringen zum Ausdruck gebracht habe, das Verhalten des P. sei dem Personal-Vertretungsorgan HA zuzurechnen.
Dieses Erkenntnis wurde der belangten Behörde laut Rückschein am 3. Juni 1994 zugestellt.
In seiner nunmehrigen am 18. Oktober 1994 beim Verwaltungsgerichtshof eingebrachten Säumnisbeschwerde macht der Beschwerdeführer geltend, er sei durch die Nichtentscheidung über das dem HA zuzurechnende Verhalten des P. in seinem in § 73 Abs. 1 AVG verankerten Recht auf Entscheidung innerhalb von sechs Monaten, wie auch im Recht gemäß § 63 Abs. 1 VwGG (unverzügliche Herstellung des der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Zustandes) verletzt worden. Die "Verfahrenspendenz" vor dem Verwaltungsgerichtshof berücksichtigend (Antrag vom 29. Juni 1990, Bescheid vom 22. November 1990, Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnis vom 18. März 1994, Zl. 90/12/0315, zugestellt am 1. Juni 1994 - Anmerkung: zu diesem Zeitpunkt erfolgte die Zustellung an den Beschwerdeführer) sei die Sechsmonatsfrist am 28. Juni 1994 abgelaufen.
In dem gemäß § 36 Abs. 2 VwGG eingeleiteten Vorverfahren stellte die belangte Behörde unter Vorlage der Verwaltungsakten in ihrer Gegenäußerung vom 14. Dezember 1994 den Antrag, die Säumnisbeschwerde des Beschwerdeführers kostenpflichtig zurückzuweisen. Zum einen sei die Säumnisbeschwerde verfrüht erhoben worden, weil die Sechsmonatsfrist ab Zustellung des Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnisses vom 18. März 1994 an die belangte Behörde (3. Juni 1994) am 18. Oktober 1994 (Zeitpunkt ihrer Einbringung) noch nicht abgelaufen sei. Zum anderen sei nach Auffassung der belangten Behörde der Gemeinderat als die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde anzusehen, die der Beschwerdeführer vor Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes nach § 73 AVG befassen hätte müssen (Hinweis auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes im Beschluß vom 24. April 1986, Slg. 12123 A, zur Rolle des Gemeinderates als oberstes Organ). Im übrigen wies die belangte Behörde darauf hin, sie habe in der Sache mit Bescheid vom 3. November 1994 eine Sachentscheidung getroffen (Anmerkung: dieser Bescheid ist in der Zwischenzeit Gegenstand der vom Beschwerdeführer erhobenen und unter Zl. 94/12/0305, eingebrachten Beschwerde).
In seiner Replik hielt dem der Beschwerdeführer entgegen, § 63 Abs. 1 VwGG ("unverzüglich") schränke den Rückgriff auf § 73 AVG im fortgesetzten Verfahren ein. Da sich die aufgezeigte Säumnis auf eine Vorschrift des VwGG (und nicht des AVG) stütze, sei eine Heranziehung des Beschlusses vom 24. April 1986, Slg. 12123 A, im Beschwerdefall nicht möglich.
§ 27 VwGG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 330/1990, sieht vor, daß Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG erst erhoben werden kann, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Weg eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, bzw. der unabhängige Verwaltungssenat, der nach Erschöpfung des Instanzenzuges, sei es durch Berufung oder im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten in der Sache entschieden hat. Die Frist läuft von dem Tag, an dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war.
Nach § 63 Abs. 1 VwGG sind die Verwaltungsbehörden verpflichtet, wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Beschwerde gemäß Art. 131 oder 131a B-VG stattgegeben hat, in dem betreffenden Fall mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.
Die Säumnisbeschwerde erweist sich schon deshalb als unzulässig, weil sie vor Ablauf der in § 27 VwGG normierten sechsmonatigen Frist erhoben wurde. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes beginnt auch im Fall eines Ersatzbescheides (nach Aufhebung des Bescheides im ersten Rechtsgang durch den Verwaltungsgerichtshof) die Frist des § 27 VwGG nicht vor dem Tage zu laufen, an dem die schriftliche Ausfertigung des aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes der Behörde zugestellt wurde (vgl. dazu z.B. die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. März 1949, Slg. N.F. Nr. 712 A; vom 22. Februar 1962, Zl. 286/62, vom 18. Februar 1971, Zl. 209/71, vom 20. Februar 1986, Zl. 86/02/0003, sowie vom 20. Jänner 1994, Zl. 93/06/0261). Dies ist im Beschwerdefall der 3. Juni 1994 gewesen. Die in der Säumnisbeschwerde vom Beschwerdeführer angestellte Betrachtung, die offenkundig auf Zeiträume vor der Zustellung des Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnisses vom 18. März 1994 zurückgreift, trifft daher nicht zu. Es läßt sich aber auch entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers keine Einschränkung der Wartefrist nach § 27 VwGG aus § 63 Abs. 1 VwGG für Ersatzbescheide ableiten.
Die Säumnisbeschwerde war daher schon aus diesem Grund gemäß § 34 Abs. 1 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat als unzulässig zurückzuweisen, ohne daß die Frage näher zu prüfen war, ob nicht der Gemeinderat als oberste Behörde im Sinne des § 27 VwGG vom Beschwerdeführer hätte angerufen werden müssen. Eine rechtlich gebotene Reihenfolge bei mehreren allenfalls gegebenen Zurückweisungsgründen vermag der Verwaltungsgerichtshof (jedenfalls bei der im Beschwerdefall gegebenen Fallkonstellation) nicht zu erkennen.
Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 und 51 VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.
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