Normen
StVO 1960 §2 Abs1 Z15;
StVO 1960 §84 Abs2;
StVO 1960 §84 Abs3;
StVO 1960 §84 Abs4;
VwRallg;
StVO 1960 §2 Abs1 Z15;
StVO 1960 §84 Abs2;
StVO 1960 §84 Abs3;
StVO 1960 §84 Abs4;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird, soweit damit der Beschwerdeführerin aufgetragen wird, die in den Spruchpunkten I und II näher beschriebene Werbetafel unverzüglich, längstens jedoch innerhalb eines Monats ab Rechtskraft des Bescheides zu entfernen (Spruchpunkt III), wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Das Land Tirol ist schuldig, der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 3. Dezember 1992 wurde - soweit hier gegenständlich - der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung der straßenverkehrsrechtlichen Ausnahmebewilligung zur Aufstellung der 10 m langen und 2,5 m hohen und auf den im Akt befindlichen Lichtbildern (Beilage B, Beilagen 1-7) abgebildeten Werbetafel auf dem Grundstück n/1, KG Z an der V-Landesstraße 11, deren genauer Standort sich aus dem von der Beschwerdeführerin übermittelten Lageplan (Beilage A), der einen integrierenden Bestandteil des Bescheides bilde, ergebe, gemäß § 84 Abs. 2 und Abs. 3 StVO 1960 abgewiesen (Spruchpunkt I). Ferner wurde der Beschwerdeführerin der Auftrag erteilt, die bereits aufgestellte und in den Spruchpunkten I und II näher beschriebene Werbetafel unverzüglich, längstens jedoch innerhalb eines Monats ab Rechtskraft des Bescheides zu entfernen (Spruchpunkt III).
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die belangte Behörde begründete den angefochtenen Bescheid in straßenverkehrsbehördlicher Hinsicht - in naturschutzbehördlicher Hinsicht ist er nicht Gegenstand des vorliegenden Erkenntnisses - im wesentlichen damit, daß die gegenständliche Werbetafel an der "V-Landesstraße 11" an dem im Spruch näher bezeichneten Standort aufgestellt worden sei. Der Standort der gegenständlichen Werbeeinrichtung befinde sich jedenfalls außerhalb eines Ortsgebietes im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 15 StVO 1960, die gegenständliche Werbetafel sei daher grundsätzlich vom Verbot des § 84 Abs. 2 leg. cit erfaßt. Die Tafel diene nur als Werbefläche, um für verschiedenste Produkte Reklame zu machen. Auf Betriebe in unmittelbarer Nähe werde, entgegen den Ausführungen im Rechtsmittel, nicht hingewiesen. Auch eine Werbung für Produkte der umliegenden Betriebe erfolge nicht. Die Werbung diene daher weder einem vordringlichen Bedürfnis der Straßenbenützer noch sei sie für diese von erheblichem Interesse. Eines der erforderlichen Tatbestandsmerkmale des § 84 Abs. 3 leg. cit. liege somit nicht vor. Darüber hinaus sei nach den schlüssigen Ausführungen des Amtssachverständigen für Verkehrswesen durch die gegenständliche Werbetafel eine Beeinträchtigung des Straßenverkehrs zu erwarten. Somit sei auch die weitere Voraussetzung der zitierten Bestimmung nicht gegeben. Eine Ausnahmebewilligung nach § 84 Abs. 3 leg. cit. habe daher nicht erteilt werden dürfen. Zum Entfernungsauftrag führte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid im wesentlichen aus, daß die Beschwerdeführerin, wie sich bereits aus ihrem Antrag ergebe, die im Spruch näher beschriebene Werbetafel bereits errichtet habe. Die dafür notwendige straßenverkehrsrechtliche Ausnahmebewilligung bzw. straßenverkehrsrechtliche Bewilligung liege nicht vor. Das Tatbestandsmerkmal des § 84 Abs. 4 leg. cit. sei daher erfüllt.
Die Beschwerdeführerin wendet dagegen im wesentlichen ein, daß es nicht richtig sei, daß die Werbetafel außerhalb einer geschlossenen Ortschaft liege. Alleinige Voraussetzung für die Aufstellung der Ortstafel sei der jeweilige Beginn des verbauten Gebietes, andere Erwägungen seien nicht maßgebend. Im gegenständlichen Fall sei das gesamte nördlich der Landesstraße befindliche Gelände als Gewerbe- und Industriegelände nach dem Verbauungsplan ausgewiesen. Da sich auf diesem Gelände zahlreiche Gebäude, Lagerstätten und dgl. befänden, handle es sich im Sinne der Straßenverkehrsordnung um ein "Ortsgebiet", auch wenn dies etwa nicht durch Tafeln im Sinne des § 53 Z. 17a und 17b StVO 1960 gekennzeichnet sei. Maßgeblich sei nicht der rein durch "Normen gedeckte Charakter", sondern der sachliche Inhalt, was als Ortsgebiet zu verstehen sei. Da nach dem Verbauungsplan eine Widmung des gegenständlichen Geländes als Gewerbe- und Industriegebiet vorgenommen worden sei, das tatsächlich als solches benützt und verwendet werde, sei das Gebiet als Ortsgebiet zu bezeichnen und damit auch im Sinne des § 84 StVO 1960 als Ortsgebiet zu verstehen. In weiterer Folge der Beschwerdeschrift führt die Beschwerdeführerin unter anderem aus, daß sie sich auch durch den Umstand beschwert erachte, daß sie die gesamte Tafel, nämlich auch "das gesamte Holz" entfernen müsse, wodurch ihr ein erheblicher Nachteil erwachse.
Zur Versagung der Ausnahmebewilligung nach § 84 Abs. 3 StVO 1960:
Der Antrag der Beschwerdeführerin vom 4. März 1992, den sie mit Schreiben vom 26. März 1992 wiederholte, war erkennbar darauf gerichtet, gemäß § 84 Abs. 3 StVO 1960 eine Ausnahmebewilligung von dem im Abs. 2 dieser Bestimmung genannten Verbot zu erlangen, auf einer bereits bestehenden Werbetafel Werbungen und Ankündigungen anbringen zu dürfen.
Die Auffassung der Beschwerdeführerin, das "Ortsgebiet" im Sinne des § 84 StVO 1960 sei auch dann gegeben, wenn das Gebiet tatsächlich verbaut bzw. eine Widmung hiefür erteilt worden sei, ist verfehlt. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 8. Mai 1979, Slg. Nr. 9831/A, ausgeführt, daß das Ortsgebiet im Sinne des § 84 Abs. 2 StVO 1960 durch die Bestimmung des § 2 Abs. 1 Z. 15 StVO 1960 festgelegt wird. Demnach ist unter Ortsgebiet das Straßennetz innerhalb der Hinweiszeichen "Ortstafel" (§ 53 Z. 17a) und "Ortsende" (§ 53 Z. 17b) zu verstehen. Entscheidend dafür, daß Werbungen bzw. Ankündigungen vom Verbot des § 84 Abs. 2 StVO 1960 umfaßt sind, ist daher deren Anbringung an Straßen, die zu einem Straßennetz gehören, das außerhalb eines von den genannten Hinweiszeichen umschlossenen Gebietes liegt, innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand, unabhängig davon, ob der Anbringungsort geographisch noch zum Stadtgebiet gehört (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 20. Jänner 1988, Zl. 87/03/0181, mit weiterem Judikaturhinweis). Von der Beschwerdeführerin wird weder bestritten, daß die gegenständliche Tafel weniger als 100 m vom Fahrbahnrand gelegen sei, noch daß sie innerhalb eines Bereiches zwischen den genannten Hinweiszeichen gelegen wäre. Wie das im vorliegenden Fall im Bereich der Tafel bestehende Gebiet tatsächlich genützt wird, ist hier nicht von Bedeutung.
Gemäß § 84 Abs. 3 StVO 1960 hat die Behörde Ausnahmen von dem im Abs. 2 enthaltenen Verbot zu bewilligen, wenn das Vorhaben einem vordringlichen Bedürfnis der Straßenbenützer dient oder für diese immerhin von erheblichem Interesse ist und vom Vorhaben eine Beeinträchtigung des Straßenverkehrs nicht zu erwarten ist.
Die belangte Behörde versagte die beantragte Bewilligung, weil die Anbringung der in Rede stehenden Werbetafel nicht einem vordringlichen Bedürfnis der Straßenbenützer diene und für diese auch nicht von erheblichem Interesse sei. Darüber hinaus sei durch die gegenständliche Werbetafel - die belangte Behörde stützte sich hiebei auf die Ausführungen des Amtssachverständigen für Verkehrswesen - eine Beeinträchtigung des Straßenverkehrs zu erwarten. Dagegen vermag die Beschwerde nichts Stichhältiges vorzutragen.
Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, nach der bei Anwendung des § 84 Abs. 3 StVO 1960 ein strenger Maßstab anzulegen ist (vgl. u. v.a. das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 1992, Zl. 91/02/0144, mit weiterem Judikaturhinweis), kann der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie im Beschwerdefall aus straßenverkehrsbehördlicher Sicht die Bewilligungsvoraussetzungen als nicht gegeben ansah.
Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Zum Entfernungsauftrag gemäß § 84 Abs. 4 StVO 1960:
Gemäß § 84 Abs. 4 StVO 1960 hat die Behörde den Besitzer oder Verfügungsberechtigten mit Bescheid zu verpflichten, die Werbung oder Ankündigung zu entfernen, wenn sie entgegen der Bestimmung des Abs. 2 und ohne Bewilligung nach Abs. 3 angebracht worden sind.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fallen unter das Verbot des § 84 Abs. 2 StVO 1960 lediglich die Werbungen und Ankündigungen selbst, nicht aber auch alle Tafeln, Vorrichtungen und Gegenstände, an denen Werbungen und Ankündigungen angebracht werden können (vgl. hiezu das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 8. Mai 1979, Slg. Nr. 9831/A; das hg. Erkenntnis vom 19. März 1990, Zl. 89/18/0136; das hg. Erkenntnis vom 21. September 1994, Zl. 94/03/0082, u.a.). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist nur dann gegeben, wenn Werbung und Werbeträger eine untrennbare Einheit darstellen. Eine derartige Feststellung hat die belangte Behörde jedoch nicht getroffen. Im Gegenteil ergibt sich aufgrund der Feststellungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid, daß die gegenständliche Tafel als Werbefläche diene, "um für verschiedenste Produkte Reklame zu machen", und auch aufgrund des unbestrittenen Vorbringens in der Beschwerde, daß die Plakattafel (auch) zur Werbung für ein Volksbegehren verwendet worden sei, daß es sich um wechselnde Werbeankündigungen handelt, was gegen die Annahme spricht, daß eine untrennbare Einheit zwischen Werbeträger und angebrachter Werbung besteht (vgl. das bereits zitierte Erkenntnis vom 21. September 1994, Zl. 94/03/0082). Die belangte Behörde hat daher insoweit die Rechtslage verkannt und zu Unrecht, gestützt auf § 84 Abs. 4 StVO 1960, einen Beseitigungsauftrag für die Werbetafel ausgesprochen. Der angefochtene Bescheid war daher in diesem Belang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung ist in den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994 begründet.
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