VwGH 93/15/0097

VwGH93/15/009715.12.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Wetzel, Dr. Karger, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Rauscher, über die Beschwerde des P in L, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der FLD für Wien, NÖ und Bgld vom 6. April 1993, Zl. 6/4 - 4090/92-08, betreffend Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer 1983 bis 1988, Feststellung des Einheitswertes des Betriebsvermögens zum 1. 1. 1984, 1985, 1986, 1988, 1989 sowie Vermögensteuer zum 1. 1. 1989, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §45 Abs2;
BAO §167 Abs2;
VwGG §41 Abs1;
AVG §45 Abs2;
BAO §167 Abs2;
VwGG §41 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war in den Streitjahren in L als selbständiger Handelsvertreter tätig. Ferner war er Gesellschafter-Geschäftsführer der P-GmbH (im folgenden: GmbH) mit dem Sitz in Wien.

Auf Grund anonymer Hinweise, wonach der Beschwerdeführer nur einen Teil seiner Provisionseinnahmen erkläre, eine Geschäftsanschrift in der Schweiz habe und Geschäftsunterlagen in Wohnungen von Verwandten aufbewahre, führte das Finanzamt Ermittlungen durch. Bei einer Hausdurchsuchung in der Wohnung einer Tante des Beschwerdeführers wurden Unterlagen über in den Jahren 1983 bis 1988 erfolgte Provisionszahlungen vorgefunden, die zum Teil gar nicht, zum Teil - nach Auffassung des Finanzamtes zu Unrecht nicht vom Beschwerdeführer, sondern - von der GmbH erklärt worden waren.

Im Beschwerdeverfahren wendet sich der Beschwerdeführer - seiner Erklärung zufolge - nur noch gegen die steuerliche Behandlung von Provisionszahlungen, die für die Vermittlung von Verträgen zwischen dem jugoslawischen bzw. slowenischen Unternehmen TGA und dem deutschen Unternehmen AW geleistet wurden. Gegenüber dem Betriebsprüfer hatte der Beschwerdeführer erklärt, die entsprechenden Zahlungen nicht in das Rechenwerk aufgenommen zu haben, weil es sich für ihn um "Durchläufer" gehandelt habe; er habe Schmiergelder in gleicher Höhe an Vorstandsmitglieder der TGA geleistet.

In den nach Wiederaufnahme der Verfahren ergangenen neuen Sachbescheiden behandelte das Finanzamt die strittigen Beträge als Einkünfte bzw. Umsätze des Beschwerdeführers.

In seiner Berufung legte der Beschwerdeführer dar, Vertragspartner der TGA, was die Vermittlung von Verträgen betreffend "Aluminiumbänder" betreffe, sei von vornherein die GmbH gewesen; die Vermittlung der Verträge sei im Namen und für Rechnung der GmbH erfolgt. Lediglich im Zusammenhang mit der Vermittlung von Geschäften betreffend "Aluminiumbutzen" sei der Beschwerdeführer Vertragspartner der TGA gewesen. Sämtliche Originalrechnungen, die über die bei den "Bänderlieferungen" verdienten Provisionen ausgestellt worden seien, trügen den Vermerk "GmbH". Die TGA habe bestätigt, daß diese Geschäfte mit der GmbH abgewickelt worden seien. Sämtliche nicht erklärten Provisionseinnahmen seien an Vorstandsmitglieder der TGA "weitergegeben" worden.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gegen die Wiederaufnahmsbescheide ab. Die Sachbescheide änderte die belangte Behörde ab; dem Standpunkt der Berufung betreffend die von TGA geleisteten Provisionszahlungen folgte sie nicht. Dazu legte sie begründend dar, in den entsprechenden Provisionsabrechnungen werde auf einen zwischen TGA und dem Beschwerdeführer am 8. Mai 1986 abgeschlossenen, auszugsweise wiedergegebenen Vertrag verwiesen, mit dem der Beschwerdeführer von TGA mit der Alleinvertretung für bestimmte Länder betraut werde. Auf diesen Vertrag nähmen sämtliche Provisionsabrechnungen der TGA Bezug. Die entsprechenden Provisionsrechnungen wiesen den Briefkopf des Beschwerdeführers - ohne Anführung der GmbH - auf und enthielten durchwegs Hinweise auf die oben angeführten Provisionsabrechnungen der TGA. Der belangten Behörde lägen Kopien von Originalrechnungen vor, die dem Prüfer aus dem Handakt des steuerlichen Vertreters des Beschwerdeführers überlassen worden seien. Auf diesen befinde sich kein Stempelaufdruck der GmbH. Angesichts dieses Umstandes messe die belangte Behörde den vom Beschwerdeführer im Berufungsverfahren vorgelegten beglaubigten Abschriften dieser Rechnungen, die neben dem Briefkopf des Beschwerdeführers zusätzlich den Stempel der GmbH sowie den handschriftlichen Vermerk "c/o" trügen, keine Beweiskraft zu. Die Stampiglie könne auch nachträglich angebracht worden sein. Den Darlegungen des Beschwerdeführers, daß er vor Übergabe der Originalrechnungen eine Kopie derselben angefertigt und erst dann das Original mit dem Stempel versehen habe, werde nicht gefolgt; der Beschwerdeführer habe Durchschläge mit Kohlepapier angefertigt und die Rechnungen mit dem Vermerk "Scheck erhalten", sowie mit Datum und Unterschrift versehen. Der Behauptung des Beschwerdeführers, die Provisionszahlungen seien auf Grund eines zwischen TGA und der GmbH mündlich abgeschlossenen Vertrages erfolgt, folge die belangte Behörde nicht, weil eine entsprechende Dokumentation völlig fehle. Der Behauptung des Beschwerdeführers, die Bezugnahme auf den mit ihm abgeschlossenen Vertrag in den Provisionsabrechnungen sei mit Schlamperei und sprachlichem Unvermögen der Sachbearbeiter zu erklären, könne ebenfalls nicht gefolgt werden; sämtliche Unterlagen, die von der TGA stammten, vermittelten den Eindruck von Professionalität und Korrektheit und seien in einwandfreiem Deutsch gehalten. Einer Bestätigung der TGA vom 7. Mai 1985, wonach Bänderlieferungen von der GmbH vermittelt worden seien, werde nicht gefolgt, zumal sie den Provisionsabrechnungen widerspreche. Sämtliche mit dieser Vermittlungstätigkeit im Zusammenhang stehenden Aufwendungen seien auch beim Einzelunternehmen des Beschwerdeführers geltend gemacht worden. Auch dies sei ein Indiz dafür, daß der Beschwerdeführer persönlich diese Geschäftsvermittlung besorgt habe. Die Verbuchung der Provision aus den strittigen Geschäften bei der GmbH stelle daher eine willkürliche Entscheidung des Beschwerdeführers dar, die den tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnissen widerspreche. Auch den Behauptungen des Beschwerdeführers, er habe die nicht verbuchten Provisionseinnahmen als Schmiergelder an Vorstandsmitglieder der TGA weitergegeben, werde nicht gefolgt. Diesfalls hätte der Beschwerdeführer in den Jahren 1984 bis 1986 62 % seiner Provision weitergeleitet; dies scheine der belangten Behörde insbesondere im Hinblick auf den vom Beschwerdeführer im selben Zeitraum geltend gemachten zusätzlichen Werbe- sowie Ersatzteil- und Materialbeschaffungsaufwand von ca. S 2,5 Mio unglaubwürdig. Näher dargestellte Widersprüche bestünden auch in der Frage, wer bei welcher Bank die Provisionsschecks eingelöst habe. Der Beschwerdeführer habe weiters nicht befriedigend erklären können, weshalb er die betreffenden Unterlagen weder in seinem Büro in L noch in jenem der GmbH in Wien, sondern bei seiner Tante aufbewahrt habe. Die belangte Behörde zweifle jedoch nicht daran, daß dem Beschwerdeführer Aufwendungen für die Zahlung von Schmiergeldern erwachsen seien. Mangels entsprechender Aufzeichnungen bzw. sonstiger Beweise würden diese mit 10 % der strittigen Provisionen geschätzt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde nur insoweit, als die belangte Behörde nicht erklärte Provisionszahlungen von S 200.215,-- (1984), S 169.544,-- (1985), S 243.834,-- (richtig: S 243.744,--; 1986) sowie S 303.500,-- und DM 18.934,80 (richtig: DM 28.959,96 = S 202.720; 1988) sowie von der GmbH erklärte Provisionszahlungen von S 103.700,-- (1986), S 215.878,-- (1987) und S 355.017 (1988) dem Beschwerdeführer als Einkünfte zurechnete.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zunächst ist hervorzuheben, daß in der Beschwerde die Argumentation des Beschwerdeführers, die nicht erklärten Provisionszahlungen seien "Durchläufer" gewesen, weil er Schmiergeldzahlungen in gleicher Höhe an Vorstandsmitglieder der TGA geleistet habe, nicht weiter verfolgt wird. Vielmehr vertritt die Beschwerde den Standpunkt, daß auch die "unberücksichtigt gebliebenen" Provisionserlöse Einkünfte - dem Standpunkt der Beschwerde zufolge solche der GmbH - seien. Strittig ist im Beschwerdeverfahren somit nur noch, ob die oben angeführten Provisionszahlungen - im Sinne des angefochtenen Bescheides - dem Beschwerdeführer oder - dessen Standpunkt folgend - der GmbH als Einkünfte zuzurechnen sind.

Gegen die oben wiedergegebenen Überlegungen der belangten Behörde im Rahmen ihrer Beweiswürdigung, wendet sich die Beschwerde im wesentlichen mit folgenden Argumenten:

Es sei sachwidrig und willkürlich, den internen Aktenvermerk der TGA vom 7. Oktober 1985 (in slowenischer Sprache), wonach die Abwicklung von allem Anfang an über die GmbH erfolgt sei, als unglaubwürdig abzutun. Die von der GmbH verbuchten und erklärten Provisionszahlungen seien auch auf deren Bankkonto eingegangen. Der Provisionsvertrag vom 8. Mai 1986 betreffe nur "Aluminiumbutzen". Daß die Abrechnungen der TGA einen unpassenden und sinnlosen Hinweis auf den nur für "Aluminiumbutzen" bezogenen Handelsvertretervertrag enthielten, könne das Recht des Beschwerdeführers zur getroffenen Gestion nicht streitig machen. Ebenso könne dem Beschwerdeführer nicht zur Last fallen, daß er als Geschäftsführer der GmbH die Provisionsrechnungen auf dem für ihn als Einzelunternehmer gedruckten Briefpapier hergestellt und "für eine zweifelsfreie Anbringung der Firmenstampiglie der GmbH nicht die von der Betriebsprüfung aus einer späteren Sicht gewünschte Sorgfalt geübt" habe. Es könne durchaus vorgekommen sein, daß er auf Rechnungen, die er am Sitz der TGA selbst geschrieben habe, die Firmenstampiglie erst nach Herstellung einer Kopie angebracht habe und diese seinen handschriftlichen Quittungsvermerk schon vorher in Erwartung einer abgesprochenen Zahlung mittels Scheck enthalten hätte. Es seien sowohl die im Rechenwerk der GmbH "berücksichtigt gewesenen" als auch die "unberücksichtigt gebliebenen" Provisionserlöse der GmbH zuzurechnen. Diese habe ihre Geschäftstätigkeiten nicht etwa in der Zwischenzeit eingestellt, sondern gefestigt.

Mit diesen Darlegungen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit auf; die Beweiswürdigung der belangten Behörde hält auch angesichts der soeben wiedergegebenen Darlegungen der Beschwerde der vom Verwaltungsgerichtshof vorzunehmenden Kontrolle stand. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Beweiswürdigung der belangten Behörde, die gemäß § 167 Abs. 2 BAO unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen hat, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht, der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle insofern zugänglich, als es sich um die Beurteilung handelt, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, d.h. ob sie den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen (vgl. Ritz, BAO, § 167, Rz 12, mwN).

Der Beschwerde gelingt es nicht, eine vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifende Mangelhaftigkeit der Beweiswürdigung aufzuzeigen. Entgegen der Auffassung der Beschwerde war es nicht "sachwidrig und willkürlich", daß die belangte Behörde dem Inhalt des Aktenvermerkes der TGA vom 7. Oktober 1985 nicht folgte. Die belangte Behörde konnte diese Auffassung ohne Denkgesetzwidrigkeit auf den Umstand stützen, daß - im Gegensatz zum Inhalt des Aktenvermerkes - in sämtlichen Provisionsabrechnungen der TGA auf den mit dem Beschwerdeführer - und nicht, wie im Aktenvermerk behauptet wird, mit der GmbH - abgeschlossenen Provisionsvertrag verwiesen worden war. Es ist nicht als unschlüssig anzusehen, daß die belangte Behörde diesen Widerspruch zwischen Beweismitteln - auch angesichts der engen Beziehungen zwischen der TGA und dem Beschwerdeführer, dem nach eigenem Bekunden "am Sitz der TGA ein Schreibtisch zur Verfügung steht" - dadurch auflöste, daß sie dem entsprechenden Vermerk auf den Provisionsabrechnungen höhere Glaubwürdigkeit beimaß als dem Aktenvermerk. Mit der bloßen Behauptung, die Vermerke seien "unpassend und sinnlos", vermag die Beschwerde keine Unschlüssigkeit der Beweiswürdigung aufzuzeigen; auch der im Verwaltungsverfahren aufgestellten Behauptung des Beschwerdeführers, die Vermerke seien auf Inkompetenz der Sachbearbeiter zurückzuführen, ist die belangte Behörde auf Grund von schlüssigen Überlegungen nicht gefolgt.

Auch mit der Behauptung, die von der GmbH verbuchten Provisionszahlungen seien auch auf deren Bankkonto eingegangen, wird keine Unschlüssigkeit der Beweiswürdigung aufgezeigt, weil für die Lösung der hier maßgebenden Frage, wem auf Grund der tatsächlichen, nach außen in Erscheinung tretenden Gestaltung der Dinge die Einkünfte zuzurechnen sind (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. November 1991, Zl. 91/14/0041) unter den sonstigen Umständen des Beschwerdefalles nicht entscheidend ins Gewicht fällt, auf wessen Konto die Provisonszahlungen überwiesen wurden. Auch daß der Vertrag vom 8. Mai 1986 nur "Aluminiumbutzen" betreffe, wie die Beschwerde betont, läßt die Beurteilung der belangten Behörde, daß auch die sonstigen Vertragsvermittlungen zwischen der TGA und ihrem deutschen Abnehmer vom Beschwerdeführer besorgt wurden, nicht unschlüssig erscheinen.

Die oben wiedergegebenen Darlegungen der Beschwerde, die den Umstand erklären sollen, daß der belangten Behörde vorliegende Kopien der strittigen Rechnungen den Beschwerdeführer - und nicht die GmbH - als Rechnungsaussteller ausweisen, während auf Abschriften dieser Rechnungen neben der Bezeichnung des Beschwerdeführers die Geschäftsstampiglie der GmbH und der Vermerk "c/o" aufscheint, zeigen ebenfalls nicht auf, daß die Beweiswürdigung der belangten Behörde unschlüssig wäre; denn es widerspricht insbesondere angesichts des Umstandes, daß die Geschäftsstampiglie der GmbH auf den der belangten Behörde vorliegenden Kopien der Rechnungen nicht aufscheint, nicht den Denkgesetzen, anzunehmen, daß der Aufdruck der Geschäftsstampiglie der GmbH auf den Kopien der Rechnungen nachträglich zur Stützung des Rechtsstandpunktes des Beschwerdeführers vorgenommen wurde.

Die Beschwerde zeigt somit nicht auf, daß der belangten Behörde bei ihrer nach § 167 Abs. 2 BAO vorzunehmenden Beweiswürdigung eine bei der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle wahrzunehmende Rechtswidrigkeit unterlaufen wäre. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte