VwGH 94/19/0145

VwGH94/19/014525.11.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Stöberl, Dr. Holeschofsky und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des R in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 23. März 1993, Zl. 4.285.046/7-III/13/93, betreffend Wiederaufnahme eines Asylverfahrens, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §69 Abs1 Z2;
AVG §69 Abs1 Z2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Afghanistans, reiste am 27. Oktober 1989 in das Bundesgebiet ein und stellte am 30. Oktober 1989 den Antrag, ihm Asyl zu gewähren. Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland vom 15. Jänner 1990 wurde diesbezüglich festgestellt, daß der Beschwerdeführer nicht Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes (1968) sei. Die dagegen fristgerecht erhobene Berufung wurde vom Beschwerdeführer am 22. Mai 1991 zurückgezogen.

Am 20. November 1992 stellte der Beschwerdeführer den gegenständlichen Wiederaufnahmsantrag. Er führte darin im wesentlichen aus, daß er am 6. November 1992 eine Bestätigung der "Nationalen Front of Afghanistan" über seine Tätigkeit als Teppichhändler in Kabul und die Unterstützung für die "Mudjahedin" erhalten habe. Seinem Antrag ist weiters zu entnehmen, daß er im Jahre 1986 versucht habe, das Land illegal zu verlassen. Daran sei er von den (damaligen) kommunistischen Machthabern gehindert worden. Aufgrund eines bei ihm aufgefundenen Dokumentes der "Mudjahedin" sei er zu acht Jahren Haft verurteilt worden; dieser sei er einige Zeit später, nämlich am 15. September 1989, durch Bestechung entkommen und mit einer Gruppe von "Mudjahedin" nach Pakistan geflohen. Er gründe seinen Wiederaufnahmsantrag neben dem vorgelegten Dokument auch darauf, daß sich die politischen Verhältnisse in seiner Heimat völlig geändert hätten.

Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland vom 18. Jänner 1993 wurde der Wiederaufnahmsantrag des Beschwerdeführers abgewiesen. Die dagegen erhobene Berufung wies die belangte Behörde im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab.

Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. (Über die geltend gemachte Verletzung der Entscheidungspflicht wurde mit hg. Erkenntnis vom 16. September 1993, Zlen. 93/01/0785, 0786 abgesprochen.)

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, die Zurückziehung seiner Berufung im wiederaufzunehmenden Verfahren sei irrtümlich erfolgt und nunmehr seinen Wiederaufnahmsantrag auch darauf stützt, ist ihm entgegenzuhalten, daß er spätestens mit der am 21. Oktober 1992 erfolgten Zustellung des über seinen Devolutionsantrag entscheidenden Bescheides des Bundesministers für Inneres vom 19. Oktober 1992 in Kenntnis der Rechtsansicht der belangten Behörde war, weshalb er seinen - allfälligen - Irrtum hätte erkennen müssen. Der am 20. November 1992 gestellte Antrag auf Wiederaufnahme wäre im Sinne des § 69 Abs. 2 AVG infolge der Versäumung der dort normierten zweiwöchigen Frist verspätet gewesen. Es kann daher offen bleiben, ob der Beschwerdeführer seinen Wiederaufnahmsantrag bereits am 20. November 1992 tatsächlich auf die Behauptung des Irrtums im dargelegten Sinne stützte oder ob er sich vor dem Verwaltungsgerichtshof erstmals darauf als Wiederaufnahmsgrund berufen hat.

Gemäß § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG kann der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens nur auf solche Tatsachen und Beweismittel gestützt werden, die erst nach Abschluß eines Verfahrens hervorgekommen sind und deshalb von der Partei ohne ihr Verschulden nicht geltend gemacht werden konnten. Es muß sich also um Tatsachen und Beweismittel handeln, die beim Abschluß des wiederaufzunehmenden Verfahrens schon vorhanden waren, deren Verwertung der Partei aber ohne ihr Verschulden erst nachträglich möglich wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Juni 1993, Zl. 91/10/0107, unter Hinweis auf Vorjudikatur; vgl. weiters Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts5, 242 mwN). Die belangte Behörde führt vom Beschwerdeführer unwidersprochen aus, daß es sich bei der Machtergreifung in Afghanistan durch die Mudjahedin, der "völligen Veränderung der politischen Verhältnisse" im Sinne des Wiederaufnahmsantrages, um eine Tatsache handelt, die erst 1992, sohin nach Abschluß des wiederaufzunehmenden Verfahrens mit 22. Mai 1991, eingetreten ist.

Aber auch die vom Beschwerdeführer vorgelegte Urkunde ist im Sinne der dargelegten Rechtslage kein Beweismittel, das zur Wiederaufnahme des Verfahrens tauglich wäre: Das Schreiben der "National Islamic Front of Afghanistan" ist nämlich mit 25. September 1992 datiert; damit aber ist dieses Beweismittel erst nach dem rechtskräftigen Abschluß des wiederaufzunehmenden Verfahrens entstanden.

Bei dieser Sach- und Rechtslage war die Frage, ob die vom Beschwerdeführer herangezogenen Tatsachen und Beweismittel einen anderslautenden Bescheid im wiederaufzunehmenden Verfahren herbeigeführt hätten, nicht näher zu prüfen.

Die Beschwerde erweist sich demnach als nicht berechtigt, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

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