Normen
AVG §8;
BAO §78 impl;
JagdG NÖ 1974 §12;
JagdG NÖ 1974 §17;
JagdG NÖ 1974 §7 Abs4;
JagdG NÖ 1974 §7 Abs5;
JagdG NÖ 1974 §7;
JagdRallg;
VwGG §34 Abs1;
AVG §8;
BAO §78 impl;
JagdG NÖ 1974 §12;
JagdG NÖ 1974 §17;
JagdG NÖ 1974 §7 Abs4;
JagdG NÖ 1974 §7 Abs5;
JagdG NÖ 1974 §7;
JagdRallg;
VwGG §34 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Niederösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.980,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 9. Februar 1993, Zl. 9-J-92179/1, betreffend Jagdgebietsfeststellung im Gemeindegebiet R und Bewilligung eines Zuchtgeheges erteilte die Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt der Beschwerdeführerin die Bewilligung zur Errichtung eines Zuchtgeheges für zehn Stück Rotwild und drei Stück Rehwild auf im einzelnen bezeichneten Grundstücken der im Eigentum der Beschwerdeführerin befindlichen Liegenschaft EZ 14 KG R (Spruchpunkt IIIb). Die mitbeteiligte Partei (Jagdgenossenschaft R) brachte Berufung gegen diesen Bescheid ein und beantragte, die Genehmigung zur Errichtung des Zuchtgeheges zu versagen, weil das Jagdgebiet der Genossenschaftsjagd R durch das Zuchtgehege zerstückelt werden würde.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung Folge, hob den angefochtenen Bescheid hinsichtlich Spruchpunkt IIIb auf und wies den Antrag der Beschwerdeführerin auf Bewilligung eines Zuchtgeheges ab. In Abänderung des Spruchpunktes VI (Kosten) des erstinstanzlichen Bescheides hob sie die Vorschreibung von Landesverwaltungsabgaben gegenüber der Beschwerdeführerin (S 1.700,--) auf und erhöhte die Vorschreibung von Landesverwaltungsabgaben gegenüber der mitbeteiligten Partei (von S 1.089,-- auf S 1.134,--).
Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete - wie auch die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 7 des Niederösterreichischen Jagdgesetzes 1974, LGBl. Nr. 6500-9 (JG), lautet:
"(1) Die Befugnis zur Eigenjagd steht ferner dem Eigentümer einer zusammenhängenden Grundfläche von mindestens 115 ha zu, welche der Wildhege gewidmet und hiefür geeignet ist und die gegen das Auswechseln des gehegten Schalenwildes nach allen anderen benachbarten Grundstücken und gegen das Einwechseln von Schalenwild vollkommen abgeschlossen ist (Jagdgehege).
(2) Abgeschlossene Flächen auch geringeren Ausmaßes, auf denen vom Grundeigentümer Wild gehalten wird und die der Schau oder Zucht von Wild dienen, bilden Schau- und Zuchtgehege. Die Anlage von Schau- und Zuchtgehegen bedarf der Bewilligung der Bezirksverwaltungsbehörde.
(3) Die Bewilligung von Schaugehegen ist zu erteilen, wenn diese für die Allgemeinheit zugänglich sind; der Haltung vorwiegend heimischer oder solcher Wildarten dienen, die vom Aussterben bedroht sind; ein den gehaltenen Wildarten angepaßtes Biotop aufweisen; über ausreichende natürliche und künstliche Fütterungsmöglichkeiten verfügen; die Tierhaltung im Sinne tierschutzrechtlicher und veterinärpolizeilicher Vorschriften ermöglichen; soweit wegen des Ausmaßes erforderlich, über gut begehbare markierte Wege, Rastplätze mit Bänken und Tischen sowie über ausreichende hygienische Anlagen (Abfallbehälter, Toilettenanlagen) und innerhalb oder außerhalb des Geheges über Parkplätze verfügen.
(4) Die Bewilligung für Zuchtgehege ist zu erteilen, wenn diese so beschaffen sind, daß in ihnen unter Bedachtnahme auf Auslesegrundsätze die Zucht hochwertigen Wildes für Wildforschungszwecke oder überwiegend zum Zwecke der Abgabe lebender Zuchtprokdukte an Wildgehege oder in die freie Wildbahn möglich ist, Isolierungsgehege oder -ställe besitzen sowie die Tierhaltung im Sinne tierschutzrechtlicher und veterinärpolizeilicher Vorschriften ermöglichen.
(5) Die Bewilligung für Schau- und Zuchtgehege ist bis längstens sechs Monate vor Ende der laufenden Jagdperiode zu beantragen und wird mit Beginn der der Bewilligung folgenden Jagdperiode wirksam. Schau- und Zuchtgehege müssen von einer jagdpachtfähigen Person verwaltet und unter ständiger tierärztlicher Kontrolle gehalten werden. Über tierärztliche Untersuchungen sind in einem Gehegebuch vom Tierarzt die Untersuchungsergebnisse festzuhalten. Im Gehegebuch sind auch alle Todes- und Krankheitsfälle sowie die Zu- und Abgänge einzutragen. Das Gehegebuch ist der Bezirksverwaltungsbehörde (Amtstierarzt) stets zur Einsichtnahme zur Verfügung zu stellen.
(6) Das Aneignungsrecht durch Fangen hinsichtlich des in Schau- und Zuchtgehegen gehaltenen Wildes steht ausschließlich dem Eigentümer dieser Gehege zu. Ein Abschuß bedarf der Bewilligung der Bezirksverwaltungsbehörde. Die Bewilligung ist nur zu erteilen, soweit dies zur Beseitigung minderwertiger, kranker oder seuchenverdächtiger Wildstücke erforderlich ist.
(7) Wenn anerkannten Jagdgehegen gleichzeitig die Eigenschaften als Schau- oder Zuchtgehegen zukommt, so sind sie von den entsprechenden Vorschriften der Abs. 3 bis 6 ausgenommen.
(8) Die Bezirksverwaltungsbehörde hat für die einzelnen Wildgehege jeweils die Höchstzahl des zu haltenden Wildes zu bestimmen, die nicht überschritten werden darf. Bei Überschreitung der Höchstzahl hat die Bezirksverwaltungsbehörde die entsprechende Verminderung des Wildstandes zu verfügen.
(9) Werden Wildgehege angemeldet und bewilligt oder wird die Wildtierhaltung gemäß § 3a angezeigt und nicht untersagt oder auf Grund eines Ansuchens bewilligt und liegen die hiefür verwendeten Flächen innerhalb solcher Flächen, für welche die Zuerkennung der Eigenjagdbefugnis beantragt und bewilligt wird, dann sind diese außerhalb der Wildgehege oder der Wildtierhaltungsfläche gelegenen Flächen für sich allein auf das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß §§ 6, 9 und 15 zu prüfen.
(10) Entspricht ein Wildgehege nicht mehr den gesetzlichen Erfordernissen, dann hat die Bezirksverwaltungsbehörde die erteilte Bewilligung oder die Anerkennung zu widerrufen."
Mit Verfügung vom 26. April 1994 hat der Verwaltungsgerichtshof das Vorverfahren eingeleitet und die belangte Behörde sowie die mitbeteiligte Partei aufgefordert, auch zur Frage Stellung zu nehmen, ob der mitbeteiligten Partei im Verwaltungsverfahren nach § 7 Abs. 4 und 5 JG Parteistellung zukommt.
Die belangte Behörde brachte in ihrer Gegenschrift vor, § 7 JG räume der Bildung von Zucht- und Schaugehegen den Vorzug gegenüber der Bildung von Eigen- und Genossenschaftsjagdgebieten ein, was dafür spreche, der Jagdgenossenschaft Parteistellung zuzuerkennen. Die Verweigerung eines Mitspracherechtes der Jagdgenossenschaft im Verfahren zur Bewilligung von Zucht- und Schaugehegen würde eine sachlich nicht gerechtfertigte Differenzierung zum Verfahren betreffend Eigenjagdgebietsfeststellung und Anerkennung eines Jagdgeheges darstellen. Eine ähnliche Betrachtung über die Parteistellung der Jagdgenossenschaft ergäbe sich im Verfahren über das Ruhen der Jagd auf Grundflächen nach § 17 Abs. 2 JG. Die Bildung von Enklaven durch Zucht- und Schaugehege würde zudem die Interessen der Jagdgenossenschaft und die Möglichkeit der Verwertung des Jagdrechtes massiv beeinträchtigen.
Die mitbeteiligte Partei brachte in ihrer Gegenschrift vor, das rechtliche Interesse einer Jagdgenossenschaft hinsichtlich eines Verfahrens zur Bewilligung von Schau- und Zuchtgehegen ergäbe sich daraus, daß sämtliche Jagdgebiete, die nicht als Eigenjagdgebiet für die laufende Jagdperiode festgestellt würden, das Genossenschaftsjagdgebiet bildeten. Die mitbeteiligte Partei wies auch darauf hin, daß die Ausübung der Jagd auf dem Genossenschaftsjagdgebiet durch die Errichtung des Zuchtgeheges beeinträchtigt werde.
Nach § 8 AVG sind Parteien eines Verwaltungsverfahrens Personen, insoweit sie an der Sache Vermögen eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind. Der Rechtsanspruch oder das rechtliche Interesse im Sinne des § 8 AVG kann nur aus der Wirksamkeit erschlossen werden, die die den Einzelfall regelnde materielle Norm auf den interessierten Personenkreis entfaltet, es sei denn, daß der Gesetzgeber die Parteistellung ausdrücklich bestimmt und damit die Prüfung des Falles auf die Grundsätze des § 8 AVG entbehrlich macht. Die Parteistellung in einem Verwaltungsverfahren bestimmt sich demnach nach den in der Rechtssache anzuwendenden Vorschriften (vgl. hg. Erkenntnis vom 13. Jänner 1988, Zl. 87/03/0251). Es kommt darauf an, ob diese Vorschriften dem Einzelnen eine Berechtigung einräumen. Bloße wirtschaftliche Interessen, die durch keine Rechtsvorschrift zu rechtlichen Interessen erhoben werden, begründen keine Parteistellung im Verwaltungsverfahren.
Die Voraussetzungen für die Bewilligung eines Zuchtgeheges sind in § 7 Abs. 4 und 5 JG geregelt. Nach dieser Bestimmung sind bei Erteilung der Bewilligung die öffentlichen Interessen des Tierschutzes und der Veterinärpolizei zu beachten. Die Bestimmung sieht aber nicht vor, daß in irgendeiner Weise bei Erteilung der Bewilligung die Interessen der Jagdgenossenschaft zu berücksichtigen wären. Das Gesetz räumt daher der Jagdgenossenschaft kein subjektives Recht und somit keinen Rechtsanspruch und kein rechtliches Interesse in Bezug auf die Bewilligung für das Zuchtgehege ein (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. April 1994, Zl. 92/03/0259, mit welchem ausgesprochen wurde, daß nach dem Burgenländischen Jagdgesetz dem Jagdausübungsberechtigten der Genossenschaftsjagd keine Parteistellung im Verfahren betreffend Bewilligung für das Halten von Wild in einem Gehege zukomme).
Die Parteistelung der Jagdgenossenschaft im Verfahren zur Bewilligung eines Zuchtgeheges ergibt sich entgegen der Ansicht der belangten Behörde auch nicht aus den §§ 12 oder 17 JG. Bei der Errichtung eines Zuchtgeheges handelt es sich auch nicht um eine Verwertung des Jagdrechtes eines Genossenschaftsjagdgebietes.
Zum Vorbringen der mitbeteiligten Partei und der belangten Behörde, daß die Ausübung der Jagd im Genossenschaftsjagdgebiet durch die Errichtung von Zuchtgehegen beeinträchtigt werde, ist darauf zu verweisen, daß durch bloße wirtschaftliche Interessen, die durch keine Rechtsvorschrift zu rechtlichen Interessen erhoben werden, Parteistellung im Verwaltungsverfahren nicht begründet wird (vgl. hg. Erkenntnis vom 9. April 1981, Slg. 10.420/A).
Im gegenständlichen Fall hat die Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt mit Bescheid vom 9. Februar 1993 über die Jagdgebietsfeststellung und über die Bewilligung eines Zuchtgeheges, somit über unterschiedliche und trennbare Verwaltungssachen abgesprochen. Gegen die bescheidmäßige Bewilligung des Zuchtgeheges erhob die mitbeteiligte Partei Berufung. Da nur einer Partei das Recht auf Einbringung einer Berufung zukommt, der mitbeteiligten Partei aber - wie oben ausgeführt - hinsichtlich der Bewilligung des Zuchtgeheges keine Parteistellung zukommt, wäre die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unzulässig zurückzuweisen gewesen. In Verkennung der Rechtslage hat die belangte Behörde meritorisch über die Berufung abgesprochen und den angefochtenen Bescheid zum Nachteil der Beschwerdeführerin abgeändert.
Der angefochtene Bescheid ist somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Da der angefochtene Bescheid lediglich in einfacher Ausfertigung vorgelegt werden mußte, konnte der Aufwandersatz für die Stempelgebühren betreffend die beiden weiteren vorgelegten Bescheidausfertigungen nicht zugesprochen werden.
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