Normen
ABGB §431;
AWG 1990 §18 Abs2;
AWG 1990 §3 Abs1;
AWG 1990 §3 Abs2;
AWG 1990 §32 Abs1;
AWG 1990 §32 Abs2;
AWG 1990 §32;
GBG §4;
VwRallg;
ABGB §431;
AWG 1990 §18 Abs2;
AWG 1990 §3 Abs1;
AWG 1990 §3 Abs2;
AWG 1990 §32 Abs1;
AWG 1990 §32 Abs2;
AWG 1990 §32;
GBG §4;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 21. Jänner 1994 wurde der Beschwerdeführerin "als Grundeigentümerin des Grundstückes aufgetragen, die in einer Entfernung von ca. 80 m östlich des Hauses X, in der V-förmig ausgebildeten Geländemulde in einem Ausmaß von ca. 20 m3 gelagerten Problemstoffe, wie insbesondere Dosen mit Farb- bzw. Lackresten, Spraydosen, Behälter mit Motorölen, Wasserglas, Speiseöle, Reinigungsmittel, gebrauchte Batterien, sonstige Abfälle wie Flaschen, Eternitplattenreste, Eisenreifen, Kleider sowie den durch diese Abfälle verunreinigten Boden umgehend, längstens jedoch bis zum 31.3.1994 einer ordnungsgemäßen Entsorgung zuzuführen".
Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Abfallwirtschaftsgesetzes, BGBl. Nr. 325/1990, haben nachstehenden Wortlaut:
"Behandlungsaufträge
§ 32. (1) Werden Problemstoffe und Altöle aus privaten Haushalten und vergleichbaren Einrichtungen nicht gemäß § 12 gelagert oder entsorgt, werden andere Abfälle - soweit für diese Abfälle Bestimmungen hinsichtlich Sammlung, Lagerung, Behandlung und Transport in diesem Bundesgesetz vorgesehen sind - oder Altöle nicht gemäß den §§ 16 bis 18 entsorgt oder werden sie entgegen den §§ 19, 20 und §§ 28 bis 30 befördert, gelagert oder behandelt oder ist die schadlose Behandlung der Abfälle oder Altöle und des durch sie verunreinigten Bodens zur Vermeidung von Beeinträchtigungen im Sinne des § 1 Abs. 3 geboten, so hat die Bezirksverwaltungsbehörde die entsprechenden Maßnahmen dem Verpflichteten aufzutragen oder bei Gefahr im Verzug unmittelbar anzuordnen und gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten nötigenfalls unverzüglich durchführen zu lassen. Dies gilt sinngemäß in den Fällen des § 37 Abs. 3 für die unverzügliche Wegbringung vom Arbeitsplatz des Zollamtes.
(2) Ist der gemäß Abs. 1 Verpflichtete nicht feststellbar, zur Entsorgung rechtlich nicht imstande oder kann er aus sonstigen Gründen dazu nicht verhalten werden, so ist der Auftrag unter den Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 und 4 dem Eigentümer der Liegenschaft, auf der sich die im Abs. 1 genannten Abfälle befinden, zu erteilen; dessen Ersatzansprüche gegen den gemäß Abs. 1 Verpflichteten bleiben unberührt.
...
Pflichten von Gemeinden und Liegenschaftseigentümern
§ 18. (1) ...
(2) Nach Maßgabe des § 32 hat der Liegenschaftseigentümer, auf dessen Grundstück gefährliche Abfälle und Altöle widerrechtlich zurückgelassen wurden, diese, wenn er der Ablagerung zugestimmt oder sie freiwillig geduldet hat und ihm zumutbare Abwehrmaßnahmen unterlassen hat, auf seine Kosten gemäß § 17 zu entsorgen ..."
Unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides bringt die Beschwerdeführerin vor, die belangte Behörde sei zu Unrecht davon ausgegangen, daß sie nach wie vor grundbücherliche Eigentümerin der in Rede stehenden Liegenschaft und als solche für die Entfernung der Abfälle zuständig sei. Auf Grund des Kaufvertrages vom 24. März 1992 sei nämlich das Eigentumsrecht des Peter S. an dieser Liegenschaft "als Vormerkung eingetragen". Der Umstand, daß das Eigentumsrecht des Genannten nur vorgemerkt sei, gehe nicht zu Lasten der Beschwerdeführerin.
In Erwiderung auf diese Ausführungen ist darauf hinzuweisen, daß die Frage, wer Eigentümer ist, nach den Bestimmungen des Zivilrechtes beantwortet werden muß. Gemäß dem im § 431 ABGB und im Allgemeinen Grundbuchsgesetz verankerten Eintragungsgrundsatz (Intabulationsprinzip) kann die Erwerbung, Übertragung, Beschränkung und Aufhebung bücherlicher Rechte nur durch Eintragung im Grundbuch bewirkt werden. Vom Eintragungsgrundsatz bestehen zwar Ausnahmen (z.B. Erwerb des Erben durch Einantwortung, Erwerb des Erstehers bei einer Zwangsversteigerung durch Zuschlag, Erwerb durch Enteignung entsprechend den jeweiligen Verwaltungsvorschriften, Erwerb durch Ersitzung nach Zeitablauf), doch gehört die Übergabe eines Grundstückes in den Besitz auf Grund eines Kaufvertrages nicht zu diesen Ausnahmen. Der Erwerb einer Liegenschaft hat auf Grund des Kaufvertrages lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch auf Verschaffung des Eigentums (vgl. dazu u.a. das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 1975, Zl. 2003/74). Die Beschwerdeführerin geht selbst ausdrücklich davon aus, daß das Eigentumsrecht des Peter S. "noch nicht endgültig einverleibt" worden ist, weshalb der belangten Behörde nicht vorgeworfen werden kann, die Beschwerdeführerin zu Unrecht als Liegenschaftseigentümerin im Sinne des § 18 Abs. 2 des Abfallwirtschaftsgesetzes angesehen und ihr daher die Entfernung der Abfälle aufgetragen zu haben. Der schon in der Sachverhaltsdarstellung der Beschwerde erwähnte Umstand, "die Übergabe und Übernahme der Liegenschaft in den tatsächlichen Besitz und Genuß des Käufers" sei bereits im Februar 1992 erfolgt und seither werde die Liegenschaft von der Beschwerdeführerin "nicht mehr benützt", vermag daher nichts daran zu ändern, daß die Beschwerdeführerin, und nicht der erwähnte Peter S., dessen Eigentumsrecht noch nicht im Grundbuch einverleibt war, jedenfalls auch im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides - immer noch - bücherliche Eigentümerin der Liegenschaft und sohin als Liegenschaftseigentümerin im Sinne der zitierten Vorschrift des Abfallwirtschaftsgesetzes anzusehen war, sodaß der im Gegenstande ergangene Auftrag unter diesem Gesichtspunkt zu Recht an die Beschwerdeführerin erteilt worden ist.
Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausgeführt, das Vorbringen der Beschwerdeführerin, sie sei nicht Verursacherin der Ablagerungen, gehe insoferne ins Leere, als sie als Liegenschaftseigentümerin zur Verantwortung gezogen werde und ihre Angaben überdies keinen Beweis dafür liefern, daß eine andere Person, nämlich der genannte Peter S., als Verursacher der Ablagerungen in Frage komme. Nach Erörterungen der Beweislage kam die belangte Behörde sodann zu dem Ergebnis, daß ein konkreter Verursacher der Ablagerung, und somit ein Verpflichteter gemäß § 32 Abs. 1 des Abfallwirtschaftsgesetzes, nicht feststellbar sei. Genau für diesen Fall bestimme das Gesetz, daß unter den bestimmten Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 leg. cit. die Verpflichtung zur Beseitigung von Abfällen den Liegenschaftseigentümer treffe.
Unter Bezugnahme auf diese Regelung macht die Beschwerdeführerin geltend, sie habe der Ablagerung weder zugestimmt noch diese freiwillig geduldet, wofür das Beweisverfahren auch keine Anhaltspunkte ergeben habe. Schon die Behörde erster Instanz habe daher bemerkt, daß eine eindeutige Zuordnung, wer als Verursacher bzw. als Verpflichteter anzusehen sei, nicht vorgenommen werden könne.
Zu diesen Ausführungen ist zu bemerken, daß nach der schon vorstehend wörtlich wiedergegebenen, von der belangten Behörde ausdrücklich als Rechtsgrundlage des erteilten Entfernungsauftrages herangezogenen Vorschrift des § 18 Abs. 2 leg. cit. der Liegenschaftseigentümer, auf dessen Grundstück gefährliche Abfälle widerrechtlich zurückgelassen wurden, diese unter der Voraussetzung auf seine Kosten zu entsorgen hat, daß
ER DER ABLAGERUNG ZUGESTIMMT ODER SIE FREIWILLIG GEDULDET HAT
und ihm zumutbare Abwehrmaßnahmen unterlassen hat. Der Beschwerdeführerin durfte daher ein Auftrag im Sinne des § 32 leg. cit. nur dann erteilt werden, wenn davon auszugehen war, daß die den Gegenstand des Auftrages bildenden Abfälle mit ihrer Zustimmung oder freiwilligen Duldung auf ihrer Liegenschaft abgelagert worden sind, und überdies nachgewiesen ist, daß sie diesbezügliche zumutbare Abwehrmaßnahmen unterlassen hat. Die belangte Behörde, hat zwar angesichts der Regelung des § 32 Abs. 2 leg. cit. zutreffend die Auffassung vertreten, daß dem Eigentümer der Liegenschaft dann ein Behandlungsauftrag zu erteilen ist, wenn ein Verpflichteter gemäß Abs. 1 dieser Gesetzesstelle nicht feststellbar ist, aber jegliche Auseinandersetzung mit der Frage unterlassen, ob die Beschwerdeführerin als Liegenschaftseigentümerin der Ablagerung zugestimmt oder sie freiwillig geduldet sowie ihr zumutbare Abwehrmaßnahmen unterlassen hat. Der in diesem Zusammenhang gegebene Hinweis der belangten Behörde, der Beschwerdeführerin sei "ständig bekannt" gewesen, "daß Abfälle auf ihrem Grundstück widerrechtlich abgelagert wurden", und nach den Berufungsausführungen der Beschwerdeführerin hätten "nach dem 6.9.1992 umfangreiche Ablagerungen stattgefunden", rechtfertigt noch nicht die gesicherte Annahme, daß damit die eben erwähnten Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 leg. cit. erfüllt sind, weil der Umstand, daß der Beschwerdeführerin die Ablagerungen "bekannt" gewesen sind, noch nicht die Schlußfolgerung zuläßt, daß sie diesem Vorgang zugestimmt oder ihn freiwillig geduldet hat. Ohne Vorliegen dieser Voraussetzung braucht nicht erörtert zu werden, ob die Beschwerdeführerin ihr zumutbare Abwehrmaßnahmen gegen diese Ablagerung gesetzt hat, weil dieser Frage nach dem eindeutigen Wortlaut des § 18 Abs. 2 leg. cit. nur unter der - von der belangten Behörde nach der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht erkennbar geprüften - Voraussetzung Bedeutung zukommt, daß der Liegenschaftseigentümer der Ablagerung zugestimmt oder sie freiwillig geduldet hat. Es kann daher auch dahingestellt bleiben, ob die Ansicht der belangten Behörde zutrifft, daß die Beschwerdeführerin "der Ablagerung völlig gleichgültig gegenübergestanden ist". Der belangten Behörde ist sohin ein im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG erheblicher Verfahrensmangel anzulasten, weil nicht ausgeschlossen werden kann, daß sie im Falle eines Eingehens auf das Vorliegen der in Rede stehenden Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 des Abfallwirtschaftsgesetzes zu einem für die Beschwerdeführerin günstigeren Ergebnis gekommen wäre.
Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben, wobei für das fortgesetzte Verfahren aus prozeßökonomischen Gründen noch darauf hingewiesen wird, daß die belangte Behörde auch nicht gefährliche Abfälle zum Gegenstand des erteilten Behandlungsauftrages gemacht hat, obwohl das Abfallwirtschaftsgesetz gemäß dessen § 3 Abs. 1 für gefährliche Abfälle gilt und die Regelungen des § 32 sowie des § 18 Abs. 2 leg. cit. gemäß dessen § 3 Abs. 2 für nicht gefährliche Abfälle nicht gelten. Daß ein Auftrag gemäß § 32 leg. cit. auch für nicht gefährliche Abfälle erteilt werden darf, wenn sie gemeinsam mit gefährlichen Abfällen abgelagert worden sind, kann dem Gesetz nicht entnommen werden.
Mit der Entscheidung über die Beschwerde ist der Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, gegenstandslos geworden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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