VwGH 94/07/0039

VwGH94/07/003913.12.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bachler, über die Beschwerde der Stiftung F in V, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung vom 24. November 1993, Zl. 8 - LAS 16 Fe 1/5 - 94, betreffend Einforstungsrecht (mitbeteiligte Partei: J), zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §1451;
ABGB §1452;
ABGB §472;
B-VG Art10;
B-VG Art11;
B-VG Art12;
B-VG Art13;
B-VG Art14;
B-VG Art15;
EinforstungsLG Stmk 1983 §1 Abs1;
RegulierungsG Stmk 1921 §1;
RegulierungsG Stmk 1921 §3;
RegulierungsG Stmk 1921;
Regulierungspatent 1853 §1 Z1;
Regulierungspatent 1853 §1 Z2;
Regulierungspatent 1853 §1 Z3;
Regulierungspatent 1853 §1 Z3a;
Regulierungspatent 1853 §43;
ReichsvertretungsGGNov 1867 §11;
ReichsvertretungsGGNov 1867 §12;
ÜG 1920 §3 Abs1;
VwRallg;
WWSGG §1 Abs1;
ABGB §1451;
ABGB §1452;
ABGB §472;
B-VG Art10;
B-VG Art11;
B-VG Art12;
B-VG Art13;
B-VG Art14;
B-VG Art15;
EinforstungsLG Stmk 1983 §1 Abs1;
RegulierungsG Stmk 1921 §1;
RegulierungsG Stmk 1921 §3;
RegulierungsG Stmk 1921;
Regulierungspatent 1853 §1 Z1;
Regulierungspatent 1853 §1 Z2;
Regulierungspatent 1853 §1 Z3;
Regulierungspatent 1853 §1 Z3a;
Regulierungspatent 1853 §43;
ReichsvertretungsGGNov 1867 §11;
ReichsvertretungsGGNov 1867 §12;
ÜG 1920 §3 Abs1;
VwRallg;
WWSGG §1 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.740,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im Grundbuch ist zugunsten der im Eigentum der mitbeteiligten Partei (mP) stehenden Liegenschaft EZ 57 (nunmehr EZ 63) der KG W ein Einforstungsrecht (Weiderecht für elf Stück Hornvieh sowie Holzbezugsrecht) in der EZ 123 derselben KG eingetragen. Eigentümerin der Liegenschaft EZ 123 ist die beschwerdeführende Partei. Die Eintragung dieses Einforstungsrechtes im Grundbuch beruht auf einem Regulierungsvergleich vom 23. November 1860.

Am 11. Jänner 1989 erklärten die Rechtsvorgänger der mP bei der Agrarbehörde Leoben (AB), sie beabsichtigten, ihr Einforstungsrecht nunmehr wieder auszuüben. Ihrer Ansicht nach sei es zum heutigen Zeitpunkt nicht möglich, das Einforstungsrecht auszuüben, da das Einforstungsgebiet völlig zugewachsen sei. Sie ersuchten daher die AB um Prüfung sämtlicher Möglichkeiten hinsichtlich der Ausübung des Einforstungsrechtes. Unter Umständen sei auch eine Regulierung bzw. eine Ablösung in Grund und Boden notwendig.

Die beschwerdeführende Partei wandte ein, die Liegenschaft EZ 57 sei auf Grund eines Kaufvertrages aus dem Jahre 1897 mit der belasteten Liegenschaft EZ 123 vereinigt worden; durch die Vereinigung des herrschenden mit dem dienenden Gut sei die Dienstbarkeit erloschen. Im Jahre 1912 sei die EZ 57 Gegenstand eines Tauschvertrages gewesen; aus diesem Tauschvertrag lasse sich ableiten, daß die Vertragspartner davon ausgegangen seien, die Dienstbarkeit bestehe nicht mehr. Überdies seien die Einforstungsrechte verjährt, da sie bereits seit der Jahrhundertwende nicht mehr ausgeübt worden seien.

Mit Bescheid vom 13. August 1992 stellte die AB gemäß § 48 Abs. 2 des Steiermärkischen Einforstungs-Landesgesetzes 1983, LGBl. Nr. 1/1983 (StELG 1983), fest, daß mit der Liegenschaft EZ 63, KG W, ein Weiderecht für elf Stück Vieh und ein Recht auf Bezug von Zaunholz gemäß dem Regulierungsvergleich vom 23. November 1860, Nr. 1911, auf dem Grundstück Nr. 891 der EZ 123, KG W, verbunden ist.

Die beschwerdeführende Partei erhob Berufung und machte geltend, die AB habe zu Unrecht das Vorliegen einer Verjährung der Einforstungsrechte verneint.

Die belangte Behörde holte ein Gutachten eines Amtssachverständigen für Forstwirtschaft zu der Frage ein, ob eine Beweidung des Gst.Nr. 891 der EZ 123 während der letzten 70 Jahre überhaupt möglich gewesen sei.

Der Gutachter kam zu dem Ergebnis, daß eine regelmäßige intensivere Beweidung auf dem Gst.Nr. 891 auf Grund der bereits vor 70 Jahren vorhandenen Bestockungsverhältnisse sowie der Geländeausformungen nicht möglich war. Daß gelegentlich Weidevieh kurzfristig auf dieses Grundstück gelangt sei, sei natürlich nicht auszuschließen.

Mit Bescheid vom 24. November 1993 wurde die Berufung der beschwerdeführenden Partei als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wird ausgeführt, zu der von der beschwerdeführenden Partei eingewendeten Verjährung sei in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Obersten Agrarsenates festzuhalten, daß eine Verjährung von Einforstungsrechten durch Nichtausübung nicht möglich sei. Die Unverjährbarkeit erkläre sich aus der öffentlich-rechtlichen Rechtsnatur der Einforstungsrechte. Da sich ihre Existenz auf einen förmlichen Akt des öffentlichen Rechtes gründe, könnten sie auch nur durch einen gleichartigen Akt (contrarius actus) aufgehoben werden. In Verkennung dieses für das Verwaltungsrecht allgemein gültigen Grundsatzes bestimme § 3 des Steiermärkischen Landesgesetzes vom 8. April 1921 betreffend Neuordnung und Sicherung der auf Grund des kaiserlichen Patentes vom 5. Juli 1853, RGBl. Nr. 130, regulierten Forstproduktenbezugs- und Weiderechte, LBGl. Nr. 237/1922, daß Nichtausübung der ausübbaren Servitutsrechte durch einen Zeitraum von weniger als 30 Jahren keinen Erlöschungsgrund bilde. Diese Formulierung ließe den Umkehrschluß zu, daß die Nichtausübung durch mehr als 30 Jahre hindurch einen Erlöschungsgrund bilde. Im Widerspruch dazu spreche § 1 des zitierten Gesetzes von "regulierten Forstproduktenbezugs- und Weiderechten, einschließlich der damit im Zusammenhang stehenden Feldservituten, welche nicht seither durch ein Erkenntnis der zuständigen Grundlastenbehörde (Grundlastenablösungs-Regulierungs-Landeskommission, Statthalterei, Agrarbehörde) oder durch einen von diesen Behörden genehmigten Vergleich rechtskräftig aufgehoben wurden oder erloschen sind". Es stehe somit fest, daß das Aufheben bzw. Erlöschen eines Einforstungsrechtes schon seit 1921 jedenfalls der agrarbehördlichen Genehmigung bedurft habe. Ein Umkehrschluß aus § 3 des Gesetzes vom 8. April 1921, wonach eine Verjährung der Nutzungsrechte durch Nichtgebrauch über einen Zeitraum von mehr als 30 Jahren eintrete, stehe somit in einem inneren Widerspruch zu diesem Gesetz und sei nicht zulässig.

Wie das zweitinstanzliche Gutachten ergeben habe, sei im vorliegenden Fall die Ausübung der Nutzungsrechte während der letzten 70 Jahre tatsächlich nicht möglich gewesen. Dies ändere jedoch nichts am Fortbestand der Rechte, da sowohl das Weideals auch das Zaunholzbezugsrecht "ruhende Rechte" im Sinne der agrarrechtlichen Terminologie seien, welche vorübergehend nicht ausgeübt worden seien.

Solange nicht ein Ablöse- oder Regulierungsverfahren durchgeführt werde - ein solches sei von den Parteien zu keiner Zeit eingewendet worden - sei vom Bestehen der Einforstungsrechte auszugehen. Wenn auch der Bestand dieser Rechte von deren Eintragung in die öffentlichen Bücher unabhängig sei, so müßte doch deren Erlöschen durch Urkunden (Bescheide, Erkenntnisse der Agrarbehörden bzw. von diesen genehmigte Vergleiche) bewiesen werden. Gelinge dies nicht, so sei der bei der einforstungsberechtigten und einforstungsverpflichteten Liegenschaft übereinstimmende Grundbuchsstand jedenfalls ein Beweis für das Bestehen der Einforstungsrechte.

Ein weiteres Eingehen auf das nach den Behauptungen der beschwerdeführenden Partei mangelhafte erstinstanzliche Ermittlungsverfahren sowie auf die von der beschwerdeführenden Partei vorgebrachten Beweismittel erübrige sich somit, da im vorliegenden Falle ausschließlich die Rechtsfrage des Verjährens von Einforstungsrechten zu prüfen gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. Die beschwerdeführende Partei erachtet sich in ihrem Recht auf Feststellung, daß zulasten des Grundstückes Nr. 891 auf dem Gutsbestand der in ihrem Eigentum stehenden Liegenschaft EZ 123 der KG W kein Einforstungsrecht zugunsten der Liegenschaft EZ 63 der KG W bestehe, verletzt. Die beschwerdeführende Partei bringt vor, aus dem Inhalt des Übereinkommens aus dem Jahr 1912, aus der Tatsache, daß das Weide- und Zaunholzbezugsrecht von dem am Übereinkommen beteiligten J.H. tatsächlich bis zu seinem Tod 1964 nie ausgeübt worden sei und daß die im Übereinkommen ebenso wie das Weide- und Zaunholzbezugsrecht nicht angeführten Miteigentumsanteile an der F-Alm, EZ 103, mit Amtsbericht vom 11. März 1957 als gegenstandslos gelöscht worden seien, ergebe sich, daß das gegenständliche Weide- und Zaunholzbezugsrecht 1912 vom Tauschvertrag der damaligen Liegenschaftseigentümer nicht erfaßt worden sei.

Das Weide- und Zaunholzbezugsrecht sei aber auch verjährt. Das kaiserliche Patent aus dem Jahre 1853 habe lediglich den Erwerb von Weide- und Holzbezugsrechten durch Einschränkung der Zahl der Erwerbsarten und zusätzliche Erfordernisse erschwert, nicht aber das Erlöschen von derartigen Rechten behandelt, da dieses erwünscht gewesen sei. Das Patent habe zu den im ABGB vorgesehenen Arten des Erlöschens (Vertrag oder Verjährung) noch die Ablösung hinzutreten lassen.

Das Steiermärkische Landesgesetz, LGBl. Nr. 237/1922, welches nicht wie das spätere Wald- und Weideservitutenlandesgesetz 1956 ein Ausführungsgesetz zu einem Grundsatzgesetz des Bundes gewesen sei, habe den Bestimmungen des ABGB sowie des kaiserlichen Patents aus dem Jahre 1853 nicht derogieren können. Weiters spreche auch der Wortlaut des Gesetzes (§ 3) ausdrücklich dafür, daß die Nichtausübung der ausübbaren Servitutsrechte durch einen Zeitraum von mehr als 30 Jahren einen Erlöschungsgrund darstelle. Aus § 1 dieses Landesgesetzes sei für die Rechtsansicht der belangten Behörde nichts zu gewinnen, da auch hier nur die Ersitzung ausgeschlossen werde, nicht aber die Verjährung. Würde dem Landesgesetz LGBl. Nr. 237/1922 unterstellt, daß es zivilrechtliche Regelungen bzw. Regelungen in Angelegenheiten der Bodenreform treffen wolle, würde man ihm eine Verfassungswidrigkeit unterstellen, da diese Materien nicht bzw. nur hinsichtlich der Ausführungsgesetzgebung nach Erlassung eines Bundesgrundsatzgesetzes in der Kompetenz des Landesgesetzgebers stünden. Sollte der Verwaltungsgerichtshof jedoch zu der Auffassung gelangen, daß dieses Gesetz im Sinne der Rechtsausführungen der belangten Behörde die Verjährung von Weiderechten ausschließe, werde angeregt, einen Antrag an den Verfassungsgerichtshof zu stellen, die Verfassungswidrigkeit dieses Landesgesetzes festzustellen.

Eine vor 1956 vollendete Verjährung, die im vorliegenden Fall gegeben sei, da auch nach den Feststellungen der belangten Behörde die strittigen Einforstungsrechte zumindest seit 70 Jahren nicht mehr ausgeübt worden seien, habe daher wirksam zum Erlöschen des Rechtes geführt, sofern dieses nicht ohnedies bereits durch den Vertrag untergegangen sei.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Die mP hat ebenfalls eine Gegenschrift erstattet und beantragt, der Beschwerde keine Folge zu geben und der beschwerdeführenden Partei den Ersatz der Kosten aufzuerlegen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 1 Abs. 1 StELG 1983 sind Nutzungsrechte (Einforstungsrechte) im Sinne dieses Gesetzes die in § 1 Z. 1, 2, 3 lit. a des Kaiserlichen Patentes vom 5. Juli 1853, RGBl. Nr. 130, bezeichneten Rechte, einschließlich der seit Erlassung dieses Patentes entstandenen Rechte dieser Art, und zwar:

1. alle wie immer benannten Holzungs- und Bezugsrechte von Holz und sonstigen Forstprodukten in oder aus einem fremden Walde;

  1. 2. die Weiderechte auf fremdem Grund und Boden;
  2. 3. alle nicht schon unter Z. 1 und 2 mitinbegriffenen Feldservituten, bei denen das dienstbare Gut Wald oder zur Waldkultur gewidmeter Boden ist, mit Ausnahme der Wegerechte.

    Die den Gegenstand des Beschwerdefalles bildenden Weiderechte auf fremdem Grund und Boden sowie die Holzbezugsrechte aus fremdem Wald stellen Nutzungsrechte im Sinne des § 1 Abs. 1 StELG 1983 dar.

    Nach § 2 StELG 1983 können Nutzungsrechte nicht ersessen werden. Die Verjährung derartiger Rechte durch Nichtausübung findet nicht statt. Dieselben erlöschen auch nicht durch Vereinigung des berechtigten und verpflichteten Gutes in der Hand desselben Eigentümers.

    Eine die Verjährung ausdrücklich ausschließende gleichlautende Bestimmung fand sich bereits im Wald- und Weideservitutenlandesgesetz, LGBl. Nr. 62/1956, welches mit 14. November 1956 in Kraft getreten ist.

    Die beschwerdeführende Partei behauptet aber, die in Rede stehenden Einforstungsrechte seien durch Eintritt der Verjährung bereits vor dem Inkrafttreten des Wald- und Weideservitutenlandesgesetzes 1956 erloschen.

    Die belangte Behörde hat die Möglichkeit einer Verjährung mit einem Hinweis auf die öffentlich-rechtliche Rechtsnatur der Einforstungsrechte verneint.

    Abgesehen davon, daß Einforstungsrechte nicht ausschließlich öffentlich-rechtlichen Charakter haben, sondern eine doppelte Rechtsnatur mit privatrechtlichen Elementen aufweisen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. Jänner 1992, Slg. N.F. Nr. 13.572/A), kann aus der (zumindest teilweisen) öffentlich-rechtlichen Natur der Einforstungsrechte allein noch nicht geschlossen werden, daß solche Rechte nicht verjähren können. Richtig ist, daß auf im öffentlichen Recht wurzelnde Rechte die Verjährungsbestimmungen des ABGB nicht analog angewandt werden können (vgl. Antoniolli-Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht, 451, und die dort angeführte Judikatur). Verjährung kommt aber dort in Betracht, wo vom Gesetzgeber ausdrücklich oder im Interpretationsweg erschließbar die direkte Anwendung von Verjährungsbestimmungen angeordnet ist. Es gilt daher, jenes Normenmaterial, das vor dem Inkrafttreten des Wald- und Weideservitutenlandesgesetzes 1956 am 14. November 1956 die Einforstungsrechte regelte, daraufhin zu untersuchen, ob es Verjährungsbestimmungen enthält.

    Nach § 2 Abs. 1 des Wald- und Weideservituten-Grundsatzgesetzes, BGBl. Nr. 103/1951, können Nutzungsrechte nicht ersessen werden. Die Verjährung derartiger Rechte durch Nichtausübung findet nicht statt. Dieselben erlöschen auch nicht durch Vereinigung des berechtigten und verpflichteten Gutes in der Hand desselben Eigentümers.

    Das Wald- und Weideservituten-Grundsatzgesetz 1951 enthält lediglich Grundsätze für die Ausführungsgesetzgebung der Länder und ist daher nicht unmittelbar anwendbar. Dasselbe galt für die Verordnung der Bundesregierung vom 30. Juni 1933, BGBl. Nr. 307, mit der unter Berufung auf das Gesetz vom 24. Juli 1917, RGBl. Nr. 307, für die Landesgesetzgebung Grundsätze für die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten aufgestellt wurden und die im § 2 eine mit § 2 des Wald- und Weideservituten-Grundsatzgesetzes 1951 übereinstimmende Bestimmung enthält.

    Mit Kaiserlichem Patent vom 5. Juli 1853, RGBl. Nr. 130, wurden "Bestimmungen über die Regulirung und Ablösung der Holz-, Weide- und Forstproducten-Bezugsrechte, dann einiger Servituts- und gemeinschaftlichen Besitz- und Benützungsrechte" festgesetzt.

    Den Bestimmungen dieses Patentes unterlagen unter anderem:

    "1. Alle wie immer benannten Holzungs- und Bezugsrechte von Holz und sonstigen Forstproducten in oder aus einem fremden Walde;

  1. 2. die Weiderechte auf fremdem Grund und Boden;
  2. 3. alle nicht schon in den Absätzen 1 und 2 mitbegriffenen Feldservituten, bei denen entweder

    a) das dienstbare Gut Wald oder zur Waldcultur gewidmeter Boden ist, oder

    b) ..."

Bis zur Erlassung dieses Patentes galten für Nutzungsrechte der in § 1 Z. 1 bis 3a bezeichneten Art die Bestimmungen des ABGB, insbesondere jene über Dienstbarkeiten. Das Patent schuf Spezialbestimmungen für diese Nutzungsrechte, da das ABGB als nicht ausreichend erkannt wurde (vgl. Schiff, Grundriß des Agrarrechts, 1903, 60). Durch das Patent wurde aber die Anwendung des ABGB nicht zur Gänze ausgeschlossen, sondern nur hinsichtlich der im Patent selbst geregelten Fragen; neben den Bestimmungen des Patentes galten daher auch jene des ABGB für diese Nutzungsrechte (vgl. Schiff, a.a.O., 61). Dies ergibt sich insbesondere auch aus der Anordnung des § 43 des Patentes, welcher folgenden Wortlaut hat:

"Vom Tage der Kundmachung dieses Patentes können Rechte von der Art, welche nach der Bestimmung des § 6, a) von Amtswegen in Verhandlung gezogen werden müssen, nicht mehr ersessen werden, und ein bereits früher angefangener, jedoch nicht bis zur Vollendung der Ersitzung fortgesetzter Besitz ist mit jenem Zeitpuncte für unterbrochen zu achten. Solche Rechte können später überhaupt nicht anders, als durch einen schriftlich ausgefertigten Vertrag, eine letzte Willens-Erklärung oder einen bei der Theilung gemeinschaftlicher Grundstücke erfolgten Rechtspruch nur unter der Bedingung erworben werden, daß die eingeräumte Dienstbarkeit von der Behörde mit den Landesculturs-Rücksichten vereinbar erkannt und deren Ausübung zugelassen werde. In keinem Falle darf bedungen werden, daß die einzuräumende Dienstbarkeit nicht ablösbar sein soll; wäre eine solche Bestimmung beigesetzt worden, so ist solche als ungiltig und nicht beigesetzt zu betrachten."

Einer solchen Anordnung des Ausschlusses bestimmter im ABGB für Dienstbarkeiten vorgesehener Erwerbsarten (wie insbesondere der Ersitzung) hätte es nicht bedurft, wenn durch das Patent eine abschließende, die Geltung des ABGB zur Gänze ausschließende Regelung getroffen worden wäre. Da das Patent zwar den Erwerb von Einforstungsrechten durch Ersitzung, nicht aber das Erlöschen solcher Rechte durch Verjährung ausschloß, fanden im zeitlichen Geltungsbereich des Patentes die Verjährungsbestimmungen des ABGB Anwendung.

Mit Gesetz vom 8. April 1921, LGBl. Nr. 237/1922, traf der steiermärkische Landesgesetzgeber Bestimmungen betreffend Neuordnung und Sicherung der auf Grund des kaiserlichen Patentes vom 5. Juli 1853, RGBl. Nr. 130, regulierten Forstproduktenbezugs- und Weiderechte.

Nach § 1 dieses Gesetzes können die nach dem kaiserlichen Patente vom 5. Juli 1853, RGBl. Nr. 130, regulierten Forstproduktenbezugs- und Weiderechte, einschließlich der damit im Zusammenhange stehenden Feldservituten, welche nicht seither durch ein Erkenntnis der zuständigen Grundlastenbehörde (Grundlastenablösungs-Regulierungs-Landeskommission, Statthalterei, Agrarbehörde) oder durch einen von diesen Behörden genehmigten Vergleich rechtskräftig aufgehoben wurden oder erloschen sind, vom Beginn der Wirksamkeit dieses Gesetzes nur nach den Bestimmungen dieses Gesetzes neu geordnet oder gesichert werden. Eine Ersitzung von Forstproduktenbezugs- und Weiderechten findet nicht statt.

Nach § 3 dieses Gesetzes bildet Nichtausübung der ausübbaren Servitutsrechte durch einen Zeitraum von weniger als 30 Jahren keinen Erlöschungsgrund.

Der Begriff "Neuordnung" in § 1 des Gesetzes LGBl. Nr. 237/1922 bezieht sich auf die durch eine Regulierung nach dem kaiserlichen Patent aus dem Jahre 1853 geschaffene Ordnung. Eine Neuordnung umfaßt demnach jede Änderung gegenüber der durch eine Regulierung geschaffenen Ordnung. Durch eine solche Regulierung wurden Rechte und Pflichten der Eigentümer der von der Regulierung betroffenen Grundstücke geregelt. Ein durch Verjährung bewirktes Erlöschen dieser Rechte und Pflichten würde eine Änderung dieser Ordnung und damit eine Neuordnung darstellen. Eine solche konnte nach § 1 des Gesetzes aber ab seinem Inkrafttreten nur mehr nach den Bestimmungen dieses Gesetzes erfolgen. Eine solche Neuordnung konnte nach § 4 leg. cit. in der Neuregelung der Servitutsrechte zur Sicherstellung der Nutzung für den Berechtigten oder in der Ablösung derselben gegen Grund und Boden oder gegen Geld bestehen. Die Neuordnung konnte nur im Rahmen eines Neuordnungsverfahrens vor der Agrarbehörde durchgeführt werden (§§ 39 ff des Gesetzes LGBl. Nr. 237/1922). Eine Verjährung ist in diesem Gesetz nicht vorgesehen. Das Gesetz LGBl. Nr. 237/1922 hat für Veränderungen an Einforstungsrechten - einschließlich ihres Erlöschens - eine abschließende Regelung getroffen, neben der - anders als nach dem kaiserlichen Patent aus dem Jahre 1853 - für die Anwendung von Bestimmungen des ABGB über die Verjährung kein Raum mehr blieb.

An diesem Ergebnis ändern weder § 1 letzter Satz des Gesetzes LGBl. Nr. 237/1922 noch § 3 leg. cit. etwas.

Nach § 1 letzter Satz leg. cit. findet eine Ersitzung von Forstproduktenbezugs- und Weiderechten nicht statt. § 1 erster Satz des Gesetzes bezieht sich - wie dargelegt - auf bereits bestehende Einforstungsrechte und unterwirft sie einer abschließenden Regelung. Die Ersitzung bezieht sich aber nicht auf bereits bestehende Einforstungsrechte, sondern auf die Begründung neuer, einen Vorgang also, der von § 1 erster Satz des Gesetzes nicht erfaßt ist. Es bedurfte daher der Anordnung des § 1 zweiter Satz, um einen Neuerwerb von Einforstungsrechten durch Ersitzung auszuschließen.

Nach § 3 des Gesetzes bildet Nichtausübung der ausübbaren Servitutsrechte durch einen Zeitraum von weniger als 30 Jahren keinen Erlöschungsgrund. Die Bedeutung dieser Bestimmung erhellt aus dem Zusammenhang mit § 1 erster Satz leg. cit. § 1 erster Satz des Gesetzes LGBl. Nr. 237/1922 unterwirft alle Einforstungsrechte, welche nicht seit ihrer Regulierung auf Grund des kaiserlichen Patentes vom 5. Juli 1853 durch ein Erkenntnis der zuständigen Grundlastenbehörde oder durch einen von diesen Behörden genehmigten Vergleich rechtskräftig aufgehoben wurden oder erloschen sind, den Bestimmungen dieses Gesetzes. § 1 erster Satz des Gesetzes LGBl. Nr. 237/1922 geht davon aus, daß es vor seinem Inkrafttreten auf zweierlei Weise zum Verlust von Einforstungsrechten kommen konnte, nämlich einerseits durch Erkenntnis der zuständigen Grundlastenbehörde oder durch einen von diesen Behörden genehmigten Vergleich und andererseits durch ein Erlöschen. Die Erlöschensgründe werden nicht im einzelnen aufgezählt; es wird lediglich in § 3 klargestellt, daß Nichtausübung der ausübbaren Servitutsrechte durch einen Zeitraum von weniger als 30 Jahren keinen Erlöschungsgrund bildet. § 3 bezieht sich demnach nur auf den Zeitraum vor dem Inkrafttreten des Gesetzes LGBl. Nr. 237/1922; auf den Zeitraum danach kann er nicht bezogen werden, ohne in Widerspruch zu der abschließenden, ein Erlöschen nicht mehr vorsehenden Regelung des § 1 des Gesetzes zu kommen.

Gegen die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes

LGBl. Nr. 237/1922 bestehen keine Bedenken.

Nach Art. 12 Abs. 1 Z. 6 B-VG, BGBl. Nr. 1/1920, war Bundessache die Gesetzgebung über die Grundsätze, Landessache die Erlassung von Ausführungsgesetzen und die Vollziehung in Angelegenheiten der Bodenreform, insbesondere agrarische Operationen und Wiederbesiedelung.

Die Kompetenzverteilung der Art. 10 bis 15 B-VG trat nach den Bestimmungen des Verfassungsübergangsgesetzes 1920, BGBl. Nr. 2 idF der Novelle BGBl. Nr. 269/1925, erst mit 1. Oktober 1925 in Kraft. Bis dahin galt die bisherige, aus der Monarchie stammende Zuständigkeitsverteilung zwischen Staat und Ländern weiter. Es waren dies die §§ 11 und 12 des Gesetzes vom 21. Dezember 1867, RGBl. Nr. 141, wodurch das Grundgesetz über die Reichsvertretung vom 26. Februar 1861 abgeändert wird, sowie die Landesordnungen (vgl. Kelsen-Fröhlich-Merkl, Die Verfassungsgesetze der Republik Österreich, 5. Teil, 320 ff). Nach § 18 Abs. 1 Z. 1 der Landesordnung für Steiermark gehörten zu den in die Gesetzgebung des Landes fallenden Landesangelegenheiten "alle Anordnungen im Betreff der Landeskultur". Zur "Landeskultur" zählten auch die Angelegenheiten der Servitutenregulierung (vgl. Mayrhofer-Pace, Handbuch für den politischen Verwaltungsdienst5, 1900, Bd VI, 1 ff).

Nach § 12 des Gesetzes vom 21. Dezember 1867, RGBl. Nr. 141 idF des Art. III des Gesetzes vom 26. Jänner 1907, RGBl. Nr. 15, konnte in Angelegenheiten, welche auf Grund der Landesordnungen und des Staatsgrundgesetzes zum Wirkungskreise der Landesgesetzgebung gehörten, letztere die zur Regelung des Gegenstandes erforderlichen Bestimmungen auch auf dem Gebiet des Zivilrechts treffen.

Weiters findet das Gesetz LGBl. Nr. 237/1922 eine verfassungsrechtliche Absicherung auch in § 3 Abs. 1 des Verfassungsübergangsgesetzes 1920 idF der Novelle 1925. Danach blieben die Landesgesetze, die die im Art. 12 des Bundes-Verfassungsgesetzes aufgezählten Angelegenheiten regelten, weiter Landesgesetze im Sinne des Bundes-Verfassungsgesetzes. Diese Bestimmung erfaßte alle vor dem 1. Oktober 1925 erlassenen Landesgesetze, die die im Art. 12 B-VG aufgezählten Angelegenheiten regelten (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 871). Die Anordnung der "Weitergeltung" solcher Gesetze durch ein Verfassungsgesetz bedeutet auch, daß sie damit auch eine einwandfreie verfassungsrechtliche Grundlage hatten.

Als Ergebnis ist festzuhalten, daß ab dem Inkrafttreten des Gesetzes LGBl. Nr. 237/1922 in der Steiermark ein Erlöschen von Einforstungsrechten durch Verjährung nicht mehr möglich war. Daß die in Rede stehenden Einforstungsrechte bis zu diesem Zeitpunkt bereits verjährt gewesen seien, wurde von der beschwerdeführenden Partei selbst nicht behauptet; sie hat lediglich ausgeführt, etwa seit der Jahrhundertwende seien die Weide- und Holzbezugsrechte nicht mehr ausgeübt worden. Durch Verjährung sind diese Rechte daher nicht erloschen.

Die beschwerdeführende Partei hat ihre Auffassung, diese Rechte seien bereits erloschen, auch auf den Inhalt des Übereinkommens aus dem Jahre 1912 , auf die Tatsache, daß das Weide- und Zaunholzbezugsrecht von dem an diesem Übereinkommen beteiligten J.H. tatsächlich bis zu seinem Tod 1974 nie ausgeübt worden sei und daß die im Übereinkommen ebenso wie das Weide- und Zaunholzbezugsrecht nicht angeführten Miteigentumsanteile an der F-Alm, EZ 103, mit Amtsbericht vom 11. März 1957 als gegenstandslos gelöscht worden seien, gestützt.

Was den Inhalt des Übereinkommens aus dem Jahre 1912, welches im Zuge eines die EZ 57 betreffenden Tauschgeschäftes abgeschlossen wurde, betrifft, so schließt die beschwerdeführende Partei, wie sich aus ihrem Vorbringen im Verwaltungsverfahren ergibt, aus dem Umstand, daß dem Erwerber der EZ 57 das Recht eingeräumt wurde, in einem befristeten Zeitraum von sechs Jahren maximal 25 Stück Vieh in die M-Alm und G-Alm aufzutreiben, daß von den Vertragsparteien die Einforstungsrechte als nicht mehr bestehend angesehen worden seien, weil es sonst einer solchen Abmachung nicht bedurft hätte. Diese Auffassung trifft schon deswegen nicht zu, weil die Einforstungsrechte lediglich den Auftrieb von elf Stück Hornvieh vorsahen, während in dem Übereinkommen aus dem Jahre 1912 von 25 Stück Vieh die Rede ist, eine Zahl also, die durch die Einforstungsrechte nicht gedeckt gewesen wäre.

Der Umstand, daß die Einforstungsrechte allenfalls bis zum Jahr 1964 nicht ausgeübt wurden und daß Miteigentumsanteile an der Liegenschaft EZ 103 mit Amtsbericht vom 11. März 1957 als gegenstandslos gelöscht wurden, berechtigt nicht zu der Annahme, die Parteien des Übereinkommens aus dem Jahre 1912 hätten die Einforstungsrechte nicht mitübertragen wollen. Dagegen spricht eindeutig der von der beschwerdeführenden Partei im Verwaltungsverfahren selbst angeführte Passus im Tauschvertrag, wonach der Tausch der Liegenschaft jeweils mit allen Rechten, wie sie die Tauschenden selbst besessen und benützt haben oder zu besitzen und zu benützen berechtigt gewesen wären, erfolgte. Durch die im Jahre 1897 erfolgte Vereinigung von herrschendem und dienendem Gut waren nämlich die Einforstungsrechte nicht endgültig untergegangen; sie lebten nach § 526 ABGB mit der Trennung von belasteter und berechtigter Liegenschaft wieder auf.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

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