VwGH 94/02/0351

VwGH94/02/035123.12.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Bernard, Dr. Riedinger und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde des M, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 9. Dezember 1993, Zl. UVS-01/14/00204/93, betreffend Schubhaft, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §38;
AVG §39 Abs2;
FrG 1993 §37;
FrG 1993 §41 Abs1;
FrG 1993 §48 Abs4 Z1;
FrG 1993 §51 Abs1;
FrG 1993 §51;
FrG 1993 §52;
FrG 1993 §54 Abs4;
FrG 1993 §54;
AVG §38;
AVG §39 Abs2;
FrG 1993 §37;
FrG 1993 §41 Abs1;
FrG 1993 §48 Abs4 Z1;
FrG 1993 §51 Abs1;
FrG 1993 §51;
FrG 1993 §52;
FrG 1993 §54 Abs4;
FrG 1993 §54;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist nach eigenen Angaben marokkanischer Staatsangehöriger. Er reiste am 5. November 1993 mit Hilfe eines gefälschten Reisepasses aus der Tschechischen Republik nach Österreich ein. Am 9. November 1993 wurde er ohne Ausweispapiere und Mittel zur Bestreitung des Unterhaltes angetroffen und festgenommen. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom selben Tag wurde gegen ihn gemäß § 41 Abs. 1 des Fremdengesetzes (FrG) zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes und zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft verhängt. Mit Bescheid derselben Behörde vom 12. November 1993 wurde gegen ihn ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren verhängt; die aufschiebende Wirkung einer Berufung wurde gemäß § 64 Abs. 2 AVG ausgeschlossen. Sein Antrag auf Asylgewährung vom 12. November 1993 wurde im Instanzenzug vom Bundesminister für Inneres mit Bescheid vom 11. Dezember 1993 abgewiesen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde seine auf § 51 FrG gestützte Schubhaftbeschwerde abgewiesen und die Fortsetzung seiner Anhaltung in Schubhaft für rechtmäßig erklärt.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluß vom 14. Juni 1994, B 128/94, gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG die Behandlung der an ihn gerichteten Beschwerde abgelehnt und diese mit Beschluß vom 22. Juli 1994 gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer begründet seine Beschwerde damit, daß die belangte Behörde bei Erlassung des angefochtenen Bescheides zu prüfen gehabt hätte, ob der Abschiebung des Beschwerdeführers nach Marokko das Verbot des § 37 FrG entgegenstünde und ob diese Auslieferung tatsächlich überhaupt möglich sei.

Zum ersten Argument entspricht es der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts, daß die unabhängigen Verwaltungssenate die Frage, ob die Abschiebung in ein bestimmtes Land aus den Gründen des § 37 FrG unzulässig ist, in einem Verfahren nach §§ 51 f. FrG nicht zu beantworten haben (vgl. die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom 4. Oktober 1993, B 364/93, und des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. Februar 1994, Zl. 93/18/0410, und vom 8. Juli 1994, Zlen. 94/02/0124, 0127). Dies ist Sache der Fremdenpolizeibehörden in einem Verfahren nach § 54 FrG. Die Unzuständigkeit der unabhängigen Verwaltungssenate - die ihrer Entscheidung über Schubhaftbeschwerden grundsätzlich innerhalb einer Woche zu treffen haben - ist auch dann gegeben, wenn ein Antrag nach § 54 FrG nicht gestellt wurde; es ist ihnen diesfalls - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - auch die vorfrageweise Beurteilung dieses Umstandes verwehrt. Dieser Aspekt der Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit der Schubhaft ist der Prüfung durch die unabhängigen Verwaltungssenate jedenfalls entzogen. Erst eine Entscheidung in einem Feststellungsverfahren nach § 54 FrG betreffend Unzulässigkeit der Abschiebung in das hiefür in Aussicht genommene Land kann die Rechtswidrigkeit einer Schubhaft unter diesem Gesichtspunkt nach sich ziehen. Diese Entscheidung ist auch abzuwarten, ehe die Abschiebung durchgesetzt wird (siehe § 54 Abs. 4 FrG). Eine unter diesem Aspekt völkerrechtswidrige Abschiebung wird durch diese Bestimmung ausgeschlossen, wenngleich der betreffende Fremde das Ergehen dieser Entscheidung in Schubhaft abzuwarten hat, wenn die übrigen Voraussetzungen für die Anhaltung in der Haft gegeben sind (und zwar in der zeitlichen Grenze des § 48 Abs. 4 Z. 1 FrG, wonach dann, wenn über einen Antrag gemäß § 54 noch nicht rechtskräftig entschieden ist und ein Fremder nur deshalb nicht abgeschoben werden darf, die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung aufrechterhalten werden kann).

Im übrigen sind in einem Verfahren nach § 54 FrG alle Umstände zu klären, die gemäß § 37 einer Abschiebung in einen bestimmten Staat entgegenstehen könnten. Für eine gesonderte Prüfung durch die unabhängigen Verwaltungssenate verbleibt diesbezüglich kein Raum.

Weshalb die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Marokko tatsächlich unmöglich sein sollte, wird vom Beschwerdeführer nicht einmal andeutungsweise ausgeführt.

Die Beschwerde erweist sich als unbegründet. Sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte