Normen
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita idF 1988/231;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita idF 1990/450;
AuslBG §3 Abs1 idF 1990/450;
B-VG Art7 Abs1;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita idF 1988/231;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita idF 1990/450;
AuslBG §3 Abs1 idF 1990/450;
B-VG Art7 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird in seinem Straf- und Kostenausspruch wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Kostenersatzbegehren des beschwerdeführenden Landesarbeitsamtes wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d. Krems (BH) vom 10. September 1992 wurde die Mitbeteiligte (in der Folge kurz: mP) schuldig erkannt, sie habe als Inhaberin des landwirtschaftlichen Betriebes in X-Bach Nr. 34 drei namentlich genannte polnische Staatsangehörige in der Zeit vom 18. November 1991 bis 28. November 1991 sowie einen vierten namentlich genannten polnischen Staatsangehörigen in der Zeit vom 18. November 1991 bis 22. November 1991 in ihrem Betrieb beschäftigt, obwohl für diese Ausländer weder eine Beschäftigungsbewilligung noch eine Arbeitserlaubnis ausgestellt war und diese auch nicht im Besitz von Befreiungsscheinen gewesen sind. Die mP habe dadurch gegen § 3 Abs. 1 iVm § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) idF gemäß BGBl. Nr. 450/1990 verstoßen. Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über die mP vier Geldstrafen a S 5.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen jeweils 5 Tage) verhängt. Die BH bejahte in der Begründung ihres Bescheides die Schuldfrage, weil die mP sich in Kenntnis des Zeitpunktes der bevorstehenden Christbaumernte rechtzeitig um die erforderlichen Arbeitskräfte umsehen hätte müssen. Bei der Strafbemessung ging die BH davon aus, daß infolge eines Überwiegens der Milderungs- gegenüber den Erschwerungsgründen "die gesetzliche Mindeststrafe von S 10.000,-- pro unerlaubt beschäftigtem Ausländer um die Hälfte unterschritten werden" habe können.
Gegen diesen Bescheid erhob FL namens seiner Mutter (der mP) als deren gemäß § 10 Abs. 4 AVG eingeschrittener Vertreter Berufung in der Schuld- und in der Straffrage.
Dieser Berufung gab die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 4. November 1993 hinsichtlich des Schuldspruches keine Folge und bestätigte diesbezüglich den erstinstanzlichen Bescheid mit der Maßgabe,
"... daß der Schuldspruch nachstehende unter Faktum 1 und Faktum 2 umschriebene Tathandlungen zu umfassen hat:
Faktum 1: Beschäftigung der polnischen Staatsangehörigen
1) R, 2) K, 3) T im Tatzeitraum: 18.11.1991 bis 28.11.1991
Faktum 2: Beschäftigung des polnischen Staatsangehörigen
4) K im Tatzeitraum: 18.11.1991 bis 22.11.1991."
Hinsichtlich der Strafhöhe gab die belangte Behörde der Berufung insofern Folge, als die Strafen auf je S 2.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafen je 60 Stunden) und der Kostenersatz mit insgesamt S 1.000,-- festgesetzt wurde, wobei als Strafrahmen ausdrücklich die "erstmalige unberechtigte Beschäftigung von höchstens drei Ausländern" herangezogen wurde.
Die unberechtigte Beschäftigung der vier Polen in den im Spruch genannten Tatzeiträumen sei unstrittig, zur Schuldfrage werde die mP auf die zutreffende Begründung des Bescheides der BH verwiesen. Im Hinblick darauf, daß über die mP die gesetzliche Mindeststrafe gemäß dem 3. Strafsatz des § 28 Abs. 1 AuslBG verhängt und das außerordentliche Milderungsrecht gemäß § 20 VStG voll ausgeschöpft worden sei, würden sich Ausführungen über die Angemessenheit der Strafe erübrigen; auch die Voraussetzungen für eine Anwendung des § 21 VStG lägen nicht vor.
Der BH könne aber hinsichtlich der Anwendung des dritten Strafsatzes gemäß § 28 Abs. 1 AuslBG (S 10.000,-- bis S 120.000,--) nicht gefolgt werden. Es sei vielmehr geboten, die unberechtigte Beschäftigung der vier Polen durch die mP infolge ihres unterschiedlichen Tatzeitraumes in zwei Tathandlungen (18. November bis 28. November 1991 bzw. 18. November bis 22. November 1991) aufzugliedern. Dies deshalb, weil eine Straftat vor allem auch durch ihren Tatzeitraum individualisiert werde. So bewirkten bei Fortsetzungsdelikten (wie den gegenständlichen) unterschiedliche Tatzeiträume unbeschadet eines gleichen Beginnzeitpunktes einen jeweils verschieden hohen Unrechtsgehalt und bei unterschiedlichen Tatzeitenden einen ebenfalls unterschiedlichen Eintritt der Verfolgungs- und Strafbarkeitsverjährung. Die Nichtbeachtung des Umstandes, daß zwei Tathandlungen vorlägen, würde eine nicht verfassungskonforme (Art. 7 B-VG) Auslegung des § 28 Abs. 1 AuslBG in bezug auf die Anwendung des dritten Strafsatzes bedeuten, derzufolge es im Belieben der Strafbehörde stünde, mehr als drei, jedoch in verschiedenen Zeiträumen erfolgte unberechtigte Ausländerbeschäftigungen in der Weise zu einer Tat zusammenzuziehen, daß zum Nachteil des Beschuldigten der dritte Strafsatz anzuwenden wäre. Selbst eine zeitweilige Kongruenz von Tatzeiträumen lasse die Zusammenfassung mehrerer unberechtigter Beschäftigungen und die Anwendung des qualifizierten dritten Strafsatzes nicht zulässig werden. Die Anwendung des dritten Strafsatzes des § 28 Abs. 1 AuslBG sei sohin nur dann zulässig, wenn mehr als drei Ausländer im selben Tatzeitraum unberechtigt beschäftigt würden.
Gegen diesen Bescheid, und zwar nur gegen seinen Straf- (und damit auch gegen seinen Kosten-)ausspruch wendet sich das hiezu gemäß § 28a AuslBG legitimierte Landesarbeitsamt Oberösterreich mit der vorliegenden Amtsbeschwerde. Die belangte Behörde habe zu Unrecht den Strafrahmen für die unerlaubte Beschäftigung von höchstens drei Ausländern als Rechtsgrundlage für die Bestrafung herangezogen.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Die mP hat sich trotz gebotener Gelegenheit am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 3 Abs. 1 AuslBG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung gemäß der Novelle BGBl. Nr. 450/1990 darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt.
Gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG begeht, soferne die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen,
wer entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§ 4) erteilt noch eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§ 15) ausgestellt wurde, ...
bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 5.000 S bis zu 60.000 S, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 10.000 S bis zu 120.000 S, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 10.000 S bis zu 120.000 S, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 20.000 S bis zu 240.000 S.
Im Beschwerdefall steht fest, daß die mP vier polnische Staatsbürger im Sinne dieser Bestimmungen unberechtigt beschäftigt hat, und zwar drei davon in der Zeit vom 18. November 1991 bis zum 28. November 1991, den vierten in der Zeit vom 18. November 1991 bis zum 22. November 1991. Strittig ist allein, ob die Beschäftigung dieser vier Ausländer nach dem ersten oder nach dem dritten Strafsatz des § 28 Abs. 1 AuslBG zu bestrafen ist.
Der Verwaltungsgerichtshof vermag eben so wenig wie das beschwerdeführende Landesarbeitsamt die von der belangten Behörde vertretene Auffassung zu teilen, die mP habe nur die "erstmalige unberechtigte Beschäftigung von höchstens drei Ausländern" zu vertreten. Tatsache ist, daß insgesamt vier Polen unberechtigt beschäftigt worden sind, und zwar für den Zeitraum vom 18. November 1991 bis zum 22. November 1991 sogar gleichzeitig. Dabei verlangt das Gesetz nicht einmal, daß die unberechtigte Beschäftigung der mehr als drei Ausländer gleichzeitig erfolgen muß. Maßgebend ist vielmehr nur, daß in dem von der Strafbehörde dem verurteilenden Erkenntnis zugrunde gelegten Zeitraum mehr als drei Ausländer - wenn auch nicht gleichzeitig - unerlaubt beschäftigt worden sind (vgl. dazu die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Oktober 1990, 90/09/0093, und vom 23. April 1992, 91/09/0199). Ein "gemeinsamer Tatzeitraum", wie ihn die belangt Behörde in ihrer Gegenschrift fordert, ist dafür, so bereits die angeführte Vorjudikatur, nicht erforderlich. Der Verwaltungsgerichtshof vermag in dieser Auslegung auch keinen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz zu erkennen. Letztlich hat es der betreffende Arbeitgeber immer wieder selbst in der Hand, ob er überhaupt, bejahendenfalls wie oft und für welchen Zeitraum er gegen die Bestimmungen des AuslBG verstoßen will, wobei ihm in pflichtgemäßer Kenntnis der einschlägigen Bestimmungen auch ohne weiteres einsichtig sein muß, daß die unberechtigte Beschäftigung von mehr als drei Ausländern gegebenenfalls die Anwendung des dritten Strafsatzes des § 28 Abs. 1 AuslBG (S 10.000,-- bis zu S 120.000,--) nach sich zieht. Daß die Beschäftigung der mehr als drei Ausländer allenfalls verschieden lange gedauert und zu verschiedenen Zeitpunkten geendet hat, steht nach dem Gesetzeswortlaut der Anwendung dieses dritten Strafsatzes nicht entgegen, wenn diese Umstände auch ihren Niederschlag etwa in einer unterschiedlichen Strafhöhe oder in einem unterschiedlichen Beginn des Laufes der Verjährungsfrist zu finden haben mögen.
Der angefochtene Bescheid erweist sich aus diesen Gründen im Rahmen der Anfechtung als mit der vom beschwerdeführenden Landesarbeitsamt behaupteten inhaltlichen Rechtswidrigkeit behaftet, weshalb er in diesem Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Das beschwerdeführende Landesarbeitsamt hat in der Beschwerde den Zuspruch des Schriftsatzaufwandes in der Höhe von S 11.120,-- begehrt. Dabei hat es übersehen, daß gemäß § 47 Abs. 4 VwGG u.a. in einem Fall des Art. 131 Abs. 2 B-VG (Amtsbeschwerde) für den Beschwerdeführer und die belangte Behörde kein Aufwandersatz stattfindet. Das Kostenersatzbegehren war deshalb abzuweisen.
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