VwGH 93/11/0249

VwGH93/11/024915.12.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über die Beschwerde des P in M, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 19. Oktober 1993, Zl. 11-39 Re 30-1993, betreffend Entziehung der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §52;
KFG 1967 §66 Abs1;
KFG 1967 §66 Abs2 litb;
KFG 1967 §66 Abs3;
KFG 1967 §73 Abs1;
KFG 1967 §73 Abs2;
StGB §207 Abs1;
StGB §212 Abs1;
AVG §52;
KFG 1967 §66 Abs1;
KFG 1967 §66 Abs2 litb;
KFG 1967 §66 Abs3;
KFG 1967 §73 Abs1;
KFG 1967 §73 Abs2;
StGB §207 Abs1;
StGB §212 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 73 Abs. 1 KFG 1967 die Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppen A und B wegen Verkehrsunzuverlässigkeit entzogen und gemäß § 73 Abs. 2 KFG 1967 ausgesprochen, daß ihm für die Dauer von 3 Jahren, von der Zustellung des erstinstanzlichen Entziehungsbescheides (der Bezirkshauptmannschaft Mürzzuschlag vom 7.September 1993) an gerechnet, keine neue Lenkerberechtigung erteilt werden dürfe.

In seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend; er beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der bekämpften Entziehungsmaßnahme liegt zugrunde, daß der Beschwerdeführer in der Zeit von Anfang 1988 bis Sommer 1992 an näher genannten Orten unter Ausnützung seiner Stellung als Aufsichtsperson eine unmündige Minderjährige wiederholt auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht mißbraucht hat. Der Beschwerdeführer wurde deshalb mit Urteil des Landesgerichtes Leoben vom 2. März 1993 des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs. 1 StGB und des Vergehens des Mißbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs. 1 StGB schuldig erkannt und zu einer (auf die Dauer von drei Jahren bedingt nachgesehenen) Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. Aufgrund dieses rechtskräftigen Urteiles hatte die belangte Behörde bindend davon auszugehen, daß der Beschwerdeführer das seiner Verurteilung zugrundeliegende strafbare Verhalten begangen hat. Dieses bildet, was der Beschwerdeführer zu Recht nicht bestreitet, eine seine Verkehrsunzuverlässigkeit im Sinne des § 66 Abs. 1 lit. b KFG 1967 indizierende bestimmte Tatsache nach § 66 Abs. 2 lit. b KFG 1967. Hiebei ist unerheblich, daß die strafbaren Handlungen jeweils ohne Verwendung eines Kraftfahrzeuges begangen wurden (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Mai 1989, Zl. 89/11/0059, mit weiterem Judikaturhinweis).

Die Beschwerde macht geltend, daß infolge Nichtbeischaffung des Gerichtsaktes auf das Ergebnis des gerichtlichen Beweisverfahrens und die dort abgelegten Aussagen nicht Bedacht genommen worden sei und daß die belangte Behörde auf die Gründe für die bedingte Strafnachsicht nicht Bedacht genommen und das Ergebnis der amtsärztlichen Untersuchung des Beschwerdeführers und seinen bisherigen Lebenswandel nicht berücksichtigt habe. Außerdem habe sie eine Wertung des strafbaren Verhaltens nach den Grundsätzen des § 66 Abs. 3 KFG 1967 unterlassen.

Die Beschwerde vermag mit diesem Vorbringen keinen im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG wesentlichen Verfahrensmangel darzutun:

Soweit der Beschwerdeführer meint, bei Vermeidung der gerügten Mängel hätte sich ergeben, daß eine Gefährdung der Verkehrssicherheit durch ihn nicht zu befürchten sei, verkennt er, daß es bei der Annahme einer Sinnesart nach § 66 Abs. 1 lit. b KFG 1967 auf die Frage der Gefährdung der Verkehrssicherheit nicht ankommt.

Was die gerügte Nichtbeischaffung des Gerichtsaktes anlangt, wird in der Beschwerde nicht dargetan, welcher konkrete Sachverhalt sich andernfalls ergeben hätte. Das Urteil des Landesgerichtes Leoben vom 2. März 1993 wurde von der Erstbehörde, wenn auch erst nach Erlassung ihres Bescheides, beigeschafft; es war der belangten Behörde daher bekannt.

Bei dem Hinweis auf die Gründe für die bedingte Strafnachsicht läßt die Beschwerde die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes außer acht, wonach eine solche Entscheidung auf wesentlich anderen Kriterien beruht, als sie für die von der Kraftfahrbehörde zu treffende Entscheidung maßgebend sind (vgl. die Erkenntnisse vom 16. Mai 1989, Zl. 89/11/0055, und vom 14. November 1995, Zl. 95/11/0215).

Das eingeholte ärztliche Gutachten diente der Überprüfung der geistigen und körperlichen Eignung des Beschwerdeführers zum Lenken von Kraftfahrzeugen. Der angefochtene Bescheid beruht demgegenüber auf der Annahme, es fehle dem Beschwerdeführer die zum Lenken von Kraftfahrzeugen erforderliche Verkehrszuverlässigkeit. Bei der Verkehrszuverlässigkeit einer Person handelt es sich um eine Charaktereigenschaft, die als solche einer ärztlichen Beurteilung nicht zugänglich ist (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Juni 1993, Zl. 92/11/0263, mit weiterem Judikaturhinweis). Es bedurfte somit nicht der vom Beschwerdeführer vermißten Auseinandersetzung mit dem Ergebnis der amtsärztlichen Untersuchung.

Der Hinweis auf das bisherige Verhalten des Beschwerdeführers (womit offenbar seine Unbescholtenheit bis zu den gegenständlichen Vorfällen gemeint ist) vermag an der Tatsache nichts zu ändern, daß der Beschwerdeführer das der strafgerichtlichen Verurteilung zugrundeliegende strafbare Verhalten - durch mehrere Jahre hindurch und unter Mißbrauch seiner Stellung als Aufsichtsperson über eine ihm anvertraute Minderjährige - gesetzt hat. Dieses Verhalten ist im Sinne der Wertungskriterien des § 66 Abs. 3 KFG 1967 als außerordentlich verwerflich anzusehen. Im Hinblick darauf bestehen gegen die Annahme der Verkehrsunzuverlässigkeit des Beschwerdeführers und die Bemessung der Zeit im Sinne des § 73 Abs. 2 KFG 1967 keine Bedenken, zumal wegen der Kürze der Zeit zwischen dem Ende der strafbaren Handlungen und dem Beginn der Entziehungsmaßnahme und in Anbetracht der Tatsache, daß in dieser Zeit zunächst das gerichtliche Strafverfahren und sodann das Entziehungsverfahren anhängig war, von einem für den Beschwerdeführer ins Gewicht fallenden Wohlverhalten keine Rede sein kann.

Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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