VwGH 94/18/0346

VwGH94/18/034621.7.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des K, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 14. Februar 1994, Zl. Fr 131/94, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1991 §7 Abs1;
AsylG 1991 §9 Abs1 idF 1992/838;
FlKonv Art31 Z1;
FlKonv Art33;
FrG 1993 §17;
FrG 1993 §37;
FrG 1993 §54;
AsylG 1991 §7 Abs1;
AsylG 1991 §9 Abs1 idF 1992/838;
FlKonv Art31 Z1;
FlKonv Art33;
FrG 1993 §17;
FrG 1993 §37;
FrG 1993 §54;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich (der belangten Behörde) vom 14. Februar 1994 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen von Zaire, gemäß § 17 Abs. 2 Z. 4 und 6 des Fremdengesetzes-FrG, BGBl. Nr. 838/1992, die Ausweisung verfügt.

Der Beschwerdeführer sei am 7. Jänner 1994 über den Flughafen Wien-Schwechat aus Südafrika kommend, wo er sich von Anfang Dezember 1993 bis 6. Jänner 1994 aufgehalten habe, ohne im Besitz eines gültigen Reisedokumentes und einer Aufenthaltsberechtigung für Österreich gewesen zu sein, in das Bundesgebiet eingereist. Der vom Beschwerdeführer am 11. Jänner 1994 gestellte Asylantrag sei mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 14. Jänner 1994 - unter Ausschluß der aufschiebenden Wirkung einer Berufung gemäß § 64 Abs. 2 AVG - abgewiesen worden. Gemäß § 7 Abs. 3 Asylgesetz 1991 sei dem Beschwerdeführer ab diesem Zeitpunkt keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung zugekommen.

Der Beschwerdeführer sei demnach entgegen den Bestimmungen des 2. Teiles des Fremdengesetzes in das Bundesgebiet eingereist. Von der Erstbehörde sei die Ausweisung innerhalb eines Monats nach der Einreise verfügt worden, und zwar deshalb, weil der Beschwerdeführer den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht habe nachweisen können. Ein solcher Nachweis sei auch in der Berufung nicht erbracht worden. Da in beiderlei Hinsicht eine Gefährdung maßgeblicher öffentlicher Interessen vorliege, sei der Beschwerdeführer auszuweisen gewesen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften behauptende Beschwerde mit dem Begehren, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. In der Beschwerde bleiben die maßgeblichen Sachverhaltsannahmen unbestritten und der daraus gezogene Schluß auf die Verwirklichung der Tatbestände des § 17 Abs. 2 Z. 4 und 6 FrG durch den Beschwerdeführer unbekämpft. Auch der Gerichtshof hegt gegen diese rechtliche Beurteilung keine Bedenken.

2.1. Der Beschwerdeführer behauptet, daß in seinem Fall, da er den "materiellen Flüchtlingsbegriff" der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) erfülle, deren Art. 33 unmittelbar anzuwenden sei. Diese Bestimmung stelle eine mit § 17 FrG konkurrierende Norm dar und "verwirklicht sowohl hinsichtlich des betroffenen Personenkreises wie auch darüber hinausgehend hinsichtlich des konkreten Regelungsinhaltes Sonderrecht gegenüber dem FrG". Es sei daher die Anwendung des § 17 FrG ausgeschlossen.

2.2. Dieses Vorbringen ist schon deshalb verfehlt, weil der Beschwerdeführer verkennt, daß Art. 33 GFK nicht die Ausweisung (mit dem Begriffsinhalt einer Ausreiseverpflichtung, wie dies auf § 17 FrG zutrifft), sondern das Refoulement-Verbot (Z. 1) und die Refoulement-Befugnis (Z. 2) zum Gegenstand hat.

3. Der Beschwerdeeinwand, daß nach Art. 33 (gemeint: 31)

Z. 1 GFK die vertragschließenden Staaten keine Strafen wegen illegaler Einreise oder Anwesenheit über Flüchtlinge verhängen sollen, die, direkt aus einem Gebiet kommend, wo ihr Leben oder ihre Freiheit i.S. des Art. 1 bedroht war, ohne Erlaubnis einreisen, führt schon deshalb nicht weiter, weil die Ausweisung keine Strafe, sondern eine administrativ-rechtliche Maßnahme darstellt.

4.1. Der Beschwerdeführer vertritt die Ansicht, daß er nach § 6 Abs. 1 Asylgesetz 1991 eingereist sei, ihm folglich - da das Asylverfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen sei - eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 Abs. 1 leg. cit. zukomme: "Entgegen der verfehlten Judikatur der fremdenpolizeilichen Senate des Verwaltungsgerichtshofes, welche den Begriff "direkt" im § 6 AsylG bzw. Art. 33 GFK rein geographisch beurteilen", dürfe nach "unzweifelhafter völkerrechtlicher Lehre" auch nicht in einen Staat "zurückgeschoben" werden, der "seinerseits in den Verfolgerstaat zurückschiebt".

4.2. Die damit angeschnittene Frage ist im Hinblick auf § 9 Abs. 1 Asylgesetz 1991 idF des Art. II Z. 2 BGBl. Nr. 838/1992 von rechtlicher Relevanz, da im Falle des Vorliegens einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung gegen den betreffenden Fremden keine Ausweisung erlassen werden darf. Die dazu vorgetragene Argumentation der Beschwerde ist indes zur Begründung, daß der Beschwerdeführer über eine solche Aufenthaltsberechtigung verfüge, untauglich. Denn auch hier hält die Beschwerde Ausweisung einerseits und Durchsetzung der Ausweisung (Abschiebung), anderseits nicht auseinander. Die Frage der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen "unsicheren Drittstaat", also die Frage, ob auch in bezug auf einen solchen Staat das Refoulement-Verbot zum Tragen kommt, stellt sich ausschließlich im Rahmen eines Feststellungsverfahrens nach § 54 iVm § 37 FrG, nicht jedoch (auch) im Rahmen eines Ausweisungsverfahrens gemäß § 17 leg. cit., zieht doch eine Ausweisung bloß die Verpflichtung zur Ausreise nach sich.

Was aber die Beurteilung der Frage anlangt, ob ein Fremder gemäß § 7 Abs. 1 Asylgesetz 1991 vorläufig aufenthaltsberechtigt ist, hält der Verwaltungsgerichtshof an seiner dazu ergangenen, nunmehr ständigen Rechtsprechung fest (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 17. Juni 1993, Zl. 93/18/0213, vom 15. Dezember 1993, Zl. 93/18/0575, und vom 13. Jänner 1994, Zl. 93/18/0495). Die darauf bezughabenden, wie dargetan, die Rechtslage verkennenden Beschwerdeausführungen bieten keine Veranlassung, davon abzugehen.

Auf den vorliegenden Fall angewendet, führt diese Rechtsprechung (auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird) unter Zugrundelegung der - unbestrittenen - Einreise des Beschwerdeführers aus Südafrika nach Österreich zu dem Ergebnis, daß ihm der am 11. Jänner 1994 gestellte Asylantrag keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung verschafft hat.

5. Aus dem Fehlen einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach § 7 Abs. 1 Asylgesetz 1991 ergibt sich, daß im Beschwerdefall zufolge des § 9 Abs. 1 Asylgesetz 1991 idF des Art. II Abs. 2 BGBl. Nr. 838/1992 der Anwendung des § 17 Abs. 2 Z. 4 und 6 FrG kein rechtliches Hindernis entgegenstand.

6. Bei diesem Ergebnis ist es entbehrlich, der Frage nachzugehen, ob es in dem den Beschwerdeführer betreffenden Asylverfahren zur rechtswirksamen Erlassung eines Bescheides seitens des Bundesasylamtes gekommen ist (wie von der belangten Behörde festgestellt), oder ob dies (wie in der Beschwerde behauptet) nicht zutrifft. Der diesbezüglichen Verfahrensrüge ist damit ebenso der Boden entzogen wie jener, die das Fehlen der Feststellung der "materiellen Flüchtlingseigenschaft" des Beschwerdeführers bemängelt.

7. Da nach dem Gesagten die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt - was bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt -, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

8. Im Hinblick auf die Entscheidung in der Hauptsache erübrigt sich ein gesonderter Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

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