VwGH 94/07/0055

VwGH94/07/005516.11.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bachler, über die Beschwerde des P in G, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung vom 1. Februar 1994, Zl. VI/3-AO-232/233, betreffend den Zusammenlegungsplan G, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §66 Abs2;
B-VG Art119a Abs5;
B-VG Art130 Abs1;
FlVfGG §10 Abs4;
FlVfGG §8;
FlVfLG NÖ 1975 §21;
FlVfLG NÖ 1975 §8;
FlVfLG NÖ 1975 §9;
AVG §66 Abs2;
B-VG Art119a Abs5;
B-VG Art130 Abs1;
FlVfGG §10 Abs4;
FlVfGG §8;
FlVfLG NÖ 1975 §21;
FlVfLG NÖ 1975 §8;
FlVfLG NÖ 1975 §9;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Agrarbezirksbehörde vom 16. Mai 1990 über den Zusammenlegungsplan G stattgegeben, der bekämpfte Bescheid in Ansehung der Abfindung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 2 AVG behoben und die Angelegenheit an die Erstbehörde zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Die belangte Behörde begründete diese Entscheidung im wesentlichen damit, daß der Abfindungsanspruch des Beschwerdeführers in nicht gesetzmäßiger Weise beurteilt worden sei. So dürften u.a. einbezogene Grundstücke, welche nach Rechtskraft des Besitzstandsausweises erworben worden seien, dem Besitzstand zur Ermittlung des Abfindungsanspruches nur dann hinzugezählt werden, wenn das Eigentumsrecht tatsächlich auf den Erwerber übergegangen sei, wozu grundsätzlich die Eintragung im Grundbuch erforderlich sei. Soweit der Beschwerdeführer sich dagegen wende, daß die Erstbehörde seinen Erwerb eines Grundstückes von Johann S. nicht berücksichtigt habe, sei dazu festzustellen, daß sich in den Akten eine Niederschrift vom 20. August 1986 befinde, in welcher die Erstbehörde den Verzicht des Johann S. auf seinen Abfindungsanspruch bezüglich bestimmter Grundstücke sowie die Übergabe einer nach Fläche und Wert bezeichneten Grundstücksfläche an den Beschwerdeführer protokolliert habe. Der Inhalt dieser Niederschrift lasse den Schluß zu, daß damit offenbar einerseits die Zustimmungserklärung des Johann S., seinen Abfindungsanspruch hinsichtlich dieser Grundstücke durch eine Geldleistung abzugelten, und andererseits die Zustimmungserklärung des Beschwerdeführers, einer Grundzuteilung gegen Geldleistung zuzustimmen, zum Ausdruck gebracht habe werden sollen. Aus rechtlicher Sicht sei dazu anzumerken, daß diese Niederschrift keinerlei Angaben über die Höhe der Geldleistung enthalte, weshalb sie nicht als im Sinne des § 17 Abs. 4 des Niederösterreichischen Flurverfassungs-Landesgesetzes 1975 (FLG) aufgenommen betrachtet und damit der Abfindungsanspruchsberechnung zugrunde gelegt werden könne. Aus welchen Gründen die Erstbehörde die beiden Zustimmungserklärungen im weiteren Verfahren nicht berücksichtigt habe, gehe aus dem Akteninhalt allerdings nicht hervor. Es werde die Erstbehörde daher entweder eine der Formvorschrift des § 17 Abs. 4 FLG entsprechende Niederschrift aufzunehmen oder im Zusammenlegungsplan darzulegen haben, weshalb die von ihr aufgenommenen Zustimmungserklärungen nicht weiter berücksichtigt worden seien. Wenngleich die Tatsache der unkorrekten Berechnung des Abfindungsanspruches bereits die Behebung des angefochtenen Bescheides und die Zurückverweisung der Angelegenheit an die Erstbehörde rechtfertigte, sehe sich die belangte Behörde - unvorgreiflich einer Entscheidung der Erstbehörde in diesem Fall - dazu veranlaßt, zu den einzelnen Berufungseinwendungen des Beschwerdeführers noch weitere Bemerkungen anzubringen. In diesen Bemerkungen wird unter Bezugnahme auf höchstgerichtliche Judikatur zu einzelnen Einwänden des Beschwerdeführers in seiner Berufung Stellung genommen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, wobei der Beschwerdeführer sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Abfindung mit Grundstücken von tunlichst gleicher Beschaffenheit und in seinem Recht auf Befolgung eines Ausschußbeschlusses und Beachtung eines genehmigten Tauschvertrages durch die belangte Behörde als verletzt erklärt. Die von der belangten Behörde verfehlt beurteilte Unwirksamkeit der Niederschrift vor der Erstbehörde vom 20. August 1986 und die dem angefochtenen Bescheid zu entnehmende Mißachtung des Ausschußbeschlusses vom 11. Juli 1983 verletze zufolge der Bindungswirkung des nach § 66 Abs. 2 AVG aufhebenden Bescheides die Rechte des Beschwerdeführers.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Ein nach § 66 Abs. 2 AVG aufhebender Bescheid kann Rechte einer Partei entweder dadurch verletzen, daß die Berufungsbehörde mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen von dieser Regelung zu Unrecht Gebrauch gemacht hat, oder daß die Berufungsbehörde von einer für den Beschwerdeführer nachteiligen, jedoch für das weitere Verfahren bindenden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 14. März 1995, 94/07/0105, mit weiteren Nachweisen) unrichtigen Rechtsansicht ausgegangen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. September 1994, 91/07/0103). Im erstgenannten Recht auf Sachentscheidung durch die Berufungsbehörde nach § 66 Abs. 4 AVG erklärt der Beschwerdeführer sich nicht als verletzt, weshalb im Beschwerdefall auf der Basis des geltend gemachten Beschwerdepunktes lediglich zu prüfen war, ob durch den angefochtenen Bescheid eine Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers dadurch bewirkt worden ist, daß die belangte Behörde der Erstbehörde eine unrichtige Rechtsauffassung überbunden hätte. Auch dies ist nicht der Fall.

Die in der bereits zitierten Judikatur bejahte Bindung der Erstbehörde an die in einem nach § 66 Abs. 2 AVG aufhebenden Bescheid der Berufungsbehörde ausgedrückte Rechtsanschauung erstreckt sich nur auf die die Aufhebung tragenden Gründe, besteht hingegen nicht für außerhalb dieser Gründe im Aufhebungsbescheid aus verwaltungsökonomischen Gründen darüber hinaus geäußerte Bemerkungen und Rechtsansichten (vgl. dazu die zum gemeindebehördlichen Vorstellungsverfahren - aus welchem die oben zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes über die Bindungswirkung von Aufhebungsbescheiden nach § 66 Abs. 2 AVG entwickelt wurde - ergangene ständige Judikatur, aus jüngerer Zeit etwa die hg. Erkenntnisse vom 21. Februar 1995, 94/05/0344, und vom 14. Dezember 1993, 93/05/0155). Soweit sich ein Bezug des Beschwerdevorbringens zu den abschließenden - ausdrücklich mit dem Hinweis einer Unvorgreiflichkeit der Entscheidung der Erstbehörde getroffenen - Bemerkungen der Begründung des angefochtenen Bescheides zum sonstigen Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers überhaupt herstellen läßt, wurde der Beschwerdeführer durch diese Ausführungen des angefochtenen Bescheides mangels einer ihnen zukommenden Bindungswirkung für die Erstbehörde in keinem Recht verletzt. Für die vom Beschwerdeführer im Vordergrund seiner Ausführungen bekämpfte Beurteilung der rechtlichen Unzulänglichkeit der Niederschrift vor der Erstbehörde vom 20. August 1986 gilt im Ergebnis nichts anderes, weil die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid der Erstbehörde nämlich aufgetragen hat, das Unterbleiben einer Berücksichtigung der aufgenommenen Zustimmungserklärungen erst entsprechend zu begründen. Unter dem Aspekt dieses als tragend für die Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides zu erkennenden Grundes kam den vorangestellten Ausführungen der belangten Behörde über die Unzulänglichkeit der seinerzeit aufgenommenen Niederschrift unter dem Aspekt des § 17 Abs. 4 FLG im Ergebnis erneut nicht mehr als die Qualität ergänzender Bemerkungen aus verwaltungsökonomischen Überlegungen zu. Daß die belangte Behörde dabei angeregt hat, Niederschriften aufzunehmen, welche den Anforderungen des § 17 Abs. 4 FLG nach Beurteilung der belangten Behörde entsprechen würden, hat eine Rechtsverletzung des Beschwerdeführers umso weniger bewirkt, als die belangte Behörde mit dieser Anregung nämlich die von ihr gesehene Möglichkeit aufgezeigt hat, die vom Beschwerdeführer in seiner Berufung gewünschte Berücksichtigung der in der Niederschrift der Erstbehörde vom 20. August 1986 von Johann S. und ihm abgegebenen Erklärungen zu bewirken. Der Vollständigkeit halber sei darüber hinaus klargestellt, daß der Verwaltungsgerichtshof die Beurteilung der belangten Behörde über die Unzulänglichkeit der Niederschrift vor der Erstbehörde vom 20. August 1986 aus dem von der belangten Behörde gesehenen Grunde teilt; die versehentliche Bezeichnung dieses von der belangten Behörde richtig gesehenen Inhaltsmangels als Formmangel kann an der Richtigkeit der behördlichen Beurteilung nichts ändern. Die vom Beschwerdeführer aufgestellte Behauptung des Vorliegens einer agrarbehördlichen Genehmigung für den "Tauschvertrag" laut Niederschrift der Erstbehörde vom 20. August 1986 widerspricht der Aktenlage.

Der Beschwerdeführer trägt auch noch vor, durch den angefochtenen Bescheid auch in einer diesem innewohnenden Mißachtung des Beschlusses des Ausschusses der Zusammenlegungsgemeinschaft vom 11. Juli 1983 in seinen Rechten verletzt zu sein. Eine Rechtsvorschrift, welche in der Gestaltung des Zusammenlegungsplanes eine Bindung von Agrarbehörden an Beschlüsse von Organen der Zusammenlegungsgemeinschaft anordnen würde, gibt es nicht. Welche Ausführungen des angefochtenen Bescheides darüber hinaus der Erstbehörde eine mit diesem Beschwerdevorbringen im verstehbaren Zusammenhang zu bringende Rechtsansicht überbunden hätten, zeigt der Beschwerdeführer nicht auf und bleibt auch in der Betrachtung der Begründung des angefochtenen Bescheides unerfindlich.

Die Beschwerde erwies sich somit als unbegründet und war deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen. Diese Entscheidung konnte, da die Rechtsfrage besonders einfach war, in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden. Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung war aus dem Grund des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand zu nehmen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

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