VwGH 93/06/0213

VwGH93/06/021317.11.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde der A KG in E, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in R, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 8. September 1993, Zl. Ve1-550-2050/1-2, betreffend Versagung einer Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1. Gemeinde E, vertreten durch den Bürgermeister; 2. K in E; 3. H in E; 4. A in E; 5. E in E,

vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in I; 6. W in E; 7. S in E,

vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in I; 8. ES in E), zu Recht erkannt:

Normen

BauO Tir 1989 §14 Abs1;
BauRallg;
BauO Tir 1989 §14 Abs1;
BauRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- sowie der fünft- und der siebentmitbeteiligten Partei Aufwendungen von je S 6.490,-- jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren der fünft- und der siebentmitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin einer Liegenschaft im Gebiet der mitbeteiligten Gemeinde, die im Flächenwidmungsplan als gewerbliches Mischgebiet ausgewiesen ist (dem Akt ist nicht zu entnehmen, zu welchem Zeitpunkt der Flächenwidmungsplan in Kraft getreten ist. Der Verwaltungsgerichtshof hat ergänzend erhoben, daß der Flächenwidmungsplan vom Gemeinderat am 19. Jänner 1982 beschlossen und von der Landesregierung am 25. Mai 1982 genehmigt wurde; hinsichtlich des Grundstückes 1419/2 erfolgte die Änderung in Mischgebiet gem. § 14 Abs. 1 TROG 1984 mit Beschluß vom 7. Mai 1985, der von der Landesregierung am 8. Juli 1985 genehmigt wurde). Die zweitbis siebentmitbeteiligten Parteien sind Nachbarn.

Mit Baugesuch vom 5. März 1992 beantragte die Beschwerdeführerin die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung zur Errichtung eines Zubaues von Arbeits- und Lagerräumen am bestehenden Objekt auf der fraglichen Liegenschaft (Erweiterung der Betriebsanlage). Vorgelegt wurde unter anderem ein über Auftrag der Beschwerdeführerin erstelltes lärmtechnisches Gutachten vom 26. Juni 1992. Versuche der Baubehörde, auf Grundlage dieses lärmtechnischen Gutachtens ein medizinisches Gutachten hinsichtlich der Auswirkungen der zu erwartenden Lärmimmissionen auf den menschlichen Organismus einzuholen, mißlangen, weil nach Ansicht der kontaktierten Ärzte dieses lärmtechnische Gutachten keine geeignete und ausreichende Grundlage geboten hätte. Der Behörde lag aber ein im Rahmen des gewerberechtlichen Verfahrens erstelltes lärmtechnisches Gutachten vom 21. September 1992 sowie ein darauf aufbauendes, ebenfalls im Rahmen des gewerberechtlichen Verfahrens eingeholtes amtsärztliches Gutachten vom 9. Oktober 1992 vor. Schließlich wurde im Bauverfahren ein amtsärztliches Gutachten vom 18. Oktober 1992 eingeholt, das auf dem im gewerberechtlichen Verfahren eingeholten lärmtechnischen Gutachten beruhte.

In der Bauverhandlung vom 6. November 1992 (im angefochtenen Bescheid versehentlich mit 27. Oktober datiert) erhoben die fünft- und die siebentmitbeteiligte Partei Einwendungen gegen das Vorhaben: Aufgrund der eingeholten Gutachten sei davon auszugehen, daß die Lärmimmissionen, die vom bestehenden Zustand ausgingen, bereits die Grenzen der zumutbaren Störung überstiegen und gesundheitsschädlich seien, ein Zustand, der sich durch das geplante Vorhaben verschlimmern werde; durch die projektierte Erweiterung werde es zu einer Verschärfung der bereits chaotischen Verkehrsverhältnisse kommen (wird jeweils näher ausgeführt). Dem hielt die Beschwerdeführerin entgegen, daß ihr Betrieb bereits seit 1954 an diesem Standort bestehe. Gegenstand der Verhandlung sei somit nicht der bestehende Betrieb, sondern der beabsichtigte Lagerhallenanbau. Der Sinn und Zweck dieses Projektes liege einzig und allein darin, daß derzeit die Zulieferkapazitäten aufgrund der begrenzten Lagerflächen nicht voll ausgenützt werden könnten. Durch den geplanten Anbau werde die Lagerkapazität vergrößert, weshalb eine Zulieferung "auf Raten" (nach Maßgabe des vorhandenen Lagerplatzes) nicht mehr notwendig sei und ein Lkw voll beladen nur einmal und nicht wie bisher zwei- bis dreimal zufahren müsse. Dadurch werde sich die Anzahl der Fahrten reduzieren, ohne daß dadurch mengenmäßig Umsatzsteigerungen bewirkt würden. Lediglich die Kapazitäten der Fahrzeuge zum Zu- und Abtransport würden aufgrund der größeren Lagerfläche optimal ausgenützt. Auch das Umschlagen von Lkw zu Lkw werde nicht mehr notwendig sein. Auch die Verkehrsverhältnisse auf einer näher bezeichneten öffentlichen Straße würden dadurch verbessert werden. Eine "Verminderung der Lärmsituation" durch den geplanten Anbau ergebe sich auch dadurch, daß die derzeit notwendigen Zwischenlagerungen im Freien wegfielen, auch durch die Verlagerung der Waschanlage in den lärmgedämmten Kellerraum im Untergeschoß werde der Betrieb der Beschwerdeführerin für die Nachbarschaft eindeutig leiser. Ein im gewerberechtlichen Verfahren eingeholtes lärmtechnisches Gutachten könne im Bauverfahren "nur stark eingeschränkt Anwendung finden"; darüber hinaus sei an dieses Gutachten sowie die darauf aufbauenden medizinischen Gutachten unzutreffend (wird eingehend näher ausgeführt).

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 12. Jänner 1993 wurde das Baugesuch gemäß § 31 Abs. 4 lit. a der Tiroler Bauordnung (TBO) abgewiesen, weil gemäß den vorliegenden Gutachten und dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung "eine Steigerung und als Folge eine Gefahr bzw. eine unzumutbare Lärmbelästigung der im anschließenden Misch- und Wohngebiet lebenden Personen zu befürchten" sei (verwiesen wird auf die §§ 12 Abs. 1 und 14 Abs. 1 TROG 1984 - wird näher ausgeführt).

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Berufung, in der sie unter anderem abermals vorbrachte, daß das im gewerberechtlichen Verfahren eingeholte lärmtechnische Gutachten keine geeignete Beurteilungsgrundlage im Bauverfahren darstelle, wie auch, daß die Behörde "in unzulässiger Weise den eigentlichen Verfahrensgegenstand verlassen und sich nicht ausschließlich auf den beantragten Anbau konzentriert, sondern vorwiegend die bereits bestehende Betriebsanlage als Beurteilungsgrundlage herangezogen" habe.

Mit Berufungsbescheid vom 7. April 1993 wies der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet ab, bestätigte den angefochtenen Bescheid aber mit der Maßgabe, daß der das Baugesuch abweisende Teil zu lauten habe: "Das Bauansuchen wird gem. Par. 31 Abs. 4 lit. a Tiroler Bauordnung, i.d.F. LGBl. Nr. 33/1989 abgewiesen, da infolge vorliegender Gutachten und dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung eine Steigerung und als Folge eine Gefahr durch Lärmbelästigung der im anschließenden Misch- und Wohngebiet lebenden Personen zu befürchten ist, Par. 14 Abs. 1 TROG, LGBl. Nr. 4/1984, in der derzeit geltenden Fassung." Begründend ging die Berufungsbehörde zusammenfassend davon aus, daß das medizinische Gutachten vom 18. Oktober 1992 schlüssig und nachvollziehbar sei. Es sei rechtlich nicht verwehrt, das für das gewerberechtliche Verfahren erstellte Gutachten auch im Bauverfahren zu berücksichtigen. Es bestehe kein Anlaß anzunehmen, daß der medizinische Sachverständige nicht auf die anders gelagerten Voraussetzungen im Bauverfahren Rücksicht genommen habe. Im Bauverfahren sei "die gesamte Lärmbeeinflussung des Betriebes bei einem Zubau zu berücksichtigen", ausgenommen der Verkehr auf öffentlichen Straßen. Gemäß § 14 (wohl: Abs. 1) TROG müsse sowohl der Altbestand als auch der Zubau genehmigungsfähig sein. Dem Einwand, daß für die Baubehörde nur die Widmung des zu bebauenden Grundes, nicht aber die Widmung der Grundstücke der Nachbarn entscheidend sei, werde durch die Änderung des Spruches Rechnung getragen.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Vorstellung, in der sie zusammenfassend vorbrachte, daß dem Bauverfahren kein taugliches lärmtechnisches Gutachten zugrundeliege (weil das zugrundegelegte lärmtechnische Gutachten im Gewerbeverfahren erstellt worden sei), die Messungen nicht vom projektgegenständlichen Zubau selbst, sondern unzulässigerweise von der bestehenden Rampe aus erfolgt seien, der Gesamtbetrieb beurteilt worden sei, das medizinische Gutachten nicht den Bestimmungen des AVG entspräche und zum Teil reine Mutmaßungen sowie subjektive Meinungen enthalte, die ÖAL-Richtlinien unrichtig angewendet worden wären sowie, daß auch unzulässigerweise die Baulärmverordnung herangezogen worden sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Vorstellung Folge gegeben, den Berufungsbescheid infolge Verletzung von Rechten der Beschwerdeführerin behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Berufungsbehörde zurückverwiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, es stehe unbestritten fest, daß die verfahrensgegenständliche Liegenschaft im gewerblichen Mischgebiet liege. Eine derartige Widmungskategorie biete dem Nachbarn auch einen subjektiv öffentlich-rechtlichen Immissionsschutz. So seien in der fraglichen Widmungskategorie gemäß § 14 Abs. 1 TROG 1984 neben den im Wohngebiet zulässigen Bauten auch Betriebsanlagen zulässig, die für die Bewohner dieses Gebietes keine Gefahr für Leben und Gesundheit, insbesondere durch starke Rauch-, Staub- oder Lärmentwicklung befürchten ließen. Dem gegenständlichen Verfahren lägen nun zwei lärmtechnische Gutachten zugrunde. Zum einen das von der Beschwerdeführerin in Auftrag gegebenen Gutachten vom 26. Februar 1992, aus welchem hervorgehe, daß die beurteilten Lärmmessungen am 22. Mai 1992 durchgeführt worden seien, somit (was die Bewerdeführerin auch nicht bestreite) zu einer Zeit, die für das Lärmausmaß zu Höchstzeiten nicht repräsentativ sein könne. Zum anderen handle es sich um ein im Rahmen des gewerberechtlichen Verfahrens erstelltes Lärmgutachten, wobei die diesbezüglichen Messungen am 25. August 1992 in der Zeit zwischen 10.30 Uhr und 12.20 Uhr an drei verschiedenen Meßorten durchgeführt worden seien. Die Frage, ob und inwieweit "Gutachten des Gewerbeverfahrens" im Bauverfahren verwendet und verwertet werden dürften, habe schon der Verwaltungsgerichtshof "in mehrfacher Judikatur entschieden". So könnten die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens im gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigungsverfahren zwar im baubehördlichen Bewilligungsverfahren herangezogen werden, aber nur unter Berücksichtigung der verschiedenen Themenstellung dieser beiden Verfahren. So komme es bei der Beurteilung der Widmungsgemäßheit eines Bauvorhabens - zum Unterschied vom gewerbebehördlichen Verfahren - nicht auf die spezielle Anlage, sondern auf die Betriebstype an, wobei ein widmungswidriger Betrieb nicht durch Auflagen zulässig gemacht werden könne. Ein Einblick in das im gewerberechtlichen Verfahren eingeholte Gutachten vom 21. September 1992 ergebe, daß dieses eine generelle Beschreibung des Betriebes, insbesondere der einzelnen Betriebsabläufe enthalte. Es stelle auch nicht auf durch Auflagen eingeschränkte Lärmimmissionen ab, was, wie bereits dargelegt, vom baurechtlichen Standpunkt her auch nicht zulässig wäre, weil die Baubehörde die Lärmimmissionen des Betriebstypes zu beurteilen habe und nicht Lärmimmissionen, welche durch spezielle gewerberechtliche Auflagen eingeschränkt würden. Obwohl das Gutachten im gewerberechtlichen Verfahren erstellt worden sei, habe es somit "aufgrund der herangezogenen Bewertungsgrundlagen im Sinne obiger Judikatur" auch im Bauverfahren verwendet werden dürfen. Nicht gefolgt werden könne der Ansicht der Beschwerdeführerin, wonach alleine der geplante Zubau zu beurteilen sei, sondern es sei dieser Zubau "auch in Verbindung mit dem Gesamtbetrieb zu sehen". Ob vom Zubau allein tatsächlich - wie die Beschwerdeführerin behaupte - keine Immissionen ausginge, könne nicht alleiniges Beurteilungskriterium sein. Vielmehr sei auch unter anderem jener Lärm zu berücksichtigen, der durch Manipulationen an der Verladerampe, über die ja auch der Zubau "befüllt bzw. betrieben" werde, zu berücksichtigen: Diese stünden mit dem Zubau in untrennbarem Zusammenhang. So seien Messungen auch richterweise "in bezug zu diesem Standpunkt und den dort entstehenden Immissionen getätigt" worden.

Zutreffend sei die Beurteilung der Beschwerdeführerin hinsichtlich des Ausmaßes der zu bewertenden Beeinträchtigungen. Die Beurteilung der Frage, ob eine widmungsgemäße Verwendung vorliege, könne nur aus der Widmung des zu bebauenden und nicht etwa auch aus der Widmung angrenzender Grundstück abgeleitet werden. Die aufgrund des Tiroler Raumordnungsgesetzes erlassene Flächenwidmungspläne für einzelne Grundstücke des Widmungsgebietes regelten die zulässigen Nutzungen generell. Im Rahmen des individuellen Verwaltungsverfahrens (des Bauverfahrens) könne demnach die allgemeine Festlegung keiner Korrektur im Sinne einer Einschränkung der widmungsgemäßen Verwendbarkeit eines Grundstückes unterzogen werden. Es sei demnach im gegenständlichen Verfahren bedeutungslos, ob die Grundstücke der Nachbarn schon im Wohngebiet lägen, wesentlich sei vielmehr, daß das zu bebauende Grundstück im Mischgebiet liege. Da die Flächenwidmung nach § 14 Abs. 1 TROG 1984 (Mischgebiet) den Nachbarn keinen Schutz vor unzumutbaren Lärmbelästigungen biete, wie dies im Wohngebiet der Fall sei, sondern nur hinsichtlich von Lärmbelästigungen, die eine Gefahr für Leben und Gesundheit befürchten ließen, hätten Nachbarn - auch im angrenzenden Wohngebiet - demnach Beeinträchtigungen durch Lärm, die zwar belästigend aber noch nicht gesundheitsgefährdend seien, hinzunehmen. Der Schutz der Nachbarn vor Lärm sei im Mischgebiet somit geringer als im Wohngebiet.

Bezüglich der Feststellungen, ob die auftretenden Lärmimmissionen eine Gefahr für Leben und Gesundheit befürchten ließen, entbehrten die vorliegenden medizinischen Grundlagen jedoch ausreichender Klarheit. Im Gutachten vom 18. Oktober 1992 werde eine Überschreitung der Grenze der zumutbaren Störung festgestellt. Diese Feststellung möge zwar den Tatsachen entsprechen, dem komme jedoch im gegenständlichen Bauverfahren deshalb keine Relevanz zu, weil Prüfungsmaßstab nur die Frage sei, ob der durch die Widmungskategorie im Mischgebiet gewährleistete Immissionsschutz verletzt werde, somit die Frage, ob durch die entstehenden Immissionen eine Gefahr für die Gesundheit zu befürchten sei. Auch das Beurteilungskriterium des Gutachtens, ob und inwieweit der Grundgeräuschpegel überschritten werde, könne nicht beurteilungswesentlich sein, weil der Maßstab für die Zulässigkeit eines Bauvorhabens in der gegebenen Widmungskategorie lediglich die Frage einer Gesundheitsbeeinträchtigung durch den Betrieb mit seinen typischen Betriebsabläufen und den zum Schutz von Belästigungen typisch getroffenen Maßnahmen sei. Die Aussagen an einer näher bezeichneten Stelle des Gutachtens behaupteten zwar eine mögliche Gesundheitsgefährdung, ohne dies jedoch mit der erforderlichen Deutlichkeit zu begründen. Zudem werde ein durch den geplanten Umbau verstärkter Schallpegel der Beurteilung zugrundegelegt, was jedoch in keiner Weise nachgewiesen sei, zumal auch die Ausführungen der Beschwerdeführerin, wonach eine Erhöhung der Lagerkapazität das Verkehrsaufkommen verringere, durchaus plausibel erschienen. Keine Relevanz für die Beurteilung des Immissionsschutzes einer Widmungskategorie käme auch den Bestimmungen der Baulärmverordnung zu, die lediglich die zulässigen Lärmgrenzwerte für Baustellen regle.

Auch aus dem medizinischen Gutachten vom 9. Oktober 1992 lasse sich kein begründeter Hinweis eine Gesundheitsgefährdung durch die Betriebsanlage einschließlich des nunmehrigen Erweiterungsbaues durch Lärmentwicklung entnehmen. So werde auch mit der Aussage, daß durch den Neubau keine zusätzliche Entwicklung von Störlärm zu erwarten sei, ein solcher jedenfalls nicht eintreten dürfe, nicht die entscheidungswesentliche Feststellung getroffen, ob eine gesundheitsgefährdete Lärmbeeinträchtigung vorliege oder nicht. Überdies könnten die in diesem Gutachten bezogenen lärmdämmenden Maßnahmen (Materialien, Öffnungen, Bauformen usw.) "dem gesamten Akteninhalt nicht in konkreter Form entnommen werden". Die Baubeschreibung enthalte lediglich die Art des Mauerwerkes und die Form der Drittschallisolierung. Andere Angaben über die Ausführung des Baues im Hinblick auf eine Schalldämmung sei nicht ersichtlich.

Um die für die Baubehörde entscheidende Frage, ob eine Gefahr für Leben und Gesundheit durch Lärmentwicklung zu befürchten sei, abzuklären, werde die Behörde ergänzende Ermittlungen (ergänzende "Sachverständigenfeststellungen") durchzuführen haben. Es werde auch zu erheben sein, ob die Betriebsanlage von ihrem Typ her, einschließlich der zum Schutz vor Belästigungen typisch getroffenen Maßnahmen, eine derartige Gefährdung befürchten lasse, wobei hiebei auch die für Mischgebiet relevante ÖAL-Richtlinie herangezogen werden könne. Weiters empfehle sich eine genaue Information durch die Beschwerdeführerin hinsichtlich der beabsichtigten Lärmschutzmaßnahmen, welche jedoch im Projekt enthalten sein müßten, um nicht einen vom Typ her unzulässigen Betrieb durch Auflagen zulässig zu machen. Ebenfalls werde darauf zu achten sein, daß ergänzend eingeholte Gutachten den Erfordernissen hinsichtlich Befund und Gutachten im engeren Sinn, wie sie im AVG vorgegeben seien, entsprächen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und - ebenso wie die fünft- und siebentmitbeteiligte Partei - in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung (siehe etwa das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 22. Oktober 1971, Slg. Nr. 8091/A) die Auffassung, daß sowohl die Gemeinde als auch die anderen Parteien des Verfahrens nur an die die Aufhebung tragenden Gründe eines aufsichtsbehördlichen Bescheides gebunden sind

- gleichbleibende Sach- und Rechtslage vorausgesetzt. Die Gemeinde, wie auch die anderen Parteien des Verfahrens sind daher (entgegen der in der Gegenschrift der mitbeteiligten Parteien vertretenen Auffassung) berechtigt, die Unrichtigkeit von derartigen tragenden Gründen mit Beschwerde geltend zu machen, um den Eintritt dieser Bindungswirkung zu verhindern.

In diesem Sinne bringt die Beschwerdeführerin zusammenfassend vor, die Rechtsansicht der belangten Behörde, wonach bei der Beurteilung der Konformität mit dem Flächenwidmungsplan auch der von der Verladerampe ausgehende Lärm zu berücksichtigen sei, sei unrichtig, weil Bauprojekt und somit "Sache" des Bauverfahrens lediglich der geplante Zubau sei. In rein baurechtlicher Hinsicht stehe die Verladerampe in keinem Zusammenhang mit dem geplanten Zubau. Durch das gegenständliche Bauprojekt werde auch keine Änderung am Verwendungszweck und an der Widmung der rechtskräftig genehmigten Anlageteile vorgenommen. Es sei daher aufgrund der Charakteristik des Bauverfahrens bei der Beurteilung der Zulässigkeit des Bauvorhabens im Mischgebiet lediglich von der Betriebstype "Lager- und Arbeitsraum eines Getränkehandelsbetriebes" auszugehen. Der Sachverständige habe sich dabei auf das eigentliche Projekt zu beschränken und nicht den Gesamtbetrieb einzubeziehen. Jede andere Rechtsansicht führe im Ergebnis dazu, daß der bereits rechtskräftig genehmigte "und das Projekt umfassende" Betrieb der Beschwerdeführerin mitüberprüft werde. Dies sei aufgrund der Gesetzeslage nur im Gewerbeverfahren zulässig, nicht jedoch im Bauverfahren. Die belangte Behörde habe den Berufungsbescheid "wegen eines nicht ausreichenden medizinischen Gutachtens, sowie wegen nicht ausreichend erhobener Beurteilungskriterien aufgehoben", wobei es sich bei der Rechtsansicht, daß auch der von der Verladerampe ausgehende Lärm mitzuberücksichtigen sei, um einen wesentlichen und tragenden Begründungsteil handle, weil der Berufungsbehörde die Ergänzung des Ermittlungsverfahrens auch unter Einbeziehung des von der Rampe ausgehenden Lärmes aufgetragen worden sei.

Auch könne das im gewerberechtlichen Verfahren eingeholte lärmtechnische Gutachten dem gegenständlichen Bauverfahren deshalb nicht zugrundegelegt werden, da es nicht den für ein Bauverfahren geltenden Grundsätzen entspreche, weil im Gutachten "der gesamte bestehende Betrieb der Beschwerdeführerin generell beschrieben und die Betriebsabläufe gemessen" worden seien, sich die Beurteilung somit nicht bloß auf den projektierten Zubau beschränke. Die belangte Behörde habe dennoch das Gutachten als geeignete Beurteilungsgrundlage erachtet, weil sie von der (tragenden, aber unrichtigen) Rechtsauffsicht ausgegangen sei, es habe der Beurteilung der Betriebstype auf den Gesamtbetrieb und nicht bloß auf den projektierten Zubau abzustellen.

2. Tragender Grund für die Aufhebung des Berufungsbescheides war, daß die belangte Behörde die medizinischen Gutachten als unzureichend ansah, wobei sie (worauf die Beschwerdeführerin zutreffend verweist) die Beurteilung der Schlüssigkeit und Vollständigkeit der Gutachten (zumindest: auch) aus dem Blickwinkel vornahm, daß auf die (Lärm-)Immissionen des gesamten Betriebes und nicht bloß des projektierten Zubaues Bedacht zu nehmen sei. Bei der gegebenen Verfahrenslage ist demnach diese von der Beschwerdeführerin bekämpfte Rechtsansicht letztlich (auch) als tragender Aufhebungsgrund anzusehen. Von diesem Rechtsstandpunkt ausgehend, sah die belangte Behörde das im gewerberechtlichen Verfahren eingeholte lärmtechnische Gutachten sichtlich als geeignete Beurteilungsgrundlage an, insoweit ist jedoch die von der Beschwerdeführerin befürchtete Bindungswirkung nicht eingetreten: Die Bindung erstreckt sich ausschließlich auf die die Aufhebung tragenden Gründe des aufsichtsbehördlichen Bescheides, nicht aber auf die weiteren (somit die Aufhebung nicht tragenden) Ausführungen der Gemeindeaufsichtsbehörde.

3. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach ausgesprochen, daß die Behörde bei jeder späteren bewilligungspflichtigen Bauführung bei bereits bestehenden Betrieben die Übereinstimmung der Betriebstype mit dem Flächenwidmungsplan von neuem zu prüfen hat und zwar selbst bei nichtimmissionsträchtigen Erweiterungen eines solchen Betriebes (siehe dazu aus jüngerer Zeit das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Mai 1992, Zl. 91/06/0143, betreffend die Erweiterung bzw. Errichtung eines Schreinereibetriebes und Spänesilos nach dem Vorarlberger Raumplanungsgesetz unter Hinweis auf die Erkenntnisse vom 21. Feber 1980, Zl. 1007/77, betreffend einen Tischlereibetrieb im Wohngebiet nach dem Tiroler Raumordnungsgesetz und vom 20. April 1982, Zl. 05/0615, 3078/79, betreffend eine Großtischlerei im Wohngebiet nach der Wiener Bauordnung). Die Rechtsansicht der belangten Behörde, daß zur Beurteilung der Übereinstimmung der Betriebstype mit dem Flächenwidmungsplan auf die vom gesamten Betrieb ausgehenden Immissionen Bedacht zu nehmen sei und nicht bloß auf die vom geplanten Zubau zu erwartenden Immissionen, war daher zutreffend.

4. Da somit die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Damit ist eine Erörterung der Frage, ob durch den geplanten Zubau eine Verminderung der (Gesamt)Immissionen des Betriebes eintreten werde (dies ist die Tendenz des Vorbringens der Beschwerdeführerin) und die Frage, wie dieser Umstand rechtliche zu beurteilen wäre, im vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht zu erörtern.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Kostenmehrbegehren der fünft- und der siebentmitbeteiligten Parteien (jede spricht Schriftsatzaufwand in voller Höhe an) war abzuweisen, weil gemäß § 49 Abs. 6 VwGG diese mitbeteiligten Parteien hinsichtlich des Schriftsatzaufwandes "als eine Partei anzusehen" sind und dieser Ersatz an die die Partei bildenden Mitbeteiligten zu gleichen Teilen zu leisten ist.

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