VwGH 94/17/0135

VwGH94/17/013523.6.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Kramer und die Hofräte Dr. Wetzel, Dr. Puck, Dr. Gruber und Höfinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Mag. Raunig, in der Beschwerdesache des J in F, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in G, gegen die Bescheide des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz jeweils vom 10. September 1992, zu 1.) Zl. A 8 - K 219/1992-2 und

2.) Zl. A 8 - K 316/1992-1, betreffend Lustbarkeitsabgabe für zu 1.) März 1992 und zu 2.) April 1992, den Beschluß gefaßt:

Normen

B-VG Art133 Z1;
B-VG Art144 Abs1;
LustbarkeitsabgabeG Stmk;
LustbarkeitsabgabeO Graz 1987;
LustbarkeitsabgabezuschlagsG Stmk;
VwGG §34 Abs1;
B-VG Art133 Z1;
B-VG Art144 Abs1;
LustbarkeitsabgabeG Stmk;
LustbarkeitsabgabeO Graz 1987;
LustbarkeitsabgabezuschlagsG Stmk;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 28. April 1992 setzte der Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz gegenüber dem Beschwerdeführer die Lustbarkeitsabgabe inklusive 20 % Kriegsopferzuschlag für 48 Geldspielapparate und 21 Unterhaltungsspielapparate für den Zeitraum März 1992 mit insgesamt S 231.498,-- zuzüglich 2 % Säumniszuschlag in Höhe von S 772,-- fest.

Mit Bescheid vom 2. Juni 1992 setzte der Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz gegenüber dem Beschwerdeführer die Lustbarkeitsabgabe inklusive 20 % Kriegsopferzuschlag für 48 Geldspielapparate und 31 Unterhaltungsspielapparate für den Zeitraum April 1992 mit insgesamt S 231.978,-- zuzüglich 2 % Säumniszuschlag in der Höhe von S 773,-- fest.

In den Bescheiden heißt es unter anderem, daß sich der Abgabepflichtige geweigert habe, den in der Lustbarkeitsabgabe-Verordnung der Landeshauptstadt Graz in der Fassung der Verordnung des Gemeinderates vom 10. Dezember 1986 festgesetzten 20prozentigen Kriegsopferzuschlag anzuerkennen. Die Lustbarkeitsabgabe sei im Wege der Selbstbemessung einbekannt worden. Der Differenzbetrag zuzüglich des diesbezüglich vorgeschriebenen Säumniszuschlages sei innerhalb eines Monates nach Erhalt des Bescheides einzuzahlen.

Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden wies der Gemeinderat die gegen die genannten Bescheide erhobenen Berufungen hinsichtlich der Vorschreibung von Lustbarkeitsabgabe als unbegründet ab. In der Begründung der Bescheide vertrat er jeweils die Auffassung, daß die Entscheidung über die Berufung gegen die Vorschreibung des Kriegsopferzuschlages (und des darauf entfallenden Säumniszuschlages) der Steiermärkischen Landesregierung obliege. Dieser Teil des Bescheides sei von der gegenständlichen Entscheidung nicht erfaßt. Weiters heißt es in der Begründung der beiden Bescheide übereinstimmend, dem Gemeinderat der Stadt Graz in seiner Funktion als Abgabenbehörde 2. Instanz sei es verwehrt, die Verfassungs- und Gesetzeskonformität bei Gesetzen und Verordnungen zu prüfen. Er sei ausschließlich verpflichtet, bei der Erlassung von Abgabenbescheiden die in den betreffenden Gesetzen und Verordnungen enthaltenen Bestimmungen zu beachten und die Abgaben auf Grund dieser Bestimmungen festzusetzen. Im angefochtenen Bescheid seien die im Lustbarkeitsabgabegesetz und in der Grazer Lustbarkeitsabgabeordnung normierten Bestimmungen beachtet und es sei die Lustbarkeitsabgabe auf Grund dieser Bestimmungen vorgeschrieben worden.

Diese Bescheide bekämpfte der Beschwerdeführer zunächst vor dem Verfassungsgerichtshof, der jedoch mit Beschluß vom 15. Dezember 1993, B 1591, 1592/92-3, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und sie über gesonderten Antrag des Beschwerdeführers dem Verwaltungsgerichtshof mit Beschluß vom 3. Februar 1994 abgetreten hat.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in seinen Rechten wie folgt verletzt:

"Durch den angefochtenen Bescheid bin ich in meinem Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und in meinem Recht auf Entscheidung über meine gesamte Berufung durch die dafür zuständige Behörde verletzt worden.

Der angefochtene Bescheid ist mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes behaftet, da die belangte Behörde entgegen der Verordnungs- und Gesetzeslage eine Sachentscheidung hinsichtlich des Lustbarkeitsabgabezuschlages verweigert.

Der bekämpfte Bescheid verletzt mich aber auch in meinem Recht auf Nichtanwendung einer gesetzwidrigen Verordnung und damit in meinem Recht auf Nichtentrichtung der Lustbarkeitsabgabe und des Lustbarkeitsabgabezuschlages."

Der Beschwerdeführer beantragt, die angefochtenen Bescheide wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufzuheben.

In den Beschwerdegründen wird hinsichtlich des Lustbarkeitsabgabezuschlages (zusammengefaßt) geltend gemacht, es sei nicht erkennbar, auf Grundlage welcher Überlegungen die belangte Behörde zur Ansicht gelangt sei, daß über die Berufungen gegen die Vorschreibung des Kriegsopferzuschlages die Steiermärkische Landesregierung auf zweitinstanzlicher Ebene zu entscheiden habe. Bei richtiger Anwendung des § 22 des Lustbarkeitsabgabegesetzes in Verbindung mit dem Lustbarkeitsabgabezuschlagsgesetz hätte die belangte Behörde auch über die Berufungen gegen den Lustbarkeitsabgabezuschlag zu entscheiden gehabt.

Hinsichtlich der Lustbarkeitsabgabe wird ausgeführt:

"Die Lustbarkeitsabgabe wurde mir auf Grund der Bestimmung des § 19 Grazer Lustbarkeitsabgabeordnung 1987 vorgeschrieben.

Diese Bestimmung erweist sich aus den, vom Verwaltungsgerichtshof in seinem Antrag an den Verfassungsgerichtshof vom 26. 11. 1993, Zl. A 34/93, genannten Gründen als gesetzeswidrig. Durch die Anwendung dieser Bestimmung belastet die belangte Behörde den bekämpften Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes."

Die vorliegende Beschwerde ist unzulässig.

Mit den angefochtenen Bescheiden wurde unstrittig nur hinsichtlich der Lustbarkeitsabgabe (und nicht auch hinsichtlich des Lustbarkeitsabgabezuschlages) abgesprochen. Bezogen auf diesen Abspruch macht die Beschwerde ausschließlich Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides wegen Anwendung einer für gesetzwidrig erachteten Verordnung geltend. Eine bei der bescheidförmigen Konkretisierung dieser generellen Norm unterlaufene Rechtswidrigkeit wird der belangten Behörde vom Beschwerdeführer nicht zum Vorwurf gemacht.

Die Entscheidung über derartige Beschwerden fällt jedoch, wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgeführt hat (vgl. etwa den hg. Beschluß vom 30. September 1993, Zl. 93/17/0122, und die dort zitierte Lehre und Rechtsprechung), nicht in die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes, sondern in jene des Verfassungsgerichtshofes, der gemäß Art. 144 Abs. 1 erster Satz B-VG in der Fassung BGBl. Nr. 302/1975 über Beschwerden gegen Bescheide der Verwaltungsbehörden erkennt, soweit der Beschwerdeführer durch den Bescheid ... wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung, eines verfassungswidrigen Gesetzes oder eines rechtswidrigen Staatsvertrages in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.

Hinsichtlich des Lustbarkeitsabgabezuschlages sind die Berufungen aber noch offen und konnte diesbezüglich der Beschwerdeführer DURCH DEN ANGEFOCHTENEN BESCHEID nicht in seinen Rechten verletzt werden, weil nicht (auch) über die Berufungen hinsichtlich des Lustbarkeitsabgabezuschlages abgesprochen wurde.

Das Beschwerdevorbringen, die belangte Behörde hätte auch über die Berufungen gegen den Lustbarkeitsabgabezuschlag zu entscheiden gehabt, kann im Hinblick auf die Rechtslage auch nicht dahin verstanden werden, es würden damit vor dem Verwaltungsgerichtshof verfolgbare Rechte geltend gemacht, weil die Vorschreibung (nur) der Lustbarkeitsabgabe einem gesonderten Abspruch nicht zugänglich sei.

Der Verfassungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 15. Dezember 1993, G 230 - 232/93-8, ausgeführt, die Bestimmungen der Grazer Lustbarkeitsabgabeordnung 1987, soweit darin auf den Lustbarkeitsabgabezuschlag (Kriegsopferzuschlag) Bezug genommen werde, seien dahin aufzufassen, daß sie nicht etwa die materielle Grundlage für die Zuschlagseinhebung seien; sie drückten vielmehr bloß die rechnerische Beziehung zwischen der Lustbarkeitsabgabe und dem auf ihr beruhenden Zuschlag im Einzelfall aus. Der Verfassungsgerichtshof gelangte weiters zur Rechtsauffassung, daß das Lustbarkeitsabgabezuschlagsgesetz 1950, LGBl. Nr. 38, bei der Abgabenvorschreibung unmittelbar anwendbar gewesen sei und nicht - wie der Beteiligte des verfassungsgerichtlichen Verfahrens meinte - die Grazer Lustbarkeitsabgabeordnung 1987 eine "Verschmelzung" der Stammabgabe der Gemeinde mit dem zweckgebundenen Zuschlag des Landes geschaffen und damit eine "gemeinschaftliche Gemeindeabgabe" erfunden habe.

Auf dem Boden der (unmittelbaren) Präjudizialität nur des Lustbarkeitsabgabezuschlagsgesetzes 1950 gelangte der Verfassungsgerichtshof zur Aufhebung dieses Gesetzes (unter gleichzeitigem Ausspruch, daß das aufgehobene Gesetz nicht mehr anzuwenden ist). Der Verfassungsgerichtshof ist damit erkennbar - die Grenzen der Aufhebung einer in Prüfung stehenden Gesetzesbestimmung müssen vom Verfassungsgerichtshof so gezogen werden, daß einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und daß andererseits auch die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle in einem untrennbaren Zusammenhang stehenden Bestimmungen erfaßt werden (vgl. etwa VfSlg. 6674/1972) - davon ausgegangen, daß hinsichtlich der Lustbarkeitsabgabe (als "Stammabgabe") eine eigenständige, vollziehbare Regelung (Grazer Lustbarkeitsabgabeordnung 1987 iZm Lustbarkeitsabgabegesetz) gegeben sei.

Der Verwaltungsgerichtshof schließt sich der Auffassung an, daß eine (isolierte) Vorschreibung der Lustbarkeitsabgabe zulässig ist. Dies wird auch dadurch deutlich, daß ausgehend von der Gestaltungswirkung des zitierten Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 15. Dezember 1993 eine gesetzliche Ermächtigung zur Vorschreibung eines Lustbarkeitsabgabezuschlages nicht (mehr) besteht. Die im Instanzenzug erfolgte Vorschreibung (nur) der Lustbarkeitsabgabe war somit auch einem gesonderten Abspruch zugänglich.

Die Beschwerde war daher - wegen der Art der behaupteten Rechtsverletzungen - gemäß § 34 Abs. 1 VwGG infolge offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen .

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere Art. III Abs. 2.

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