VwGH 93/10/0052

VwGH93/10/005223.10.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, über die Beschwerde der Gemeinde Gaißau, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 13. September 1992, Zl. IVe-141/8/80-92, betreffend naturschutzbehördliche Ausnahmebewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §58 Abs2;
AVG §60;
AVG §68 Abs1;
LSchG Vlbg 1982 §4 Abs2;
NatSchG Vlbg 1969 §4;
NatSchV Rheindelta 1986 §3 Abs1 idF 1991/044;
NatSchV Rheindelta 1986 §3 Abs1 litf idF 1991/044;
NatSchV Rheindelta 1986 §4 idF 1991/044;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
AVG §68 Abs1;
LSchG Vlbg 1982 §4 Abs2;
NatSchG Vlbg 1969 §4;
NatSchV Rheindelta 1986 §3 Abs1 idF 1991/044;
NatSchV Rheindelta 1986 §3 Abs1 litf idF 1991/044;
NatSchV Rheindelta 1986 §4 idF 1991/044;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Vorarlberg hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 4. April 1984 beantragte die Beschwerdeführerin u.a. die landschaftsschutzrechtliche Bewilligung zur Umgestaltung ihres Gemeindehafens. Das Projekt umfaßte u.a. eine Erweiterung der Anzahl der Bootsliegeplätze von 27 auf 56, die durch den Einbau von drei beweglichen Schwimmstegen quer zur Einfahrtsrinne bewerkstelligt werden sollte. Mit Bescheid vom 17. Dezember 1984 erteilte die BH dem Vorhaben gemäß § 4 Abs. 2 des Vorarlberger Landschaftsschutzgesetzes, LGBl. Nr. 1/1982 (LSchG), nach Maßgabe der vorgelegten Projektsunterlagen die beantragte Bewilligung "mit Ausnahme der Bewilligung zum Einbau von Schwimmstegen" unter Vorschreibung von Nebenbestimmungen.

Der letzte Satz des Spruches lautet:

"Die beantragte Bewilligung zur Anlegung von drei Schwimmstegen im Gemeindehafen wird versagt."

Eine Ausfertigung dieses Bescheides legte die BH der Landesregierung "mit der Bitte um Erteilung der Ausnahmegenehmigung nach der Naturschutzverordnung Rheindelta" vor. Die Erteilung dieser Bewilligung wurde auf der Ausfertigung des erwähnten Bescheides durch einen "für die Vorarlberger Landesregierung" gefertigten, mit 19. Dezember 1984 datierten und mit einer Aktenzahl des Amtes der Landesregierung versehenen Stempelaufdruck "Bewilligt gemäß § 4 der Verordnung über das Naturschutzgebiet Rheindelta, LGBl. Nr. 13/1976" vermerkt.

Mit Bescheid der BH vom 21. Oktober 1985 wurde der Beschwerdeführerin über ihren Antrag die Bewilligung zur Umgestaltung der Hafenanlagen, insbesondere durch Dammschüttungen, gemäß § 4 Abs. 2 LSchG unter Vorschreibung von Nebenbestimmungen erteilt. Mit den Umbaumaßnahmen war eine Erhöhung der Anzahl der Bootsliegeplätze auf 42 verbunden. Auf einer Ausfertigung dieses Bescheides wurde ein dem oben wiedergegebenen Stempelaufdruck gleichlautender, für die Vorarlberger Landesregierung gefertigter Vermerk vom 6. November 1985 angebracht.

Mit Eingabe vom 9. März 1992 stellte die Beschwerdeführerin unter Hinweis auf das dem Bescheid vom 17. Dezember 1984 zugrundeliegende Projekt bei der BH "erneut das Ansuchen, die ursprünglich geplante Liegeplatzanzahl von 56 Bootsplätzen zu genehmigen. Durch die Anbringung der projektierten drei Schwimmstege ist dies ohne jegliche Veränderung des Hafengeländes möglich".

Diesen Antrag legte die BH der belangten Behörde unter Hinweis auf den bisherigen Verfahrensgang mit folgender Erklärung vor:

"Da es sich bei diesem Ansuchen primär um eine Frage des Naturschutzes und sekundär auch um die generelle Problematik der Erhöhung der Bootsliegeplätze am österreichischen Bodenseeufer handelt, wird ersucht, das naturschutzrechtliche Verfahren vor dem landschaftsschutzrechtlichen und wasserrechtlichen Verfahren durchzuführen."

Die belangte Behörde führte eine mündliche Verhandlung durch. Der nach Ausweis der Niederschrift vom 7. April 1992 als Amtssachverständiger für Natur- und Landschaftsschutz beigezogene Dr. K. legte dar, die drei Schwimmstege sollten innerhalb des bestehenden Hafens eingebaut werden, sodaß sich die Zahl der Liegeplätze um 14 erhöhen würde. Im Hafen selbst bedeuteten ordentlich ausgeführte Schwimmstege keine wesentliche Verschlechterung der landschaftsbildlichen Situation. In ökologischer Hinsicht spielten sie ebenfalls keine Rolle, weil für ihren Bau und Betrieb kein unberührtes Gelände und keine Vegetation beansprucht werden müsse. Die indirekten Wirkungen beträfen aber eine erhöhte Belastung des Naturschutzgebietes Rheindelta. Denn es würden sowohl die Zufahrten und Abfahrten der PKW entsprechend ansteigen, als auch der Bootsbetrieb innerhalb des Naturschutzgebietes, das sich in den offenen See erstrecke. Ein solcher erhöhter Betrieb bringe mehr Unruhe mit sich, was für viele geschützte Vogelarten nachteilig sei; auch durch die Bootsfahrten selbst entstünden durch Wellenschlag und durch mißbräuchliches Befahren von Schilfflächen zusätzliche Schäden. Wegen dieser indirekten Landschaftsschäden im Naturschutzgebiet sei aus der Sicht des Naturschutzes jede Erhöhung von Liegeplatzzahlen abzulehnen. Diese Ablehnung stehe im Einklang mit dem internationalen Bodenseeleitbild.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin gemäß § 4 in Verbindung mit § 3 Abs. 1 der Verordnung über das Naturschutzgebiet Rheindelta, LGBl. Nr. 50/1986 (im folgenden: VO 1986), ab. Begründend legte die belangte Behörde nach Zusammenfassung des Verfahrensganges dar, der Gemeindehafen W. liege im Naturschutzgebiet Rheindelta. Dieses Naturschutzgebiet liege am Südostende des Bodensees und sei Teil des Gemeindegebietes von Gaißau, Höchst, Fußach und Hart. Die Gesamtfläche des Naturschutzgebietes betrage etwa 1960 ha, wovon rund 700 ha auf den Landanteil entfielen. Nach allgemeinen Hinweisen auf die Bedeutung von Feuchtgebieten legte die belangte Behörde dar, das Rheindelta sei eines der fünf in Österreich ausgewiesenen Feuchtgebiete von internationaler Bedeutung. Trotz einschneidender Veränderungen in den vergangenen Jahrzehnten sei das Rheindelta durch die Brutvorkommen einer Reihe gefährdeter Arten das wichtigste Brutgebiet am Bodensee. Das seit 1976 bestehende Schutzgebiet gelte insbesondere aus ornithologischer Sicht als gesamteuropäisch bedeutsam. Auf Grund der siedlungsnahen Lage, dem dichtbesiedelten Umland und der hohen touristischen Attraktivität des Bodensees bestehe ein Hauptproblem des Naturschutzgebietes im zunehmenden Freizeitverkehr und in den davon ausgehenden Störungen. Wenn sich an manchen Sommerwochenenden mehrere tausend Erholungssuchende im Rheindelta aufhielten und sämtliche offiziell angebotenen Parkmöglichkeiten ausgeschöpft seien, werde die Belastungsgrenze aus der Sicht des Natur- und Landschaftsschutzes im Naturschutzgebiet deutlich überschritten. Nach Wiedergabe der Darlegungen des Sachverständigen und Hinweisen auf die Rechtslage vertrat die Behörde sodann die Auffassung, zwar führe die Errichtung der geplanten Schwimmstege im Hafen selbst zu keiner unmittelbaren ökologischen oder landschaftsbildlichen Beeinträchtigung; es seien jedoch mit Sicherheit negative Folgewirkungen für das Naturschutzgebiet zu erwarten. Der Bootsverkehr mit seinen negativen Auswirkungen auf Flora und Fauna nehme weiter zu. Überdies sei mit der Erhöhung der Zahl der Liegeplätze ein vermehrtes Zu- und Abfahren von PKW und somit eine zusätzliche Beunruhigung des schon gestörten Naturschutzgebietes verbunden. Dazu komme die zusätzliche Wasserverunreinigung, die mit jeder Ausweitung des Bootsbetriebes verbunden sei. Der hohe Stellenwert des Naturschutzgebietes Rheindelta werde durch die Aufnahme in die Liste der international bedeutsamen Feuchtgebiete gemäß der Ramsar-Konvention im Jahre 1983 unterstrichen. Durch das beantragte Projekt würden daher die Interessen des Naturschutzes verletzt. Die Verwirklichung des beantragten Projektes sei nicht aus Gründen der öffentlichen Sicherheit geboten. Die Vermehrung der Anzahl der Liegeplätze liege nicht im öffentlichen Interesse, sondern im privaten Interesse des Hafenbetreibers und einzelner Bootsbesitzer. Selbst wenn man davon ausgehe, daß die Bereitstellung von zusätzlichen Bootsliegeplätzen im öffentlichen Interesse liege, so könnten diese Interessen die Verletzung der Naturschutzinteressen nicht überwiegen. Im einen Fall gehe es um eine sicher sehr schöne und angenehme Freizeitgestaltung, im anderen Fall um die Erhaltung unersetzlicher international stark gefährdeter Lebensräume von Tieren und Pflanzen in einem Schutzgebiet von internationaler Bedeutung, das durch den derzeit gegebenen Freizeitbetrieb schon in einem unvertretbaren Maß belastet sei.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit seinem Beschluß vom 21. Dezember 1992, Zl. B 1673/92-3, die Behandlung der Beschwerde ab und trat diese mit Beschluß vom 12. Februar 1993 über Antrag der Beschwerdeführerin dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erstattete die Beschwerdeführerin eine Beschwerdeergänzung, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes nahmen die Parteien zu der Frage Stellung, ob der von der Beschwerdeführerin angestrebten Bewilligung das Hindernis der entschiedenen Sache im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG entgegenstehe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Auf Grund entsprechender Hinweise in der Gegenschrift war zunächst die Frage zu beantworten, ob der Antrag der Beschwerdeführerin wegen entschiedener Sache (§ 68 Abs. 1 AVG) hätte zurückgewiesen werden müssen.

Ansuchen, die offenbar die Aufrollung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezwecken, sind auch dann wegen "res iudicata" zurückzuweisen, wenn das Begehren nicht ausdrücklich auf Aufrollung der Sache lautet. Ob "Identität der Sache" vorliegt, muß in erster Linie aus einer rechtlichen Betrachtungsweise beurteilt werden (vgl. die Erkenntnisse vom 26. September 1994, Zl. 93/10/0054, und vom 30. Jänner 1995, Zl. 94/10/0162).

Im Beschwerdefall ist nach dem Inhalt der Verwaltungsakten und den Erklärungen der Parteien im Vorhaltverfahren nicht zweifelhaft, daß es sich bei jenem Projekt, das Gegenstand des vorliegenden Antrages der Beschwerdeführerin ist, um jene Maßnahmen handelt, für die mit dem Bescheid der BH vom 17. Dezember 1984 die Bewilligung versagt wurde. Dennoch liegt im Verhältnis zum angefochtenen Bescheid entschiedene Rechtssache nicht vor. Gegenstand des angefochtenen Bescheides ist die Frage einer Bewilligung des Vorhabens nach § 4 in Verbindung mit § 3 Abs. 1 der Verordnung über das Naturschutzgebiet Rheindelta, LGBl. Nr. 50/1986 idF LGBl. Nr. 44/1991 (VO 1986), durch die belangte Behörde (zu deren Zuständigkeit vgl. § 12 Abs. 2 NSchG). Das Hindernis der entschiedenen Sache im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG stünde einer neuerlichen Sachentscheidung über den Antrag der Beschwerdeführerin nur dann im Wege, wenn eine rechtskräftige Entscheidung über dasselbe Vorhaben auf der Grundlage der soeben zitierten Vorschriften oder inhaltsgleicher Vorgängervorschriften getroffen worden wäre. Dies ist jedoch nicht der Fall. Zwar war das vorliegende Projekt, dessen Bewilligung mit dem angefochtenen Bescheid versagt wird, bereits früher Gegenstand eines behördlichen Verfahrens und einer ablehnenden behördlichen Entscheidung (nämlich des Bescheides der BH vom 17. Dezember 1984); diese erging jedoch nicht auf Grund der oben zitierten Vorschriften. Die Rechtslage ist hier dadurch gekennzeichnet, daß neben der Bewilligungspflicht nach der VO 1986 eine solche nach § 4 Abs. 2 LSchG besteht. Die materiellen Voraussetzungen einer Bewilligung nach dem LSchG ("landschaftsschutzrechtliche Bewilligung") unterscheiden sich inhaltlich von jenen, die die Verordnung normierte ("naturschutzrechtliche Bewilligung").

Eine rechtskräftige Entscheidung des Inhaltes, daß dem vorliegenden Projekt die Bewilligung versagt werde, liegt in Gestalt des Bescheides der BH vom 17. Dezember 1984 vor. Diese Entscheidung beruht ausschließlich auf § 4 Abs. 2 LSchG. Ein Bescheid des Inhaltes, daß dem Projekt auch auf der Grundlage von § 4 iVm § 3 Abs. 1 VO 1986 die Bewilligung versagt werde, liegt hingegen nicht vor. Denn jene Erledigung, die in einem Stempelaufdruck "Bewilligt gemäß § 4 der Verordnung" auf der Ausfertigung des die Bewilligung teils erteilenden, teils versagenden Bescheides der BH besteht, konnte sich lediglich auf den bewilligenden Teil dieses Bescheides beziehen. Somit liegt zwar eine dem Projekt die landschaftsschutzrechtliche Bewilligung versagende, nicht aber eine diesem die naturschutzrechtliche Bewilligung versagende behördliche Entscheidung vor. Der Entscheidung über den Antrag der Beschwerdeführerin auf Grund des § 4 iVm § 3 Abs. 1 VO steht somit das Hindernis der entschiedenen Sache nicht entgegen. Es ist jedoch schon an dieser Stelle zu bemerken, daß sich die Frage der entschiedenen Sache im Hinblick auf den Bescheid der BH vom 17. Dezember 1984 in einem auf Grund des § 4 Abs. 2 LSchG bei der BH zu führenden Verfahren neuerlich stellen wird.

Der angefochtene Bescheid wurde am 13. September 1992 erlassen; seiner Überprüfung ist daher noch die mit 1. Jänner 1993 außer Kraft getretene Verordnung

LGBl. Nr. 50/1986 in der am Tage der Bescheiderlassung geltenden Fassung anzuwenden. Die Verordnung der Landesregierung über das Naturschutzgebiet Rheindelta, LGBl. Nr. 57/1992, die in ihrem § 14 Abs. 1 strengere Bewilligungsanforderungen normiert, ist erst nach Erlassung des angefochtenen Bescheides in Kraft getreten (vgl. § 15 Abs. 1). Die anzuwendende Verordnung wurde unter anderem auf Grund des § 4 NSchG erlassen. Danach sind Naturschutzgebiete im Sinne dieses Gesetzes bestimmt abgegrenzte Bezirke, in denen ein besonderer Schutz der Natur in ihrer Ganzheit oder in einzelnen ihrer Teile aus wissenschaftlichen, geschichtlichen, heimat- und volkskundlichen Gründen oder wegen ihrer landschaftlichen Schönheit oder Eigenart im öffentlichen Interesse liegt.

Nach § 3 Abs. 1 VO 1986 ist es im Naturschutzgebiet verboten, Veränderungen der Landschaft vorzunehmen. Als Veränderungen der Landschaft gelten ... f) die Erstellung neuer Sportanlagen, Bootsliegeplätze und Häfen.

Nach § 4 leg. cit. können in besonderen Fällen von den Vorschriften des § 3 Abs. 1 und 2 Ausnahmen bewilligt werden, wenn hiedurch Natur- und Landschaftsschutzinteressen nicht verletzt werden oder wenn es aus Gründen der öffentlichen Sicherheit geboten ist. Ausnahmen können ferner bewilligt werden, wenn andere öffentliche Interessen die Interessen des Natur- und Landschaftsschutzes überwiegen.

Die belangte Behörde legte ihrem Bescheid § 3 Abs. 1 VO 1986 zugrunde; die Vorschrift normiert ein Verbot von - beispielsweise aufgezählten - "Veränderungen der Landschaft". Nach lit. f der zitierten Vorschrift gilt die "Erstellung neuer Bootsliegeplätze" - um solche geht es im Beschwerdefall - als "Veränderung der Landschaft". Im Verfahren über eine Bewilligung nach § 4 iVm § 3 Abs. 1 VO 1986 hat die Behörde zunächst zu ermitteln, ob "hiedurch" - d.h. durch die Ausführung eines in den Katalog des § 3 Abs. 1 VO fallenden, definitionsgemäß als Veränderung der Landschaft geltenden Vorhabens - Natur- und Landschaftsschutzinteressen verletzt werden. Ist dies nicht der Fall, liegen die Voraussetzungen einer Bewilligung vor. Überdies kann die Bewilligung auf der Grundlage eines Überwiegens öffentlicher Interessen an der Ausführung des Vorhabens über jene Interessen des Natur- und Landschaftsschutzes erteilt werden, die durch die Ausführung des Vorhabens verletzt werden.

Im vorliegenden Verfahren hatte die Behörde in einem ersten Schritt somit zu prüfen, ob mit der Verwirklichung des Vorhabens - der Errichtung von Bootsliegeplätzen durch den Einbau schwimmender Bootsstege - eine Verletzung von Natur- und Landschaftsschutzinteressen verbunden wäre. Diese Frage hat die belangte Behörde verneint. Sie vertritt in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Auffassung, die geplanten drei Schwimmstege bewirkten in landschaftsbildlicher Hinsicht keine wesentliche Verschlechterung. In ökologischer Hinsicht spielten sie ebenfalls keine Rolle. Im vorliegenden Verfahren über die Beschwerde des Bewilligungswerbers ist kein Raum, eine allfällige Rechtswidrigkeit dieser Beurteilung aufzugreifen. Es ist jedoch der Hinweis geboten, daß nicht ersichtlich ist, auf welchen konkreten, die Gegebenheiten von Natur und Landschaft im Projektgebiet und die Auswirkungen des Vorhabens auf die nach dem Zweck der Unterschutzstellung als geschützt anzusehenden Güter betreffenden Ermittlungsergebnissen und Sachverhaltsfeststellungen diese Beurteilung beruht.

Die belangte Behörde erblickt eine Verletzung der Natur- und Landschaftsschutzinteressen im vorliegenden Fall (lediglich) in einer Zunahme des Bootsverkehrs auf dem See und der Anzahl der Zu- und Abfahrtsbewegungen mit Kraftfahrzeugen. Soweit das Gesetz für die Bewilligung eines Vorhabens allgemein an die Verletzung von Natur- und Landschaftsschutzinteressen anknüpft, ist es nicht rechtswidrig, bei deren Bewertung nicht allein an die Auswirkungen der bloßen Existenz der geplanten Anlage Bedacht zu nehmen; vielmehr können auch Umstände als Verletzung von Natur- und Landschaftsschutzinteressen von Bedeutung sein, die sich aus der widmungsgemäßen Benutzung der Anlage oder einem Verhalten ergeben, das mit der widmungsgemäßen Benutzung nach den Erfahrungen des täglichen Lebens verbunden sein wird. § 3 VO enthält einen umfassenden Katalog von Verboten im Naturschutzgebiet. Aus diesem Katalog in Verbindung mit § 4 NSchG ergibt sich ein umfassender Schutz des Naturschutzgebietes, der es verbietet, einzelne Eingriffe isoliert zu sehen; vielmehr sind alle von dem Eingriff ausgehenden, unter dem Aspekt des aus § 4 NSchG in Verbindung mit § 3 VO 1986 abzuleitenden Schutzzweckes relevanten Auswirkungen zu berücksichtigen. Bezogen auf einen den Verbotstatbestand des § 3 Abs. 1 lit. f VO 1986 verwirklichenden Eingriff bedeutet dies, daß nicht nur landschaftsbildliche, sondern auch sonstige unter dem Gesichtspunkt der Erklärung eines Gebietes zum Naturschutzgebiet relevante Auswirkungen in die Betrachtung einzubeziehen sind. Den Anforderungen an eine gesetzmäßige Begründung entspricht ein Bescheid jedoch nur dann, wenn er in qualitativer und quantitativer Hinsicht nachvollziehbare Feststellungen einerseits über jene Tatsachen enthält, von denen Art und Ausmaß der verletzten Natur- und Landschaftsschutzinteressen abhängt, und andererseits über jene Auswirkungen des Vorhabens, in denen eine Verletzung dieser Interessen zu erblicken ist. Diesen Anforderungen entspricht der angefochtene Bescheid, der insofern nur allgemeine, nicht erkennbar auf das engere Einzugsgebiet des Projektes bezogene Hinweise auf die schon bestehende starke Belastung durch Boots- und KFZ-Verkehr und eine weitere Zunahme dieser Belastung bei Errichtung des Vorhabens enthält, nicht. Es beruht somit die Auffassung der belangten Behörde, es liege eine Verletzung von Natur- und Landschaftsschutzinteressen im Sinne des § 4 VO 1986 vor, nicht auf einer ordnungsgemäß ermittelten und festgestellten Sachverhaltsgrundlage. Der angefochtene Bescheid muß daher schon deshalb wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufgehoben werden, weil nicht ausgeschlossen werden kann, daß die begehrte Bewilligung schon mangels Verletzung von Natur- und Landschaftsschutzinteressen hätte erteilt werden können.

Auch die Begründung der Interessenabwägung entspricht nicht dem Gesetz, weil mangels nachvollziehbarer Tatsachenfeststellungen das Gewicht der allenfalls verletzten Natur- und Landschaftsschutzinteressen nicht beurteilt werden kann (zur Frage der gesetzmäßigen Begründung einer naturschutzbehördlichen Interessenabwägung vgl. z.B. die Erkenntnisse vom 21. November 1994, Zl. 94/10/0076, und vom 26. Juni 1995, Zl. 94/10/0169).

Im Hinblick auf die Aufhebung des angefochtenen Bescheides erübrigt sich eine abschließende Auseinandersetzung mit dem Beschwerdevorwurf, der als Sachverständiger beigezogene Dr. K. sei nicht Amtssachverständiger im Sinne des § 52 Abs. 1 AVG. Aus Gründen der Verfahrensökonomie wird zum Inhalt der Begriffe "der Behörde beigegeben" und "der Behörde zur Verfügung stehen" auf das Erkenntnis vom 12. Mai 1992, Zl. 91/08/0139, und die dort zitierte Vorjudikatur verwiesen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

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