VwGH 93/09/0432

VwGH93/09/043224.2.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Simetzberger, über die Beschwerde der X-Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. Z, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien vom 1. Oktober 1993, Zl. IIc/6702 B, betreffend Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Normen

AMFG §44;
AMFG §44a;
AuslBG §20 Abs3 idF 1991/684;
AuslBG §23 idF 1991/684;
AuslBG §4 Abs1;
AuslBG §4 Abs6 idF 1991/684;
AuslBG §4 Abs6 Z2 idF 1990/450;
AuslBG §4 Abs6 Z3 idF 1990/450;
AVG §56;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
AVG §63 Abs1;
AMFG §44;
AMFG §44a;
AuslBG §20 Abs3 idF 1991/684;
AuslBG §23 idF 1991/684;
AuslBG §4 Abs1;
AuslBG §4 Abs6 idF 1991/684;
AuslBG §4 Abs6 Z2 idF 1990/450;
AuslBG §4 Abs6 Z3 idF 1990/450;
AVG §56;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
AVG §63 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die durch den nunmehrigen Beschwerdevertreter vertretene beschwerdeführende Partei stellte unter der Bezeichnung "X Ges.m.b.H." am 15. Juni 1993 beim Arbeitsamt Persönliche Dienste-Gastgewerbe den Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für einen namentlich genannten "jugoslawischen" Staatsangehörigen für die Tätigkeit als Gebäudereiniger.

Mit Bescheid vom 2. Juli 1993 (gerichtet an die "X GesmbH" zu Handen Rechtsanwalt Z) wies das Arbeitsamt den Antrag gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG ab. Gemäß § 4 Abs. 6 leg. cit. dürften Beschäftigungsbewilligungen nach Überschreitung der Landeshöchstzahlen nur unter den dort genannten Voraussetzungen (in der Bescheidbegründung erfolgt eine Zitierung dieser Gesetzesstelle) erteilt werden. Der Vermittlungsausschuß habe im gegenständlichen Verfahren die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nicht befürwortet. Darüber hinaus habe das "Ermittlungsverfahren" ergeben, daß keine der im § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 vorgesehenen Voraussetzungen vorliege.

In ihrer dagegen erhobenen Berufung rügte die beschwerdeführende Partei im wesentlichen das Fehlen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens, bei dem ihr auch nicht die Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben worden sei. Das Arbeitsamt sei bisher nicht in der Lage gewesen, befähigte, geeignete und gewillte Arbeitskräfte zu vermitteln. Auch mangle es dem Bescheid des Arbeitsamtes an einer ausreichenden Begründung. Die beschwerdeführende Partei habe sich mangels Bekanntgabe nicht zur Befragung des Vermittlungsausschusses äußern können.

In der Folge kam es nach der Aktenlage zur Durchführung eines Arbeitskräftevermittlungsverfahrens durch das Arbeitsamt, das jedoch erfolglos blieb. Daraufhin erging der nunmehr angefochtene Bescheid vom 1. Oktober 1993, mit dem die belangte Behörde der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. § 4 Abs. 6 sowie § 4 Abs. 1 und § 13a AuslBG keine Folge gab. Begründend stellte die belangte Behörde die Rechtslage dar und traf die Feststellung, daß die in der Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales, BGBl. Nr. 738/1992, für das Kalenderjahr 1993 festgesetzte Landeshöchstzahl für das Bundesland Wien (97.000) seit Jahresbeginn laut der offiziellen Statistik des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales weit überschritten ist. Es seien daher sowohl die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 als auch nach § 4 Abs. 6 AuslBG zu prüfen. Zu den Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 AuslBG führte die belangte Behörde aus, eine Überprüfung der Lage auf dem "verfahrensgegenständlichen Arbeitsmarkt" habe ergeben, daß derzeit für die konkret beantragte Beschäftigung geeignete Ersatzarbeitskräfte zur Verfügung stünden. Im Zuge des Berufungsverfahrens seien auch "Ersatzkräfte für die beantragte Arbeitskraft" vermittelt worden. Am 26., 27. und 30. August 1993 sei schriftlich bekanntgegeben worden, daß "Sie die jeweils zugewiesene Ersatzkraft nicht einstellten". Die Berufungsausführungen seien daher gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG nicht geeignet, die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für den beantragten Ausländer zu begründen. Außerdem seien weder im Ermittlungsverfahren Gründe festgestellt noch in ihrer Berufung vorgebracht worden, durch die ein Tatbestand des § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. a bis d und Z. 3 AuslBG zur Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung erfüllt werde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die beschwerdeführende Partei erachtet sich in ihrem Recht auf Erteilung der Beschäftigungsbewilligung nach dem AuslBG verletzt, weil die Voraussetzungen für eine positive Entscheidung vorlägen.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet. Da in der Gegenschrift das Bevollmächtigungsverhältnis der beschwerdeführenden Partei zum Beschwerdevertreter in Zweifel gezogen worden war, legte dieser eine mit 17. Juni 1993 datierte schriftliche Vollmacht über das Vertretungsverhältnis vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid auf § 4 Abs. 1 und § 4 Abs. 6 AuslBG gestützt. Schon das Zutreffen eines dieser beiden Versagungstatbestände rechtfertigt die Abweisung der Beschwerde.

§ 4 Abs. 6 AuslBG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung (Z. 1 i.d.F. der Novelle BGBl. Nr. 684/1991, die übrigen Bestimmungen i.d.F. der Novelle BGBl. Nr. 450/1990) lautet:

"Über bestehende Kontingente (§ 12) hinaus sowie nach Überschreitung der Landeshöchstzahlen (§§ 13 und 13a) dürfen Beschäftigungsbewilligungen nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen der Abs. 1 und 3 vorliegen und

1. bei Kontingentüberziehung und bei Überschreitung der Landeshöchstzahl der Vermittlungsausschuß gemäß § 44a des Arbeitsmarktförderungsgesetzes, BGBl. Nr. 31/1969, in der jeweils geltenden Fassung, einhellig die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung befürwortet, oder

2. die Beschäftigung des Ausländers aus besonders wichtigen Gründen, insbesondere

a) als Schlüsselkraft zur Erhaltung von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer,

b) in Betrieben, die in strukturell gefährdeten Gebieten neu gegründet wurden, oder

c) als dringender Ersatz für die Besetzung eines durch Ausscheiden eines Ausländers frei gewordenen Arbeitsplatzes, oder

d) im Bereich der Gesundheits- oder Wohlfahrtspflege erfolgen soll, oder

3. öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen die Beschäftigung des Ausländers erfordern, oder

4. die Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 4 gegeben sind."

Zum Beschwerdevorbringen, wonach wegen unrichtiger Wiedergabe der Parteibezeichnung im Bescheid der ersten Instanz (die beschwerdeführende Partei sei nicht mit der im "Handelsregister" eingetragenen Firmenbezeichnung "X-Ges.m.b.H." bezeichnet worden) die belangte Behörde über die Berufung "nicht sachlich, sondern formell" hätte entscheiden müssen, genügt es unter Verweis auf die Ausführungen zu einem gleichgelagerten Vorbringen desselben Beschwerdevertreters im hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 1994, 93/09/0429 darauf hinzuweisen, daß ungeachtet einer allenfalls nicht vollständigen Parteibezeichnung ("X GesmbH") ernstliche Zweifel am tatsächlichen Bescheidadressaten schon deshalb nicht bewirkt sein konnten, weil die beschwerdeführende Partei durch ihren Vertreter den Bescheid übernommen und dagegen (in der Sache) Berufung erhoben hat.

Selbst bei einer positiven Stellungnahme des Verwaltungsausschusses gemäß § 20 Abs. 3 AuslBG hätte dies zu keinem anderen Verfahrensergebnis führen können, wenn die Behörde zutreffend vom Nichtvorliegen qualifizierter Gründe im Sinne des § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG ausgehen konnte (vgl. zu den diesbezüglich ebenfalls inhaltsgleichen Beschwerdeausführungen betreffend eine "nicht nachvollziehbare" Anhörung eines "Unterausschusses" neuerlich das bereits zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Jänner 1994, 93/09/0429).

Bereits im Bescheid des Arbeitsamtes wurde festgestellt, daß der Vermittlungsausschuß (§ 4 Abs. 6 Z. 1 AuslBG) die Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung nicht einhellig befürwortet hat. Die beschwerdeführende Partei hat ihr dazu in der Berufung erstattetes Vorbringen in der Beschwerde nicht aufrechterhalten, sodaß darauf vom Verwaltungsgerichtshof nicht weiter einzugehen war.

In der Beschwerde rügt die beschwerdeführende Partei ferner, die belangte Behörde habe in der Begründung ihres angefochtenen Bescheides nicht angegeben, unter Berücksichtigung welcher Tatsachen der Bundesminister für Arbeit und Soziales zu den entsprechenden Landeshöchstzahlen von 97.000 (in der Beschwerde irrtümlich als Bundeshöchstzahl bezeichnet) gelangt sei. Sie habe diesen Umstand auch nicht dem Parteiengehör unterzogen.

Dem ist entgegenzuhalten, daß die Landeshöchstzahlen nach § 13a AuslBG durch Verordnung festzusetzen sind, dies für den im Beschwerdefall maßgebenden Zeitraum (Kalenderjahr 1993) durch die Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales, BGBl. Nr. 738/1992, erfolgt ist, bereits die Behörde erster Instanz klar erkennbar von der Anwendbarkeit des erschwerten Verfahrens nach § 4 Abs. 6 AuslBG ausgegangen ist und die Zitierung der genannten Verordnung durch die belangte Behörde hiefür lediglich ein Begründungselement nachholt. Eine Pflicht der belangten Behörde in ihrem Bescheid zu begründen, wie die in der von ihr angewendeten Verordnung festgesetzte Landeshöchstzahl zustande gekommen ist, besteht nicht. Die beschwerdeführende Partei hat auch in der Beschwerde nicht behauptet, die mit Verordnung festgesetzte Landeshöchstzahl sei nicht überschritten.

Soweit die beschwerdeführende Partei rügt, der Bezug auf die offizielle Statistik lasse jeden Hinweis darauf vermissen, welche Grundsätze für die Erstellung dieser Statistik herangezogen worden sei, liegt eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung vor (§ 41 VwGG). Dieses Argument läuft darauf hinaus, daß die Anwendungsvoraussetzungen des § 4 Abs. 6 AuslBG nicht gegeben sind. Da jedoch bereits die Behörde erster Instanz von der Anwendbarkeit des erschwerten Verfahrens nach § 4 Abs. 6 AuslBG ausgegangen ist, hätte die beschwerdeführende Partei bereits im Verwaltungsverfahren vorbringen können und müssen, eine Überschreitung der Landeshöchstzahl liege nicht vor oder sei ihr zumindest nicht erkennbar. Die belangte Behörde konnte daher vom Vorliegen der Anwendungsvoraussetzungen für das gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG erschwerte Verfahren ausgehen. Hat somit die beschwerdeführende Partei die Voraussetzungen für die Anwendung des § 4 Abs. 6 AuslBG nicht bekämpft, dann wäre es an ihr gelegen gewesen, Gründe vorzubringen, die für die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung in diesem erschwerten Verfahren hätten maßgebend sein können (vgl. dazu etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Jänner 1994, Zl. 92/09/0428). Das gesamte weitere Vorbringen der beschwerdeführenden Partei geht im wesentlichen in Richtung Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach § 4 Abs. 1 AuslBG; Gründe im Sinne des § 4 Abs. 6 Z. 2 AuslBG oder etwa ein Erfordernis nach § 4 Abs. 6 Z. 3 leg. cit. lassen sich daraus nicht ableiten. Dem im Verwaltungsverfahren geltend gemachten dringenden Arbeitskräftebedarf kommt eine derartige Qualifikation nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht zu (vgl. beispielsweise das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Oktober 1994, 93/09/0381, u.v.a.).

Die Beschwerde vermag somit zur Versagung der Beschäftigungsbewilligung im Grunde des § 4 Abs. 6 AuslBG keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Sie war somit - unter Abstandnahme von der beantragten mündlichen Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG - nach § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG i.V.m. Art. I B Z. 4 und 5 der gemäß ihrem Art. III Abs. 2 anzuwendenden Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.

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