VwGH 94/11/0312

VwGH94/11/031217.1.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des M in S, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in V, gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 24. August 1994, Zl. 736.409/1-2.7/92, betreffend Befreiung von der Präsenzdienstpflicht, zu Recht erkannt:

Normen

WehrG 1990 §36a Abs1 Z2 idF 1992/690;
WehrG 1990 §36a Abs1 Z2 idF 1992/690;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des im Jahre 1973 geborenen Beschwerdeführers vom 25. November 1991 auf Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes gemäß § 36 Abs. 2 Z. 2 des Wehrgesetzes 1990 (richtig wohl gemäß § 36a Abs. 1 Z. 2 des Wehrgesetzes 1990 in der Fassung BGBl. Nr. 690/1992) abgewiesen.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer hat seinen Befreiungsantrag damit begründet, daß er vom landwirtschaftlichen Betrieb seiner Mutter unabkömmlich sei.

Die belangte Behörde ist damit im Recht, daß der Beschwerdeführer keine wirtschaftlichen Interessen an der Befreiung von der Präsenzdienstpflicht hat. Der Beschwerdeführer hat keine dinglichen oder obligatorischen Rechte an dem in Rede stehenden Betrieb. Daß er diesen Betrieb einmal zu übernehmen beabsichtige, betrifft ein zukünftiges, bei aller Wahrscheinlichkeit aber doch ungewisses Ereignis, welches derzeit noch keine wirtschaftlichen Interessen im Sinne des Gesetzes zu vermitteln vermag (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Dezember 1987, Zl. 87/11/0094).

Die belangte Behörde anerkannte das Vorliegen familiärer Interessen des Beschwerdeführers, weil seine zu 60 v.H. in ihrer Erwerbsfähigkeit geminderte Mutter seiner Unterstützung bei der Führung des Betriebes bedürfe. Im Hinblick auf das Vorhandensein von acht Geschwistern des Beschwerdeführers sei im Zusammenwirken aller Familienangehörigen eine Gefährdung der Existenz des Betriebes und damit seiner Inhaberin auszuschließen.

Der Beschwerdeführer macht dagegen im wesentlichen geltend, die Annahme, seine Geschwister könnten im Zusammenwirken mit seiner Mutter den Betrieb während seiner Präsenzdienstleistung aufrecht erhalten, sei auf mangelhafte Ermittlungen gestützt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides wurden bloß aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgeleitete Rechtssätze angeführt, die auf den wahren Sachverhalt keine Anwendung finden könnten. Er habe zwar Geschwister; es käme aber in Wahrheit keine dieser Personen als Helfer im Betrieb in Frage. Er setzt sich in der Folge mit der Möglichkeit jeder einzelnen dieser Personen auseinander und kommt auf Grund deren familiärer und beruflicher Verhältnisse, der Entfernung ihres Wohnsitzes vom Betrieb der Mutter bzw. deren persönlichen Beziehungen zur Mutter zum Ergebnis, daß von keinem Geschwisterteil eine Mitarbeit erwartet werden könne. Diese Behauptungen decken sich in sachverhaltsmäßiger Hinsicht im wesentlichen mit den Feststellungen der belangten Behörde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung zum Ausdruck gebracht, daß es dann, wenn es um die Aufrechterhaltung eines bäuerlichen Betriebes für die Dauer der Präsenzdienstleistung eines Familienangehörigen geht, auf Grund der allgemeinen Lebenserfahrungen möglich ist, daß ein Zusammenwirken aller übrigen Familienangehörigen zur Unterstützung des Betriebsinhabers bei der Führung des Betriebes den Ausfall der Arbeitskraft des Präsenzdienstleistenden kompensiert. Wenn - wie hier - neun Geschwister vorhanden sind (die belangte Behörde spricht zwar nur von acht Geschwistern, zählt aber alle neun, nämlich drei Brüder und sechs Schwestern, auf), die alle in einem näheren Umkreis bis höchstens 45 km leben und alle ihrerseits grundsätzlich arbeitsfähig sind, die nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren verpflichtet sind, einen Beitrag zur Unterstützung ihrer Mutter zu leisten (vgl. das Erkenntnis vom 27. April 1993, Zl. 93/11/0009), so scheidet die besondere Rücksichtswürdigkeit der familiären Interessen des Wehrpflichtigen an seiner Befreiung von der Präsenzdienstpflicht aus. Dies gilt auch dann, wenn einzelnen der Geschwister eine Mitarbeit im landwirtschaftlichen Betrieb nur sehr eingeschränkt möglich sein sollte. Im Zusammenwirken aller Beteiligten, wozu auch die Betriebsinhaberin und der Wehrpflichtige selbst im Rahmen ihrer körperlichen und zeitlichen Einschränkungen zählen, ist eine Gefährdung der Existenz auszuschließen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. September 1993, Zl. 93/11/0071). Die belangte Behörde hat auch - zum Unterschied von dem dem Erkenntnis Zl. 93/11/0009 zugrundeliegenden Beschwerdefall - nicht ausschließlich und pauschal auf die Existenz der Geschwister des Beschwerdeführers hingewiesen, sondern zwei in unmittelbarer Nähe zum mütterlichen Betrieb wohnhafte Brüder besonders hervorgehoben, von denen der Beschwerdeführer nicht behauptet, es wäre ihnen eine aushilfsweise Mitarbeit nicht möglich, sondern nur, daß sie derzeit keine Kontakte zur Mutter bzw. dem Beschwerdeführer pflegten.

Die Beschwerde erweist sich als unbegründet. Sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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