VwGH 94/07/0184

VwGH94/07/018420.7.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bachler, über die Beschwerde des A in Z, vertreten durch Dr. O, Rechtsanwalt in F, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 24. Oktober 1994, Zl. VIb-123/21-1989, betreffend wasserpolizeilicher Auftrag, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §38;
AVG §58 Abs2;
WRG 1959 §111;
WRG 1959 §138 Abs1 lita;
WRG 1959 §38;
WRG 1959 §41 Abs1;
WRG 1959 §41 Abs2;
WRG 1959 §41;
WRG 1959 §42 Abs1;
AVG §38;
AVG §58 Abs2;
WRG 1959 §111;
WRG 1959 §138 Abs1 lita;
WRG 1959 §38;
WRG 1959 §41 Abs1;
WRG 1959 §41 Abs2;
WRG 1959 §41;
WRG 1959 §42 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.660,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 5. März 1990 wurde dem Beschwerdeführer die von ihm beantragte wasserrechtliche Bewilligung zur Verrohrung eines namenlosen Gerinnes auf den Grundstücken Nr. 1414/3 und 1426/1, KG Z., gemäß § 41 des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959) versagt.

Da der Beschwerdeführer eine Bewilligung für die geplante Verrohrung nicht erhielt, nahm er sie ohne Bewilligung vor.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 24. Oktober 1994 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 aufgetragen, die ohne Bewilligung ausgeführte PVC-Leitung mit einem Durchmesser von 20 cm beginnend bei einem Schacht, der sich ca. 50 m unterhalb der Zufahrt zum landwirtschaftlichen Anwesen des Beschwerdeführers befindet, auf eine Länge von ca. 130 m sowie die ca. 100 m langen Drainagerohre mit einem Durchmesser von 10 cm im Bereich des offenen Gerinneverlaufes (Grundstück Nr. 1426/1, KG Z.) samt dem abgelagerten Bauschutt wieder zu entfernen und den rechtmäßigen Zustand wiederherzustellen.

In der Begründung wird ausgeführt, gemäß der gesetzlichen Bestimmung des § 41 WRG 1959 sowie des hiezu ergangenen Bescheides des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 5. März 1990 (Abweisung des Antrages auf Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für die Verrohrung) sei eindeutig von einer Bewilligungspflicht der vom Beschwerdeführer ohne Vorliegen einer Bewilligung gesetzten Maßnahmen auszugehen. Insofern liege durch die erfolgte Verrohrung und Verfüllung eine eigenmächtig vorgenommene Neuerung vor.

Zur Tatbestandsvoraussetzung "wenn das öffentliche Interesse es erfordert" sei festzuhalten, daß, wie im rechtskräftigen Versagungsbescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 5. März 1990 ausgeführt worden sei, eine Verrohrung mit anschließender Verfüllung des Gerinnes im öffentlichen Interesse als unzulässig anzusehen sei, zumal das namenlose Gerinne u.a. einen ganz speziellen Lebensraum für verschiedene Kleintiere und Pflanzen biete, der bei einer Verrohrung auch durch Auflagen oder Bedingungen nicht erhalten werden könne, zumal durch die Verrohrung die Sauerstoffanreicherung und die damit verbundene Selbstreinigungskraft des Wassers für den Unterlauf negativ beeinflußt werde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Beschwerdeführer bringt vor, die von ihm vorgenommene Verrohrung bedürfe keiner wasserrechtlichen Bewilligung. Die belangte Behörde habe den Sachverhalt nicht ausreichend geklärt. Im angefochtenen Bescheid werde nicht begründet, warum die Maßnahme bewilligungspflichtig sei. Die bloße Verweisung auf § 41 WRG 1959 und auf den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 5. März 1990 ersetze eine Begründung nicht. Die Verrohrung stelle keinen Schutz- und Regulierungswasserbau i. S.d. § 41 WRG 1959 dar. Außerdem fehle es am öffentlichen Interesse an der Beseitigung der Verrohrung. Weiters sei die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes weder möglich noch sinnvoll. Der angefochtene Bescheid sei auch in bezug auf die Anordnung, abgelagerten Bauschutt wieder zu entfernen, unzureichend determiniert.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 ist unabhängig von Bestrafung und Schadenersatzpflicht derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen.

Als "eigenmächtige Neuerung" ist die Errichtung von Anlagen oder die Setzung von Maßnahmen zu verstehen, für die eine wasserrechtliche Bewilligung einzuholen gewesen wäre, eine solche aber nicht erwirkt wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. Februar 1974, Slg. N.F. 8551/A u.a.).

Die Bewilligungspflicht der vom Beschwerdeführer vorgenommenen Verrohrung könnte sich aus § 41 WRG 1959 ergeben.

Nach § 41 Abs. 1 WRG 1959 muß zu allen Schutz- und Regulierungswasserbauten in öffentlichen Gewässern einschließlich der Vorkehrungen zur unschädlichen Ableitung von Gebirgswässern nach dem Gesetze vom 30. Juni 1884,

RgBl. Nr. 117, sofern sie nicht unter die Bestimmungen des § 127 fallen, vor ihrer Ausführung die Bewilligung der Wasserrechtsbehörde eingeholt werden.

Der Beschwerdeführer hat im Zuge des Verwaltungsverfahrens wiederholt behauptet, das von ihm verrohrte Gerinne stelle ein Privatgewässer dar. Hiezu hat die belangte Behörde keinerlei Feststellungen getroffen. Diese wären aber erforderlich gewesen, um beurteilen zu können, ob die Verrohrung einer Bewilligungspflicht nach § 41 Abs. 1 WRG 1959 unterliegt.

Nach § 41 Abs. 2 leg. cit. ist bei Privatgewässern die Bewilligung zu derartigen Bauten, sofern sie nicht unter die Bestimmungen des § 127 fallen, dann erforderlich, wenn hiedurch auf fremde Rechte oder auf die Beschaffenheit, den Lauf oder die Höhe des Wassers in öffentlichen oder fremden privaten Gewässern eine Einwirkung entstehen kann.

Die Verrohrung eines fließenden Gewässers auch nur auf einer Teilstrecke stellt einen Schutz- und Regulierungswasserbau dar; eine solche Verrohrung ist nach § 41 WRG 1959 - und nicht nach § 38 leg. cit. - zu beurteilen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 2. Juni 1992, Zl. 89/07/0057 und die dort angeführte Vorjudikatur).

Daß die Voraussetzungen des § 41 Abs. 2 WRG 1959 auf den Beschwerdefall zutreffen, ist dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen. Das diesbezügliche Vorbringen in der Gegenschrift vermag solche Feststellungen nicht zu ersetzen.

Der Hinweis der belangten Behörde auf ihren rechtskräftigen Bescheid vom 5. März 1990, mit welchem die Erteilung einer Bewilligung zur Verrohrung des namenlosen Gerinnes versagt wurde, vermag Feststellungen zur Bewilligungspflicht dieser Verrohrung nicht zu ersetzen. Eine Bindung an die diesem Bescheid zugrundeliegende Auffassung, die Verrohrung sei bewilligungspflichtig, bestünde nur dann, wenn die Frage der Bewilligungspflicht in einem Verfahren zur Erlassung eines wasserpolizeilichen Auftrages eine Vorfrage wäre, die die zur Bewilligung zuständige Behörde als Hauptfrage zu beurteilen hätte oder wenn vom Gesetzgeber sonst eine derartige Bindung angeordnet worden wäre. Ob eine ohne Bewilligung vorgenommene Maßnahme einer Bewilligung bedurft hätte, ist aber im Verfahren nach § 138 WRG 1959 nicht als Vorfrage zu beurteilen, sondern stellt eine Hauptfrage dar. Der Hinweis auf den Bescheid vom 5. März 1990 kann aber auch nicht als Verweisung auf eine dort enthaltene nähere Begründung der Bewilligungspflicht angesehen werden, da dieser Bescheid zu der Frage, ob das namenlose Gerinne ein öffentliches Gewässer ist, keine Ausführungen enthält.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben. Auf das übrige Beschwerdevorbringen brauchte daher nicht mehr eingegangen zu werden.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich im Rahmen des gestellten Antrages auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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