Normen
StVO 1960 §4 Abs5 idF 1983/174 impl;
StVO 1960 §4 Abs5;
StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §99 Abs1 litb;
StVO 1960 §4 Abs5 idF 1983/174 impl;
StVO 1960 §4 Abs5;
StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §99 Abs1 litb;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird, soweit er die Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs. 5 StVO 1960 betrifft, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Das Land Salzburg ist schuldig, dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 7. April 1993 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 17. September 1991, gegen
23.15 Uhr einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw in F vom Dorfplatz kommend über die Gemeindestraße zum öffentlichen Parkplatz eines näher bezeichneten Lokals 1. in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt (Alkoholgehalt der Atemluft 0,93 mg/l beim Alkomattest am 18. September 1991 um 0.18 Uhr) und sei 2. mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden in ursächlichem Zusammenhang gestanden (er habe mit dem von ihm gelenkten Fahrzeug beim Rechtseinbiegen in den Parkplatz mit der linken Seite der vorderen Stoßstange einen abgestellten Pkw gestreift) und habe nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Gendarmeriedienststelle vom Unfall verständigt. Er habe hiedurch Verwaltungsübertretungen zu 1. gemäß § 5 Abs. 1 und § 99 Abs. 1 lit. a StVO 1960 und zu 2. gemäß § 4 Abs. 5 StVO 1960 begangen, weshalb über ihn Geldstrafen in der Höhe von zu 1. S 10.000,-- und zu 2. S 2.000,-- (und Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt wurden.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsstrafakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zur Übertretung gemäß § 5 Abs. 1 StVO 1960:
Der Beschwerdeführer bekämpft, daß er zum Zeitpunkt des gegenständlichen Unfalles alkoholisiert gewesen sei. Zu Unrecht sei die belangte Behörde der Aussage der Zeugin G gefolgt, die angegeben habe, daß er einen Nachtrunk von lediglich 1/4 Liter Wein zu sich genommen habe, dies schließe die Verantwortung des Beschwerdeführers, daß er eine Nachtrunkmenge von 1/2 Liter Wein zu sich genommen habe, nicht aus. Die belangte Behörde hätte auch die Ergebnisse der Atemluftuntersuchung mittels Alkomaten nicht verwerten dürfen, weil die Untersuchung nicht in der "entfernungsmäßig nächstgelegenen" Gendarmeriedienststelle in St. Johann, sondern in der in Bischofshofen vorgenommen worden sei. Hiedurch sei er in seinem verfassungsrechtlich gewährleisteten Recht auf Freiheit beschränkt worden. Das von der belangten Behörde eingeholte Amtssachverständigengutachten sei unzureichend und habe die vom "Beschuldigten selbst erstellte Expertise" nicht hinreichend berücksichtigt. Es sei die vom Beschwerdeführer behauptete, aus einer Magenoperation resultierende organische Abnormität, nämlich das fast gänzliche Fehlen der gastralen Alkoholdehydrogenase unbeachtet geblieben. Der Sachverständige habe auch lediglich angeführt, daß der Beschwerdeführer "alkoholisiert gewesen zu sein erscheine", und sich bloß auf die Auskunft des gerichtsmedizinischen Institutes der Universität Innsbruck berufen, weil ihm die eigene Sachkunde gefehlt habe. Ferner wendet der Beschwerdeführer - wie auch zur Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs. 5 StVO 1960 - ein, daß er gar nicht Lenker des gegenständlichen Fahrzeuges gewesen sei.
Dem Beschwerdeführer ist zunächst, was die behauptete Einschränkung "des verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechtes auf Freiheit" anlangt, zu entgegnen, daß der Verwaltungsgerichtshof zur Überprüfung dieser Frage nicht zuständig ist. Wie der Verwaltungsgerichtshof weiters wiederholt ausgesprochen hat (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 16. Feber 1994, Zlen. 93/03/0230, 0231) enthält das Gesetz keine Bestimmung darüber, wo die Atemalkoholprobe durchzuführen ist. Dies zu bestimmen ist vielmehr Sache der Straßenaufsichtsorgane. Sie haben die betreffende Person SO RASCH WIE MÖGLICH der Untersuchung zuzuführen, um Verfälschungen und Verschleierungen möglichst hintanzuhalten. Den Anordnungen der Straßenaufsichtsorgane ist daher - zumindest im Rahmen der Zumutbarkeit - Folge zu leisten. Es kann daher im vorliegenden Fall auch nicht als rechtswidrig angesehen werden, wenn die Genarmeriebeamten den Beschwerdeführer zu der aufgrund der Straßen- und Verkehrsverhältnisse am günstigsten erreichbaren Gendarmeriedienststelle mit einem funktionsfähigen Alkomaten brachten, auch wenn diese "entfernungsmäßig", also nach der Anzahl der zurückgelegten Straßenkilometer, etwas weiter gelegen sein sollte.
Die belangte Behörde ging davon aus, daß der Beschwerdeführer selbst der Lenker des Fahrzeuges gewesen sei und daß er nach dem Unfall einen Nachtrunk in Form von 1/4 Liter Wein zu sich genommen habe. Der Beschwerdeführer rügt die diesbezügliche Beweiswürdigung der belangten Behörde und übersieht hiebei, daß nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes diese der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nur in der Richtung unterliegt, ob der Sachverhalt genügend erhoben wurde und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, das heißt, ob sie den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen. Ob der Akt der Beweiswürdigung richtig in dem Sinne ist, daß zum Beispiel eine den Beschwerdeführer belastende und nicht seine Darstellung den Tatsachen entspricht, kann der Verwaltungsgerichtshof aufgrund seiner eingeschränkten Prüfungsbefugnis in einem Verfahren über eine Bescheidbeschwerde nicht überprüfen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 2. März 1994, Zlen. 93/03/0203, 0276, mit weiterem Hinweis).
Die belangte Behörde folgte, was die Nachtrunkmenge anlangt, der Zeugin G, die aussagte, daß der Beschwerdeführer im Gastlokal, in dem er nach dem Unfall erschienen war, lediglich 1/4 Liter Wein bestellte und serviert bekam und nicht mehr. Das nicht näher präzisierte Vorbringen, noch weiteren Alkohol konsumiert zu haben, ist nicht geeignet, die diesbezügliche Beweiswürdigung der belangten Behörde als unschlüssig zu erkennen. Auch was die Lenkereigenschaft des Beschwerdeführers anlangt, vermag er gegen die Beweiswürdigung der belangten Behörde nichts Stichhältiges einzuwenden. Grundlage dafür war insbesondere die Aussage des Zeugen K (des Geschädigten) im Zusammenhalt mit den vorgelegten Fotos. Der Zeuge K hatte den Beschwerdeführer als Lenker des Fahrzeuges beobachtet und eindeutig identifiziert. Aus seiner Aussage ergab sich auch, daß er den Beschwerdeführer aus dem Fahrzeug aussteigen sah. Ob tatsächlich der gesamte Parkplatz überblickbar war, ist hier unerheblich. Es war somit auch der vom Beschwerdeführer beantragte Ortsaugenschein entbehrlich. Darüber hinaus ergibt sich aus der Aussage des Zeugen S (des Meldungslegers), daß der Beschwerdeführer unmittelbar ihm gegenüber zugegeben hatte, daß er selbst wohl mit dem Auto zum Anwesen K hingefahren sei, aber "nirgendwo angefahren sei". Schließlich ist der Beschwerdeführer auch dem Auftrag der belangten Behörde, den Zeugen konkret bekanntzugeben, der nach der Behauptung des Beschwerdeführers gefahren sein soll, nicht nachgekommen; der Beschwerdeführer hat weder Namen noch Anschrift dieses Zeugen genannt.
Was die Alkoholisierung des Beschwerdeführers anlangt, hat die belangte Behörde das Amtssachverständigengutachten des Dr. W eingeholt und hinreichend begründet, warum sie dessen Darstellung bzw. Rückrechnung auf den Unfallszeitpunkt (0,43 mg/l Atemluftalkoholgehalt, wenn man von der Nachtrunkmenge von 1/4 Liter Wein ausgeht) ihrer Entscheidung zugrunde legte. Die Wortwahl des Sachverständigen, daß der Beschwerdeführer alkoholisiert gewesen zu sein "erscheine", kann im Hinblick auf die eindeutigen Ergebnisse des Gutachtens ebensowenig eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides bewirken, wie der Umstand, daß der Sachverständige sich im Hinblick auf die Verantwortung des Beschwerdeführers zur Verbreiterung der Grundlagen für die Erstellung seines Gutachtens auch des gerichtsmedizinischen Institutes der Universität Innsbruck hinsichtlich des Ferments Alkoholdehydrogenase bediente. Der Sachverständige hat im Hinblick auf die Behauptungen des Beschwerdeführers auch unter Bedachtnahme auf die von diesem ins Treffen geführte Magenoperation sein Gutachten ergänzt; das vom Beschwerdeführer selbst erstellte Gutachten vermag die Schlüssigkeit des Gutachtens des Amtssachverständigen schon deshalb nicht zu entkräften, weil der Beschwerdeführer hier bloß allgemeine Erwägungen zur Problematik des Alkoholabbaues im menschlichen Körper anstellt und nicht den konkreten Bezug auf die Umstände zum Tatzeitpunkt aufzeigt. Desgleichen kann es nicht als rechtswidrig angesehen werden, wenn der Sachverständige seine Rückrechnung auf den Unfallszeitpunkt in zweierlei Hinsicht vornahm, nämlich einerseits unter Berücksichtigung einer Nachtrunkmenge von 1/4 Liter Wein und andererseits von (nach der Behauptung des Beschwerdeführers) 1/2 Liter Wein, weil er nicht der Beweiswürdigung der Behörde vorgreifen durfte.
Zur Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs. 5 StVO 1960:
Soweit der Beschwerdeführer auch zu diesem Delikt seine Lenkereigenschaft bestreitet, ist auf die vorstehenden Ausführungen zu verweisen; gegen die Beweiswürdigung der belangten Behörde bestehen keine Bedenken.
Insoweit der Beschwerdeführer ferner rügt, daß die belangte Behörde nicht hinreichende Feststellungen zu diesem Delikt getroffen habe, ist ihm zunächst zu entgegnen, daß die belangte Behörde - wie schon die Erstbehörde - festgestellt (und in den Spruch des Bescheides aufgenommen) hat, daß der Beschwerdeführer mit dem von ihm gelenkten Fahrzeug einen fremden abgestellten Pkw gestreift und hiebei einen Sachschaden an diesem Fahrzeug verursacht habe. Welcher Art der Schaden war und an welcher Stelle des Fahrzeuges er eingetreten ist, ist nicht relevant, sondern es kommt nur darauf an, daß überhaupt ein Sachschaden eingetreten ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Feber 1992, Zl. 92/02/0020). Abgesehen davon, daß der Beschwerdeführer die diesbezügliche Aussage des Zeugen K, woraus sich ergibt, daß die beiden rechten Türen seines Fahrzeuges eingedrückt waren und man deutlich die roten Lackspuren des Fahrzeuges des Beschwerdeführers daran erkennen konnte, nicht bekämpfte, hat der Beschwerdeführer auch in seiner Berufung nicht die Verursachung des Schadens durch sein Fahrzeug bestritten, sondern nur behauptet, daß er "bloß Beifahrer" in seinem Pkw gewesen sei.
Zu Recht verweist der Beschwerdeführer jedoch darauf, daß die belangte Behörde unberücksichtigt gelassen habe, er sei Mieter einer Wohnung des Geschädigten und diesem sei die Identität des Beschwerdeführers vollkommen bekannt. Es scheide daher die Anwendbarkeit des § 4 Abs. 5 StVO 1960 aus. Nach dieser Bestimmung haben die in § 4 Abs. 1 genannten Personen, wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden eingetreten ist, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die in § 4 Abs. 1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben. Sind die Beteiligten einander so gut persönlich bekannt, daß sie Namen und Adressen wissen, ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Identitätsnachweis als erbracht anzusehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. März 1995, Zl. 94/03/0274, mit weiteren Judikaturhinweisen).
Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsverfahren wiederholt vorgebracht, daß er mit dem Geschädigten persönlich gut bekannt und dessen Mieter sei. Diese Umstände wurden vom Zeugen K nie bestritten. Unbestritten ist auch, daß dieser mit dem Beschwerdeführer kurz nach dem Unfall im Gastlokal K Kontakt aufgenommen hat. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen hat, kann eine derartige - eine Strafbarkeit nach § 4 Abs. 5 StVO 1960 ausschließende - persönliche Kontaktaufnahme (im Zusammenhang mit der persönlichen Bekanntschaft und der Kenntnis der weiteren zum Nachweis der Identität erforderlichen Daten) durchaus auch in einem Streitgespräch bestanden haben, in welchem der Beschwerdeführer seinen ursächlichen Zusammenhang mit dem Verkehrsunfall mit Sachschaden bestritten hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. September 1984, Zl. 83/02/0411).
Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers hat im vorliegenden Verfahren eine öffentliche Verkündung des angefochtenen Bescheides gemäß § 67 g AVG stattgefunden, und zwar am 13. April 1993 um 9.00 Uhr, wie aus dem diesbezüglichen, durch das Einzelmitglied der belangten Behörde beurkundeten, Aktenvermerk hervorgeht. Im übrigen hatte der Beschwerdeführer (durch seinen Vertreter) anläßlich der vorangegangenen mündlichen Verhandlung vom 5. Feber 1993 auf die Teilnahme an der öffentlichen mündlichen Verhandlung zur Bescheidverkündung verzichtet.
Da die belangte Behörde hinsichtlich der Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs. 5 StVO 1960 die dargestellte Rechtslage verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, sodaß er in Ansehung dieser Übertretung gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war. Im übrigen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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