Normen
AsylG 1991 §1 Z1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
AsylG 1991 §1 Z1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aufgrund der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:
Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, ist am 29. April 1992 in das österreichische Bundesgebiet eingereist und hat am 20. Mai 1992 einen Asylantrag gestellt. Nach der insoweit nicht in Zweifel gezogenen Begründung des angefochtenen Bescheides habe der Beschwerdeführer bei seiner am 24. September 1992 von der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich durchgeführten niederschriftlichen Befragung im wesentlichen angegeben, er habe in der Türkei keiner politischen Organisation als Mitglied angehört, er hätte jedoch mit der kommunistischen Arbeiterpartei sympathisiert. Im Jahr 1989 habe die Polizei im Geschäft des Beschwerdeführers Zeitschriften der kommunistischen Arbeiterpartei - die er heimlich verkauft habe - gefunden. Im Zeitpunkt der Beschlagnahme dieser Zeitschriften sei der Beschwerdeführer in seinem Geschäft nicht anwesend gewesen; er habe von seinen Angestellten erfahren, daß ihn die Polizei suche. Aus Angst vor der Polizei - wegen des Verkaufes dieser verbotenen Zeitschriften verhaftet zu werden - habe der Beschwerdeführer sein Geschäft verkauft und sich dann in verschiedenen Städten der Türkei versteckt gehalten, um sich einer Verhaftung zu entziehen. Von seiner Frau habe der Beschwerdeführer erfahren, daß Polizisten noch immer zu ihr kommen und nach dem Beschwerdeführer fragen würden, weshalb er sich zur Ausreise aus der Türkei entschlossen habe.
Die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich stellte mit Bescheid vom 29. September 1992 fest, daß die Voraussetzungen für die Anerkennung als Flüchtling gemäß Art. 1 Abschnitt A der Genfer Flüchtlingskonvention in Ansehung des Beschwerdeführers nicht vorliegen.
In seiner dagegen erhobenen Berufung habe der Beschwerdeführer Feststellungs- und Begründungsmängel des erstinstanzlichen Bescheides geltend gemacht; aufgrund seiner Angaben als Partei hätte sein Asylantrag als berechtigt erkannt werden müssen.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 23. August 1993 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Feststellung der Flüchtlingseigenschaft (Asylgewährung) verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die belangte Behörde ist in der Begründung des angefochtenen Bescheides davon ausgegangen, daß von ihr bereits das Asylgesetz 1991 anzuwenden sei, dies im Hinblick auf die Bestimmung des § 25 Abs. 2 erster Satz dieses Gesetzes, weil das gegenständliche Asylverfahren "am bzw. nach dem 1. Juni 1992 beim Bundesministerium für Inneres anhängig war". Diese Auffassung trifft aber - wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 31. März 1993, Zl. 92/01/0831 und vom 23. Februar 1994, Zl. 93/01/0626) dargelegt hat - aufgrund der Auslegung der genannten Bestimmung sowie der des § 25 Abs. 1 erster Satz Asylgesetz 1991 nicht zu. Die belangte Behörde hatte (im Hinblick darauf, daß der erstinstanzliche Bescheid vom 29. September 1992 stammt) daher das Asylgesetz (1968) anzuwenden. Dies führt aber noch nicht zwangsläufig dazu, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten verletzt wurde, ist doch die belangte Behörde zu ihrer abweislichen Entscheidung deshalb gelangt, weil sie seine Flüchtlingseigenschaft gemäß § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 verneint hat, wobei diese Bestimmung keine inhaltliche Änderung gegenüber dem nach § 1 Asylgesetz (1968) in Verbindung mit Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention geltenden Flüchtlingsbegriff enthält. Die unrichtige Gesetzesanwendung durch die belangte Behörde konnte sich insoweit im vorliegenden Fall nicht zum Nachteil des Beschwerdeführers auswirken, weil die belangte Behörde entgegen ihrer Ansicht neues Berufungsvorbringen zwar als zulässig zu berücksichtigen gehabt hätte, solches aber in der Berufung nicht erstattet wurde.
Flüchtling im Sinne der bereits zitierten von der belangten Behörde richtigerweise anzuwendenden Vorschrift
(§ 1 Asylgesetz (1968), Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.
Die belangte Behörde hat die Abweisung der Berufung im wesentlichen damit begründet, daß der Beschwerdeführer im gesamten Asylverfahren keine zu seiner Anerkennung als Flüchtling geeigneten Umstände habe glaubhaft machen können. Vor bzw. im Zeitpunkt seiner Ausreise aus seinem Heimatland sei der Beschwerdeführer keinen konkreten Verfolgungen durch die türkischen Behörden ausgesetzt gewesen. Das Vorbringen, der Beschwerdeführer werde trotz der schon im Jahre 1981 (richtig wohl: 1989) erfolgten Zeitschriftenbeschlagnahme nach wie vor von der Polizei gesucht und habe deshalb das Land verlassen, sei nicht plausibel; im Hinblick auf die durch die Geschäftsveräußerung weggefallene Wiederholungsgefahr sei die behauptete jahrelange Suche nach dem Beschwerdeführer als unglaubwürdig anzusehen.
Dem hält der Beschwerdeführer im wesentlichen entgegen, er habe in seinen niederschriftlichen Angaben konkrete Asylgründe behauptet. Tatsächliche Verfolgungshandlungen seien aber nicht erforderlich, sondern es genüge eine konkrete Verfolgungsgefahr. Aufgrund der politischen Realität in der Türkei seien Sympathisanten der kommunistischen Arbeiterpartei, insbesonders wenn diese verbotene Schriften verkauften, einer staatlichen Verfolgung ausgesetzt. Hinsichtlich der seine Person betreffenden Polizeinachforschungen seien seine Angaben glaubwürdig. Die belangte Behörde hätte die politischen Verhältnisse in der Türkei erheben und feststellen müssen. Die hinsichtlich der Unglaubwürdigkeit seiner Angaben gegebene Begründung sei nicht ausreichend.
Das Beschwerdevorbringen ist nicht geeignet, einen zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit darzulegen:
Soweit der Beschwerdeführer die Beweiswürdigung der belangten Behörde mit Rücksicht auf die allgemeinen politischen Verhältnisse in der Türkei als nicht ausreichend begründet rügt, ist ihm zu erwidern, daß den von der belangten Behörde insoweit gebrauchten Argumenten - jahrelange Polizeinachforschungen nach der Person des Beschwerdeführers wegen eines schon im Jahr 1989 begangenen Verkaufes von verbotenen Zeitschriften seien angesichts der unmittelbar nach der Beschlagnahme vorgenommenen Geschäftsveräußerung unglaubwürdig - im Rahmen der vom Verwaltungsgerichtshof vorzunehmenden Schlüssigkeitsprüfung die erforderliche Übereinstimmung mit den Denkgesetzen oder dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut nicht mit Erfolg abgesprochen werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. September 1992, Zl. 92/01/0466). Der Beschwerdeführer vermag stichhältige Argumente gegen die Schlüssigkeit der von ihm gerügten Beweiswürdigung jedenfalls nicht darzulegen.
Aufgrund der Angaben des Beschwerdeführers im (gesamten) Asylverfahren hat die belangte Behörde im Ergebnis zutreffend den erforderlichen zeitlichen Konex der Beschlagnahme der verbotenen Zeitschriften im Geschäft des Beschwerdeführers mit seiner erst im Jahre 1992 erfolgten Ausreise verneint. Da die im Jahre 1989 erfolgte Beschlagnahme von verbotenen Schriften in großem zeitlichen Abstand zur Ausreise des Beschwerdeführers steht, kann dieses Ereignis nicht mehr als die Ursache für die begründete Furcht vor Verfolgung angesehen werden (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Juni 1992, Zl. 92/01/0546, vom 10. März 1994, Zl. 94/19/0205, und vom 23. März 1994, Zl. 93/01/1178). Daran vermag auch der Hinweis des Beschwerdeführers auf die allgemeinen Verhältnisse in seinem Heimatland nichts zu ändern, weil nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Anerkennung als Flüchtling konkrete, gegen den Asylwerber selbst gerichtete bzw. ihm drohende Verfolgungshandlungen voraussetzt. Aus der Unterlassung von Ermittlungen bzw. der Unterlassung von Feststellungen über die allgemeinen (politischen) Verhältnisse im Heimatland des Beschwerdeführers kann Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides demnach nicht abgeleitet werden (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 4. November 1992, Zl. 92/01/778 und vom 10. März 1994, Zl. 94/19/0251).
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
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