VwGH 94/08/0188

VwGH94/08/01885.9.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Möslinger-Gehmayr, über die Beschwerde der S in H, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt, gegen den aufgrund des Beschlusses des Unterausschusses des zuständigen Verwaltungsausschusses ausgefertigten Bescheid des Landesarbeitsamtes Steiermark vom 29. Juni 1994, Zl. IVc 7022 B-Mag. Bo/Fe, betreffend Widerruf und Rückforderung von Karenzurlaubsgeld und Sondernotstandshilfe sowie Einstellung der Sondernotstandshilfe, zu Recht erkannt:

Normen

AlVG 1977 §27 Abs2;
AlVG 1977 §27 Abs4;
AlVG 1977 §36 Abs3 litb;
MeldeG 1972 §2 Abs1 Z2;
MeldeG 1991 §2 Abs2 Z1;
NotstandshilfeV §2 Abs1;
NotstandshilfeV §2 Abs2;
AlVG 1977 §27 Abs2;
AlVG 1977 §27 Abs4;
AlVG 1977 §36 Abs3 litb;
MeldeG 1972 §2 Abs1 Z2;
MeldeG 1991 §2 Abs2 Z1;
NotstandshilfeV §2 Abs1;
NotstandshilfeV §2 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.630,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin beantragte im Anschluß an die am 27. Mai 1991 erfolgte Geburt ihres unehelichen Sohnes Philipp am 23. Juli 1991 beim Arbeitsamt Graz die Zuerkennung von Karenzurlaubsgeld. Darin führte sie als ordentlichen Wohnsitz "B" an. In einem "Anhang zum Antrag vom 23.7.1991" vom 12. September 1991 gab sie als Kindesvater Sch, wohnhaft in "H" und als Höhe der Alimentationsverpflichtung "S 1.000,--" an. Daraufhin wurde ihr für die Zeit vom 23. Juli 1991 bis 27. Mai 1993 erhöhtes Karenzurlaubsgeld nach § 27 Abs. 2 AlVG gewährt.

Am 28. Mai 1993 beantragte sie beim Arbeitsamt die Zuerkennung von Sondernotstandshilfe, wobei sie im Antrag sowie in einem Anhang zum Antrag dieselben Angaben wie in jenem auf Karenzurlaubsgeld machte. Daraufhin wurde ihr ab 28. Mai 1993 Sondernotstandshilfe nach § 39 AlVG gewährt.

Nach einem Aktenvermerk des Arbeitsamtes vom 8. März 1994 habe an diesem Tag Herr Z vom Gemeindeamt B angerufen und um Auskunft über die Möglichkeit eines Bezuges der Beschwerdeführerin nach dem 27. Mai 1994 ersucht. Z. habe angegeben, daß der Lebensgefährte der Beschwerdeführerin (nämlich Sch.) bei ihm vorstellig geworden sei und folgender Sachverhalt vorliege: Die Beschwerdeführerin werde ab 8. August 1994 wieder Wochengeld beziehen, Kindesvater sei wieder Sch. Der Lebensgefährte wolle wissen, ob er die Beschwerdeführerin in seinem land(forst)wirtschaftlichen Betrieb versichern müsse, damit sie wieder Karenzurlaubsgeld beziehen könne. Daraufhin sei Z. vom Beamten des Arbeitsamtes darüber aufgeklärt worden, daß die Beschwerdeführerin hieramts alleinstehend sei, und er nochmals befragt, ob es sich tatsächlich um eine Lebensgemeinschaft mit Sch. handle. Z. habe dies bejaht, aber nicht gewollt, daß dies der Beschwerdeführerin bekannt werde. Plötzlich habe er auch keine näheren Angaben zum Beginn der Lebensgemeinschaft machen wollen. Er meinte auch noch, daß das Gemeindeamt sowieso nur bestätigen könne, daß die Beschwerdeführerin bei ihren Eltern gemeldet sei. Zu einer Meldung bezüglich der Lebensgemeinschaft sei das Gemeindeamt nie offiziell aufgefordert worden und er persönlich befinde sich in einer schwierigen Position.

In einer daraufhin am 11. März 1994 durchgeführten niederschriftlichen Vernehmung der Beschwerdeführerin vor dem Arbeitsamt gab sie an, daß die Beziehung mit Sch. seit ca. 1988 bestanden habe. In der Zeit von Juli 1991 bis April 1993 habe Sch. regelmäßig bei ihr übernachtet. In diesem Zeitraum sei sie mit Sch. befreundet gewesen. Von "5/93 bis ca. Weihnachten 93" seien sie getrennt gewesen. Seit Weihnachten 1993 bestehe die Beziehung wieder. Sie sei seit ca. einer Woche dabei, auf die Adresse des Sch. zu übersiedeln. Sie erhalte von Sch. S 1.000,-- Alimente auf Grund einer privaten Vereinbarung. Bis April 1993 habe sie die Alimente in bar erhalten, im Zeitraum von Mai bis Dezember 1993 auf ihr Konto. Sie bewohne bei ihren Eltern ein eigenes Zimmer und bezahle keine Miete. Auch die Wochenenden "haben wir im o.a. Zeitraum gemeinsam verbracht". Daraufhin heißt es, daß die Beschwerdeführerin die oben gemachten Angaben bezüglich der Alimente dahingehend berichtigen wolle, daß sie die Alimente nie auf ein Konto überwiesen bekommen habe. Sie seien ihr auch nie regelmäßig ausgehändigt worden. Bei Bedarf habe sie von Sch. Geld erhalten. "Über den gesamten Zeitraum hin" habe Sch. weder Bekleidungsstücke noch Toilettartikel bei ihr gehabt. Er sei auch nicht "von uns verköstigt" worden. Er sei "bereits fix fertig gewaschen" zu ihr gekommen und habe immer bei seinen Eltern gegessen.

Am 18. März 1994 meldete die Beschwerdeführerin beim Arbeitsamt, daß sie seit 11. März 1994 an der Adresse "H" polizeilich gemeldet sei. Sie wohne mit ihrem Sohn und ihrem Lebensgefährten zusammen.

Über Ersuchen des Arbeitsamtes gab die Gemeinde B mit Schreiben vom 18. März 1994 bekannt, daß die Beschwerdeführerin seit ihrer Geburt in "B" und Sch. seit seiner Geburt in "H" gemeldet sei. Die Beschwerdeführerin sei allerdings seit 11. März 1994 mit ihrem Sohn Philipp in "H gemeldet und wohnhaft".

Mit Bescheid vom 13. April 1994 stellte das Arbeitsamt gemäß § 39 Abs. 4 in Verbindung mit den §§ 33 Abs. 2 lit. c, 38, 24 Abs. 1 AlVG und § 2 NHV die Sondernotstandshilfe der Beschwerdeführerin mangels Notlage ab 1. Februar 1994 mit der Begründung ein, daß ihr Lebensgefährte über ein monatliches Einkommen verfüge, das unter Berücksichtigung der gesetzlichen Bestimmungen Notlage ausschließe.

Mit Bescheid vom 15. April 1994 sprach das Arbeitsamt aus, daß gemäß § 29 Abs. 1 in Verbindung mit § 24 Abs. 2 AlVG das Karenzurlaubsgeld für den Zeitraum vom 23. Juli 1991 bis 27. Mai 1993 widerrufen bzw. die Bemessung rückwirkend berichtigt werde und die Beschwerdeführerin gemäß § 29 Abs. 1 in Verbindung mit § 25 Abs. 1 AlVG zur Rückzahlung unberechtigt empfangenen Karenzurlaubsgeldes im Betrag von S 36.254,-- verpflichtet werde. Mit einem weiteren Bescheid vom 15. April 1994 sprach das Arbeitsamt aus, daß gemäß § 39 Abs. 4 in Verbindung mit den §§ 38 und 24 Abs. 2 AlVG der Bezug der Sondernotstandshilfe für den Zeitraum vom 28. Mai 1993 bis 31. Jänner 1994 widerrufen bzw. die Bemessung rückwirkend berichtigt werde und die Beschwerdeführerin gemäß § 39 Abs. 4 in Verbindung mit den §§ 38 und 25 Abs. 1 AlVG zur Rückzahlung der unberechtigt empfangenen Sondernotstandshilfe im Gesamtbetrag von S 39.065,-- verpflichtet werde. Begründet wurden die beiden zuletzt genannten Bescheide damit, daß die Beschwerdeführerin diese Leistungen der Arbeitslosenversicherung zu Unrecht bezogen habe, weil sie das Bestehen der Lebensgemeinschaft mit Sch. dem Arbeitsamt nicht bekannt gegeben habe.

In den gegen diese drei Bescheide erhobenen Berufungen wandte die Beschwerdeführerin ein, sie bestreite ganz entschieden das Vorliegen einer Lebensgemeinschaft mit Sch. für die Zeit vor dem 11. März 1994. Sch. sei niemals in ihrem Haushalt wohnhaft gewesen, noch habe er zu ihrem Lebensunterhalt jemals beigetragen. Richtig sei, daß er bisweilen für den gemeinsamen Sohn Philipp Zahlungen geleistet habe, aber auch dies nur unregelmäßig. Auch habe sie vor dem 11. März 1994 nie im Haushalt des Sch. gewohnt. Die Lebensgemeinschaft sei erst im März 1994 begründet worden. Sie habe dies auch anläßlich ihrer persönlichen Vorsprache beim Arbeitsamt zum Ausdruck gebracht und ihres Wissens nie ein Protokoll unterschrieben, in dem sie eine vor dem 11. März 1994 bestehende Lebensgemeinschaft zugegeben habe. Sie könne daher nicht nachvollziehen, auf welche Beweise sich die genannten Bescheide des Arbeitsamtes gründeten.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde den Berufungen keine Folge. In der Bescheidbegründung wird nach Zitierung der anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen sowie nach Wiedergabe des (oben angeführten) Verwaltungsgeschehens (unter weiterer Wiedergabe der niederschriftlichen Angaben der Beschwerdeführerin vom 18. März 1994 zum Einkommen ihres Lebensgefährten) zur "rechtlichen Beurteilung" ausgeführt: Nach den eingangs zitierten gesetzlichen Bestimmungen und aufgrund des der Aktenlage zugrundeliegenden Sachverhaltes sei der Berufung keine Folge zu geben gewesen. Dem Berufungseinwand der Beschwerdeführerin stehe die von ihr selbst gemachte Aussage entgegen, daß eine Beziehung mit Sch., dem Vater des am 27. Mai 1991 geborenen Sohnes der Beschwerdeführerin, bereits seit 1988 bestanden habe; "eine solche, wie die nun auch meldebehördlich dokumentierte Wohnungsnahme am 11.3.1994 bei diesem zeigt, nunmehr ebenfalls wieder besteht und Sie selbst eingeräumt haben, daß (Sch.) von Juli 1991 bis April 1993 bei Ihnen auch regelmäßig übernachtet hat." Die Beschwerdeführerin habe auch bestätigt, daß sie in jenen Zeiträumen, und zwar von Mai 1993 bis Weihnachten 1993, die Wochenenden gemeinsam mit (Sch.) verbracht habe. Letztendlich sei auch entscheidungsfindend gewesen, daß aus dieser gemeinsamen Zeit der Sohn Philipp stamme und die Beschwerdeführerin mit 11. März 1994 nun auch nach dem Meldegesetz an der Adresse ihres Lebensgefährten gemeldet sei, der der Vater auch des Kindes sei, das sie erwarte. Die von der Beschwerdeführerin in der Niederschrift vom 11. März 1994 festgehaltene und mit ihrer Unterschrift bekräftigte Aussage sei als eine unbeeinflußt gemachte wahrheitsgetreue anzusehen. Unter Abrundung des Gesamtbildes sei daher von einer fortdauernden Lebensgemeinschaft auszugehen. Letztendlich sei aber auch von jenem Umstand auszugehen, daß eine Mutter dann als nicht alleinstehend anzusehen sei, die ledig sei und mit dem Vater ihres Kindes nach den Vorschriften des Meldegesetzes an der gleichen Adresse gemeldet ist oder anzumelden wäre. Es folgen Ausführungen zur Höhe des Einkommens des Lebensgefährten der Beschwerdeführerin, zum Vorliegen von Rückforderungstatbeständen aufgrund der unwahren Angaben der Beschwerdeführerin über ihre privaten Lebensumstände und das Vorliegen eines Einstellungstatbestandes ab 1. Februar 1994 aufgrund des Einkommens des Lebensgefährten.

Dagegen richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde. Es gehe im Beschwerdefall lediglich um die Frage, ob in der Zeit vor dem 11. März 1994 eine Lebensgemeinschaft zwischen der Beschwerdeführerin und Sch. anzunehmen sei. Dazu gehe aus dem angefochtenen Bescheid überhaupt kein Sachverhalt hervor. Es sei nicht erkennbar, welche Feststellungen die belangte Behörde treffe. Auch fehle jegliche Begründung hinsichtlich der Beweiswürdigung. Zur Annahme einer Lebensgemeinschaft genüge es nicht anzuführen, "unter Abrundung des Gesamtbildes" sei daher von einer "fortdauernden Lebensgemeinschaft auszugehen", wenn in keiner Weise feststehe, wie diese angebliche Lebensgemeinschaft gestaltet gewesen sei. Insbesondere wäre zu prüfen gewesen, ob eine Wirtschaftsgemeinschaft bestanden habe, ob also Einnahmen und Ausgaben gemeinsam bewirtschaftet worden seien, ob eine Wohngemeinschaft und insoweit daher eine umfassende Beziehung bestanden habe und nicht nur gelegentliche Besuche erfolgt seien. Weiters hätte geklärt werden müssen, wie das Verhältnis von Mai 1993 bis Weihnachten 1993 gewesen sei, da nach den von der belangten Behörde referierten Aussagen in diesem Zeitraum das Verhältnis zerrüttet gewesen sei und überhaupt keinerlei Kontakte bestanden hätten. Hätte die belangte Behörde dies umfassend geklärt, wäre sie zum Ergebnis gekommen, daß jedenfalls von einer Lebensgemeinschaft zwischen Mai 1993 und Weihnachten 1993 keine Rede habe sein können. Aber auch im übrigen Zeitraum habe sich die angebliche Beziehung zu Sch. auf gelegentliche Besuche beschränkt; es habe aber keineswegs eine Wohn-, Wirtschafts- und Geschlechtsgemeinschaft bestanden, die als Lebensgemeinschaft bezeichnet werden könne. Es habe niemals eine gemeinsame Kassa bestanden. Die getätigten Zahlungen des Sch. seien Alimente für das uneheliche Kind gewesen. Aber auch wenn man das Referieren des Akteninhaltes als Feststellungen werten wolle, ergebe sich eindeutig, daß jedenfalls in der Zeit der Trennung der Beschwerdeführerin von Sch. von Mai bis Weihnachten 1993 keinesfalls eine Lebensgemeinschaft bestanden habe, eine solche aber bei richtiger rechtlicher Beurteilung auch für den übrigen vom angefochtenen Bescheid erfaßten Zeitraum zu verneinen sei. Auch in dieser Zeit habe nur eine Liebesbeziehung bestanden, aus der ein Kind entsprossen sei. Aufgrund dessen sei das Einkommen des Sch. bei Bemessung der Sondernotstandshilfe nicht zu berücksichtigen, habe Sch. im Zeitraum des Bezuges von Karenzurlaubsgeld nicht bei der Beschwerdeführerin angemeldet werden müssen und gelte daher die Beschwerdeführerin als alleinstehende Mutter im Sinne des § 27 Abs. 2 AlVG.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Rechtmäßigkeit der rückwirkenden Berichtigung und dementsprechenden Rückforderung von Karenzurlaubsgeld nach § 29 Abs. 1 in Verbindung mit den §§ 24 Abs. 2 und 25 Abs. 1 AlVG hängt - sachverhaltsbezogen - davon ab, ob die Beschwerdeführerin im Zeitraum vom 23. Juli 1991 bis 27. Mai 1993 im Sinne des § 27 Abs. 4 AlVG in der

Die belangte Behörde stützt ihre diese Fragen bejahende Entscheidung darauf, daß "unter Abrundung des Gesamtbildes ... von einer fortdauernden Lebensgemeinschaft auszugehen" und

Diesbezüglich rügt die Beschwerdeführerin aber mit Recht, daß sich dem angefochtenen Bescheid - entgegen den §§ 60, 67 AVG - nicht mit Sicherheit entnehmen läßt, welches "Gesamtbild" (d.h. welche Tatsachenfeststellungen) die belangte Behörde dieser rechtlichen Beurteilung (nämlich der Annahme des Vorliegens einer Lebensgemeinschaft bzw. der Verpflichtung zur Anmeldung des Sch.) zugrunde gelegt hat (sie spricht zwar von einer "wahrheitsgetreuen" Aussage der Beschwerdeführerin vom 11. März 1994, dann aber von einer "Abrundung des Gesamtbildes", ohne anzuführen, ob sie hiebei über den Inhalt der eben genannten Aussage hinausgegangen ist) und wie sie zu diesen Feststellungen gelangt ist. Dieser Verfahrensmangel ist auch relevant, weil ohne eine den genannten Bestimmungen des AVG entsprechende Begründung nicht die Richtigkeit der genannten rechtlichen Beurteilung überprüft werden kann.

Müßte (könnte) man aber davon ausgehen, daß die belangte Behörde nur den Inhalt der Aussage der Beschwerdeführerin vom 11. März 1994 und die unbestrittenen Fakten, daß jedenfalls ab 11. März 1994 zwischen der Beschwerdeführerin und Sch. eine Lebensgemeinschaft besteht und Sch. Vater nicht nur des am 27. Mai 1991 geborenen Philipp, sondern auch des im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides offensichtlich noch nicht geborenen Kindes ist, dessen Geburtsdatum mit 8. August 1994 prognostiziert war, als Feststellungen ihrer rechtlichen Beurteilung zugrundegelegt hat, so entspräche diese - auch dies in Übereinstimmung mit den Beschwerdeausführungen - nicht dem Gesetz:

Da die Beschwerdeführerin und Sch. im relevanten Zeitraum nicht an der gleichen Adresse angemeldet waren (vgl. zu dieser Fallgestaltung die Erkenntnisse vom 16. Oktober 1990, Zl. 89/08/0286, und vom 30. September 1994, Zl. 93/08/0156, mit Hinweisen auf die Judikatur zu § 39 Abs. 2 AlVG in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 416/1992; dazu auch das Erkenntnis vom 15. Oktober 1984, Zl. 84/08/0202), hinge die Rechtmäßigkeit der rückwirkenden Berichtigung und der diesbezüglichen Rückforderung von Karenzurlaubsgeld davon ab, ob Sch. im Zeitraum vom 23. Juli 1991 bis 27. Mai 1993 an der Adresse der Beschwerdeführerin zu melden gewesen wäre. Das bloße "regelmäßige" Übernachten des Sch. im Zeitraum von Juli 1991 bis April 1993 bei der Beschwerdeführerin, die damals bei ihren Eltern ein eigenes Zimmer bewohnte, ohne Miete zu zahlen, wobei Sch. bei der Beschwerdeführerin keine Kleidungsstücke oder Toilettartikel hatte und nicht verköstigt wurde, sowie das gemeinsame Verbringen der Wochenenden in dieser Zeit begründete noch keine Meldepflicht zufolge einer drei Wochen bzw. zwei Monate übersteigenden unentgeltlichen Unterkunftsgewährung im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 2 Meldegesetz 1972 bzw. § 2 Abs. 2 Z. 1 Meldegesetz 1991, geschweige denn im Monat Mai 1993, in dem die Beziehung der Beschwerdeführerin zu Sch. bereits "getrennt" war (weshalb die Annahme der belangten Behörde, sie hätten auch in der Zeit der Trennung die Wochenenden gemeinsam verbracht, aktenwidrig ist). Denn in der bloßen "regelmäßigen" Nächtigung kann keine der Befriedigung des Wohnbedürfnisses dienende Unterkunftnahme im Sinne der Meldevorschriften erblickt werden (vgl. dazu die Erkenntnisse vom 30. September 1991, Slg. Nr. 13.500/A, und vom 20. Jänner 1993, Zlen. 92/01/0557, 0779, sowie Czeppan-Petrik, Das österreichische Melderecht2, S. 62, und Platzer-Sleha-Szymanski, Meldegesetz 1991, S. 8 f). Sie indiziert aber auch nicht die an die erfolgte Meldung geknüpfte gesetzliche Vermutung eines solchen Grades einer Haushaltsgemeinschaft, die die Wirtschaftskraft eines solchen Haushaltes über jene einer gänzlich alleinstehenden Mutter stellen würde (vgl. das schon genannte Erkenntnis vom 15. Oktober 1984, Zl. 84/08/0202).

Die eben genannten Umstände (in Verbindung mit der zugestandenen Begründung einer Lebensgemeinschaft vom 11. März 1994, der wechselseitigen Bezeichnung als Lebensgefährten kurz vor dem 11. März 1994 und danach, sowie dem Umstand, daß Sch. auch die Vaterschaft des erwarteten zweiten Kindes anerkannt hat) vermöchten aber auch nicht das Bestehen einer "durchgehenden Lebensgemeinschaft" im Sinne des auf § 36 Abs. 3 lit. B AlVG gestützten § 2 Abs. 1 und 2 NHV im Zeitraum von Weihnachten 1993 bis 31. Jänner 1994, geschweige denn im Zeitraum der behaupteten (und voraussetzungsgemäß als Feststellung übernommenen) Trennung vom 28. Mai 1993 bis Weihnachten 1993 zu begründen. Denn nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und des Obersten Gerichtshofes besteht das Wesen einer Lebensgemeinschaft in einem eheähnlichen Zustand, der dem typischen Erscheinungsbild des ehelichen Zusammenlebens entspricht. Dazu gehört im allgemeinen die Geschlechts-, Wohnungs- und (vor allem) Wirtschaftsgemeinschaft, wobei aber, wie auch bei einer Ehe, das eine oder andere Merkmal weniger ausgeprägt sein oder ganz fehlen kann. Es kommt hiebei regelmäßig auf die Gesamtumstände des Einzelfalles an, wobei der Wirtschaftsgemeinschaft nach der Rechtsprechung überragende Bedeutung dafür zukommt, daß an eine Wohngemeinschaft als eheähnlich die gleichen Rechtsfolgen geknüpft werden dürfen wie an eine Ehe (vgl. u.a. die Erkenntnisse vom 24. April 1990, Zlen. 89/08/0318 bis 0320, vom 17. Mai 1990, Zl. 90/08/0031, und vom 31. Jänner 1995, Zlen. 92/08/0013, 0100, mit weiteren Judikaturhinweisen, sowie Stabentheiner, Die nichteheliche Lebensgemeinschaft - ein Überblick, NZ 1995, 49 ff, mit umfangreichen Judikatur- und Schrifttumshinweisen). Demgemäß führt eine bloße Geschlechtsgemeinschaft, die nicht über das hinausgeht, was üblicherweise als intimes Verhältnis bezeichnet wird, noch nicht zum Vorliegen einer Lebensgemeinschaft; es müssen zumindest noch so gewichtige Elemente einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft hinzutreten, daß für den Außenstehenden das Bild einer eheähnlichen Bindung besteht (vgl. EFSlg. 57.268 bis 57.270, 69.296, 63.514, 66.485, Memmer, Eheähnliche Lebensgemeinschaften und Reproduktionsmedizin, JBl. 1993, 299).

Aus den oben angeführten Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. a bis c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994, allerdings begrenzt durch das (den in dieser Verordnung festgelegten Pauschalsatz unterschreitende) Begehren der Beschwerdeführerin. Das Kostenmehrbegehren an Stempelgebührenersatz war abzuweisen, weil es der Vorlage der Beschwerde nur in dreifacher Ausfertigung bedurfte.

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