VwGH 94/08/0033

VwGH94/08/00335.9.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Möslinger-Gehmayr, über die Beschwerde des F in G, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt, gegen den aufgrund des Beschlusses des Unterausschusses des zuständigen Verwaltungsausschusses ausgefertigten Bescheid des Landesarbeitsamtes Steiermark vom 16. Dezember 1993, Zl. IVc 7022 B-Dr. Puy/S, betreffend Einstellung des Arbeitslosengeldes, zu Recht erkannt:

Normen

AlVG 1977 §10;
AlVG 1977 §11;
AlVG 1977 §12 Abs1;
AlVG 1977 §12 Abs2;
AlVG 1977 §12 Abs3 litf;
AlVG 1977 §12 Abs3;
AlVG 1977 §12 Abs4;
AlVG 1977 §7;
AlVG 1977 §9;
B-VG Art130 Abs2;
AlVG 1977 §10;
AlVG 1977 §11;
AlVG 1977 §12 Abs1;
AlVG 1977 §12 Abs2;
AlVG 1977 §12 Abs3 litf;
AlVG 1977 §12 Abs3;
AlVG 1977 §12 Abs4;
AlVG 1977 §7;
AlVG 1977 §9;
B-VG Art130 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde das dem Beschwerdeführer (voraussichtlich bis 25. Oktober 1993) zuerkannte Arbeitslosengeld ab 1. Oktober 1993 gemäß § 24 Abs. 1 in Verbindung mit den §§ 7 Abs. 1 Z. 1 und 12 Abs. 3 lit. f AlVG ein. Nach der Bescheidbegründung sei der Beschwerdeführer seit dem Sommersemester 1987 am Kärntner Landeskonservatorium als ordentlicher Studierender des Lehrganges für Instrumental-(Gesangs-)Pädagogik inskribiert. Der Aktenlage nach sei er während dieser Zeit vielfach beschäftigt gewesen, allerdings immer nur während einer kurzen Zeit (zwischen 4 und 25 Tagen), die letzten Male im Jänner 1992 (10 Tage), im Februar 1992 (17 Tage) und im März 1992 (7 Tage). Von der Bestimmung des § 12 Abs. 3 lit. f AlVG, wonach nicht als arbeitslos gelte, wer unter anderem als ordentlicher Hörer einer Hochschule ausgebildet werde, könne nach § 12 Abs. 4 AlVG bei Vorliegen berücksichtigungswürdiger Umstände eine Ausnahme zugelassen werden. Der Gesetzgeber nehme einen derartigen berücksichtigungswürdigen Grund insbesondere dann an, wenn Arbeit und Studium parallel liefen, also bei sogenannten Werkstudenten, die neben einer Beschäftigung studierten und somit bewiesen, daß sie imstande seien, das Studium neben der Arbeit zu betreiben. Verliere ein Werkstudent seine Arbeit, so könne ihm eine Leistung aus der Arbeitslosenversicherung gewährt werden, bis zu dem Zeitpunkt, zu dem er eine neue Beschäftigung gefunden habe. Die Leistung aus der Arbeitslosenversicherung habe den Zweck, den Lebensunterhalt nach Verlust der Beschäftigung zu sichern, diene aber nicht dazu, ein Studium zu finanzieren. Beim Beschwerdeführer könne aufgrund der vielen kurzfristigen Beschäftigungen (zum Teil im Ausland) nicht davon gesprochen werden, daß er einer Beschäftigung neben dem Studium nachgegangen sei, das heiße, daß er in einem Beschäftigungsverhältnis von entsprechend langer Dauer gestanden sei und daneben Vorlesungen sowie Übungen besucht und sich auf Prüfungen vorbereitet habe. Davon, daß er dem Studium bereits während eines Dienstverhältnisses, das der Arbeitslosigkeit unmittelbar vorausgegangen sei, oblegen sei, könne somit nicht geredet werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde. Der Beschwerdeführer sei ab Beginn seines Studiums saisonbedingt auch als Musiker beschäftigt, außerhalb der Saison jedoch arbeitslos gewesen. Er sei daher seit dem Sommersemester 1987 Werkstudent und könne deshalb das Arbeitslosengeld nicht verlieren. Er sei nur vorübergehend arbeitslos, wobei es gerade bei einem Musiker aktive und passive Zeiten gebe, nämlich Zeiten, in denen der Musiker aus seiner Tätigkeit Einkommen ins Verdienen bringe, und Zeiten, in denen er nichts verdiene, dennoch aber seiner Tätigkeit als Musiker in Form von Musikproben nachkommen müsse.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Bestimmungen des § 12 Abs. 3 lit. f und Abs. 4 AlVG in der im Beschwerdefall noch anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 817/1993, lauten:

"§ 12.(3) Als arbeitslos im Sinne der Abs. 1 und 2 gilt

insbesondere nicht:

...

f) wer in einer Schule oder in einem geregelten Lehrgang - so als ordentlicher Hörer einer Hochschule, als Schüler einer Fachschule oder einer mittleren Lehranstalt - ausgebildet wird oder, ohne daß ein Dienstverhältnis vorliegt, sich einer praktischen Ausbildung unterzieht.

(4) Von den Bestimmungen des Abs. 3 lit. f kann das Arbeitsamt in berücksichtigungswürdigen Fällen Ausnahmen zulassen, insbesondere, wenn der Arbeitslose dem Studium oder der praktischen Ausbildung bereits während des Dienstverhältnisses, das der Arbeitslosigkeit unmittelbar vorangegangen ist, oblag."

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 8. Juni 1993, Zl. 92/08/0129, ausgeführt hat, besteht die rechtliche Konsequenz der Zuordnung einer Schulungsmaßnahme zu § 12 Abs. 3 lit. f AlVG (ohne Zulassung einer Ausnahme nach § 12 Abs. 4 leg. cit.) darin, daß der Betreffende nicht als arbeitslos im Sinne der Abs. 1 und 2 leg. cit. gilt und daher - ungeachtet des Vorliegens der übrigen nach § 7 leg. cit. erforderlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung von Arbeitslosengeld, unter anderem auch der Arbeitswilligkeit im Sinne der §§ 9 bis 11 leg. cit. - keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld hat. Das bedeutet, daß in diesen Fällen von Gesetzes wegen unwiderleglich vermutet wird, daß der Betreffende so lange einer Vermittlung durch das Arbeitsamt nicht zur Verfügung steht, als er in der Schule oder dem geregelten Lehrgang ausgebildet wird bzw. sich der praktischen Ausbildung unterzieht. Seine allfällig bestehende Arbeitswilligkeit kann der Anspruchswerber daher nicht durch die bloße Erklärung, arbeitswillig zu sein, sondern nur durch die Beendigung der Ausbildung wirksam dokumentieren.

Das Arbeitsamt kann aber nach § 12 Abs. 4 AlVG eine Ausnahme von diesem Ausschlußtatbestand mit der Konsequenz zulassen, daß der Betreffende trotz der aufrechten Ausbildung als arbeitslos im Sinne des § 12 Abs. 1 und 2 leg. cit. gilt und ihm demgemäß - bei Zutreffen der sonstigen Voraussetzungen für die Zuerkennung von Arbeitslosengeld, also auch der Arbeitswilligkeit im Sinne der §§ 9 ff leg. cit., und damit auch seiner tatsächlichen Vermittelbarkeit, deren Fehlen nicht mehr unwiderleglich vermutet wird - Arbeitslosengeld gebührt. Voraussetzung für eine positive Ausübung des dem Arbeitsamt im § 12 Abs. 4 AlVG eingeräumten Ermessens ist das Vorliegen eines in rechtlicher Gebundenheit zu beurteilenden "berücksichtigungswürdigen Falles" (vgl. u.a. die Erkenntnisse vom 30. Mai 1985, Zl. 85/08/0058, vom 8. Mai 1990, Zl. 90/08/0066, vom 19. Mai 1992, Zl. 91/08/0189, und vom 24. November 1992, Zl. 92/08/0066, in Fällen, in denen die Ausbildung erst nach Verlust der Beschäftigung begonnen wurde).

Als einen solchen berücksichtigungswürdigen Fall bezeichnet

es das Gesetz, wenn der Arbeitslose "dem Studium ... bereits

während des Dienstverhältnisses, das der Arbeitslosigkeit unmittelbar vorangegangen ist, oblag". Unter Bedachtnahme auf die sonst bestehende unwiderlegliche Vermutung einer fehlenden Vermittelbarkeit eines in Ausbildung stehenden Arbeitslosen liegt diesem Beispielsfall - in Übereinstimmung mit der Bescheidbegründung - erkennbar die Überlegung zugrunde, daß ein solcher Arbeitsloser durch die Parallelität von Studium und Beschäftigung bewiesen hat, daß er imstande ist, das Studium neben der Beschäftigung zu betreiben und daher die sonst bestehende unwiderlegliche Vermutung einer fehlenden Vermittelbarkeit bzw. (da die Arbeitswilligkeit nicht nur auf die Vermittelbarkeit, sondern auch auf die aktive Arbeitssuche des Arbeitslosen abstellt) eines Bemühens um eine neue Beschäftigung ungerechtfertigt ist. Wenn das Arbeitsamt in einem solchen Fall das ihm eingeräumte Ermessen positiv ausübt, so besteht, wie die belangte Behörde ebenfalls zutreffend ausführt, im allgemeinen nicht Gefahr, daß die zuerkannte Leistung der Arbeitslosenversicherung - systemwidrig - dazu dient, das Studium zu finanzieren, sondern wird mit ihm nach Maßgabe der Bestimmungen des AlVG nur weitgehend der Entgeltausfall nach Verlust der Beschäftigung bis zur Wiedererlangung einer solchen, um die sich der Arbeitslose und das Arbeitsamt bemühen müssen, abgegolten.

Wenn die belangte Behörde vor diesem Hintergrund im Hinblick auf die (unstrittigen und durch die Aktenlage gedeckten) jeweils nur kurzfristigen Beschäftigungen des Beschwerdeführers als Musiker ungeachtet des formalen Zutreffens des im § 12 Abs. 4 AlVG angeführten Beispielsfalles dennoch - entsprechend dem Sinn dieses Beispielsfalles und der Ausnahmebestimmung überhaupt - von dem ihm eingeräumten Ermessen nicht zugunsten des Beschwerdeführers Gebrauch gemacht hat, so liegt darin nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes kein Ermessensmißbrauch. Denn wenn jemand neben seinem Musikstudium immer nur kurzfristig und saisonbedingt einer Tätigkeit als Musiker nachgeht, außerhalb der Saison aber, wie der Beschwerdeführer in der Beschwerde selbst anführt, "seiner Tätigkeit als Musiker in Form von Musikproben nachkommen muß", so läßt eine solche Parallelität von Studium und Beschäftigung doch eher auf eine fehlende Vermittelbarkeit schließen.

Aus den angeführten Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.

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