Normen
FrPolG 1954 §3 Abs1 idF 1987/575;
FrPolG 1954 §3 Abs3;
FrPolG 1954 §5 Abs1;
FrPolG 1954 §5a;
FrPolG 1954 §3 Abs1 idF 1987/575;
FrPolG 1954 §3 Abs3;
FrPolG 1954 §5 Abs1;
FrPolG 1954 §5a;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wies der unabhängige Verwaltungssenat in Tirol (die belangte Behörde) die vom Beschwerdeführer, einem Staatsangehörigen der Volksrepublik China, gemäß § 5a Fremdenpolizeigesetz erhobene Beschwerde gegen die Anhaltung in Schubhaft seit 1. September 1992 als unbegründet ab.
In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, die Schubhaft sei verhängt worden, weil der Beschwerdeführer im Verdacht stehe - und zum Teil auch geständig sei -, in den Jahren bis 1991 eine Reihe von Straftaten im Zusammenhang mit der Einreise von Fremden und der Erlangung von Aufenthaltsberechtigungen für diese begangen zu haben, unter anderem die Besorgung eines gefälschten Sichtvermerks, die Vorlage von falschen Unterlagen und die Veranlassung der Vorlage von falschen Unterlagen durch Dritte bei österreichischen Vertretungsbehörden im Ausland und bei Fremdenpolizeibehörden zur Erlangung von Sichtvermerken, die Beihilfe bei der Überlassung eines für einen anderen ausgestellten Reisepasses an einen Dritten zur Ermöglichung dessen Einreise in das Bundesgebiet. Weiters halte sich der Beschwerdeführer seit 11. Juli 1991 nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf.
Ein Schreiben der zuständigen Fremdenpolizeibehörde vom 21. Mai 1992, mit dem die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes angedroht worden sei, und der Ladungsbescheid vom selben Tag hätten dem Beschwerdeführer nicht zugestellt werden können, weil er von seiner bisherigen Adresse verzogen sei, ohne eine Abmeldung vorzunehmen.
Wenngleich das gerichtliche Strafverfahren noch nicht abgeschlossen sei, sei als erwiesen anzusehen, daß der Beschwerdeführer in mehreren Fällen aktiv dazu beigetragen habe, daß es zur Ausstellung bzw. Verlängerung von Sichtvermerken für mehrere chinesische Staatsangehörige gekommen sei, obwohl die gesetzlichen Voraussetzungen dafür nicht vorgelegen seien. Dadurch seien erhebliche öffentliche Interessen beeinträchtigt worden. Im Hinblick auf das Fehlen eines Sichtvermerkes und den mehrmaligen Aufenthaltswechsel des Beschwerdeführers müsse angenommen werden, daß er sich ohne vorläufige Verwahrung dem behördlichen Zugriff entziehen werde, um die Erlassung und die Vollstreckung eines Aufenthaltsverbotes gegen ihn zu verhindern oder zumindest erheblich zu erschweren. Die Schubhaft zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes und zur Sicherung der Abschiebung sei im Interesse der öffentlichen Ordnung notwendig und daher nicht rechtswidrig, weshalb die an die belangte Behörde gerichtete Beschwerde als unbegründet abzuweisen gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluß vom 15. März 1993, B 1479/92-3, ihre Behandlung ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Vorweg sei festgehalten, daß der Beschwerdeführer erklärt hat, sämtliche Ausführungen in der an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde zum Vorbringen seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben. Auf das Beschwerdevorbringen wird im folgenden nur insoweit näher eingegangen, als in diesem Vorbringen der Sache nach auch die Verletzung (einfach)gesetzlich gewährleisteter subjektiver Rechte geltend gemacht wird.
2. Soweit der Beschwerdeführer rügt, daß keine öffentliche mündliche Verhandlung über seine Schubhaftbeschwerde durchgeführt worden sei, ist er auf § 5a Abs. 6 Z. 1 Fremdenpolizeigesetz hinzuweisen, wonach eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint. Diese Voraussetzung lag im Beschwerdefall vor.
Mit seinen Ausführungen in der vorliegenden Beschwerde vermag der Beschwerdeführer nicht aufzuzeigen, daß die belangte Behörde im Falle der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Seinem Vorbringen, daß infolge des Unterbleibens der mündlichen Verhandlung seine persönlichen Verhältnisse nicht entsprechend gewürdigt worden seien und eine Interessenabwägung unterblieben sei, ist zu erwidern, daß bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Anhaltung eines Fremden in Schubhaft aus folgenden Erwägungen keine abschließende Abwägung der durch das Verhalten des Fremden beeinträchtigten öffentlichen Interessen mit den privaten und familiären Interessen des Fremden vorzunehmen ist. Nach § 5 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz kann ein Fremder von der Behörde zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung sowie zur Sicherung der Abschiebung vorläufig in Verwahrung genommen werden (Schubhaft), wenn dies im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung oder Sicherheit oder aus dem Grunde notwendig erscheint, um ein unmittelbar zu befüchtendes strafbares Verhalten des Fremden zu verhindern. Diese Kriterien sind auch für die von einem unabhängigen Verwaltungssenat auf Grund einer gemäß § 5a Fremdenpolizeigesetz erhobenen Beschwerde vorzunehmende Beurteilung maßgebend. Im Hinblick auf den im Gesetz umschriebenen Zweck der Schubhaft ist dabei nicht abschließend zu entscheiden, ob im Falle einer zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes verhängten Schubhaft ein Aufenthaltsverbot mit Sicherheit erlassen wird, sondern es genügt, wenn die Behörde auf Grund der ihr bis zu diesem Zeitpunkt bekannten Umstände berechtigten Grund für die Annahme hat, daß die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes möglich sein werde. Soweit die Behörde dabei auch die Zulässigkeit eines Aufenthaltsverbotes im Hinblick auf die im § 3 Abs. 3 Fremdenpolizeigesetz vorgesehene Interessenabwägung zu beurteilen hat, können dabei nur außergewöhnliche Umstände, welche die Interessenabwägung jedenfalls zugunsten des Fremden entscheiden müssen, Berücksichtigung finden (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 22. Oktober 1992, Zl. 92/18/0379). Derartige Umstände hat der Beschwerdeführer jedoch nicht dargetan.
3. Im Hinblick auf die aus der Art und der Häufigkeit der dem Beschwerdeführer zur Last liegenden Straftaten zu folgernde Wiederholungsgefahr war die vorläufige Verwahrung des Beschwerdeführers gemäß § 5 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (auf dem Gebiet des Fremdenwesens) notwendig. Verhaltensweisen, wie sie dem Beschwerdeführer zur Last lagen, beeinträchtigen die öffentliche Ordnung in diesem Bereich in gravierender Weise. Aus diesem Grund erweisen sich die Festnahme und die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft als nicht rechtswidrig, weshalb die Frage, ob die Festnahme und die Anhaltung in Schubhaft auch deshalb notwendig waren, weil sich der Beschwerdeführer unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhielt und ihm Sendungen der Fremdenpolizeibehörde im Mai 1992 wegen Adressenänderung ohne behördliche Abmeldung nicht zugestellt werden konnten, auf sich beruhen kann und auf das vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang erstattete Vorbringen nicht weiter eingegangen zu werden brauchte.
4. Richtig ist, daß die Schubhaft im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides noch nicht der Sicherung der Abschiebung dienen konnte, weil ein vollstreckbares Aufenthaltsverbot noch nicht vorlag, doch führte dies nicht zu einer Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers, weil seine Festnahme und seine Anhaltung in Schubhaft zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens notwendig gewesen sind.
Mit seinem Vorbringen, das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes sei bereits am 21. Mai 1992 eingeleitet worden, vermag der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit der am 1. September 1992 erfolgten Verhängung der Schubhaft und der folgenden Anhaltung aufzuzeigen, weil es auf den Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes im gegebenen Zusammenhang nicht ankommt und nach dem zuvor Gesagten die Schubhaft zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (auf dem Gebiet des Fremdenwesens) notwendig erschien.
5. Im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde - wie sich aus Seite 30 des angefochtenen Bescheides ergibt - die Festnahme und die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und nicht, um ein unmittelbar zu befürchtendes strafbares Verhalten des Beschwerdeführers zu verhindern, als notwendig angesehen. Die belangte Behörde ist auch nicht davon ausgegangen, daß der Beschwerdeführer der Schlepperei im Sinne des § 14 oder § 14a Fremdenpolizeigesetz verdächtig oder überführt sei, weshalb das Vorbringen des Beschwerdeführers, gegen ihn sei weder von einer Verwaltungsbehörde noch seitens eines Gerichtes ein strafrechtlicher Vorwurf in bezug auf "Schleppertätigkeit" erhoben worden, ins Leere geht.
6.1. Hinsichtlich der gegen ihn erhobenen Vorwürfe, die Gegenstand des gerichtlichen Strafverfahrens seien, weist der Beschwerdeführer darauf hin, daß dieses Strafverfahren noch nicht abgeschlossen gewesen sei. Trotz seines teilweisen Tatsachengeständnisses sei das Verfahren noch nicht spruchreif.
6.2. Diesem Vorbringen ist zu erwidern, daß - wie unter Punkt 2 bereits dargelegt wurde - bei der Prüfung der Frage, ob die Schubhaft rechtmäßig ist, nicht abschließend zu beurteilen ist, ob ein Aufenthaltsverbot erlassen wird. Es genügt vielmehr, wenn die Behörde auf Grund der ihr bekannten Umstände berechtigten Grund für die Annahme hat, daß die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes möglich sein werde, wobei dies regelmäßig nicht nur dann der Fall ist, wenn ein strafbares Verhalten, das die im § 3 Abs.1 Fremdenpolizeigesetz umschriebene Annahme rechtfertigt, bereits feststeht, sondern auch dann, wenn ein diesbezüglicher dringender Verdacht besteht (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 22. Oktober 1992, Zl. 92/18/0379, und vom 5. April 1995, Zl. 92/18/0469). Daß ein dringender Verdacht hinsichtlich mehrerer der im Strafantrag genannten Taten bestand, konnte die belangte Behörde schon auf Grund des teilweisen Geständnisses des Beschwerdeführers annehmen. Daß die Verurteilung des Beschwerdeführers wegen des Vergehens der Fälschung eines Beweismittels in drei Fällen und wegen des Vergehens des Gebrauches fremder Ausweise in Form der Beihilfe erst am 28. September 1992, somit nach Erlassung des angefochtenen Bescheides, erfolgt ist, macht nach dem Gesagten den angefochtenen Bescheid nicht rechtswidrig, es zeigt vielmehr, daß im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides wenige Tage vor dem genannten Urteil der Verdacht zumindest begründet war.
7. Aus den dargelegten Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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