VwGH 93/05/0112

VwGH93/05/011230.5.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde 1) der ZZ,

2) des HZ, 3) der SC und 4) des HC, alle in G, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 2. April 1993, R/1-V-91060/01, betreffend Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde G als Bauwerberin einerseits und gemäß Art. 119a Abs. 9 B-VG andererseits, vertreten durch den Bürgermeister, dieser vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in W), zu Recht erkannt:

Normen

BauO NÖ 1976 §16 Abs1 Z2;
BauO NÖ 1976 §62 Abs2;
BauRallg;
ROG NÖ 1976 §19 Abs5;
BauO NÖ 1976 §16 Abs1 Z2;
BauO NÖ 1976 §62 Abs2;
BauRallg;
ROG NÖ 1976 §19 Abs5;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer zusammen haben dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Gemeinde Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Ansuchen vom 20. August 1990 beantragte die Marktgemeinde G im Zuge der Herstellung der kommunalen Abwasserbeseitigungsanlage die baubehördliche Bewilligung für den Neubau einer Kanalisationsanlage für die Katastralgemeinden K und S mit drei Vakuumstationen. Die verfahrensgegenständliche Vakuumstation I stellt als Pumpenanlage mit insbesondere zwei Vakuumpumpen, zwei Schmutzwasserpumpen (samt dazugehörigen Rohrleitungen und Absperrorganen) einen Teil der Abwasserentsorgungsanlage der mitbeteiligten Gemeinde dar. Bei der in der Folge anberaumten mündlichen Verhandlung vom 10. September 1990 erklärten die Dritt- und Viertbeschwerdeführer, ihre Zustimmung zu dem Bauvorhaben zu geben, wenn seitens der Bauwerberin eine Erklärung abgegeben werde, daß keine Geruchs- und Lärmbelästigung gegeben sei. Der in der Folge ergangene Bescheid des Bürgermeisters vom 17. September 1990, mit dem die baubehördliche Bewilligung zur Errichtung der Vakuumstation I auf dem Grundstück Nr. 192/16, KG K erteilt worden war, wurde vom Gemeinderat mit Bescheid vom 19. November 1990 gemäß § 66 Abs. 2 AVG aufgehoben. In der daraufhin am 23. Jänner 1991 abgehaltenen mündlichen Verhandlung des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde wurden Gutachten der Sachverständigen für Schallschutz, für Bauwesen, für technischen Umweltschutz und für Maschinenbau abgegeben, die das Vorhaben unter Einhaltung etlicher Auflagen für genehmigungsfähig erachteten. Der Zweitbeschwerdeführer beantragte eine Frist für die Abgabe einer abschließenden Stellungnahme. Er erklärte aber bereits in der Verhandlung, daß er sich gegen das Bauvorhaben ausspreche, da nach dem Nö Raumordnungsgesetz und der Nö Bauordnung unzulässige, das zumutbare Ausmaß übersteigende Lärm- und Geruchsbelästigungen sowie sonstige schädliche Einwirkungen

(z.B. Gesundheitsgefährdung) nicht ausgeschlossen werden könnten.

In einem Schriftsatz vom 5. Februar 1991 stellte die medizinische Amtssachverständige der Mitbeteiligten aufgrund der Ergebnisse der mündlichen Verhandlung vom 23. Jänner 1991 fest, daß aufgrund der Sachverständigengutachten in bezug auf eine Lärm- und Geruchsbelästigung bei Einhaltung der baubehördlichen Vorschriften keine gesundheitlichen Störungen zu erwarten seien.

In der Stellungnahme der Erst- und Zweitbeschwerdeführer vom 7. Februar 1991 betreffend die Ergebnisse der Bauverhandlung vom 23. Jänner 1991 wurde hinsichtlich der Geruchsbelästigungen festgestellt, daß der Sachverständige eine Belästigung nicht habe ausschließen können. Es entstünden und entwichen Kohlenstoff-, Stickstoff- und Schwefelverbindungen. Der Sachverständige für technischen Umweltschutz habe ausgeführt, daß ein Geruch nach Erde, Torf oder Rindendekor entstehen könne. Ob ein Geruch als belästigend empfunden werde, sei zum Teil auch subjektiv. Ein Geruch nach Erde, Torf oder Rindendekor könne auch belästigend sein. In Deutschland würden vergleichbare Anlagen in einer Entfernung von ca. 60 m von den nächsten Häusern errichtet werden. Im vorliegenden Fall betrage die Entfernung weniger als 10 m. Eine Geruchsbelästigung könne daher nicht ausgeschlossen werden. Weiters könne eine Gefährdung der Gesundheit der Beschwerdeführer durch aus dem Biofilter entweichende Schadstoffe entstehen. Der Sachverständige habe dazu keine genauen Angaben machen können und habe auf die Schwierigkeiten der Messung verwiesen.

In der Folge erteilte der Bürgermeister mit Bescheid vom 18. Februar 1991 die Bewilligung mit zahlreichen Auflagen, die Einwendungen der Beschwerdeführer wegen Lärm- und Geruchsbelästigung wurden abgewiesen, der Einwand einer Wertminderung auf den Zivilrechtsweg verwiesen. Mit Bescheid des Gemeinderates vom 4. April 1991 wurde die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführer abgewiesen.

Der dagegen eingebrachten Vorstellung wurde mit Bescheid der Nö Landesregierung vom 26. Juni 1991 Folge gegeben, der Bescheid des Gemeinderates aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat zurückverwiesen. Die gegenständliche Pumpenanlage sei auf einem Grundstück geplant, das im Flächenwidmungsplan als Bauland-Kerngebiet gewidmet sei, in dem im Sinne des § 16 Abs. 3

Nö Raumordnungsgesetz 1976 Bauwerke und Anlagen für Betriebe zur Versorgung der Bevölkerung mit Gütern und Dienstleistungen des täglichen Bedarfes errichtet werden dürften. Die Rohrstränge und die Pump- bzw. Hebewerke einer kommunalen Abwasserbeseitigungsanlage dienten zur Versorgung der Bevölkerung mit einer Dienstleistung des täglichen Bedarfes. Das Vorhaben sei daher mit der Flächenwidmung vereinbar. Die Baubehörde habe daher gemäß den §§ 62 und 100

Nö Bauordnung 1976 zu prüfen, ob die Vorschreibung von Auflagen erforderlich sei oder nicht. Diese Prüfung sei anhand von Gutachten von Sachverständigen auf den Gebieten des technischen Umweltschutzes, der Lärm- und Schalltechnik, der Bautechnik und auf dem Gebiet des Gesundheitswesens zu prüfen. Aufgrund dieser Gutachten habe die Behörde zu beurteilen, ob die Anlage örtlich unzumutbare Belästigungen herbeiführe, und allenfalls entsprechende Auflagen zu erteilen. Das die Schadstoffe betreffende Vorbringen der Beschwerdeführer in der Berufung hätte der Gemeinderat zum Anlaß nehmen müssen, das Gutachten des Sachverständigen für technischen Umweltschutz entsprechend ergänzen zu lassen. Dem Schluß des Gemeinderates, relevante Luftschadstoffe würden nicht vorliegen, da der Amtssachverständige für technischen Umweltschutz solche nicht erwähnt habe, könne in dieser Allgemeinheit nicht zugestimmt werden. Weiters sei das medizinische Gutachten vom 5. Februar 1991 - wie die Beschwerdeführer zu Recht geltend machen - kein Gutachten. Insbesondere habe der medizinische Amtssachverständige nicht zum örtlich zumutbaren Ausmaß an Belästigungen Stellung genommen. Weiters müßten Änderungen des Bauvorhabens in der Form von Auflagen der Baubewilligung so eindeutig beschrieben werden, daß ihre Vollstreckung im Bedarfsfall möglich sei. Bestimmte angeführte Auflagen würden dieser Anforderung nicht entsprechen. Es sei daher durch diese Auflagen nicht sichergestellt, daß keine das örtlich zumutbare Ausmaß übersteigende Belästigungen der Anrainer durch Lärm, Geruch oder sonstige Schadstoffe entstünden.

Dieser Vorstellungsbescheid wurde nicht bekämpft. In der Folge wurde das Gutachten des Sachverständigen für technischen Umweltschutz im Hinblick auf die von den Beschwerdeführern ins Treffen geführten "Schadstoffe" mit Schreiben vom 30. August 1991 ergänzt. Der Sachverständige stellte fest, daß er sich in seinem Gutachten vom 23. Jänner 1991 auf mögliche Quellen von Geruch in Kanalisationsanlagen bezogen habe, die Ausführungen hätten sich daher nur mit "Geruchsstoffen" beschäftigt. Da weder aus seiner Erfahrung in Niederösterreich noch aus der einschlägigen Fachliteratur Emissionen aus Kanalisationen bzw. Pumpwerken bekannt seien, die nicht geruchsbeladen, aber trotzdem als Schadstoffe einzuordnen wären, habe er sich mit derartigen Schadstoffen nicht beschäftigt. Es erfolgte auch eine Ergänzung des lärmtechnischen Gutachtens.

Der medizinische Amtssachverständige stellte auf der Grundlage der ergänzten Gutachten, insbesondere jenes des Sachverständigen für technischen Umweltschutz, in diesem Zusammenhang im Rahmen der Befundaufnahme folgendes fest:

"2. Luftschadstoffe und Geruchsimmissionen:

Durch den Biofilter werden alle in der Kanalisationsanlage entstehenden abwasserspezifischen geruchsaktiven Substanzen entfernt. Das Vorhandensein von (weiteren) Schadstoffen, die nicht geruchsbeladen sind, ist auszuschließen. Schließlich kann ein leichter Geruch nach Erde, Torf oder Rindendekor von der Abdeckungsschicht des Biofilters bestehen.

...

Gutachten

...

2. Gesundheitliche Störungen durch Luftschadstoffe sind auszuschließen, weil sowohl geruchsbeladene als auch nicht geruchsbeladene Schadstoffe durch den Biofilter zur Gänze absorbiert werden. Es ist daher keinerlei Einwirkung auf den menschlichen Organismus bzw. Belästigung zu erwarten.

3. Der leichte Geruch nach Erde, Torf oder Rindendekor, der bestehen kann, kann keine schädlichen Einwirkungen auf den menschlichen Organismus haben. Eine solche schädliche Einwirkung durch die angeführten leichten Gerüche ist mir weder aus meiner persönlichen Praxis bekannt noch wird eine solche in der medizinischen Literatur behandelt. Eine Belästigung kann bei einem Durchschnittsmenschen ohne besondere Überempfindlichkeit durch die genannten, leichten Gerüche nach meiner persönlichen Erfahrung ausgeschlossen werden. ..."

In der Folge wurde die Berufung der Beschwerdeführer vom Gemeinderat der Marktgemeinde G mit Bescheid vom 20. November 1991 abgewiesen und der Bescheid des Bürgermeisters unter Modifizierung der Auflagen betreffend die Minderung der Lärmemissionen bestätigt. Die dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführer wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer hätten bisher im wesentlichen immer vorgetragen, daß durch die geplante Vakuumpumpstation Belästigungen durch Geruch und Lärm entstünden. Der Einwand betreffend die Lärmbelästigung sei im Vorstellungsverfahren nicht mehr aufrecht erhalten worden. Der Einwand der Gefahr eines Störfalles sei weder in der Bauverhandlung am 10. September 1990 noch in jener am 23. Jänner 1991, sondern jeweils nur in den Berufungen gegen die Bescheide des Bürgermeisters vom 17. September 1990 bzw. vom 18. Februar 1991 erhoben worden. Abgesehen von der Präklusion dieses Einwandes sei er auch nicht berechtigt, da der beigezogene maschinenbautechnische und der bautechnische Sachverständige die Anlage als genehmigungsfähig bezeichnet hätten. Die Zulässigkeit des Bauvorhabens mit der Widmung "Bauland-Wohn- bzw. Kerngebiet" sei bereits im Bescheid vom 26. Juni 1991 zutreffend festgestellt worden. Die Anlage sei im Sinne des § 16 Abs. 3 Nö ROG 1976 generell zulässig, da sie zur Versorgung der Bevölkerung mit einer Dienstleistung des täglichen Bedarfes diene. Die gegenüber der Gemeindeärztin geltend gemachte Befangenheit würde eine Aufhebung des bekämpften Bescheides nur dann rechtfertigen, wenn die Vorstellungswerber geltend gemacht hätten, welche Auswirkungen die behauptete Befangenheit auf das Ergebnis der Begutachtung gehabt hätte und aus welchen fachlichen Gründen an der Richtigkeit des Gutachtens zu zweifeln sei. Allein der Umstand, daß die Gemeinde einen Amtssachverständigen herangezogen habe, stelle keine Befangenheit dar. Einen Anspruch auf Schutz vor Emissionen könnten die Nachbarn allenfalls auf die im Flächenwidmungsplan festgelegte Widmungs- und Nutzungsart des zu bebauenden Grundstückes und jedenfalls auf § 62 Abs. 2 Nö Bauordnung 1976 stützen. Die Baubehörde sei verpflichtet, allenfalls durch Vorschreibung von Auflagen dafür zu sorgen, daß Belästigungen (Immissionen), die durch eine Baulichkeit nach deren Zweckbestimmung erfahrungsgemäß entstünden und das örtlich zumutbare Ausmaß übersteigen könnten, vermieden würden. Der Gemeinderat habe festgestellt, daß die Außenkante des Pumpstationsgebäudes bzw. der Bio-Filter von der Grenze des Grundstückes der Vorstellungswerber C 20 m bzw. 27,8 m und von der Grenze des Grundstückes Z 20 m bzw. 26 m entfernt sei. Dem im Verfahren erstatteten Gutachten des Sachverständigen für technischen Umweltschutz sei zu entnehmen, daß durch die biologischen Abbauprozesse, wie auch in anderen Kanalanlagen, Kohlenstoff-, Stickstoff- oder Schwefelverbindungen entstünden. Wegen der daraus resultierenden Geruchsbelästigung habe der Sachverständige auch in der Verhandlung am 23. Jänner 1991 die Errichtung des Bio-Filters empfohlen. In weiterer Folge habe er darauf hingewiesen, daß weder nach den Erfahrungen aus Niederösterreich noch aus der einschlägigen Fachliteratur Emissionen aus Kanalisationen bekannt seien, die nicht geruchsbeladen, aber trotzdem als Schadstoffe zu bezeichnen seien. Der Begriff "Schadstoffe" sei in keiner Regel der Technik definiert. Es treffe zwar zu, daß die ausströmende Luft aus dem Filter anders zusammengesetzt sei als die natürliche Luft. Die abwasserspezifischen Geruchskomponenten würden durch den Filter zurückgehalten. Es könne nur ein Geruch nach Erde, Torf oder Rindendekor entstehen. Darauf aufbauend habe die Gemeindeärztin schlüssig und folgerichtig dargelegt, daß keine schädlichen Einwirkungen auf den menschlichen Organismus oder eine Belästigung zu erwarten seien. Es könne daher dem Gemeinderat nicht entgegengetreten werden, wenn er aufgrund der eingeholten Gutachten zu den Schluß gekommen sei, daß keine das örtlich zumutbare Ausmaß im Bauland-Kerngebiet bzw. Bauland-Wohngebiet bei den Anrainern übersteigende Belästigungen durch Geruchsemissionen entstehen würden, zumal es den Erfahrungen des täglichen Lebens entspreche, daß die aus dem - befeuchteten - Filter ausströmende Luft auch in Anbetracht des Gehaltes an Kohlendioxid aufgrund der eintretenden Durchmischung mit der Umgebungsluft in diesem Sinne keine Gefährdung oder Belästigung hervorrufen könne. Auch entspreche die Aussage der Gemeindeärztin, daß in einem Bereich mit Ziergärten der Geruch nach Erde, Torf und Rindendekor "ortsüblich" sei, jedenfalls den Erfahrungen des täglichen Lebens.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Die Beschwerdeführer erachten sich in ihrem Recht verletzt, daß bei der Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für die Errichtung der verfahrensgegenständlichen Vakuumstation nicht geprüft worden sei, welche Schadstoffe in welchem Ausmaß austreten, und daß entgegen der Nö Raumordnung mitten im Bauland-Wohngebiet eine solche Betriebsanlage bewilligt worden sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Gemäß § 118 Abs. 8 Nö Bauordnung 1976, LGBl. 8200-0 in der im vorliegenden Fall maßgeblichen Fassung LGBl. 8200-6, genießen als Anrainer alle Grundstückseigentümer Parteistellung gemäß § 8 AVG 1950, wenn sie in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten berührt werden. Subjektiv-öffentliche Rechte der Anrainer werden gemäß § 118 Abs. 9 Nö Bauordnung in der Stammfassung durch jene Vorschriften begründet, welche nicht nur den öffentlichen Interessen dienen, sondern im Hinblick auf die räumliche Nähe auch dem Anrainer. Hiezu gehören u.a. insbesondere Bestimmungen über den Schutz vor anderen Gefahren, die sich auf die Anrainergrundstücke ausdehnen können (§ 118 Abs. 9 Z. 2 leg. cit.), und Bestimmungen über die sanitären Rücksichten wegen ihres Einflusses auf die Umgebung (§ 118 Abs. 9 Z. 3 leg. cit.). Gemäß § 62 Abs. 2 Nö Bauordnung 1976 in der Fassung LGBl. 8200-6 sind für Bauwerke, die nach Größe, Lage und Verwendungszweck erhöhten Anforderungen nach Festigkeit, Brandschutz, Sicherheit und Gesundheit entsprechen müssen oder die Belästigungen der Nachbarn erwarten lassen, welche das örtlich zumutbare Maß übersteigen, die zur Abwehr dieser Gefahren oder Belästigungen nötigen Vorkehrungen zu treffen.

Gemäß § 16 Abs. 1 Z. 1 Nö Raumordnungsgesetz, LGBl. 8000-0 in der im vorliegenden Fall maßgeblichen Fassung der Novelle LGBl. 8000-3, sind Wohngebiete für Wohngebäude und die dem täglichen Bedarf der dort wohnenden Bevölkerung dienenden Gebäude sowie für Betriebe bestimmt, welche keine, das örtlich zumutbare Ausmaß übersteigende Lärm- und Geruchsbelästigung sowie sonstige schädliche Einwirkungen auf die Umgebung verursachen können. Gemäß § 16 Abs. 1 Z. 2

Nö Raumordnungsgesetz in der Stammfassung sind Kerngebiete vorwiegend für öffentliche Gebäude, Versammlungs- und Vergnügungsstätten sowie für Betriebe des Handels, Gewerbes und Fremdenverkehrs bestimmt, welche sich dem Ortsbild eines Siedlungskernes (Stadtkernes) harmonisch anpassen und keine, das örtlich zumutbare Ausmaß übersteigende Lärm- und Geruchsbelästigung sowie sonstige schädliche Einwirkungen auf die Umgebung verursachen können. Gemäß § 16 Abs. 3

Nö Raumordnungsgesetz in der Stammfassung dürfen im Bauland Gebäude, Bauwerke und Anlagen für Betriebe zur Versorgung der Bevölkerung mit Gütern und Dienstleistungen des täglichen Bedarfes errichtet werden.

Die Beschwerdeführer rügen zunächst, der umwelttechnische Sachverständige habe keine konkreten Angaben zu den aus dem Biofilter allenfalls austretenden Schadstoffen gemacht. Dies habe auch die Vorstellungsbehörde so gesehen, sonst hätte sie nicht diesem Sachverständigen ergänzende Fragen gestellt. Zum Ausmaß des austretenden Kohlendioxids, Stickstoffs und der Schwefelverbindungen habe dieser Sachverständige auch in seiner letzten Stellungnahme keine Antwort gegeben.

Dieser Rüge kommt keine Berechtigung zu. Mit dem insoweit bindenden Vorstellungsbescheid vom 26. Juni 1991 wurde festgestellt, daß der Gemeinderat das Vorbringen der Beschwerdeführer in ihrer Berufung betreffend Schadstoffe zum Anlaß einer Ergänzung des Gutachtens des Sachverständigen für Umweltschutz hätte nehmen müssen. In der Berufung vom 14. März 1991 war dazu ausgeführt worden, daß sowohl in der Stellungnahme vom 30. Jänner 1991 als auch in jener vom 12. Februar 1991 auf die Gefahr der Gesundheitsgefährdung durch aus dem Biofilter entweichende Schadstoffe hingewiesen worden sei. Es seien einige Schadstoffe explizit, wie Kohlenstoff-, Stickstoff- und Schwefelverbindungen, angeführt worden. Der Sachverständige habe nur hinsichtlich des Geruches Stellung genommen. Der umwelttechnische Sachverständige hat in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 30. August 1991 dazu ausgeführt, daß ihm weder aus seiner Erfahrung in Niederösterreich noch aus der einschlägigen Fachliteratur Emissionen aus Kanalisationen bzw. Pumpwerken bekannt seien, die nicht geruchsbeladen, aber trotzdem als Schadstoffe einzuordnen wären. Er habe sich daher mit derartigen Schadstoffen nicht beschäftigt. Dem hielten die Beschwerdeführer in der Vorstellung entgegen, daß damit nichts darüber ausgesagt sei, was "mit den stinkenden Gasen, nachdem ihnen das Stinken durch den Biofilter genommen wird, geschieht." Es sei unbestritten, daß auch nach der Geruchsreinigung des Abwassers Gase austräten. Über die Zusammensetzung der Gase, deren Konzentration und Gefährlichkeit werde beharrlich geschwiegen. Der Sachverständige für den technischen Umweltschutz hat im Vorstellungsverfahren eine weitere ergänzende Stellungnahme abgegeben (vom 14. Oktober 1992), in der er festgestellte, daß der Begriff "Schadstoffe" in keiner technischen Regel definiert sei. Die technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft in der Bundesrepublik Deutschland kenne Emissionen, Immissionen sowie Luftverunreinigungen. Luftverunreinigungen im Sinne dieser Anleitung seien Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe, wobei zu den Dämpfen auch Wasserdampf gehöre. Emissionen im Sinne dieser Anleitung seien die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen. In der Vakuumstation K bestehe die Besonderheit darin, daß die Luft des Abwassers nicht direkt in die Atmosphäre entweiche, sondern durch eine Biofilteranlage gereinigt werde. Die abwasserspezifischen geruchsaktiven Substanzen würden dabei einerseits in Zellmasse der Mikroorganismen umgesetzt und andererseits veratmet, woraus die Folgeprodukte Kohlendioxid, Wasser und Stickstoff entstünden. Daraus ergäben sich naturgemäß Veränderungen der ausströmenden Luft aus dem Biofilter. Gegenüber der Umgebungsluft bestehe ein höherer Gehalt z.B. an Luftfeuchtigkeit oder Kohlendioxid in der ausströmenden Luft aus dem Filter. Ein Eigengeruch nach Erde, Torf und Rindendekor könne bestehen.

Daraus ergibt sich aber, daß sich der Sachverständige sehr wohl - entgegen der Behauptung der Beschwerdeführer - konkret mit dem Argument austretender Schadstoffe auseinandergesetzt hat. In dem von den Beschwerdeführern in diesem Zusammenhang erwähnten Vorstellungsbescheid vom 26. Juni 1991 wurde im übrigen lediglich die Auffassung vertreten, daß das Gutachten des umweltschutztechnischen Sachverständigen im Hinblick auf die in der Berufung geltend gemachten Schadstoffe zu ergänzen sei. Eine Ergänzung der Stellungnahme durch diesen Sachverständigen erfolgte in der erwähnten Stellungnahme vom 30. August 1991 und in der Folge auch im Vorstellungsverfahren in der Stellungnahme vom 14. Oktober 1992. Diese Stellungnahmen verlieren ihren Charakter als Ergänzung des ursprünglichen Gutachtens nicht deshalb, weil der Sachverständige vor allem der Auffassung war, daß der Begriff "Schadstoffe", die nicht geruchsbeladen seien, nach seiner Erfahrung in Niederösterreich und auch in der einschlägigen Fachliteratur nicht bekannt sei (so in der Stellungnahme vom 30. August 1991) bzw. daß dieser Begriff in keiner technischen Regel verwendet werde (so in der Stellungnahme vom 14. Oktober 1992).

Den Beschwerdeführern ist aber vor allem auch im vorliegenden Zusammenhang entgegenzuhalten, daß sie der in der ergänzenden Stellungnahme neuerlich dargelegten Funktionsweise des Biofilters in ihrer Äußerung dazu vom 18. November 1992 nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten sind. Allein der pauschale Vorwurf in dieser Stellungnahme, der Sachverständige habe zur Frage von schädlichen Einwirkungen nicht konkret Stellung genommen, er spreche immerhin von Folgeprodukten wie Kohlendioxid und Stickstoff, kann diese Ausführungen des Sachverständigen nicht in Frage stellen. Daß sich die Beschwerdeführer schon im Verwaltungsverfahren unter Verwendung des Ausdruckes "Schadstoffe" gegen die vom Sachverständigen in seiner Stellungnahme vom 14. Oktober 1992 erwähnten Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft gewendet hätten, ist den im Akt befindlichen Äußerungen dazu nicht zu entnehmen und wird auch in der Beschwerde nicht behauptet, da die Beschwerdeführer auch in der Beschwerde allein den Begriff "Schadstoffe" verwenden. Die Beschwerdeführer haben darüber hinaus in der Beschwerde auch nicht das Argument der belangten Behörde in Frage gestellt, daß der erhöhte Gehalt der aus dem Biofilter austretenden Luft an Kohlendioxid deshalb nicht gefährdend und beeinträchtigend sei, weil sich die austretende Luft mit der Umgebungsluft vermische.

Abschließend ist anzumerken, daß die Beschwerdeführer im gesamten Verwaltungsverfahren und auch in der Beschwerde den Ausführungen des Sachverständigen für technischen Umweltschutz in der Verhandlung vom 23. Jänner 1991 über die Funktionsweise des Biofilters nicht entgegengetreten sind. Danach wird durch den Biofilter die Geruchsentwicklung, die aufgrund biologischer Abbauprozesse von Kohlenstoff-, Stickstoff- oder Schwefelverbindungen und ihr Entweichen aus dem Abwasser in die Luft über dem Abwasser im Kanal entsteht, BESEITIGT, indem die abgesaugte Luft über eine Schicht aus geeignetem Filtermaterial mit biologischer Aktivität (z.B. Kompost) geführt wird, wodurch eine Absorption der geruchsaktiven Substanzen am Filtermaterial und ein biologischer Abbau (Veratmung) durch Mikroorganismen erfolge.

Es ist auch nicht zutreffend, daß der Sachverständige in seinen ergänzenden Gutachten keine Aussage zu dem Austritt von Kohlenstoff-, Stickstoff- und Schwefelverbindungen aus dem Biofilter getroffen hat. Aus den wiedergegebenen ergänzenden Ausführungen des Sachverständigen vom 14. Oktober 1992 zur Frage von "Schadstoffen" ergibt sich, daß nur Veränderungen der ausströmenden Luft aus dem Filter in der Weise in Betracht kommen, daß die Luft einen erhöhten Gehalt u.a. an Luftfeuchtigkeit oder Kohlendioxid enthält und ein Eigengeruch nach Erde, Torf oder Rindendekor vorkommen könne. Daraus ergibt sich aber, daß nach Auffassung des Sachverständigen aus dem Biofilter keine Kohlenstoff-, Stickstoff- und Schwefelverbindungen entweichen (vgl. auch das Gutachten vom 23. Jänner 1991).

Die Beschwerdeführer wenden sich weiters dagegen, daß die ergänzende Stellungnahme des umwelttechnischen Sachverständigen nicht dem Gutachten des medizinischen Sachverständigen zugrundeliege, weshalb es schon allein deshalb mangelhaft sei. Das nach dem ersten Vorstellungsbescheid eingeholte ergänzende medizinische Gutachten behaupte, daß sowohl geruchsbeladene als auch nicht geruchsbeladene Schadstoffe durch den Biofilter zur Gänze absorbiert würden. Der umwelttechnische Sachverständige führe aber in seiner ergänzenden Stellungnahme aus, daß Kohlendioxid und Stickstoff entwichen. Das medizinische Gutachten sei daher im Hinblick auf die Stellungnahme des umwelttechnischen Sachverständigen widersprüchlich und mangelhaft.

Es ist zutreffend, daß dem ergänzenden medizinischen Gutachten vom 31. Oktober 1991 nur die ergänzende Stellungnahme des umwelttechnischen Sachverständigen vom 31. August 1991 zugrundeliegt. Im Hinblick auf die Annahme der Unbekanntheit des Inhaltes des Begriffes "Schadstoffe", die nicht geruchsbeladen seien, unterscheidet sich das ergänzende Gutachten des umwelttechnischen Sachverständigen vom 30. Oktober 1991 nicht von jenem vom 14. Oktober 1992. Die Beschwerdeführer rügen auch zu Recht, es entspreche nicht dem ergänzenden umwelttechnischen Gutachten vom 30. August 1991, daß nicht geruchsbeladene Schadstoffe durch den Biofilter zur Gänze absorbiert würden. Dies stellt aber keinen wesentlichen Verfahrensmangel dar, weil der umwelttechnische Sachverständige in beiden ergänzenden Stellungnahmen davon ausgeht, daß es Schadstoffe, die nicht geruchsbeladen seien, nicht gebe.

Weiters meinen die Beschwerdeführer, der von ihnen gemachte Hinweis auf die Gefahren bei Defekten an der Anlage sei beachtlich, da sie bei der Bauverhandlung am 23. Jänner 1991 auf die Gesundheitsgefährdung durch diese Betriebsanlage hingewiesen hätten. Bei der Prüfung der Gefährdung durch eine Betriebsanlage habe der Sachverständige die Gefahr während des Betriebes, die auch einen Defekt zu berücksichtigen habe, zu beurteilen. Sofern ein Sachverständiger nicht auf die Gefahr im Rahmen eines Defektes der Anlage eingehe, habe die Behörde ihn zu einer entsprechenden Ergänzung zu veranlassen. Die belangte Behörde hat in diesem Zusammenhang zutreffend die Auffassung vertreten, daß die Beschwerdeführer im Hinblick auf dieses Vorbringen präkludiert seien, da sie eine solche Einwendung in der Bauverhandlung am 23. Jänner 1991 nicht erhoben haben. Eine derartige Einwendung läßt sich auch nicht - wie die Beschwerdeführer meinen - aus der allgemeinen Einwendung, es lägen "sonstige schädliche Einwirkungen

(z.B. Gesundheitsgefährdung)" vor, ableiten.

Abschließend führen die Beschwerdeführer ins Treffen, bei der Heranziehung des Maßstabes für das zumutbare Ausmaß der Belästigung hätte man im vorliegenden Fall davon auszugehen, daß die Werte eines Kurgebietes und die Widmung eines Bauland-Wohngebietes rund um dieses geplante Objekt vorlägen. Die Toleranzgrenze für Lärm- und Geruchsbelästigungen sei daher im vorliegenden Fall äußerst gering. Zunächst ist dazu feszustellen, daß für die Beurteilung des örtlich zumutbaren Ausmaßes der Belästigung im Sinne des § 62 Abs. 2

Nö Bauordnung 1976 die Widmung des zu bebauenden Grundstückes maßgeblich ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Juni 1980, Slg. Nr. 10.171/A). Das vorliegende Grundstück Nr. 192/16, KG K, auf dem die verfahrensgegenständliche Pumpstation errichtet werden soll, befindet sich nun im Bauland-Kerngebiet. Die Verhältnisse des angrenzenden Baulandes-Wohngebiet sind daher für die Beurteilung des örtlich zumutbaren Ausmaßes der Belästigung nicht ausschlaggebend. Abschließend wird in diesem Zusammenhang angemerkt, daß die Errichtung einer (bloßen) Pumpstation im Rahmen einer Abwasserentsorgungsanlage im Bauland-Kerngebiet grundsätzlich zulässig ist, während die Kläranlage einer Abwasserentsorgungsanlage selbst im Hinblick auf § 19 Abs. 5 Nö Raumordnungsgesetz nur auf Flächen errichtet werden darf, für die die Widmung "Grünland" vorgesehen ist.

Sofern sich die Beschwerdeführer auch darauf berufen, daß die Errichtung der bekämpften Vakuumstation "mitten im Ort" keineswegs erforderlich sei und ihre Errichtung auch nicht im öffentlichen Interesse liege, ist ihnen zu erwidern, daß dies keine Kriterien darstellt, die im Rahmen einer baubehördlichen Bewilligung nach der Nö Bauordnung 1976 zu berücksichtigen wären.

Die von den Beschwerdeführern geltend gemachten Rechtsverletzungen erweisen sich somit als nicht berechtigt, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

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