VwGH 94/18/0621

VwGH94/18/06216.10.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des N, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg vom 1. August 1994, Zl. Fr-5725/2/94, betreffend Feststellung gemäß § 54 Abs. 1 Fremdengesetz, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
FrG 1993 §37 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs2;
FrG 1993 §54 Abs1;
AVG §37;
FrG 1993 §37 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs2;
FrG 1993 §54 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg (der belangten Behörde) vom 1. August 1994 wurde gemäß § 54 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, festgestellt, daß keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestünden, daß der Beschwerdeführer im Fall einer Abschiebung in die "Jugoslawische Förderation" dort i.S. des § 37 Abs. 1 oder 2 FrG bedroht sei.

In sachverhaltsmäßiger Hinsicht hielt die belangte Behörde u. a. fest, daß der Beschwerdeführer vor der Erstbehörde zu Protokoll gegeben habe, daß in seinem Reisepaß durch einen unbekannten Mann das Lichtbild ausgewechselt worden wäre, und daß er, ohne kontrolliert worden zu sein, nach Österreich eingereist wäre. Der Grund seiner Flucht wäre die Furcht gewesen, zum Militär eingezogen zu werden. Er hätte sich zwischen 1990 und März 1993 legal in der Schweiz und in Liechtenstein aufgehalten und wäre erst, als er keine Arbeit mehr hätte bekommen können, in seine Heimat zurückgekehrt. Unmittelbar nach seiner Rückkehr hätten mehrere Polizisten sein Wohnhaus betreten und dieses durchsucht. Seit diesem Zeitpunkt bis zu seiner Flucht hätte er sich bei Verwandten in seinem Dorf versteckt. Schon vor diesem Vorfall wäre versucht worden, ihm zweimal einen Einberufungsbefehl zuzustellen. Da er nicht zu Hause gewesen wäre, hätten Familienangehörige die entsprechenden Schriftstücke übernommen. Als Kosovo-Albaner wäre er im Krieg an vorderster Front eingesetzt worden. Aufgrund dieses Sachverhaltes hätte er sich entschlossen, das Land zu verlassen, wäre legal nach Ungarn und anschließend - nach zweiwöchigem Aufenthalt in Budapest - nach Österreich gereist; beim Versuch, nach Deutschland zu gelangen, wäre er von Grenzorganen betreten und nach Österreich zurückgewiesen worden.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde zusammengefaßt aus, daß es dem Beschwerdeführer nicht gelungen sei, die Gefahr einer Verfolgung i.S. des § 37 FrG glaubhaft zu machen. Dies vor allem im Hinblick auf die Unglaubwürdigkeit der vom Beschwerdeführer gemachten Angaben, die einerseits im rechtskräftigen negativen Abschluß des ihn betreffenden Asylverfahrens, andererseits darin begründet sei, daß er kein Bescheinigungsmittel für seine Behauptung, einen Einberufungsbefehl erhalten zu haben, darüber hinaus aber nicht einmal Unterlagen vorgelegt habe, aus denen sich Hinweise auf seine Identität oder Staatsangehörigkeit ergäben.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 54 Abs. 1 FrG hat auf Antrag eines Fremden die Behörde mit Bescheid festzustellen, ob stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, daß dieser Fremde in einem von ihm bezeichneten Staat gemäß § 37 Abs. 1 oder 2 bedroht ist.

Nach § 37 Abs. 1 FrG ist die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung eines Fremden in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, daß er Gefahr liefe, dort einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu werden.

Nach § 37 Abs. 2 FrG ist die Zurückweisung oder Zurückschiebung eines Fremden in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, daß dort sein Leben oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, seiner Religion, seiner Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z. 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolles über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974).

2. Einem Feststellungsantrag gemäß § 54 Abs. 1 FrG kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dann stattgegeben werden, wenn der Fremde glaubhaft macht, daß er aktuell in dem von ihm bezeichneten Staat i.S. des § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG gefährdet bzw. bedroht sei (vgl. etwa das Erkenntnis vom 21. Juli 1994, Zl. 94/18/0402, mwN). Daß dem Beschwerdeführer die Glaubhaftmachung einer solchen aktuellen Gefährdung und/oder Bedrohung gelungen sei, wurde von der belangten Behörde verneint.

3.1. Der dafür im angefochtenen Bescheid gegebenen tragenden Begründung, daß der Beschwerdeführer die von ihm behauptete Einberufung zum Militär im gesamten Verfahren nicht habe bescheinigen können, und daß er auch nicht in der Lage gewesen sei, "Hinweise auf seine Identität oder Staatszugehörigkeit" zu geben, vermag die Beschwerde nichts Stichhaltiges entgegenzusetzen. Weder zeigt der Beschwerdeführer auf, daß und gegebenenfalls auf welche Weise er im Verwaltungsverfahren die Tatsache seiner Einberufung zum Militär glaubhaft gemacht habe, noch legt er dar, daß und gegebenenfalls wie er seine Identität und seine Staatsangehörigkeit nachgewiesen habe.

3.2. Wenn in der Beschwerde der belangten Behörde dazu der Vorwurf gemacht wird, sie argumentiere in diesem Punkt nur zum Schein, da sie wisse bzw. wissen müsse, daß Flüchtlinge äußerst selten über persönliche Dokumente verfügten, so gelingt es ihr damit nicht, einen - wie sie meint - Begründungsmangel darzutun. Vielmehr ist der belangten Behörde beizupflichten, daß es mit dem Unterlassen der Glaubhaftmachung einer Einberufung und dem mangelnden Nachweis der Identität und Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers - das Vorbringen des Beschwerdeführers zugrunde gelegt, er sei in der "Jugoslawischen Föderation" wegen der Nichtbefolgung des Einberufungsbefehls den im § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG genannten Gefährdungen ausgesetzt - an den wesentlichen Voraussetzungen für eine Bejahung stichhaltiger Gründe für die im § 37 Abs. 1 und 2 FrG umschriebenen Annahmen in bezug auf den bezeichneten Staat fehlen würde.

3.3. Sollte die Beschwerde mit der vorgenannten Verfahrensrüge eine Verletzung der behördlichen Ermittlungspflicht in Ansehung maßgeblicher Sachverhaltselemente behaupten wollen, so wäre ihr Einwand auch insoweit nicht zielführend, obliegt es doch dem Fremden, von sich aus alles für eine Beurteilung der (allfälligen) Unzulässigkeit der Abschiebung nach § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG wesentliche Tatsachenvorbringen zu erstatten und dieses zumindest glaubhaft zu machen. Daß es aber dem Beschwerdeführer nicht möglich gewesen wäre, innerhalb mehrerer Monate seine - angebliche - Einberufung zum Militär wenigstens glaubhaft zu machen, wurde von ihm nicht einmal behauptet und ist im Hinblick auf seine im bekämpften Bescheid wiedergegebene Aussage, Familienangehörige hätten die Einberufungsbefehle übernommen, auch vom Gerichtshof nicht zu erkennen.

4. Da nach dem Gesagten die belangte Behörde in rechtlich nicht zu beanstandender Weise das Vorliegen stichhaltiger Gründe für die Annahme einer Gefahr im Sinne des § 37 Abs. 1 FrG und/oder die Annahme einer Bedrohung im Sinne des § 37 Abs. 2 leg. cit. verneinte, und bereits der Inhalt der Beschwerde den Mangel der behaupteten Rechtsverletzung erkennen läßt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

5. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein gesonderter Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

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