VwGH 93/17/0122

VwGH93/17/012230.9.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Puck und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Mag. Raunig, in der Beschwerdesache des Dr. T in S, vertreten durch Dr. N, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des geschäftsführenden Ausschusses des Milchwirtschaftsfonds vom 22. September 1992, Zl. Ia/1B2-18/Dr.G, betreffend Feststellung der Einzelrichtmenge für das Wirtschaftsjahr 1992/93, den Beschluß gefaßt:

Normen

B-VG Art133 Z1;
B-VG Art144 Abs1;
MOG 1985 §75d idF 1992/373;
MOG 1985 §75f idF 1992/373;
VwGG §34 Abs1;
B-VG Art133 Z1;
B-VG Art144 Abs1;
MOG 1985 §75d idF 1992/373;
MOG 1985 §75f idF 1992/373;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

1.0. Aus der Beschwerde, dem angefochtenen Bescheid und dem Ablehnungsbeschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 23. März 1993, B 1758/92, ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

1.1. Mit Bescheid vom 22. September 1992 stellte der geschäftsführende Ausschuß des Milchwirtschaftsfonds gemäß den §§ 75d, 75f und 76 Abs. 1 des Marktordnungsgesetzes (MOG), BGBl. Nr. 210/1985 in der Fassung BGBl. Nr. 183/1986 und 373/1992 die Einzelrichtmenge für das Wirtschaftsjahr 1992/93 für den landwirtschaftlichen Betrieb des Beschwerdeführers mit

123.696 kg und für den landwirtschaftlichen Betrieb der J in M mit 223.752 kg fest.

1.2. Diesen Bescheid bekämpfte der Beschwerdeführer zunächst vor dem Verfassungsgerichtshof. Der Beschwerdeführer erachtete sich in seinen Rechten durch die Anwendung der von ihm als verfassungswidrig erachteten Bestimmungen der §§ 75d und 75f MOG in der Fassung der MOG-Novelle 1992, BGBl. Nr. 373, verletzt. Er regte daher an, ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des § 75f Abs. 1 Z. 2 lit. b MOG in der Fassung BGBl. Nr. 373/1992 einzuleiten und gegebenenfalls diese Bestimmung wegen Verfassungswidrigkeit aufzuheben.

Mit Beschluß vom 23. März 1993, B 1758/92, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung dieser Beschwerde ab. Antragsgemäß wurde die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten. Nach der Begründung dieses Beschlusses übersehe das Beschwerdevorbringen, daß die Anlaßfallwirkung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 8. März 1991, G 227/91, sich von Verfassungs wegen nicht auch auf zukünftige Zeiträume erstrecken müsse, und tue weder dar, daß die neue Regelung unsachlich noch daß sie dem Kernbereich der civil rights zuzurechnen wäre; das Vorbringen lasse somit die behaupteten Verletzungen verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als so wenig wahrscheinlich erkennen, daß die Bechwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe.

Mit einem weiteren Beschluß vom 23. März 1993, G 122/92, wurde ein Antrag des Beschwerdeführers, den § 75f Abs. 4 MOG in der Fassung BGBl. Nr. 373/1992 wegen Verfassungswidrigkeit aufzuheben, zurückgewiesen.

1.3. Der Verwaltungsgerichtshof trug dem Beschwerdeführer eine Beschwerdeergänzung durch Bezeichnung des Beschwerdepunktes (§ 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG) und durch Anführung der Beschwerdegründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stütze (§ 28 Abs. 1 Z. 5 VwGG), auf.

Zufolge der Beschwerdeergänzung geht der Beschwerdeführer davon aus, daß unter anderem die Bestimmungen der §§ 75d und 75f Abs. 1 Z. 2 lit. b MOG in der Fassung BGBl. Nr. 373/1992 anzuwenden und präjudiziell sind. § 75f Abs. 1 Z. 2 lit. b MOG sei ausschließlich für den Einzelfall und somit für den "Sonderfall T-J" geschaffen worden; zwangsläufig müßten Bedenken hinsichtlich deren Verfassungsmäßigkeit "ins Auge stoßen". Der "tiefere und letztliche einzige Grund" für das Herantragen dieser Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof liege in dem Ersuchen an den Gerichtshof, dieser wolle von sich aus einen Gesetzesprüfungsantrag nach Art. 140 Abs. 1 B-VG stellen. Die Beschwerde gelte für den Fall als zurückgezogen, daß der Verwaltungsgerichtshof die Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der genannten Bestimmungen nicht teilen sollte. Der angefochtene Bescheid wäre dann nämlich formell in vollem Einklang mit den einfachgesetzlichen Bestimmungen der §§ 75d und 75f MOG. Nach Darstellung der Bedenken des Beschwerdeführers gegen die Verfassungsmäßigkeit der genannten Bestimmungen wird der Antrag gestellt: "Der Verwaltungsgerichtshof wolle zur Überprüfung der präjudiziellen Bestimmungen des § 75d und f Abs. 1 Z. 2 lit. b MOG (i.d.F. des BGBl. 373/92) amtswegig einen Überprüfungsantrag gemäß Art. 140

(1) B-VG beim Verfassungsgerichtshof erheben. Überdies wird abgegeben die ERKLÄRUNG: Im Falle der Nichtstattgebung obigen Antrags gilt diese Beschwerde als zurückgezogen."

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 lit. a VwGG gebildeten Dreiersenat erwogen:

2.1. Der Verwaltungsgerichtshof wertet den Antrag des Beschwerdeführers, der Verwaltungsgerichtshof wolle "amtswegig einen Überprüfungsantrag gemäß Art. 140 (1) B-VG beim Verfassungsgerichtshof erheben" wegen des darin enthaltenen inneren Widerspruchs als eine der Rechtslage entsprechende Anregung, einen solchen amtswegigen Normenkontrollantrag zu stellen. Wäre der Antrag des Beschwerdeführers als ein förmlicher Antrag zu verstehen, müßte er mangels Berechtigung des Beschwerdeführers zur Stellung eines solchen Antrages zurückgewiesen werden.

2.2. Die Anregung, einen Normenprüfungsantrag zu stellen, setzt voraus, daß der Verwaltungsgerichtshof die verfassungsrechtlich in Zweifel gezogenen Gesetzesbestimmungen im Beschwerdeverfahren anzuwenden hat. Dies ist freilich, da sich die Beschwerde als unzulässig erweist, nicht der Fall.

Der Beschwerdeführer macht nämlich ausschließlich Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides wegen Anwendung zweier für verfassungswidrig erachteter Gesetzesstellen des Marktordnungsgesetzes in der Fassung BGBl. Nr. 373/1992 geltend. Ausdrücklich wird vom Beschwerdeführer betont, daß der angefochtene Bescheid mit der Gesetzeslage "formell in vollem Einklang" stehe, und unterstreicht dies durch die wiedergegebene bedingte Zurückziehungserklärung.

2.3. Die Entscheidung über derartige Beschwerden fällt jedoch, wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinen Beschlüssen vom 15. Oktober 1980, Zl. 2957/80, und vom 25. Jänner 1985, Zl. 84/17/0182, ausgeführt hat, nicht in die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes, sondern in jene des Verfassungsgerichtshofes, der gemäß Art. 144 Abs. 1 erster Satz B-VG in der Fassung BGBl. Nr. 302/1975 über Beschwerden gegen Bescheide der Verwaltungsbehörden erkennt, soweit der Beschwerdeführer durch den Bescheid ... wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung, eines verfassungswidrigen Gesetzes oder eines rechtswidrigen Staatsvertrages in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet (vgl. Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit, S. 39f, und die weiteren hg. Beschlüsse vom 24. Oktober 1986, Zl. 86/17/0128,

vom 19. September 1989, Zl. 88/08/0142 = ZfVB 1990/5/2330, und

vom 29. März 1990, Zl. 90/17/0043 = ZfVB 1991/2/716).

2.4. Die Beschwerde mußte daher - wegen der Art der behaupteten Rechtsverletzungen - gemäß § 34 Abs. 1 VwGG infolge offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückgewiesen werden.

2.5. Bei diesem Ergebnis war es entbehrlich, auf die Frage der Zulässigkeit einer bedingten Beschwerdeführung bzw. -zurückziehung im Zusammenhang mit der "Erklärung" des Beschwerdeführers, im Falle der Nichtstattgebung seines Antrages auf Stellung eines Normenprüfungsantrages gelte die Beschwerde als zurückgezogen, einzugehen.

2.6. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 und 7 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

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