VwGH 94/18/0337

VwGH94/18/033721.7.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des C in R, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 5. Mai 1994, Zl. St 151/94, betreffend Erlassung eines Aufenthaltsverbotes und Feststellung gemäß § 54 Abs. 1 Fremdengesetz, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1997 1991;
AVG §46;
FrG 1993 §37 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs2;
FrG 1993 §54 Abs1;
AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1997 1991;
AVG §46;
FrG 1993 §37 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs2;
FrG 1993 §54 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) vom 5. Mai 1994 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen syrischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 7 sowie den §§ 19 bis 21 des Fremdengesetzes (FrG) ein mit fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I). Weiters wurde gemäß den §§ 54 und 37 Abs. 1 und 2 FrG festgestellt, daß keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestünden, daß der Beschwerdeführer in Syrien gemäß § 37 Abs. 1 oder 2 FrG bedroht sei. Seine Abschiebung in diesen Staat sei daher zulässig (Spruchpunkt II).

In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, nach den Angaben des Beschwerdeführers bei seinen niederschriftlichen Vernehmungen am 25. und 30. März 1994 habe er seit mehr als zehn Jahren die kommunistische Arbeiterbewegung in Syrien unterstützt. Er habe schon als Mittelschüler Flugzettel verteilt, um die syrische Bevölkerung für die Arbeiterbewegung zu interessieren und gegen den Staatspräsidenten Assad Stimmung zu machen. Wegen dieser Aktivitäten habe er sich von Juni bis September 1980 in Haft befunden. Von 1981 bis 1986 habe er in Sarajewo Zahnmedizin studiert. Nach seiner Rückkehr in seine Heimat sei er etwa zwei Wochen in Haft gewesen. Er habe seine regimefeindliche Tätigkeit fortgesetzt und sich 1989 sieben Monate und 1992 zwei Monate in Haft befunden. Am 20. Jänner 1994 habe er von einem Gesinnungsgenossen, der in einem Postamt in Damaskus beschäftigt sei, die Kopie eines Telegramms des syrischen Innenministeriums an den Geheimdienst zugespielt erhalten. Diesem Telegramm zufolge dürfe er wegen seiner regimefeindlichen Aktivitäten das syrische Staatsgebiet nicht verlassen. Er habe befürchtet, neuerlich verhaftet zu werden, weshalb er eine Schlepperorganisation aufgesucht habe, die ihm empfohlen habe, in Österreich Asyl zu beantragen. Er habe 8.000 US $ bezahlt, damit er illegal nach Österreich verbracht werde. Am 15. März 1994 sei er mit einem falschen Paß mit zwei Schleppern in einem PKW nach Istanbul gefahren, einen Tag später nach Bulgarien und in weiterer Folge über Rumänien nach Ungarn. Am 19. März 1994 sei er von einem weiteren Schlepper in einem vierstündigen Fußmarsch über die grüne Grenze nach Österreich begleitet worden. Er habe seinen gefälschten Reisepaß vernichtet. Ein weiterer Schlepper habe den Beschwerdeführer überredet, mit ihm nach Deutschland zu fahren, weil dort leichter und schneller Asyl erlangt werden könne. Er habe diesem Vorschlag zugestimmt und 300 US $ bezahlt. Am 21. März 1994 habe ihn der Schlepper an die österreichisch-deutsche Grenze gebracht, wo der Beschwerdeführer dann die Grenze selbständig hätte überschreiten sollen. Er sei jedoch von österreichischen Zollwachebeamten aufgegriffen und in Schubhaft genommen worden.

Im Asylverfahren habe der Beschwerdeführer ergänzend ausgeführt, er habe sich bis zu seiner Flucht ganz offiziell bei seinen Eltern aufgehalten und sei während dieser Zeit von den syrischen Behörden nicht behelligt worden. Der Asylantrag des Beschwerdeführers sei mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 28. April 1994 rechtskräftig abgewiesen worden.

Der Beschwerdeführer habe in Österreich weder Wohnsitz noch Beschäftigung noch Familienangehörige. Er habe auch keine sonstigen Bindungen an Österreich. Er besitze an Bargeld 56,10 DM und 100 US $. Der Beschwerdeführer sei nicht in der Lage, den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nachzuweisen, sodaß der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 7 FrG erfüllt sei. Im Hinblick darauf sowie auf Grund der Übertretungen der für die Ein- und Ausreise bestehenden Vorschriften sei die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt.

Da das Aufenthaltsverbot nicht in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers eingreife, sei nicht zu untersuchen, ob seine Erlassung im Grunde der §§ 19 und 20 FrG zulässig sei.

Auch unter Zugrundelegung der Angaben des Beschwerdeführers über seine politische Tätigkeit und des Telegrammes des Innenministeriums an den syrischen Geheimdienst sei nicht anzunehmen, daß der Beschwerdeführer in seiner Heimat einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen werde.

Es bestünden aber auch keine stichhaltigen Gründe für die Annahme, das Leben oder die Freiheit des Beschwerdeführers seien in seiner Heimat aus den im § 37 Abs. 2 genannten Gründen bedroht. Dies habe auch zur Abweisung seines Asylantrages geführt. Das einzige, was allenfalls für eine aktuelle Verfolgungssituation sprechen könnte, sei das dem Beschwerdeführer zugespielte Telegramm. Das Fehlen der Möglichkeit, aus dem Heimatstaat auszureisen, bewirke aber noch keine solche Intensität staatlicher Verfolgungshandlungen, daß von stichhaltigen Gründen für die Annahme, das Leben oder die Freiheit des Beschwerdeführers sei bedroht, gesprochen werden könne.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

1.1. Der Beschwerdeführer stimmt der - zutreffenden - Auffassung der belangten Behörde zu, daß die im § 18 Abs. 1 umschriebene Annahme berechtigt sei. Er meint jedoch, die Erlassung des Aufenthaltsverbotes sei im Grunde der §§ 19 und 20 FrG unzulässig. Das Aufenthaltsverbot greife in sein Privatleben ein, dies im Hinblick auf die ihm in Syrien drohenden Nachteile.

1.2. Mit diesen Ausführungen vermag der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe unter anderem die Erkenntnisse vom 27. Jänner 1994, Zl. 93/18/0614, und vom heutigen Tag, Zl. 94/18/0350) können unter Eingriffen im Sinne des § 19 FrG nur solche Eingriffe verstanden werden, die sich auf das in Österreich geführte Privatleben des Fremden erstrecken, und nicht Umstände, die künftig in einem (bestimmten) anderen Land das Privatleben des betreffenden Fremden beeinträchtigen könnten. Die belangte Behörde ist demnach zutreffend zu der Auffassung gelangt, daß das Aufenthaltsverbot keinen relevanten Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers im Sinne des § 19 FrG darstellt. Im Hinblick auf dieses Ergebnis erübrigten sich aber weitere Erörterungen darüber, ob die Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Sinne des § 19 FrG dringend geboten war, sowie die Vornahme einer Interessenabwägung im Sinne des § 20 Abs. 1 FrG (siehe dazu die hg. Erkenntnisse vom 14. April 1993, Zl. 93/18/0112, und vom 14. April 1994, Zl. 94/18/0133). Die vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang erhobene Verfahrensrüge ist daher nicht berechtigt.

2.1. Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, bei richtiger Würdigung der von ihm vorgebrachten Gesichtspunkte hätte die belangte Behörde feststellen müssen, daß stichhaltige Gründe für die Annahme vorlägen, er sei in Syrien im Sinne des § 37 Abs. 1 oder 2 FrG bedroht. Es sei auch gesetzwidrig gewesen, im Feststellungsverfahren nach § 54 FrG bloß das Ergebnis des Asylverfahrens heranzuziehen und keine selbständige Prüfung der Verfolgungssituation vorzunehmen. Da ein entsprechendes Ermittlungsverfahren nicht durchgeführt worden sei, sei der belangten Behörde in diesem Zusammenhang auch ein Verfahrensmangel unterlaufen.

2.1. Diesen Ausführungen ist zu erwidern, daß es der belangten Behörde auf Grund des im § 46 AVG verankerten Grundsatzes der Unbeschränktheit der Beweismittel nicht verwehrt war, die Ergebnisse des Asylverfahrens zu berücksichtigen (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 30. September 1993, Zl. 93/18/0214, und vom 1. Juni 1994, Zl. 94/18/0256). Im Hinblick darauf, daß im Asylverfahren die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung zu prüfen war (§ 1 Z. 1 Asylgesetz 1991) und auch § 37 Abs. 2 FrG auf die Bedrohung von Leben und Freiheit des Fremden aus diesen Gründen abstellt, war die Berücksichtigung der Ergebnisse des Asylverfahrens naheliegend (siehe auch dazu das oben zitierte Erkenntnis vom 1. Juni 1994). Dem Beschwerdevorbringen kann nicht entnommen werden, welche konkreten Umstände die belangte Behörde darüber hinaus hätte berücksichtigen müssen und inwieweit sie dadurch zu einer anderen Beurteilung der Gefährdungs- bzw. Bedrohungssituation des Beschwerdeführers im Sinne des § 37 Abs. 1 und 2 FrG hätte gelangen können. Die vom Beschwerdeführer erhobene Verfahrensrüge ist daher nicht berechtigt.

Die Auffassung der belangten Behörde, daß die vom Beschwerdeführer behaupteten Umstände keine stichhaltigen Gründe für die Annahme einer Gefährdung oder Bedrohung des Beschwerdeführers in seiner Heimat im Sinne des § 37 Abs. 1 und 2 FrG darstellen, kann nicht als rechtswidrig erkannt werden, dies insbesondere im Hinblick auf den unbehelligten Aufenthalt des Beschwerdeführers in seiner Heimat von 1992 bis 1994 und den Umstand, daß ihm nach dem von ihm beschriebenen Telegramm des syrischen Innenministeriums an den syrischen Geheimdienst nur die Ausreise aus Syrien verwehrt werden sollte.

3. Da somit bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

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