VwGH 93/01/0003

VwGH93/01/000323.3.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde 1) des AB und 2) der CB, beide in X, beide vertreten durch Dr. T, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 20. Februar 1992, Zl. Senat-B-91-007, betreffend die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf persönliche Freiheit und durch Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt keiner unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung unterworfen zu werden, den Beschluß gefaßt:

Normen

AVG §67a Abs1 Z2;
AVG §67c Abs1;
AVG §67c Abs3;
B-VG Art129a Abs1 Z2;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
B-VG Art133 Z1;
EMRK Art3;
VwGG §34 Abs1;
AVG §67a Abs1 Z2;
AVG §67c Abs1;
AVG §67c Abs3;
B-VG Art129a Abs1 Z2;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
B-VG Art133 Z1;
EMRK Art3;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführer habe dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit ihrer beim Unabhängigen Verwaltungssenat im Land Niederösterreich erhobenen Beschwerde begehrten die beiden Beschwerdeführer die Feststellung, sie wären durch ihre Festnahme und Anhaltung am 2. April 1991 durch Organe der Stadtpolizei Baden bzw. der Bezirkshaupmannschaft Baden in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit verletzt worden, darüberhinaus wäre der Erstbeschwerdeführer dadurch, daß er von diesen Beamten getreten, geschlagen und in ähnlicher Form mißhandelt worden sei, und die Zweitbeschwerdeführerin dadurch, daß sie von den Beamten brutal und in Schmerz verursachender Weise an den Handgelenken gepackt worden sei, ihr die Hände auf den Rücken hinaufgedreht, ihr Oberkörper und Kopf nach unten gerissen und ihr in aller Öffentlichkeit Handfesseln angelegt worden seien, in ihren gemäß Art. 3 EMRK verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten, keiner unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung unterzogen zu werden, verletzt worden.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde festgestellt, daß der Erstbeschwerdeführer durch die von einem Organ der Stadtpolizei Baden am 2. April 1991 auf § 35 Z. 1 VStG in Verbindung mit § 99 Abs. 2 lit. c StVO gestützte Festnahme im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit und er weiters dadurch, daß er nach Überstellung auf den Gendamerieposten Baden, mit Handschellen am Rücken geschlossen, auf dem Weg in die Arrestzelle von hinten gestoßen und ordinär beschimpft worden sei, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht, keiner unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung unterworfen zu werden, verletzt worden sei. Hinsichtlich der auf die StPO gestützten Festnahme wurde die Beschwerde des Erstbeschwerdeführers ab-, im übrigen zurückgewiesen. Die Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin wurde ab-, hinsichtlich der Anlegung von Handfesseln jedoch als verspätet zurückgewiesen. Die Abweisung der Beschwerde des Erstbeschwerdeführers wurde im wesentlichen damit begründet, daß die auf die Bestimmungen der StPO gestützte Festnahme dem Gesetz entsprochen habe. Die Mißhandlungen und Beschimpfungen, denen der Erstbeschwerdeführer am "Einsatzort" ausgesetzt gewesen zu sein behauptet habe, hätten aufgrund der widersprechenden Aussagen im Ermittlungsverfahren nicht als erwiesen angenommen werden können. "Verbale Entgleisungen" amtshandelnder Beamter seien im übrigen keine Akte unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt. Die Beschwerde des Erstbeschwerdeführers sei daher diesbezüglich zurückzuweisen gewesen. Die Abweisung der Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin wurde im wesentlichen damit begründet, daß die Festnahme dem Gesetz entsprochen, die behaupteten Mißhandlungen aufgrund des Ermittlungsverfahrens hingegen nicht als erwiesen angenommen werden könnten. Das Beschwerdevorbringen hinsichtlich der Anlegung von Handfesseln sei erst nach Ablauf der sechswöchigen Beschwerdefrist eingebracht worden.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit seinem Beschluß vom 29. September 1992, B 416/92, die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Die Beschwerdeführer erachten sich (nach ihrem an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Vorbringen) durch den angefochtenen Bescheid soweit ihre Beschwerde damit ab- bzw. zurückgewiesen wird - wobei allerdings die Zurückweisung des die Anlegung von Handfesseln betreffenden Beschwerdevorbringens der Zweitbeschwerdeführerin als verspätet nicht bekämpft wird - "gemäß § 175 ff StPO, 15, 269 Abs. 4 StGB, 35 Z. 1 VStG, 3 StGB, Art. 3 EMRK sowie infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften" in ihren Rechten verletzt. Sie bringen hiezu im wesentlichen vor, daß ihre auf die StPO gestützte Festnahme rechtswidrig gewesen sei, da die einschreitenden Beamten das Vorliegen der hiefür erforderlichen Voraussetzungen in vertretbarer Weise nicht hätten annehmen können. Die Auffassung der belangten Behörde, die Mißhandlungen der Beschwerdeführer könnten nicht als erwiesen angenommen werden, beruhe auf einer mangelhaften Beweiswürdigung.

Die Beschwerde ist unzulässig.

Gemäß Art. 133 Z. 1 B-VG sind die Angelegenheiten, die zur Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes gehören, von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen. Gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über Beschwerden gegen Bescheide der Verwaltungsbehörden einschließlich der Unabhängigen Verwaltungssenate, soweit der Beschwerdeführer durch den Bescheid in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung, eines verfassungswidrigen Gesetzes oder eines rechtswidrigen Staatsvertrages in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.

Ausgehend von dem, im hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 7. Dezember 1988, Slg. Nr. 12.821/A ausgeführten Grundsatz, der Verwaltungsgerichtshof sei unter dem Gesichtspunkt der Verletzung einfachgesetzlich eingeräumter Rechte zur Entscheidung über Beschwerden zuständig, in denen eine gesetzwidrige Festnahme behauptet wird, erachtet sich der Verwaltungsgerichtshof auch für Beschwerden gegen Bescheide der Unabhängigen Verwaltungssenate, in denen gemäß § 67c AVG über die Rechtmäßigkeit der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt abgesprochen wird, für zuständig, soferne in der Beschwerde die Verletzung einer einfachgesetzlichen Norm behauptet wird (vgl. z.B. den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. September 1993, Zl. 93/10/0118, sowie das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Februar 1994, Zl. 93/01/0456).

Im Beschwerdefall käme somit die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zum Tragen, wenn der angefochtene Bescheid (nicht nur verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte - deren Wahrnehmung dem Verfassungsgerichtshof vorbehalten ist -, sondern auch) auf einfachgesetzlicher Ebene eingeräumte Rechte verletzt haben könnte. Dies ist jedoch im Hinblick auf den (durch den Antrag des Beschwerdeführers bestimmten) Rahmen des Abspruches des angefochtenen Bescheides nicht der Fall:

Dieser spricht (insoweit dem Antrag des Beschwerdeführers entsprechend) ausschließlich über die Frage ab, ob der Beschwerdeführer durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in seinem Recht auf persönliche Freiheit (Art. 1 ff des Bundesverfassungsgesetzes über den Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl. Nr. 684/1988) bzw. dem Recht, keiner unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung unterworfen zu werden (Art. 3 EMRK), verletzt worden sei. Durch diesen, den Antrag der Beschwerdeführer zur Gänze erledigenden Abspruch

Da die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid somit nur in (den ausschließlich geltend gemachten) verfassungsgesetzlich gewährleisteten, nicht aber in vor dem Verwaltungsgerichtshof verfolgbaren Rechten verletzt werden konnten, war die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 104/1991.

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