VwGH 94/01/0060

VwGH94/01/006021.9.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat in den Beschwerdesachen 1. des T in F, 2. des J in D, 3. des M in K, 4. des C in G, 5. des H in F, und 6. des S in N, alle vertreten durch Dr. W, RA in B, gegen den UVS für das Bundesland Vorarlberg, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht betreffend Beschwerden wegen der am 23. 6. 1993 um ca. 23.00 erfolgten Auflösung einer Zusammenkunft, wegen Festnahme am 23. 6. 1993 von 23.00 bis 1.00 des folgenden Tages und Behinderung der telefonischen Kontaktnahme mit einem RA am 23. 6. 1993 um ca. 23.00 durch Organe der Gendarmerie (weitere Partei: BMI), den Beschluß gefaßt:

Normen

B-VG Art132;
B-VG Art133 Z1;
StGG Art12;
VersammlungsG 1953;
VwGG §27;
VwGG §34 Abs1;
B-VG Art132;
B-VG Art133 Z1;
StGG Art12;
VersammlungsG 1953;
VwGG §27;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerden zu den Zlen. 94/01/0060 bis 0065, 0067 und 0068 werden zurückgewiesen. Die Beschwerde zu Zl. 94/01/0066 wird insoweit zurückgewiesen, als in der Beschwerde an den Unabhängigen Verwaltungssenat Vorarlberg die Verletzung des Rechtes gemäß Art. 8 MRK geltend gemacht wird.

Begründung

In den Beschwerden zu den Zlen. 94/01/0060 bis 0065 wird jeweils die Verletzung der Entscheidungspflicht im Hinblick auf beim Unabhängigen Verwaltungssenat Vorarlberg erhobene Beschwerden "wegen gesetzwidrigen Eingriffs in die Bewegungs- (Versammlungs-)freiheit" der Beschwerdeführer geltend gemacht. Die Beschwerden zu Zlen. 94/01/0067 und 0068 richten sich gegen die Verletzung der Entscheidungspflicht im Hinblick auf Beschwerden beim Unabhängigen Verwaltungssenat Vorarlberg, in denen die Feststellung der Verletzung des Rechtes auf persönliche Freiheit wegen der am 23. Juni 1993 um 23 Uhr erfolgten Festnahme und anschließenden Anhaltung der Beschwerdeführer bis 1 Uhr des folgenden Tages beantragt wurde. In der Beschwerde zu Zl. 94/01/0066 wird vom Erstbeschwerdeführer weiters die Verletzung der Entscheidungspflicht des Unabhängigen Verwaltungssenates Vorarlberg in bezug auf eine Beschwerde, mit der sich der Erstbeschwerdeführer dagegen wendete, daß er gehindert wurde, mittels eines Mobiltelefons einen Rechtsanwalt anzurufen.

Die wegen des sachlichen und teils auch des persönlichen Zusammenhanges verbundenen Beschwerden sind, soweit es die Zlen. 94/01/0060 bis 0065, 0067 und 0068 betrifft, zur Gänze, die Beschwerde zu Zl. 94/01/0066, soweit in der Beschwerde beim Unabhängigen Verwaltungssenat Vorarlberg die Verletzung des Rechtes gemäß Art. 8 MRK geltend gemacht wurde, unzulässig.

  1. 1. Zu den Beschwerden Zlen. 94/01/0060 bis 0065:

Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (vgl. u.a. VfSlg. 2002/1950, 2311/1952, 4524/1963, 8685/1979) und des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 22. November 1950, Slg. 1776/A) stellt jede Verletzung des Versammlungsgesetzes einen unmittelbaren Eingriff in das durch Art. 12 StGG geschützte Grundrecht auf Versammlungsfreiheit und somit eine Verfassungwidrigkeit dar. Beschwerden, die eine Verletzung dieses Rechtes geltend machen, sind daher gemäß Art. 133 Z. 1 B-VG von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen. Art. 133 B-VG kommt auch in Fällen einer Säumnisbeschwerde zur Anwendung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. September 1952, Slg. 2636/A).

  1. 2. Zu den Beschwerden Zlen. 94/01/0067, 0068:

Diesen Säumnisbeschwerden liegen beim Unabhängigen Verwaltungssenat Vorarlberg anhängig gemachte Beschwerden zugrunde, in denen jeweils beantragt wird "festzustellen, daß die oben dargestellte Festnahme des Beschwerdeführers um 23 Uhr des 23. Juni 1993 und seine anschließende Anhaltung bis 1 Uhr des folgenden Tages nicht gesetzlich gedeckt waren, den Beschwerdeführer daher in seinem Recht auf persönliche Freiheit verletzt haben und somit rechtswidrig im Sinne des § 67c Abs. 2 Z. 2 AVG waren".

Nach ständiger hg. Rechtsprechung (vgl. die hg. Beschlüsse vom 20. September 1993, Zl. 93/10/0118, vom 23. März 1994, Zl. 93/01/0003, und vom 20. Mai 1994, Zl. 93/01/0552), auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG des näheren verwiesen wird, fallen Beschwerden, gegen Bescheide eines unabhängigen Verwaltungssenates, die faktische Amtshandlungen betreffen, dann gemäß Art. 133 Z. 1 B-VG nicht in die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes, wenn in den Beschwerden gemäß Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG ausschließlich die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte geltend gemacht wurde und der Unabhängige Verwaltungssenat über den Antrag zur Gänze inhaltlich entschieden hat. Die Beschwerdeführer haben zu den angeführten Beschwerdezahlen in ihren Beschwerden gegen die Festnahme ausschließlich die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf persönliche Freiheit geltend gemacht. Wie bereits dargelegt, kommt Art. 133 B-VG auch in Fällen einer Säumnisbeschwerde zur Anwendung. Der Verwaltungsgerichtshof ist also auch für diese Beschwerden nicht zuständig.

3. Zu Zl. 94/01/0066:

In der dieser Säumnisbeschwerde zugrundeliegenden Beschwerde gemäß Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG beantragte der Erstbeschwerdeführer "festzustellen, daß die Hinderung des Beschwerdeführers, mit einem Rechtsanwalt seines Vertrauens in Kontakt zu treten, ihn in seinen Rechten auf Achtung seiner Korrespondenz, auf Kontaktnahme mit einem Rechtsanwalt und überhaupt auf Beiziehung einer Person seines Vertrauens verletzt hat und somit rechtswidrig im Sinne des § 67c Abs. 2 Z. 2 AVG war". Aus der Begründung ergibt sich, daß der Beschwerdeführer sich mit dem nicht näher bezeichneten "Recht auf Korrespondenz" auf Art. 8 MRK bezieht, während er sich mit dem Recht "auf Kontaktnahme mit einem Rechtsanwalt" auf nicht näher konkretisierte "Richtlinien und Bestimmungen" bezieht und das Recht auf Beiziehung einer Person seines Vertrauens auf § 30 Abs. 1 Z. 3 Sicherheitspolizeigesetz stützt. Soweit sich der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde beim Unabhängigen Verwaltungssenat Vorarlberg auf eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht gemäß Art. 8 MRK beruft, gelten dieselben Überlegungen wie unter Pkt. 2. Insoweit ist der Verwaltungsgerichtshof auch in dieser Beschwerdesache nicht zuständig.

4. Die Beschwerden zu Zlen. 94/01/0060 bis 0065, 0067 und 0068 waren daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zur Gänze, die Beschwerde zu Zl. 94/01/0066, soweit in der bezogenen Beschwerde beim Unabhängigen Verwaltungssenat Vorarlberg die Verletzung des Rechtes gemäß Art. 8 MRK geltend gemacht wurde, zurückzuweisen.

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