Normen
FrPolG 1954 §3 Abs1 idF 1987/575;
FrPolG 1954 §3 Abs3 idF 1987/575;
FrPolG 1954 §3 Abs3 Z1;
FrPolG 1954 §5 Abs1;
FrPolG 1954 §3 Abs1 idF 1987/575;
FrPolG 1954 §3 Abs3 idF 1987/575;
FrPolG 1954 §3 Abs3 Z1;
FrPolG 1954 §5 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 2. August 1991 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen jugoslawischen Staatsangehörigen, gemäß § 5 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes und zur Sicherung der Abschiebung die vorläufige Verwahrung (Schubhaft) nach Ende der gerichtlichen Haft angeordnet.
In der Begründung dieses Bescheides wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer befinde sich wegen des Verdachtes des schweren Betruges in Untersuchungshaft. Er stehe im Verdacht, zusammen mit einem anderen jugoslawischen Staatsangehörigen einen Mietwagen im Wert von S 300.000,-- in Jugoslawien unrechtmäßig verkauft zu haben. Er sei zuletzt mit Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 6. Juni 1991 wegen der Vergehen nach den §§ 15, 105 Abs. 1 und 83 StGB zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Diesem Urteil liege zugrunde, daß der Beschwerdeführer eine Bekannte durch gefährliche Drohung genötigt habe, von der Erstattung einer Strafanzeige gegen ihn Abstand zu nehmen. Ferner habe er sie am Körper verletzt. Er weise aus den Jahren 1989 bis 1991 rechtskräftige Bestrafungen wegen Übertretungen der StVO, des KFG und der KDV auf. Er habe zur Zeit seiner Festnahme unangemeldet bei seiner Bekannten gewohnt. Er sei zuletzt keiner seinen Unterhalt sicherstellenden Beschäftigung nachgegangen. Es sei beabsichtigt, gegen ihn ein Aufenthaltsverbot zu erlassen.
2. Die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol (der belangten Behörde) vom 26. August 1991 abgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde aus, gegen den Beschwerdeführer, der als Kleinkind nach Österreich gekommen sei, wäre im Jahre 1981 ein unbefristetes Aufenthaltsverbot verhängt worden, weil er bereits als Strafunmündiger in Innsbruck kriminelle Handlungen (Diebstahl, Automateneinbruch, Fahrraddiebstahl) begangen habe und am 6. Juli 1981 als Mitglied einer Diebsbande festgenommen worden sei, die zahlreiche Diebstähle aus Fahrzeugen begangen habe. In Vollstreckung des Aufenthaltsverbotes sei der Beschwerdeführer nach Jugoslawien zurückgekehrt.
Im Oktober 1984 sei er ohne Einreisebewilligung gemäß § 6 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz, somit rechtswidrig wieder in das Bundesgebiet eingereist. Deshalb sei er wegen Übertretung des Fremdenpolizeigesetzes mit Freiheitsstrafe von vier Tagen bestraft worden und in der Folge wieder nach Jugoslawien ausgereist.
Am 23. Dezember 1986 habe der Beschwerdeführer durch seine in Österreich befindliche Mutter eine Einreisebewilligung für drei Monate beantragt, die ihm in der Folge erteilt worden sei. Während dieses Aufenthaltes sei das gegen ihn wegen der Taten aus dem Jahre 1981 anhängige Strafverfahren abgeschlossen worden. Er sei mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 24. Februar 1987 wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten Diebstahles durch Einbruch verurteilt worden.
Die Aufenthaltsberechtigung des Beschwerdeführers sei bis 25. April 1987 verlängert worden. Ein Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes sei mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 8. April 1987 abgewiesen worden. Am 21. August 1987 sei der Beschwerdeführer an einer näher bezeichneten Adresse in Innsbruck angetroffen, wiederum in Schubhaft genommen und am 26. August 1987 nach Jugoslawien abgeschoben worden. Bei seiner niederschriftlichen Vernehmung habe er angegeben, ihm sei bewußt gewesen, daß er durch seine verbotene Rückkehr wiederum eine Übertretung nach dem Fremdenpolizeigesetz begangen habe.
Auf Grund seines Antrages vom 24. November 1987 sei ihm die Einreise für einen zweiwöchigen Aufenthalt in Österreich bewilligt worden. Der Verfassungsgerichtshof habe mit Erkenntnis vom 27. November 1987 den Bescheid der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 8. April 1987 betreffend die Ablehnung der Aufhebung des Aufenthaltsverbotes aufgehoben. Mit Bescheid dieser Behörde vom 22. Februar 1988 sei das Aufenthaltsverbot aus dem Jahre 1981 aufgehoben worden. In den Jahren 1989, 1990 und 1991 habe der Beschwerdeführer strafbare Handlungen nach der StVO, dem KFG aber auch nach dem StGB begangen. Am 1. September 1990 habe er zusammen mit einer weiteren Person nach einem Verkehrsunfall ein Moped unbefugt in Betrieb genommen. Rechtskräftig verurteilt worden sei er bisher am 6. Juni 1991 wegen des Vergehens der versuchten Nötigung und des Vergehens der Körperverletzung. Am 23. Juni 1991 sei er, der unangemeldet bei seiner Lebensgefährtin in Innsbruck gewohnt habe, auf Grund eines richterlichen Haftbefehles wegen des Verdachtes des schweren Betruges verhaftet worden, weil er zusammen mit einem Landsmann in betrügerischer Absicht Mietwagen angemietet und in der Folge in Jugoslawien verkauft habe. Hinsichtlich eines Fahrzeuges liege ein Geständnis des Mittäters vor. Die Voruntersuchung sei diesbezüglich anhängig.
Mit Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 1. August 1991 sei auf Grund einer Haftbeschwerde die Untersuchungshaft durch Anwendung gelinderer Mittel nach § 180 Abs. 5 StPO aufgehoben worden.
In rechtlicher Hinsicht vertrat die belangte Behörde im wesentlichen die Auffassung, daß die Voraussetzungen für die Verhängung der Schubhaft vorlägen. Der Beschwerdeführer sei mit Ausnahme der Zeit, die er auf Grund des Aufenthaltsverbotes aus dem Jahre 1981 in Jugoslawien verbracht habe, immer wieder gerichtlich oder verwaltungsbehördlich straffällig geworden. Daß eine rechtskräftige Verurteilung wegen schweren Betruges noch nicht vorliege, sei für die Frage der Rechtmäßigkeit der Schubhaft nicht von Bedeutung. Im Hinblick auf die geringen zeitlichen Abstände zwischen den Straftaten sei zu befürchten, daß der Beschwerdeführer in Freiheit auch in nächster Zukunft wieder strafbare Handlungen begehen könne. In diesem Zusammenhang sei zu beachten, daß er vor seiner Verhaftung keiner geregelten Beschäftigung nachgegangen sei.
3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
II.
1. Gemäß § 5 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz kann ein Fremder von der Behörde zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung sowie zur Sicherung der Abschiebung vorläufig in Verwahrung genommen werden (Schubhaft), wenn dies im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung oder Sicherheit oder aus dem Grunde notwendig erscheint, um ein unmittelbar zu befürchtendes strafbares Verhalten des Fremden zu verhindern.
2. Der Beschwerdeführer meint, der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig, weil ein Aufenthaltsverbot wegen seiner intensiven Integration nicht in Betracht komme.
Diesen Ausführungen ist zu erwidern, daß schon im Hinblick auf den im Gesetz umschriebenen Zweck der Schubhaft im Zeitpunkt ihrer Verhängung von der Behörde noch nicht abschließend zu beurteilen ist, ob ein Aufenthaltsverbot erlassen wird, sondern es genügt, wenn die Behörde auf Grund der ihr bis zu diesem Zeitpunkt bekannten Umstände berechtigten Grund für die Annahme hat, daß die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes möglich sein werde.
Dies ist in Hinsicht auf die in § 3 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz umschriebene Annahme regelmäßig nicht nur dann der Fall, wenn ein strafbares Verhalten, das diese Annahme rechtfertigt, bereits feststeht, sondern auch dann, wenn der dringende Verdacht diesbezüglich besteht. Einen solchen Verdacht durfte hinsichtlich des schweren Betruges, begangen durch das Herauslocken eines Mietwagens und dessen Veräußerung, die belangte Behörde - in Übereinstimmung mit dem Strafgericht, das die Untersuchungshaft verhängt hat (vgl. § 180 Abs. 1 StPO) - hegen. Diese Straftat ließ in Verbindung mit den übrigen dem Beschwerdeführer zur Last liegenden Straftaten die in § 3 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz umschriebene Annahme als gerechtfertigt erscheinen.
Eine abschließende Interessenabwägung im Sinne des § 3 Abs. 3 Fremdenpolizeigesetz hat die Behörde nach dem oben Gesagten bei der Verhängung der Schubhaft nicht vorzunehmen. Außergewöhnliche Umstände, welche die Interessenabwägung jedenfalls zugunsten des Fremden entscheiden müßten und daher von der Behörde bei der Prognose, ob die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes möglich sein werde, zu berücksichtigen wären, wurden nicht behauptet und liegen nach der Aktenlage auch nicht vor. Das vom Beschwerdeführer in Treffen geführte Ausmaß seiner Integration ist nur eines von mehreren gemäß § 3 Abs. 3 Fremdenpolizeigesetz bei der Interessenabwägung zu berücksichtigenden Kriterien und nicht geeignet, die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes von vornherein auszuschließen. Soweit sich der Beschwerdeführer darauf beruft, daß er am 11. September 1991 im landesgerichtlichen Gefangenenhaus in Innsbruck mit seiner bisherigen Lebensgefährtin die Ehe geschlossen habe, ist darauf hinzuweisen, daß es sich dabei ebenso um im Grunde des § 41 Abs. 1 VwGG unbeachtliche Neuerungen handelt wie bei dem Hinweis der belangten Behörde in der Gegenschrift, daß die Ehefrau des Beschwerdeführers von dessen Mutter vor der Eheschließung wochenlang unter Druck gesetzt worden sei und die Ehe "annulieren" wolle, sowie daß der Beschwerdeführer mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 25. Oktober 1991 zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten, davon sechs Monate unbedingt, verurteilt worden sei.
3. Der Beschwerdeführer behauptet, selbst wenn ein Aufenthaltsverbot gerechtfertigt wäre, bestünden keine Gründe für die Schubhaft, weil er Wohnung und Arbeit habe und auch bereit gewesen sei, seine Reisepapiere abzugeben, sodaß keine Fluchtgefahr bestehe.
Mit diesen Ausführungen geht der Beschwerdeführer nicht von den insoweit unbekämpften Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde aus, wonach er vor seiner Verhaftung im Juni 1991 mehrere Monate hindurch keiner geregelten, seinen Lebensunterhalt sicherstellenden "nichtkriminellen" Beschäftigung nachgegangen sei. Unter Berücksichtigung dieses Umstandes sowie der Tatsache, daß der Beschwerdeführer in der Vergangenheit wiederholt den ihn betreffenden fremdenpolizeilichen Vorschriften zuwider gehandelt hat, war die Auffassung der belangten Behörde, die - für die Zeit nach Beendigung der gerichtlichen Haft angeordnete - Schubhaft zur Vorbereitung des Aufenthaltsverbotes sei im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit notwendig, nicht rechtswidrig. Daß für die Zeit der Untersuchungshaft "Tatbegehungsgefahr oder Wiederholungsgefahr" bestehe, hat die belangte Behörde nicht angenommen, weshalb die diesbezüglichen Ausführungen in der Beschwerde ins Leere gehen.
Inwiefern die belangte Behörde im Falle der Beischaffung des "Gerichtsaktes 28 Hv 19/91" - es handelt sich dabei nach der Aktenlage um jenes Verfahren, das zur rechtskräftigen Bestrafung vom 6. Juni 1991 wegen des Vergehens der versuchten Nötigung und des Vergehens der Körperverletzung geführt hat - zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, wird in der Beschwerde nicht dargetan und ist auf Grund der Aktenlage auch nicht erkennbar.
4. Aus den dargelegten Gründen war die vorliegende Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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