Normen
BAO §184 Abs1;
UStG 1972 §3 Abs9;
UStG 1972 §4 Abs1;
UStG 1972 §4 Abs5;
BAO §184 Abs1;
UStG 1972 §3 Abs9;
UStG 1972 §4 Abs1;
UStG 1972 §4 Abs5;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführende GmbH betreibt den Handel und die Aufstellung von Automaten. Anläßlich einer die Veranlagungsjahre 1986 bis 1989 umfassenden abgabenbehördlichen Prüfung wurde festgestellt, daß bei den in einer Spielhalle sowie in verschiedenen Gaststätten und an anderen Standorten aufgestellten Geldspielautomaten die Umsätze durch Anwendung eines Faktors von 1,3 bzw. 1,5 vom Kasseninhalt auf den Kasseneinwurf ermittelt worden waren. Nach den Ausführungen im Prüfungsbericht seien damit die Freispiele nicht berücksichtigt worden. Die Prüferin wandte daher "auf Grund eines äußeren Betriebsvergleichs" einen Faktor von 1,8 auf den Kasseninhalt an.
Das Finanzamt folgte der Auffassung der Prüferin und erließ - zum Teil nach Wiederaufnahme des Verfahrens - entsprechende Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1986 bis 1989.
In der Berufung gegen diese Bescheide wurde vorgebracht, es sei bekannt, daß das Finanzamt bei anderen Automatenunternehmen die Veranlagungen auf der Grundlage der von der Beschwerdeführerin angewandten Faktoren durchgeführt habe. Außerdem rügte die Beschwerdeführerin, daß ihr nicht bekanntgegeben worden sei, welche Betriebe als Vergleichsbetriebe herangezogen worden seien.
In einer - Umsatzsteuerfestsetzungen für einzelne Monate des Jahres 1990 betreffenden - Eingabe vom 16. Mai 1991 wurde ausgeführt, daß nach der Betriebsprüfung einwandfrei funktionierende Zählwerke besorgt worden seien. Diese würden seit März 1991 eingesetzt. Nach dem Verhältnis von Einwurf und Gewinn ergebe sich ein Gewinnanteil von 28 %.
In einer die Berufung betreffend Umsatzsteuer 1986 bis 1989 ergänzenden Eingabe vom 27. Juni 1991 wurde ausgeführt, in den Spielautomaten sei eine Möglichkeit zur Erfassung von Freispielen nicht vorgesehen. Aus den Aufzeichnungen der Zählwerke ergebe sich, daß die Kasseninhalte (Differenz zwischen Münzeinwurf und ausbezahlten Gewinnen) hinsichtlich des Gewinnprozentsatzes konstant seien. Der Gewinnprozentsatz sei daher programmäßig fixiert. Die Freispiele seien als zusätzliche Spielmotivation ohne konkrete finanzielle Auswirkung zu betrachten.
Von der Herstellerin der von der Beschwerdeführerin aufgestellten Spielautomaten wurden Auskünfte über die Gewinnsteuerung, die Steuerung der Spielabläufe, die Verstellbarkeit der Gewinnchancen etc. unter Berufung auf § 171 Abs. 1 lit. c BAO verweigert.
Gegen den Umsatzsteuerbescheid 1990, mit dem die Umsätze in gleicher Weise wie hinsichtlich der Vorjahre ermittelt wurden, wurde ebenfalls Berufung erhoben.
Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurden die Berufungen als unbegründet abgewiesen. In der Begründung des Bescheides wurde die Ansicht vertreten, daß jedes Entgelt für das einzelne Spiel zur Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer zählt. Gewinnt ein Spieler und kann er mit dem Gewinn ein neues Spiel ("Freispiel") tätigen, dann werde auf Grund der neuerlichen Inbetriebnahme des Automaten ein neuer Umsatz herbeigeführt. Die dem Unternehmer obliegende Aufzeichnungspflicht beziehe sich auch auf Freispiele. Die Beschwerdeführerin habe keinerlei Aufzeichnungen über das Ausmaß der Freispiele geführt. Das Finanzamt habe daher die Umsätze aus dem Betrieb der Geldautomaten richtigerweise geschätzt. Mangels funktionsfähiger Zählwerke und mangels Mitteilungen über die bei den einzelnen Automaten bestehenden Gewinnchancen habe das Finanzamt bei dieser Schätzung einen Vervielfacher von 1,8 auf den Kasseninhalt bzw. von 1,5 auf den Geldeinwurf angewendet. Das Finanzamt sei dabei zutreffend von dem von der Beschwerdeführerin selbst für die Zeiträume ab März 1991 ermittelten Gewinnauszahlungsverhältnis ausgegangen. Die Annahme, daß der Spieler sich in gleichem Ausmaß für eine Auszahlung des Gewinnes einerseits und die Inanspruchnahme der Möglichkeit eines Freispiels entscheidet, entspreche den Denkgesetzen. Der auf Grund der Gewinnauszahlungsquote ermittelte Vervielfacher sei daher zweifach auf den Kasseninhalt anzuwenden, wodurch sich jedenfalls der von der Betriebsprüfung angewandte Faktor ergebe.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde werden dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Verwaltungsgerichtshof vertritt zur Frage der umsatzsteuerlichen Behandlung der Einspielergebnisse aus Spielautomaten im zeitlichen Geltungsbereich der Vorschrift des § 4 Abs. 5 UStG 1972 in der Fassung des zweiten Abgabenänderungsgesetzes 1977, BGBl. Nr. 645, in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, daß jedes Entgelt für jedes einzelne Spiel zur Bemessungsgrundlage zählt. Gewinnt ein Spieler und kann er mit dem Gewinn am Automaten ein neues Spiel ("Freispiel") tätigen, so wird auf Grund der neuerlichen Inbetriebnahme des Geldspielautomaten ein neuer Umsatz ausgeführt; der geldwerte, auch in anderer Weise (zur Konsumation) verwendbare Gewinnanspruch des Spielers bildet das Entgelt für diesen Umsatz. Daraus folgt, daß zur Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer sowohl sämtliche in den Automaten eingeworfenen Bargeldbeträge ("Bargeldeinwurf") ungeachtet einer allfälligen Auszahlung von Gewinnen als auch die Freispielumsätze zählen (vgl. zuletzt das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. November 1992, Zl. 90/13/0130, mit weiterem Hinweis).
Im Falle der Beschwerdeführerin ist unbestritten, daß Aufzeichnungen über diese Freispielumsätze nicht geführt worden sind. Selbst in den - außerhalb des Streitzeitraumes zu Vergleichszwecken vorgenommenen - Aufzeichnungen über das Ausmaß der Gewinnauszahlungsquote wurde es unterlassen, die Umsätze hinsichtlich der Freispiele aufzuzeichnen.
Gemäß § 184 Abs. 1 BAO sind die Grundlagen für die Abgabenerhebung zu schätzen, soweit die Abgabenbehörde sie nicht ermitteln oder berechnen kann. Zu schätzen ist nach Abs. 3 dieser Gesetzesstelle unter anderem, wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind. Die von der Beschwerdeführerin geführten Bücher und Aufzeichnungen enthielten, wie ausgeführt, die getätigten Freispielumsätze nicht, und waren somit sachlich unrichtig, woraus sich die Verpflichtung der Abgabenbehörde ergibt, die Umsätze zu schätzen. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist dabei nicht von Bedeutung, aus welchen Gründen es zu dieser sachlichen Unrichtigkeit der geführten Bücher gekommen ist. Insbesondere kann der Schätzung nicht entgegengehalten werden, daß die von der Beschwerdeführerin aufgestellten Automaten keine Zählwerke zur Erfassung der Freispiele aufwiesen und daß es dem Aufsteller der Automaten im Hinblick auf sein Rechtsverhältnis zum Hersteller der Automaten nicht möglich war, den Inhalt des die Automaten steuernden Programmes in Erfahrung zu bringen. Die Beschwerdeführerin übersieht bei ihren Einwendungen gegen die Schätzungsberechtigung der Abgabenbehörde, daß die Umsätze nicht wegen "unerfüllbarer Aufträge des Finanzamtes", sondern vielmehr deswegen zu schätzen waren, weil sie von der Beschwerdeführerin nur unvollständig erfaßt worden sind.
Ist die Schätzungsbefugnis wie im Beschwerdefall gegeben, so steht die Schätzungsmethode der Abgabenbehörde grundsätzlich frei. Die Grundlagen der Schätzung müssen jedoch in einem einwandfreien Verfahren gewonnen werden; die Schätzung selbst muß in sich schlüssig sein (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Oktober 1993, 89/13/0078).
Die Beschwerdeführerin wendet gegen die von den Abgabenbehörden angewendete Schätzungsmethode bzw. gegen den eingesetzten Vervielfacher im wesentlichen ein, es seien ihr Fälle bekannt, in denen vom Finanzamt die Vervielfacher 1,2 bzw. 1,5 angewendet worden seien, ohne daß von der Beschwerdeführerin nähere Angaben über die betroffenen Steuerpflichtigen gemacht werden. Abgesehen davon, daß eine allenfalls mit dem Gesetz nicht in Einklang zu bringende Vorgangsweise der Abgabenbehörde keinerlei Rechtswirkungen für andere Steuerpflichtige zu erzeugen vermag, übersieht die Beschwerdeführerin, daß die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid insbesondere von den für die Zeit ab März 1991 von der Beschwerdeführerin - bei unveränderten Verhältnissen - geführten Gewinnaufzeichnungen ausgegangen ist. Danach hatte sich eine Gewinnauszahlungsquote von 28 % ergeben, was für sich allein einem Vervielfacher von 1,4 entsprechen würde. Wenn die Behörde im Hinblick auf eine solche Gewinnauszahlungsquote und unter der unbedenklichen Annahme, daß in gleicher Höhe Freispiele getätigt wurden, einen Vervielfacher von 1,8 des Kasseninhalts angewendet hat, so erscheint diese Schätzungsmethode schlüssig.
Da die belangte Behörde zu ihrer Entscheidung - anders als die Abgabenbehörde erster Instanz - nicht durch einen äußeren Betriebsvergleich, sondern durch die Bedachtnahme auf die von der Beschwerdeführerin selbst bekanntgegebene Gewinnauszahlungsquote gelangt ist, geht die Verfahrensrüge, es seien der Beschwerdeführerin im Abgabenverfahren Vergleichsbetriebe, bei denen sich ein Faktor von 1,8 auf den Kasseninhalt ergeben habe, nicht bekanntgegeben worden, ins Leere. Überdies wurde in den in der Vorjudikatur behandelten gleichartigen Streitfällen von den Abgabenbehörden durchwegs höhere Faktoren angewendet als im Beschwerdefall (Faktor 3,0 im Falle des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. April 1991, 90/15/0065, Faktor 2,2 in jenen vom 26. November 1990, 88/15/0029, und 16. Dezember 1991, 90/15/0067; Ausmaß der Freispiele 50 % der sonstigen Umsätze im Falle des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. November 1992, 90/13/0130, bzw. 80 % der sonstigen Umsätze im Falle des Erkenntnisses vom 13. Oktober 1993, 89/13/0078).
Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, die Abgabenbehörden hätten ein "Angebot" des Herstellers der Automaten, den Programminhalt offenzulegen, abgelehnt, ist unrichtig. Vielmehr hat der Hersteller eine entsprechende Zeugenaussage unter Berufung auf § 171 Abs. 1 lit. c letzter Fall BAO verweigert.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, sodaß sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Von der beantragten Verhandlung war aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abzusehen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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