VwGH 94/18/0486

VwGH94/18/04861.12.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des A in K, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland vom 25. Mai 1994, Zl. Fr-465/93, betreffend Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
FrG 1993 §18 Abs2 Z1;
FrG 1993 §20 Abs2;
StbG 1985 §10 Abs1;
VwRallg;
AVG §56;
FrG 1993 §18 Abs2 Z1;
FrG 1993 §20 Abs2;
StbG 1985 §10 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.656,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit rechtskräftigem Bescheid der Bundespolizeidirektion Eisenstadt vom 15. September 1982 wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 3 Abs. 1 und 2 lit. b des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl. Nr. 75/1954, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet Österreich erlassen. Diese Maßnahme wurde damit begründet, daß der Beschwerdeführer seit 1974 insgesamt sechs Mal von inländischen Gerichten rechtskräftig verurteilt worden sei, unter anderem am 16. Juni 1980 vom Landesgericht Salzburg "wegen §§ 146 und 147/2 StGB" zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten. Überdies sei der Beschwerdeführer auch wegen Suchtgiftmißbrauchs rechtskräftig verurteilt worden.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 17. Jänner 1994 auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes im Instanzenzug gemäß § 26 FrG abgewiesen. In der Begründung stellte die belangte Behörde fest, daß der Strafregisterauskunft weitere Verurteilungen des Beschwerdeführers zu entnehmen seien, und zwar aus dem Jahr 1990 "nach dem Suchtgiftgesetz zu zwei Jahren" (§§ 12 Abs. 1 und 16 Abs. 1 Suchtgiftgesetz), aus dem Jahr 1991 "wegen § 288 StGB zu sechs Monaten Freiheitsstrafe" (bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren) und vom 28. Juni 1993 "ebenfalls nach dem Suchtgiftgesetz" (§ 16 Abs. 1).

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Der Beschwerdeführer bestreitet die von der belangten Behörde festgestellten rechtskräftigen gerichtlichen Verurteilungen nicht; er macht vielmehr geltend, daß er, sollte er in Österreich bleiben können, hier Rückhalt in seiner Familie hätte und einem Beruf nachgehen sowie vor allem die im Rahmen des Strafvollzuges begonnene Therapie beenden könnte. Nach Abschluß der Therapie würde "das Kapitel Suchtgift" für ihn beendet sein. In Ungarn habe der Beschwerdeführer keine Familienangehörigen (abgesehen von einer alten Tante), keine Arbeitsmöglichkeit und auch keine Möglichkeit, seine Behandlung abzuschließen. Ferner träfe auf ihn auch die Bestimmung des § 20 Abs. 2 FrG zu, da ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 verliehen hätte werden können.

Die Ausführungen sind nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis vom 15. Dezember 1993, Zl. 93/18/0564) ist bei der Entscheidung über die Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes nach § 26 FrG auch auf die nach Erlassung des Aufenthaltsverbotes eingetretenen und gegen die Aufhebung dieser Maßnahme sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen. Da den Beschwerdeführer selbst mehrfache gerichtliche Verurteilungen und, wie sich aus der in den Verwaltungsakten erliegenden Strafregisterauskunft ergibt, deren Vollzug nicht von der Verhinderung weiterer Straftaten abhalten konnten, von denen die Delikte nach dem Suchtgiftgesetz besonders schwer ins Gewicht fallen, ist die Annahme gerechtfertigt, daß die Aufrechterhaltung des - nunmehr auf § 18 Abs. 1 Z. 1 iVm § 18 Abs. 2 Z. 1 erster, dritter und vierter Fall FrG zu gründenden - Aufenthaltsverbotes im Sinne des § 19 FrG zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Zielen, nämlich zur Verhinderung von strafbaren Handlungen und zum Schutz der Gesundheit, dringend geboten ist. Es kann auch nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde bei der im Grunde des § 20 Abs. 1 FrG vorgenommenen Interessenabwägung zum Ergebnis gelangte, daß die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie nicht schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung; dies deshalb, weil im Falle von Suchtgiftdelikten die Interessenabwägung auch bei ansonsten völliger sozialer Integration des Fremden nicht zu seinen Gunsten ausschlagen kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. September 1994, Zl. 94/18/0620), der Erfolg der vom Beschwerdeführer unternommenen Therapie im übrigen nicht abgesehen werden kann und mit Rücksicht darauf, daß der Beschwerdeführer aufgrund des Aufenthaltsverbotes nicht gehalten ist, nach Ungarn zurückzukehren, den dem Beschwerdeführer in diesem Land erwartenden Verhältnissen keine Relevanz zukommt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. Mai 1994, Zl. 93/18/0619). Der Behauptung, der Beschwerdeführer habe keine Möglichkeit, in Ungarn seine Behandlung abzuschließen, fehlt darüber hinaus jede objektive Untermauerung.

Was die Berufung auf § 20 Abs. 2 FrG anlangt, so ist der für die Beurteilung des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen entscheidende Zeitpunkt ("vor der Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes") jener, der unmittelbar vor der letzten rechtskräftigen Verurteilung des Beschwerdeführers, also der vom 28. Juni 1993, gelegen ist. Erst mit dieser Verurteilung, welche ja nach dem oben Gesagten neben den anderen nach Erlassung des Aufenthaltsverbotes ergangenen gerichtlichen Verurteilungen bei der Entscheidung nach § 26 FrG zu berücksichtigen ist, wurde nämlich der für die Frage des Wegfalls der Gründe für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgebende Sachverhalt verwirklicht. Zu diesem Zeitpunkt stand der Verleihung der Staatsbürgerschaft aber die Nichterfüllung der Voraussetzungen nach § 10 Abs. 1 Z. 2 lit. a, 5 und 6 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 entgegen.

Die Beschwerde erweist sich somit zur Gänze als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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