Normen
ForstG 1975 §17;
ForstG 1975 §18 Abs1;
ForstG 1975 §17;
ForstG 1975 §18 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 18. November 1993 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung der Rodungsbewilligung für eine Teilfläche von 800 m2 aus dem Waldgrundstück Nr. 246/63 zum Zweck der Errichtung eines Einfamilienhauses abgewiesen.
In der Begründung wird im wesentlichen ausgeführt, sowohl im erstanzlichen als auch im zweitinstanzlichen Verfahren sei von den beigezogenen Amtssachverständigen übereinstimmend festgestellt worden, daß der Baumbestand auf der Rodungsfläche eine Überschirmung von etwa 90 % aufweise und auf Grund seiner Eignung, Hangrutschungen zu vermeiden, nicht gerodet werden sollte, zumal es in unmittelbarer Umgebung bereits nachweislich zu Hangrutschungen gekommen sei, bei denen auch konkrete Schäden eingetreten seien. Die Richtigkeit dieser Gutachten sei nicht in Zweifel gezogen worden. Wenn der Beschwerdeführer vorbringe, daß die Behörde gehalten gewesen wäre, Gutachten dazu einzuholen, ob die zu befürchtenden Hangrutschungen nicht auch bzw. besser durch die Errichtung eines Einfamilienhauses in einer speziellen Bauweise hintangehalten werden könnten, so sei dem entgegenzuhalten, daß dies nicht die Aufgabe der Forstbehörde sei.
Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, daß in unmittelbarer Nähe zum Rodungsvorhaben des Beschwerdeführers einer Siedlungsgenossenschaft eine Rodungsbewilligung im öffentlichen Interesse des Siedlungswesens erteilt worden sei, ohne daß auf Baulandreserven in der Gemeinde Bedacht genommen worden sei, sei entgegenzuhalten, daß ein eventuelles Fehlverhalten der Behörde in einem Fall kein Recht auf ein gleiches Fehlverhalten in einem anderen Fall einräume.
Die Tatsache, daß in der Gemeinde noch genügend Nichtwaldgrundstücke im Bauland zur Bebauung zur Verfügung stünden, sei sowohl von der Erstbehörde in der Bescheidbegründung angeführt als auch von der Zweitbehörde bestätigt und in der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid durch den Beschwerdeführer nicht bestritten worden. Auch im Berufungsverfahren sei vom Beschwerdeführer nicht ausdrücklich behauptet worden, daß in der Gemeinde kein Baugrund auf Nichtwaldflächen vorhanden sei. Somit bestehe keine Veranlassung, an dieser Tatsachenfeststellung Zweifel aufkommen zu lassen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Der Beschwerdeführer bringt vor, er könne sich der Rechtsansicht der belangten Behörde, daß im Beschwerdefall die öffentlichen Interessen an der Walderhaltung überwiegen, nicht anschließen. Die Ansicht der belangten Behörde, es sei unbestritten geblieben, daß in der Gemeinde noch genügend Nichtwaldgrundstücke im Bauland zur Bebauung zur Verfügung stünden, erweise sich als verfehlt. Was die Baubewilligung für eine gemeinnützige Siedlungsgenossenschaft betreffe, so bestünde kein Anhaltspunkt dafür, daß diese Rodungsbewilligung - wie die belangte Behörde meint - auf ein Fehlverhalten der Behörde zurückzuführen sei. Die belangte Behörde habe den angefochtenen Bescheid mit einem "materiellen Ermessensfehler" behaftet. Die bewußte Benachteiligung des Beschwerdeführers aus unsachlichen Motiven stelle einen Ermessensmißbrauch dar.
Von der belangten Behörde werde auch übersehen, daß es sich bei dem Rodungsgrundstück um eine enge Schneise zwischen ansonsten bebauten Grundstücken handle. Bereits hieraus könne auf ein gleichheitswidriges Verhalten der Forstbehörde erster Instanz geschlossen werden. Schließlich sei noch anzumerken, daß durch die Errichtung eines Gebäudes in der Größe eines Einfamilienhauses mit maximal einem Kellergeschoß unter der Voraussetzung, daß die Bodenplatte und die Wände des Kellergeschosses in Stahlbeton ausgeführt würden sowie eine entsprechende Ableitung des Hangsickerwassers seitlich neben dem Gebäude sichergestellt sei, zusätzliche Hangrutschungen aufgrund einer derartigen Bauführung nicht zu erwarten seien. Diesbezüglich sei eine entsprechende statische Berechnung auf Grundlage eines Detailprojektes für die tragenden Bauteile unter Zugrundelegung des zu erwartenden Erddruckes vor der Bauführung zu erstellen. Die belangte Behörde hätte entsprechende Gutachten einzuholen gehabt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 17 Abs. 1 des Forstgesetzes 1975 (FG) ist die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur (Rodung) verboten. Die Forstbehörde kann aber gemäß Abs. 2 dieser Gesetzesstelle eine Bewilligung zur Rodung erteilen, wenn ein öffentliches Interesse an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche das öffentliche Interesse an der Erhaltung derselben als Wald überwiegt. Nach § 17 Abs. 3 FG können öffentliche Interessen im Sinne des Abs. 2 insbesondere in der umfassenden Landesverteidigung, im Eisenbahn-, Luft- und öffentlichen Straßenverkehr, im Post- und öffentlichen Fernmeldewesen, im Bergbau, im Wasserbau, in der Energiewirtschaft, in der Agrarstrukturverbesserung sowie im Siedlungswesen begründet sein. Gemäß § 17 Abs. 4 FG hat die Behörde bei Abwägung der öffentlichen Interessen im Sinne des Abs. 2 insbesondere auf eine die erforderlichen Wirkungen des Waldes gewährleistende Waldausstattung Bedacht zu nehmen; ferner sind unter diesen Voraussetzungen die Zielsetzungen der Raumordnung zu berücksichtigen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt ein im Siedlungswesen begründetes öffentliches Interesse jedenfalls dann vor, wenn Grundflächen der Verwirklichung eines nach dem Flächenwidmungsplan zulässigen Bauvorhabens dienen sollen. Dieser Umstand vermag aber noch nicht das Überwiegen dieses öffentlichen Interesses gegenüber jenem an der Walderhaltung zu begründen. Selbst wenn nämlich die Rodungsfläche in einem bereits bestehenden Flächenwidmungsplan der Gemeinde als Bauland ausgewiesen ist, bedeutet dies noch nicht, daß eine Verwirklichung dieser anderen Widmung entgegen dem Grundsatz der Walderhaltung auf jeden Fall zulässig wäre; es hat vielmehr die Forstbehörde festzustellen, ob die erforderliche Rodungsbewilligung auf Grund der forstrechtlichen Bestimmungen als im öffentlichen Interesse gelegen zu erteilen ist. Die Verwirklichung der von der Gemeinde vorgesehenen anderen Verwendung einer Waldfläche ist in jedem Fall von der auf einer dem Gesetz entsprechenden Interessenabwägung beruhenden Entscheidung der Forstbehörde abhängig (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. November 1991, Zl. 89/10/0037 und die dort angeführte Vorjudikatur).
Der Amtssachverständige für Raumplanung hat in seinem Gutachten ausgeführt, die Baulandwidmung der Rodungsfläche sei bereits vor mehr als 20 Jahren zustande gekommen; aus der Sicht der überörtlichen Raumordnung sei dazu die Feststellung zu treffen, daß die Bemühungen des Landes Niederösterreich im Bereich des Wienerwaldes keineswegs in der Weiterentwicklung der Siedlungstätigkeit lägen, sondern vielmehr auf den größtmöglichen Schutz dieses Landschaftsteiles ausgerichtet seien. Dies komme etwa in der Wienerwald-Deklaration wie auch im regionalen Raumordnungsprogramm für die Region Wien-Umland klar zum Ausdruck. Nach diesem letztgenannten Raumordnungsprogramm sei der gesamte Talbereich, in dem das Rodungsgrundstück liege, mit einer Siedlungsgrenze belegt worden, welche bewirke, daß keine Vergrößerung des heute vorhandenen Baulandes mengenmäßig mehr zulässig sei. Die Widmung des vorhandenen Baulandes könne aus Kompetenzgründen allerdings nicht durch die Landesregierung in Frage gestellt werden, weil Rückwidmungen in den Zuständigkeitsbereich der Gemeinde fielen. Aus heutiger Sicht der Raumordnung würde jedenfalls eine Baulandwidmung der Rodungsfläche, aber auch zahlreicher anderer Grundstücke, die eine ähnliche Hangsituation aufwiesen und größtenteils bereits bebaut seien, sicherlich keine positive Begutachtung im Falle einer Baulandwidmung bzw. des Genehmigungsverfahrens finden. Aus Sicht der Raumordnung könne das öffentliche Interesse an der Rodung nicht höher bewertet werden als jenes an der Erhaltung des Waldes.
Schon aus diesen Ausführungen, denen der Beschwerdeführer nicht entgegengetreten ist, ergibt sich, daß die Rodungsbewilligung zu Recht versagt wurde, da die Realisierung einer Baulandwidmung, die auf Grund der seit ihrer Festlegung im Flächenwidmungsplan vergangenen Zeit den heutigen Zielen der überörtlichen Raumordnung nicht mehr entspricht, aus der Sicht des ForstG nicht im überwiegenden öffentlichen Interesse gelegen ist. Weiters hat der Amtssachverständige angeführt, in der Gemeinde seien noch nicht alle als Bauland gewidmeten Grundstücke einer Bebauung zugeführt worden; darunter befänden sich auch größere Flächen, die nicht bewaldet seien. Unter diesen Voraussetzungen könne aus Sicht der Raumordnung nicht bestätigt werden, daß es aus öffentlichen Interessen wichtiger wäre, die Rodungsfläche zu roden und einer Bebauung zuzuführen, als diese Fläche in der heutigen Form zu erhalten.
Der Beschwerdeführer ist auch diesen Ausführungen nicht ausdrücklich entgegengetreten; er hat lediglich - erstmals in der Berufung gegen den Bescheid des Landeshauptmannes - vorgebracht, es treffe nicht zu, daß diese Aussagen des Sachverständigen unbestritten geblieben seien. Tatsächlich findet sich aber nirgends ein Vorbringen des Beschwerdeführers, mit dem er der Annahme entgegengetreten wäre, in der Gemeinde seien noch ausreichend Baugründe vorhanden, die ohne Inanspruchnahme von Waldboden einer Bebauung zugeführt werden könnten. Die belangte Behörde konnte daher zu Recht von der Richtigkeit der diesbezüglichen Ausführungen des Amtssachverständigen ausgehen. Ist aber in der Gemeinde eine ausreichende Baulandreserve auf Nichtwaldflächen vorhanden, die für eine Verbauung zur Verfügung stehen, dann kann nicht von einem Überwiegen des öffentlichen Interesses an der Rodung einer Waldfläche für Bauzwecke die Rede sein (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. November 1990, Zl. 90/10/0156 u.a.).
Schließlich hat auch der von der Erstbehörde beigezogene Amtssachverständige für Forsttechnik Bedenken gegen die Rodung wegen der instabilen, mit der Gefahr einer Hangrutschung und der Beeinträchtigung benachbarter Waldgrundstücke verbundenen Geländeverhältnisse erhoben. Diese Bedenken wurden von dem von der Erstbehörde beigezogenen Amtssachverständigen für Geologie bestätigt. Der Beschwerdeführer hat dem eine - nicht näher begründete - Äußerung eines Zivilingenieurs für Bauwesen entgegengehalten. Der vom Landeshauptmann von Niederösterreich im Berufungsverfahren beigezogene Amtssachverständige ist jedoch - mit eingehender Begründung - zum selben Ergebnis gelangt wie die im erstinstanzlichen Verfahren eingeschalteten Sachverständigen. Der Beschwerdeführer ist diesem Gutachten nicht entgegengetreten. Die belangte Behörde durfte daher auch zu Recht davon ausgehen, daß durch eine Rodung die Gefahr von Hangrutschungen und damit verbunden der Beeinträchtigung benachbarter Waldgrundstücke hervorgerufen würde.
Aus den dargelegten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
BGBl. Nr. 104/1991.
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