Normen
AVG §59 Abs1;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
AVG §8;
BauO NÖ 1976 §118 Abs9;
BauRallg;
B-VG Art119a Abs5;
VwRallg;
AVG §59 Abs1;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
AVG §8;
BauO NÖ 1976 §118 Abs9;
BauRallg;
B-VG Art119a Abs5;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 23. Juli 1993 wurde der erstmitbeteiligten Partei dieses verwaltungsgerichtlichen Verfahrens die baubehördliche Bewilligung zur Errichtung einer Wohnhausanlage mit 17 Wohnungen und gleichvielen Pkw-Abstellplätzen auf den Grundstücken Nr. 1032/1, 1033/1 und 1856/1 erteilt. Auf die von der Beschwerdeführerin als Anrainerin rechtzeitig schriftlich erhobenen Einwendungen wurde in diesem Bescheid nicht eingegangen.
Die dagegen eingebrachte Berufung der Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 8. Oktober 1993 gemäß § 66 Abs. 4 AVG im wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, daß es sich bei den Einwendungen der Beschwerdeführerin lediglich um solche zivilrechtlicher Natur handle, welche gemäß § 99 Abs. 4 der NÖ Bauordnung 1976 auf den Rechtsweg zu verweisen seien.
Mit Bescheid der NÖ Landesregierung vom 30. Dezember 1993 wurde der gegen diesen Berufungsbescheid eingebrachten Vorstellung der Beschwerdeführerin "teilweise Folge gegeben und der angefochtene Bescheid insoweit aufgehoben, als die Berufung gegen die mit dem Bescheid vom 23. Juli 1993 ... erteilte Baubewilligung für Abstellplätze abgewiesen wurde; in diesem Umfange wird die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat der Stadtgemeinde zurückverwiesen. Im übrigen wird die Vorstellung als unbegründet abgewiesen."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende
Beschwerde, entsprechend den Beschwerdeausführungen allerdings
nur "insoweit, als der Berufung (Vorstellung)" der
Beschwerdeführerin "gegen den Bescheid des Gemeinderates der
Stadtgemeinde vom 8.10.1993 ... betreffend die Baubewilligung
für eine Wohnhausanlage ... keine Folge gegeben wurde".
Über diese Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf "Versagen einer baubehördlichen Bewilligung für eine Wohnhausanlage mit 17 Wohnungen ... sowie in ihrem subjektiven Recht auf einheitliche Entscheidung der Verwaltungsbehörde, sowie in ihrem subjektiv-öffentlichen Recht als Anrainer auf Einhaltung der auf Grund des Flächenwidmungsplanes gegebenen Bauvorschriften, insbesondere soweit sie sich auf die erforderliche Erhaltung des alten Ortsbildes unter Berücksichtigung der bereits bestehenden Baulichkeiten und auf die Berücksichtigung der Lebensqualität bereits ansässiger Ortsangehöriger beziehen", verletzt.
Zu diesem Beschwerdepunkt (§ 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG) ist zunächst festzustellen, daß das Mitspracherecht der Nachbarn im Baubewilligungsverfahren nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in zweifacher Hinsicht beschränkt ist:
Es besteht einerseits nur insoweit, als den Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen. Darüber hinaus ergibt sich aus § 42 Abs. 1 und 2 AVG, daß ein ordnungsgemäß zur Bauverhandlung geladener Nachbar nur dann mit seinen Einwendungen durchdringen kann, wenn er sie rechtzeitig vor oder während der Verhandlung vorgebracht hat; hinsichtlich später erhobener Einwendungen ist ein Nachbar als präkludiert anzusehen (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.317/A). In diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof auch zum Ausdruck gebracht, daß die Prüfungsbefugnis der Berufungsbehörde im Falle einer beschränkten Parteistellung des Berufungswerbers, wie es für den Nachbarn im Baubewilligungsverfahren typisch ist, auf jenen Themenkreis eingeschränkt ist, in dem diese Partei mitzuwirken berechtigt ist. Die eingetretene Präklusion ist sowohl von der Berufungsbehörde als auch vom Verwaltungsgerichtshof zu beachten.
Gemäß § 118 Abs. 9 der NÖ Bauordnung 1976 werden subjektiv-öffentliche Rechte der Anrainer durch jene Vorschriften begründet, welche nicht nur den öffentlichen Interessen dienen, sondern im Hinblick auf die räumliche Nähe auch dem Anrainer. Hiezu gehören insbesondere die Bestimmungen über
- 1. den Brandschutz;
- 2. den Schutz vor anderen Gefahren, die sich auf die Anrainergrundstücke ausdehnen können;
3. die sanitären Rücksichten wegen ihres Einflusses auf die Umgebung;
4. die Bebauungsweise, die Bebauungshöhe und die Abstände der Fluchtlinien zur Erzielung einer ausreichenden Belichtung.
Unter Bedachtnahme auf diese Rechtslage ist festzuhalten, daß die Beschwerdeführerin in ihrem rechtzeitig erhobenen "Einspruch" vom 9. August 1988 im wesentlichen lediglich deshalb Einwendungen gegen das in Rede stehende Bauvorhaben erhoben hat, weil sie davon ausgeht, daß im Falle der Verwirklichung desselben "die Lebensqualität stark herabgesetzt" werden wird, Belästigungen durch "Ruß und Abgase" entstehen werden, welche von den Wohnungen zu erwarten seien, und Beeinträchtigungen durch die "Autoabstellplätze" zu befürchten seien. Durch "all diese Umstände" werde sich der Wert der Liegenschaft beträchtlich vermindern.
Soweit die Beschwerdeführerin damit Einwendungen gegen die Errichtung von 17 Pkw-Abstellplätzen erhoben hat, ist daran zu erinnern, daß die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid der Vorstellung der Beschwerdeführerin gegen den Berufungsbescheid insoweit Folge gegeben hat, als die Baubewilligung für diese Abstellplätze erteilt worden ist, sodaß das Baubewilligungsverfahren in dieser Hinsicht fortgesetzt werden wird, um zu prüfen, ob die Beschwerdeführerin durch diesen Teil des Vorhabens in ihren subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten verletzt wird. Durch die damit gegebene - an sich unzulässige - verfahrensrechtliche Trennung des Bauvorhabens werden keine Rechte der Beschwerdeführerin verletzt, weil sie die Möglichkeit hat, im fortgesetzten Verfahren auf Gemeindeebene ihre subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte hinsichtlich dieses Teiles des Bauvorhabens geltend zu machen, welcher auf Grund des angefochtenen Bescheides als nicht bewilligt anzusehen ist, sodaß die Abstellplätze erst nach Rechtskraft eines im fortgesetzten Verfahren zu erlassenden diesbezüglichen Bewilligungsbescheides als solche benützt werden dürfen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 24. September 1991, Zl. 91/05/0071).
Zu den übrigen, vorstehend wiedergegebenen Einwendungen der Beschwerdeführerin ist zu bemerken, daß sich aus § 118 Abs. 9 der NÖ Bauordnung 1976 kein subjektiv-öffentliches Recht des Anrainers ableiten läßt, vor einem Verlust an "Lebensqualität" geschützt zu werden, welcher mit der Errichtung zusätzlicher Wohngebäude verbunden sein mag, solange nicht Immissionen zu befürchten sind, denen nach dieser Bestimmung aus der Sicht des Anrainers Bedeutung beizumessen sind. Der rechtzeitig erhobenen Einwendung der Beschwerdeführerin, wonach derartige Immissionen durch die Beheizung der zu schaffenden Wohnungen zu erwarten seien, muß allerdings entgegengehalten werden, daß mit keinen diesbezüglichen Beeinträchtigungen der Beschwerdeführerin zu rechnen ist, weil nach der Baubeschreibung und dem Ergebnis der Bauverhandlung eine elektrische Beheizung der Wohnungen vorgesehen ist. Schließlich ist festzuhalten, daß die Einwendung, wonach der Wert der Liegenschaft der Beschwerdeführerin im Falle der Verwirklichung des Bauvorhabens "beträchtlich" vermindert wird, als privatrechtlich zu beurteilen ist, weshalb die Beschwerdeführerin daraus keinen Anspruch auf die Abweisung des Bauansuchens der mitbeteiligten Bauwerberin ableiten kann (vgl. dazu Hauer, Der Nachbar im Baurecht, 3. Auflage, S. 68 f).
Auf das nicht den vorstehend behandelten Themen gewidmete Beschwerdevorbringen braucht nicht eingegangen zu werden, weil die Beschwerdeführerin in dieser Hinsicht auch dann als präkludiert anzusehen ist, wenn ihr diesbezüglich auf dem Boden des § 118 Abs. 9 der NÖ Bauordnung 1976 ein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht zustehen sollte. Die Beschwerdeführerin kann daher in dieser Hinsicht auch nicht im wiedergegebenen Beschwerdepunkt (§ 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG) verletzt sein.
Da der belangten Behörde im übrigen in dem nicht von der Präklusion erfaßten Themenbereich keine im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG wesentliche Verletzung von Verfahrensvorschriften angelastet werden kann, hat sie der Vorstellung der Beschwerdeführerin in bezug auf den nicht die Abstellplätze betreffenden Teil des Bauvorhabens mit Recht keine Folge gegeben, weshalb sich die Beschwerde als unbegründet erweist. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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