VwGH 93/06/0208

VwGH93/06/020817.2.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Degischer, Dr. Giendl, Dr. Müller und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht über die Beschwerde des H K, des F S und der J S in R, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 26. Februar 1993, Zl. Vel-550-1996/1, betreffend Abweisung eines Bauansuchens (mitbeteiligte Parteien: 1) C-Ges.m.b.H. in K, 2) Gemeinde R, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
BauRallg;
ROG Tir 1984 §12 Abs3 idF 1983/088;
ROG Tir 1984 §31;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;
WFG 1968 idF 1982/320;
AVG §56;
BauRallg;
ROG Tir 1984 §12 Abs3 idF 1983/088;
ROG Tir 1984 §31;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;
WFG 1968 idF 1982/320;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund des Beschwerdevorbringens und des vorgelegten angefochtenen Bescheides geht der Verwaltungsgerichtshof von folgendem Sachverhalt aus:

Die erstmitbeteiligte Partei (kurz: Bauwerberin) beabsichtigt, auf einem Grundstück im Bereich der mitbeteiligten Gemeinde (das laut rechtskräftigem Flächenwidmungsplan im Wohngebiet für förderbare Wohnbauten nach § 12 Abs. 3 des Tiroler Raumordnungsgesetzes ÄTROGö 1984 liegt) ein Zweifamilienhaus zu errichten und hat bei der mitbeteiligten Gemeinde die Erteilung einer entsprechenden Baubewilligung beantragt; die Beschwerdeführer sind Nachbarn und haben im Bauverfahren verschiedene Einwendungen erhoben.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 13. August 1992 wurde das Bauansuchen wegen Widerspruches zur Flächenwidmung abgewiesen; die Berufung der Bauwerberin blieb erfolglos (abweislicher Bescheid des Gemeindevorstandes vom 28. September 1992).

Dagegen erhob die Bauwerberin Vorstellung und brachte vor, daß der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde seine Annahme, es sei die Errichtung von Ferienwohnungen geplant, nicht schlüssig habe begründen können; vielmehr handle es um bloße Mutmaßungen. Gerade die geplante Ausstattung spreche für einen dauernden Wohnbedarf. Für die Beurteilung der Wohnbauförderungswürdigkeit seien die Bestimmungen des Tiroler Wohnbauförderungsgesetzes 1991 heranzuziehen, wonach eine Nutzfläche bis zu 150 m2 ohne Einschränkung zulässig und auch die Errichtung und Schaffung von Wohnungen für Dienstnehmer förderbar wären. Auch bei Anwendung des Wohnbauförderungsgesetzes 1968 wäre eine Nutzfläche bis 150 m2 förderbar.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Vorstellung Folge gegeben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde verwiesen. Begründend wurde ausgeführt, daß auf Grundstücken, die nach § 12 Abs. 3 TROG 1984 als Wohngebiet für förderbare Wohnbauten gewidmet seien, nur Wohnbauten errichtet werden dürften, bei denen die darin vorgesehenen Wohnungen hinsichtlich ihrer Größe und ihres Verwendungszweckes nach den wohnbauförderungsrechtlichen Vorschriften förderbar seien. Die Prüfung, ob diese Voraussetzungen vorlägen, sei Aufgabe der Behörde (wird näher ausgeführt). Da sich ein Bauvorhaben als Projektverfahren darstelle, sei die Baubehörde lediglich berechtigt, anhand der vorliegenden Baubeschreibung und der angeschlossenen Baupläne zu entscheiden. Diese seien sowohl für die Ausgestaltung des Gebäudes als auch dessen zulässigen Verwendungszweck allein maßgebend. Nach der Planunterlagenverordnung habe die Baubeschreibung alle für die Beurteilung des Bauvorhabens erforderlichen Angaben zu enthalten, soweit diese aus den Plänen nicht ersichtlich seien. Insbesondere habe die Baubeschreibung Angaben über den Verwendungszweck der geplanten baulichen Anlage zu enthalten. Aus dem Schreiben der Beschwerdeführerin vom 13. Mai 1992 sei zu entnehmen, daß beide Wohnungen der dauernden Bewohnung durch deren Geschäftsführer sowie eines Angestellten dienen sollten. Die Baubehörde sei im Zuge des Projektverfahrens lediglich berechtigt, anhand der eingereichten Unterlagen über die Zulässigkeit des Bauvorhabens ihre Entscheidung zu treffen. Hingegen sei sie nicht berechtigt, Untersuchungen und Ermittlungen darüber anzustellen, ob die wahren Absichten des Bauwerbers von seinem eingereichten Bauansuchen abwichen. Keineswegs sei die Baubehörde auch berechtigt, sich in ihrer Entscheidung von bloßen Vermutungen leiten zu lassen. Um jedoch hinsichtlich des Verwendungszweckes sicher zu gehen, werde es zweckmäßig sein, den angegebenen Verwendungszweck ("Zweifamilienwohnhaus zur Deckung einer ganzjährigen Bewohnung") in den Spruch des Baubewilligungsbescheides aufzunehmen (wird näher ausgeführt).

Das bedeute, daß der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde das Bauansuchen nicht wegen Widerspruches des Verwendungszweckes zur Flächenwidmung hätte abweisen dürfen. Da dieser Grund jedoch tragend für die Entscheidung für das Bauansuchen gewesen sei, sei der Vorstellung Folge zu geben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen gewesen. Im fortgesetzten Verfahren werde der Gemeindevorstand weiters anhand der Pläne zu überprüfen haben, ob auch ein Einklang hinsichtlich Größe und Ausstattung der Wohnung mit den wohnbaurechtlichen Vorschriften bestehe. Die vom Gemeindevorstand ins Treffen geführte luxuriöse Ausstattung (Bibliothek etc.) könne jedoch nicht greifen, zumal die wohnbauförderungsrechtlichen Vorschriften auch nur von einer "Mindestausstattung" einer normal ausgestatteten Wohnung sprächen. Ebenso werde das Bauvorhaben auf seine Vereinbarkeit mit den weiteren Vorschriften der Tiroler Bauordnung hin zu überprüfen sein.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtwidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführer bekämpfen nicht die im angefochtenen Bescheid von der belangten Behörde zum Ausdruck gebrachten Erwägungen, sondern machen der Sache nach geltend, daß die Aufhebung deshalb zu Unrecht erfolgt sei, weil die belangte Behörde richtigerweise aus Gründen, die sie zu prüfen unterlassen habe, die Vorstellung hätte abweisen müssen. Unter diesem Gesichtspunkt kann den Beschwerdeführern (die stets die Abweisung des Bewilligungsansuchens angestrebt hatten, und die durch die in ihrem Sinne ergangenen abweislichen Entscheidungen auf Gemeindeebene nicht beschwert waren) eine Beschwer durch den angefochtenen Bescheid nicht aberkannt werden, sodaß die Beschwerde zulässig ist; sie ist aber nicht berechtigt.

Gemäß § 12 Abs. 3 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1984 (TROG), LGBl. Nr. 4 (Wiederverlautbarung) idF der vierten Raumordnungsgesetz-Novelle LGBl. Nr. 88/1983, kann im Flächenwidmungsplan für Teile des Wohngebietes festgelegt werden, daß auf den auf diesem Gebiet liegenden Grundflächen nur Wohnbauten errichtet werden dürfen, bei denen die darin vorgesehenen Wohnungen hinsichtlich ihrer Größe und ihres Verwendungszweckes nach den wohnbauförderungsrechtlichen Vorschriften förderbar sind. Diese Bestimmung ist am 1. Jänner 1984 in Kraft getreten (LGBl. Nr. 88/1983).

Die Beschwerdeführer bringen nun vor, daß, soweit die in dieser Bestimmung enthaltene Wendung "wohnbauförderungsrechtliche Vorschrift" auf Bundesrecht (nämlich auf die Bestimmungen des Wohnbauförderungsgesetzes) verweise, diese Verweisung nur statisch verstanden werden könne, sich daher auf jene wohnbauförderungsrechtlichen Vorschriften des Bundes beziehe, die am 1. Jänner 1984 in Geltung gestanden seien. Sie leiten daraus weiter ab, daß somit das am 1. Jänner 1984 noch in Geltung gestandene Wohnbauförderungsgesetz 1968, BGBl. Nr. 280/1967, idF der Novelle BGBl. Nr. 320/1982 heranzuziehen sei. Gemäß § 2 Abs. 1 Z 3 dieses Gesetzes gelte als Mittelwohnung eine Wohnung der in Z 2 dieser Bestimmung genannten Art, wenn sie 130 m2 (bei näher im Gesetz genannten Voraussetzungen 150 m2) Nutzfläche nicht übersteige. Sie hätten geltend gemacht, daß im vorliegenden Fall abgesehen von Kleinwohnungen nur sogenannte Mittelwohnungen errichtet werden dürften, deren Größe 130 m2 Wohnnutzfläche nicht übersteige, da die im Gesetz genannten Voraussetzungen für die ausnahmsweise Gestattung von einer Größe von 150 m2 weder behauptet noch gegeben seien. Da diese Voraussetzungen nicht einmal behauptet worden seien, wäre richtigerweise die Vorstellung abzuweisen gewesen, weil vorliegendenfalls die Größe der Wohnungen 149,60 m2 bzw. 147,47 m2 betrage.

Dem ist folgendes entgegenzuhalten:

Die Wertung, daß die Wendung "wohnbaurechtliche Vorschriften" im Sinne des § 12 Abs. 3 TROG idF der vierten Raumordnungsgesetznovelle, LGBl. Nr. 88/1983 sich - soweit sie auf Vorschriften des Bundes verweise - auf das am 1. Jänner 1984 noch in Geltung gestandene Wohnbauförderungsgesetz 1968 idF der Novelle BGBl. Nr. 320/1982 beziehe, entspricht dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. April 1992, Zl. 91/06/0197. In diesem Erkenntnis wurde auch darauf verwiesen, daß nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes den Widmungsbezeichnungen eines Flächenwidmungsplanes stets jener Inhalt zu unterstellen ist, der ihm nach jenen gesetzlichen Bestimmungen zukam, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des jeweiligen Flächenwidmungsplanes in Geltung gestanden sind (unter Hinweis auf das zum TROG ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. April 1987, BauSlg. Nr. 911).

Die Frage, ob § 12 Abs. 3 TROG (daneben) auch eine zulässige Verweisung auf Tiroler Landesrecht enthält, wird (daher) erst dann relevant, wenn zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des gegenständlichen Flächenwidmungsplanes entsprechendes Landesrecht (bereits) gegolten hat (vgl. das zitierte Erkenntnis vom 9. April 1992). Dies kann hier noch nicht beurteilt werden, weil (noch) nicht aktenkundig ist, wann der Flächenwidmungsplan in Kraft trat.

Wenngleich demnach der Einwand der Beschwerdeführer nicht von der Hand zu weisen ist, ist eine Lösung dieser Frage zum gegenwärtigen Zeitpunkt aus folgenden weiteren Erwägungen entbehrlich: Käme man auch zum Ergebnis, daß das Projekt wegen der Größe der geplanten Wohnungen dem Flächenwidmungsplan widerspräche, könnte das Hindernis allenfalls durch eine entsprechende Modifikation des Projektes beseitigt werden; nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Berufungsbehörde sogar verpflichtet, den Bauwerber zu einer Änderung des Bauvorhabens aufzufordern, wenn der Versagungsgrund damit beseitigt werden kann

(vgl. u.a. das Erkenntnis vom 21. Feber 1989, Zl. 88/05/0205, 0206). Es wäre daher rechtswidrig, den die Baubewilligung versagenden Bescheid aus einem solchen, an sich beseitigbaren Versagungsgrund zu bestätigen, wenn dieser Versagungsgrund bisher nicht erörtert worden ist.

Die Beschwerdeführer bringen weiters vor, sie hätten im Bauverfahren auch folgende Einwendung erhoben: "Solange der in der Natur festgelegte Nullpunkt, welcher im Zuge der Baumaßnahmen zwangsläufig beseitigt werden muß, nicht auf einen anderen Punkt in der Natur projeziert und planlich durch einen Geometer dargestellt ist, entsprechen die Planunterlagen nicht den Erfordernissen des § 28 TBO".

Mit diesem Vorbringen vermochten die Beschwerdeführer aber nicht darzutun, daß die vorgelegten Unterlagen keine ausreichende Beurteilung des Bauvorhabens zuließen.

Da damit bereits das Beschwerdevorbringen erkennen läßt, daß die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

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