Normen
FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §37;
FrG 1993 §54;
FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §37;
FrG 1993 §54;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Nachdem die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn mit Bescheid vom 17. Dezember 1992 gegen den Beschwerdeführer, einen jugoslawischen Staatsangehörigen, ein auf § 3 Abs. 1, Abs. 2 Z. 7 in Verbindung mit § 4 des Fremdenpolizeigesetzes gestütztes mit fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen hatte, gab die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (die belangte Behörde) der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge, bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid mit der Maßgabe, daß sich die Erlassung des Aufenthaltsverbotes auf die Bestimmungen des § 18 Abs. 1 Z. 1, §§ 19 und 20 des Fremdengesetzes zu stützen habe, und setzte die Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes mit drei Jahren, gerechnet ab dem Eintritt der Durchsetzbarkeit
(28. Dezember 1992) fest.
Die belangte Behörde nahm als erwiesen an, daß der im zwanzigsten Lebensjahr stehende Beschwerdeführer ein Staatsangehöriger der "Bundesrepublik Jugoslawien" und als Angehöriger der albanischen Volksgruppe in Kosovo von dort im Jahre 1988 nach Kroatien verzogen sei. Am 16. Oktober 1992 habe er zweimal versucht, nach Österreich einzureisen, sei jedoch jeweils zurückgewiesen worden. Anschließend sei er mit einem slowenischen Taxi über den Grenzübergang Spielfeld nach Österreich gefahren, indem er sich mit einem kroatischen Ausweis ausgewiesen und so eine kroatische Staatsangehörigkeit vorgegeben habe. Hätte er diese Staatsangehörigkeit tatsächlich besessen, wäre ihm die sichtvermerksfreie Einreise nach Österreich möglich gewesen. In T habe er bei einer Tante Unterkunft genommen, sich am 28. Oktober 1992 angemeldet und in weiterer Folge auch aufgehalten. Eine Aufenthaltsberechtigung für Österreich habe der Beschwerdeführer nicht besessen. Am 14. Dezember 1992 sei er von Beamten des Gendarmeriepostenkommandos Mauerkirchen festgenommen und der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vorgeführt worden, die ihn mit Bescheid vom gleichen Tag in Schubhaft genommen habe. Ein während der Schubhaft gestellter Asylantrag sei mit Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Linz, vom 29. Dezember 1992 gemäß § 3 des Asylgesetzes 1991 abgewiesen und gleichzeitig sei die aufschiebende Wirkung der Berufung gemäß § 64 Abs. 2 AVG im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug ausgeschlossen worden. Nachdem dem Beschwerdeführer am 28. Dezember 1992 der mit 17. Dezember 1992 datierte Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn über die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zugestellt worden sei, sei er am 30. Dezember 1992 über den Grenzübergang Spielfeld nach Slowenien abgeschoben worden.
Durch die zweimalige Zurückweisung hätte dem Beschwerdeführer bewußt sein müssen, daß er ohne entsprechenden Sichtvermerk nicht nach Österreich gelangen könne. Da er ungeachtet dessen nicht den legalen Weg gegangen sei, scheine die Annahme gerechtfertigt zu sein, daß sein Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung gefährde. Die Handlungsweise des Beschwerdeführers gehe über das bloße Begehen einer Verwaltungsübertretung, nämlich der Einreise ohne Sichtvermerk, hinaus, wozu komme, daß er sich dann noch weiterhin unerlaubterweise im Bundesgebiet aufgehalten habe. Trotz der bestehenden Problematik - der Beschwerdeführer sei wehrdienstpflichtig in einem Land, in dem kriegerische Verhältnisse herrschten - müsse darauf gedrungen werden, illegale Einreisen und illegale Aufenthalte im Bundesgebiet hintanzuhalten. Aus dieser Sicht sei die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) dringend geboten, zumal dem Beschwerdeführer keine Aufenthaltsberechtigung entzogen werde, weil er eine solche ohnehin nicht besessen habe. Die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes, die einer Förderung illegaler Einreisen gleichkommen würde, wögen schwerer als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers, zumal seine Eltern und vier Geschwister in der "Bundesrepublik Jugoslawien" lebten. Es könne davon ausgegangen werden, daß die familiären Bindungen zu seinen Eltern und seinen Geschwistern intensiver seien als die zu seiner in T lebenden Tante oder seinem sich in Bundesbetreuung in Bruck/Mur befindlichen Onkel. Das Aufenthaltsverbot sei somit im Sinn des § 20 Abs. 1 des Fremdengesetzes zulässig. Was dessen Gültigkeitsdauer betreffe, sei nach § 21 Abs. 2 FrG auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die belangte Behörde habe daher die Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes auf drei Jahre herabgesetzt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde mit dem Begehren, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des § 18 Abs. 1, Abs. 2 Z. 6 sowie der §§ 19 und 20 Abs. 1 FrG lauten:
"§ 18. (1) Gegen einen Fremden ist ein Aufenthaltsverbot zu erlassen, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, daß sein Aufenthalt
- 1. die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder
- 2. anderen im Art. 8 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.
(2) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder
6. gegenüber einer österreichischen Behörde oder ihren Organen unrichtige Angaben über seine Person, seine persönlichen Verhältnisse, den Zweck oder die beabsichtigte Dauer seines Aufenthaltes gemacht hat, um sich die Einreise oder die Aufenthaltsberechtigung gemäß § 15 Abs. 1 und 3 zu verschaffen.
§ 19. Würde durch eine Ausweisung gemäß § 17 Abs. 1 oder ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist ein solcher Entzug der Aufenthaltsberechtigung nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten genannten Ziele dringend geboten ist.
§ 20. (1) Ein Aufenthaltsverbot darf nicht erlassen werden, wenn seine Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung. Bei dieser Abwägung ist auf folgende Umstände Bedacht zu nehmen:
- 1. die Dauer des Aufenthaltes und das Ausmaß der Integration des Fremden oder seiner Familienangehörigen;
- 2. die Intensität der familiären oder sonstigen Bindungen."
Der Beschwerdeführer macht geltend, daß gegen ihn keine bestimmte Tatsache im Sinne des § 18 Abs. 2 (gemeint wohl: Abs. 1) FrG vorliege. Die belangte Behörde könne das verhängte Aufenthaltsverbot auch auf keinen konkreten Tatbestand des § 18 Abs. 2 leg. cit. stützen. Schon aus diesem Grunde hätte gegen ihn kein Aufenthaltsverbot verhängt werden dürfen.
Die belangte Behörde hat unter Zugrundelegung des Gesamtverhaltens des Beschwerdeführers geprüft, ob die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei. Eine Heranziehung der im Grunde des § 18 Abs. 1 leg. cit. relevanten Rechtsfigur des Gesamt(fehl)verhaltens (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 27. Mai 1993, Zl. 93/18/0247, mit weiteren Nachweisen) ist verfehlt. Bei dem von der belangten Behörde angenommenen, und in der Beschwerde nicht bestrittenen, oben wiedergegebenen Sachverhalt, der gemäß § 41 Abs. 1 VwGG der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung zugrunde zu legen ist, ist nämlich der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 6 FrG als verwirklicht anzusehen. Diese "bestimmte Tatsache" im Sinne des § 18 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. rechtfertigt die Annahme, daß der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung gefährde. Das Abstellen auf das Gesamt(fehl)verhalten durch die belangte Behörde verletzt den Beschwerdeführer daher nicht in seinen Rechten.
Nach Auffassung des Beschwerdeführers wäre die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen ihn jedenfalls unzulässig gewesen. Zum Beweis, daß er sich in einer konkreten Notsituation befunden habe, könnten die Vorgänge nach seiner Abschiebung aus Österreich herangezogen werden.
Soweit sich der Beschwerdeführer mit der Behauptung einer "Notsituation" gegen die Zulässigkeit der Abschiebung wendet, ist er darauf zu verweisen, daß zur Geltendmachung der Unzulässigkeit der Abschiebung dem Fremden während des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes die Möglichkeit einer Antragstellung nach § 54 FrG offen steht.
Dafür, daß sich der Beschwerdeführer bereits bei seiner rechtswidrigen Einreise in der behaupteten "Notsituation" befunden habe, sind keine Anhaltspunkte erkennbar, zumal nicht dargetan wurde, daß der Beschwerdeführer in Slowenien, von wo aus er nach Österreich einreiste, in irgendeiner Weise bedroht gewesen wäre, und warum es ihm auf legalem Weg nicht gelungen wäre, sich der angeblichen Gefährdung zu entziehen.
Der Beschwerdeführer bestreitet die Zulässigkeit der Verhängung des Aufenthaltsverbotes im Hinblick auf die Bestimmungen der §§ 19 und 20 FrG.
Die belangte Behörde hat offensichtlich einen Eingriff in das Privat- oder Familienleben des Beschwerdeführers angenommen, aber die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung dringend geboten erachtet und die sodann gemäß § 20 Abs. 1 FrG gebotene Interessenabwägung zum Nachteil des Beschwerdeführers vorgenommen.
Nach den maßgebenden Feststellungen des angefochtenen Bescheides, die sich auf die Angaben des Beschwerdeführers stützen, leben seine Eltern und vier Geschwister in Jugoslawien. Während des rund zweimonatigen unrechtmäßigen Aufenthaltes in Österreich hat er im Haushalt seiner Tante gelebt und sich zwei Wochen in Schubhaft befunden. Aus diesem Sachverhalt ist allerdings der Schluß zu ziehen, daß das Aufenthaltsverbot keinen relevanten Eingriff in das Privat- oder Familienleben des Beschwerdeführers im Sinne des § 19 FrG darstellt - dies mit der Folge, daß nicht mehr darauf eingegangen zu werden brauchte, ob die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten ist. Stellte sich aber die Frage, ob ein Aufenthaltsverbot gegen den Beschwerdeführer dringend geboten ist, nicht, so bedurfte es auch keiner Interessenabwägung gemäß § 20 Abs. 1 FrG (vgl. das
hg. Erkenntnis vom 27. Mai 1993, Zl. 93/18/0247, mit weiteren Nachweisen).
Damit ist der diese Umstände betreffenden Verfahrensrüge der Boden entzogen.
Da die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)