VwGH 93/05/0298

VwGH93/05/029826.4.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Hauer und die Hofräte Dr. Degischer, Dr. Giendl, Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde

1.) des R, 2.) des B, 3.) der R und 4.) der I, alle in Wien, alle vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 4. November 1993, Zl. MD-VfR-B XIX-50, 54-56/93, betreffend Nachbareinwendungen gegen ein Bauvorhaben (mP: X-Gesellschaft m.b.H. in Wien, vertreten durch Dr. Z, Rechtsanwalt in Wien), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §68 Abs1;
AVG §8;
BauO Wr §134 Abs3 idF 1992/034;
BauO Wr §134a idF 1992/034;
BauO Wr §134a lita idF 1992/034;
BauO Wr §5 Abs4 litp idF 1976/018;
BauO Wr §61 idF 1976/018;
BauO Wr §64 idF 1992/034;
BauO Wr §69 Abs1 litl idF 1992/048;
BauO Wr §69 Abs1 litm idF 1992/048;
BauO Wr §69 Abs2 idF 1992/048;
BauO Wr §70 Abs2 idF 1992/049;
BauO Wr §79 Abs6 idF 1976/018;
BauO Wr §84 Abs3 idF 1976/018;
BauRallg;
GaragenG Wr 1957 §19 idF 1975/007;
GaragenG Wr 1957 §36 Abs1 idF 1975/007;
GaragenG Wr 1957 §6 idF 1975/007;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
AVG §68 Abs1;
AVG §8;
BauO Wr §134 Abs3 idF 1992/034;
BauO Wr §134a idF 1992/034;
BauO Wr §134a lita idF 1992/034;
BauO Wr §5 Abs4 litp idF 1976/018;
BauO Wr §61 idF 1976/018;
BauO Wr §64 idF 1992/034;
BauO Wr §69 Abs1 litl idF 1992/048;
BauO Wr §69 Abs1 litm idF 1992/048;
BauO Wr §69 Abs2 idF 1992/048;
BauO Wr §70 Abs2 idF 1992/049;
BauO Wr §79 Abs6 idF 1976/018;
BauO Wr §84 Abs3 idF 1976/018;
BauRallg;
GaragenG Wr 1957 §19 idF 1975/007;
GaragenG Wr 1957 §36 Abs1 idF 1975/007;
GaragenG Wr 1957 §6 idF 1975/007;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer zusammen haben der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.360,-- jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Bauauschuß der Bezirksvertretung des 19. Wiener Gemeindebezirkes hat einen mit 25. Juni 1993 datierten Bescheid erlassen, dessen Spruch nachstehenden Wortlaut hat:

"Der Bauausschuß der Bezirksvertretung für den 19. Bezirk hat in seiner Sitzung vom 24. 6. 1993 beschlossen wie folgt:

Gemäß § 69 Abs. 1 lit. f, l und m der Bauordnung für Wien sind für das beim Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37/19 zur Zahl MA 37/19 - L-Gasse 15/2942/92 anhängige Bauvorhaben nach Maßgabe der diesem Baubewilligungsverfahren zugrundeliegenden Pläne, nachstehende Abweichungen von Bebauungsvorschriften zulässig:

  1. 1) An der Front L-Gasse dürfen vier Erker, welche vor die Baulinie ragen, hergestellt werden.
  2. 2) Der Fußboden von Aufenthaltsräumen im Dachgeschoß darf um 0,82 m über der für die Beurteilung der zulässigen Gebäudehöhe maßgebenden Ebene von 10,50 m liegen.
  3. 3) Die bauklassenmäßige Gebäudehöhe darf durch den Neubau um 1,02 m überschritten werden.

    Die Einwendungen des Anrainers Dr. Franz Ruzicka und jener Anrainer, die sich diesem Einwand angeschlossen haben, gegen die Überschreitung der laut Bebauungsplan mit 10,50 m festgesetzten Gebäudehöhe, werden gem. § 69 Abs. 4 der BO für Wien abgewiesen."

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Mag. Abt. 37, vom 1. Juli 1993 wurde daraufhin der mitbeteiligten Partei dieses verwaltungsgerichtlichen Verfahrens unter Berufung auf § 70 der Bauordnung für Wien in Verbindung mit § 69 Abs. 8 sowie § 83 Abs. 1 leg. cit. und in Anwendung des Wiener Garagengesetzes die baubehördliche Bewilligung erteilt, auf der Liegenschaft 19., L-Gasse 15 - 17, ein unterkellertes viergeschoßiges Wohnhaus mit ausgebautem Dachgeschoß, beinhaltend zwei Stiegenhäuser mit insgesamt 25 Wohnungen, und eine Tiefgarage zu errichten. Im 3. Absatz des Spruches dieses Bescheides wurde festgehalten, daß der zwingenden Vorschrift des § 36 Abs. 1 des Wiener Garagengesetzes "zur Schaffung von 16 Stellplätzen in der og. Tiefgarage entsprochen wird. Darüber hinaus werden noch weitere 18 Stellplätze in dieser Tiefgarage geschaffen". Die u.a. von den Beschwerdeführern erhobenen Einwendungen, "daß durch die Überschreitung der zulässigen

Gebäudehöhe der Lichteinfall eingeschränkt wird, ... daß die

Tiefgarage in der gärtnerisch auszugestaltenden Fläche in dem vorliegenden Ausmaß unzulässig ist, daß die Garage gewerblich genutzt werden soll und daß die westliche Einfriedungsmauer erhalten werden soll", wurden als "unzulässig zurückgewiesen". Die Einwendungen zweier Beschwerdeführer, wonach "durch die geplante Bauführung der Wert ihres Miteigentums vermindert wird", wurden als privatrechtlich beurteilt und die Streitteile auf den Zivilrechtsweg verwiesen.

Über die von den Beschwerdeführern sowohl gegen den erwähnten Bescheid des Bauauschusses der Bezirksvertretung vom 25. Juni 1993 als auch gegen den erwähnten baubehördlichen Bewilligungsbescheid eingebrachten Berufungen entschied die Bauoberbehörde für Wien mit ihrem Bescheid vom 4. November 1993 dahingehend, daß diese Berufungen gemäß § 66 Abs. 4 AVG "als unbegründet abgewiesen werden und der angefochtene Bescheid des Bauauschusses der Bezirksvertretung vom 25. Juni 1993 bestätigt wird; der angefochtene Bescheid der Mag. Abt. 37/19 vom 1. Juli 1993 wird mit der Maßgabe bestätigt, daß im 3. Absatz seines Spruches der letzte Satz zu entfallen hat und die Einwendungen der Berufungswerber betreffend die Errichtung der Tiefgarage auf einer gärtnerisch auszugestaltenden Fläche und wegen erwarteter Lärm- und Abgasemissionen als im Gesetz nicht begründet abgewiesen werden".

Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung von Gegenschriften durch die belangte Behörde und die mitbeteiligte Partei erwogen:

Gemäß § 69 Abs. 1 der Bauordnung für Wien in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung der Novelle LGBl. für Wien Nr. 48/1992 hat die Behörde für einzelne Bauvorhaben nach Maßgabe des Abs. 2 über die Zulässigkeit folgender Abweichungen von den Bebauungsvorschriften zu entscheiden:

"...

l) Ausnahmen vom Verbot der Anordnung des Fußbodens von Aufenthaltsräumen oberhalb der für die Beurteilung der zulässigen Gebäudehöhe maßgebenden Ebene (§ 87 Abs. 7);

m) das Überschreiten der gemäß § 5 Abs. 4 lit. h und gemäß § 77 Abs. 4 lit. a bestimmten sowie der bauklassenmäßigen Gebäudehöhe in allen Bauklassen, wenn das Interesse an der Gestaltung des örtlichen Stadtbildes überwiegt; hiebei darf das vom Bebauungsplan beabsichtigte örtliche Stadtbild weder gestört noch beeinträchtigt werden."

Zufolge Abs. 2 dieser Gesetzesstelle darf durch Abweichungen nach Abs. 1 die Bebaubarkeit der Nachbargrundflächen ohne nachgewiesene Zustimmung des betroffenen Nachbarn nicht vermindert werden; an Emissionen darf nicht mehr zu erwarten sein, als bei einer der Flächenwidmung entsprechenden Nutzung typischerweise entsteht. Im übrigen darf, abgesehen von den unter Abs. 1 lit. a bis o näher genannten Voraussetzungen, von den Bestimmungen des Flächenwidmungsplanes und des Bebauungsplanes nur unwesentlich abgewichen werden; es dürfen das vom Flächenwidmungsplan und Bebauungsplan beabsichtigte Stadtbild nicht störend beeinflußt und die beabsichtigte Flächennutzung sowie Aufschließung nicht grundlegend anders werden. Die Gründe, die für die Abweichung sprechen, sind mit den Gründen, die dagegen sprechen, abzuwägen. Insbesondere ist auf den konsensgemäßen Baubestand der betroffenen Liegenschaft und der Nachbarliegenschaften sowie auf den Umstand, daß die Ausnahmebewilligung nur für die Bestanddauer des Baues gilt, Bedacht zu nehmen. Vom Bauwerber geltend gemachte Verpflichtungen aus Bundes- oder anderen Landesgesetzen sind zu berücksichtigen, desgleichen, ob die Abweichung einer zeitgemäßen Ausstattung des konsensgemäßen Baubestandes oder des geplanten Baues dienlich ist.

Im Zusammenhang mit der Entscheidung über die Ausnahme gemäß Abs. 1 lit. l der wiedergegebenen Gesetzesstelle hat die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides zutreffend darauf hingewiesen, daß durch diese die Anordnung des Fußbodens von Aufenthaltsräumen der für die Beurteilung der zulässigen Gebäudehöhe maßgebenden Ebene betreffende Ausnahme keine subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte berührt werden. Durch den Pkt. 2) des Spruches des Bescheides des Bauauschusses der Bezirksvertretung des 19. Bezirkes vom 25. Juni 1993 sind daher schon aus diesem Grunde keine Rechte der Beschwerdeführer verletzt worden. Daher erübrigt sich auch ein Eingehen auf die damit im Zusammenhang stehenden Beschwerdeausführungen.

Zur Frage der Rechtmäßigkeit der hinsichtlich der Gebäudehöhe erteilten Ausnahme gemäß Pkt. 3) des eben genannten Bescheides hat die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausgeführt, eine wesentliche Abweichung werde nur dann zu Recht behauptet werden können, wenn dieser "eine dem geltenden Flächenwidmungs- und Bebauungsplan unterlaufende Tendenz" innewohne. Eine solche Tendenz lasse das vorliegende Bauvorhaben nicht erkennen. Die Abweichung vom Bebauungsplan sei geringfügig, bleibe doch die Gebäudehöhe innerhalb des durch die Bauklasse II vorgegebenen Rahmens von 12 m, der nur durch besondere Bebauungsbestimmungen enger gezogen worden sei. Auf die Bebaubarkeit der Nachbarliegenschaften habe die Bewilligung zur Überschreitung der vom Bebauungsplan festgesetzten Gebäudehöhe keinen Einfluß. Der zusätzlich gewonnene Raum soll nach dem Einreichplan für Wohnzwecke verwendet werden, sodaß eine im Wohngebiet gemäß § 6 Abs. 6 der Bauordnung für Wien grundsätzlich zulässige Nutzung vorliege, von der auch nicht zu erwarten sei, daß sie den Wohnzweck beeinträchtigende Belästigungen für die Nachbarschaft herbeiführe. Ein störender Einfluß auf das örtliche Stadtbild sei auszuschließen und eine grundlegende Veränderung der vom Flächenwidmungs- und Bebauungsplan beabsichtigten Flächennutzung sei schon deshalb nicht gegeben, weil der zusätzlich gewonnene Raum widmungsgemäß genutzt werden soll. Auf den konsensgemäßen Baubestand der gegenüberliegenden Liegenschaften L-Gasse 16, 18 und 20 sei insoweit Bedacht genommen worden, als der Nachweis erbracht worden sei, daß trotz Überschreitung der Gebäudehöhe der im § 78 der Bauordnung für Wien verlangte Lichteinfall gewährleistet sei. In der Stellungnahme der Mag. Abt. 19 vom 17. Dezember 1992 werde weiters die Höherführung des Neubaues aus Rücksichten eines einheitlichen örtlichen Stadtbildes befürwortet, da die Gebäude auf den links und rechts des Bauplatzes anschließenden Liegenschaften annähernd die gleichen Gesimshöhen aufweisen, wie das geplante Bauvorhaben. Die im § 69 Abs. 1 lit. m und Abs. 2 der Bauordnung für Wien genannten Gründe lägen somit vor. Da der Bauausschuß seine Entscheidung auf Grund des von der Baubehörde erster Instanz ermittelten Sachverhaltes zu fällen gehabt habe und die Beschwerdeführer zu der Bauverhandlung am 26. Februar 1993 beigezogen gewesen seien, sei auch der Vorwurf des mangelnden Parteiengehörs im Verfahren vor Erteilung der Ausnahmebewilligungen nicht gerechtfertigt. Auf Grund der Erteilung der Ausnahmebewilligung nach § 69 Abs. 1 lit. m der Bauordnung für Wien könnten daher die Nachbarn durch das die im Bebauungsplan festgesetzte Gebäudehöhe um 1,02 m überschreitende Bauvorhaben nicht in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt sein.

Der Gerichtshof hält diese Ausführungen für zutreffend und kann der belangten Behörde keine im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wesentliche, also zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Verletzung von Verfahrensvorschriften anlasten, da dem Bescheid des Bauausschusses entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer ein von der Baubehörde erster Instanz durchgeführtes Ermittlungsverfahren vorausgegangen ist und die Beschwerdeführer nicht nur in der Bauverhandlung, sondern auch in ihrer Berufung gegen den Baubewilligungsbescheid die - von ihnen auch genützte - Möglichkeit zur Darlegung ihres Standpunktes gehabt haben. Wie der wiedergegebenen Begründung des angefochtenen Bescheides entnommen werden kann, ist die belangte Behörde auf sämtliche Tatbestandsvoraussetzungen der zitierten baurechtlichen Vorschrift inhaltlich eingegangen und zu dem nach Auffassung des Gerichtshofes richtigen Ergebnis gekommen, daß die Beschwerdeführer durch die unter Berufung auf § 69 Abs. 1 lit. m der Bauordnung für Wien gewährte Ausnahme nicht in ihren subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten verletzt werden.

Den der Frage des Planwechsels während des Berufungsverfahrens gewidmeten Beschwerdeausführungen ist zu entgegnen, daß der letzte Satz des 3. Absatzes des Magistratsbescheides vom 1. Juli 1993 die bereits wiedergegebene Feststellung enthalten hat, daß "darüber hinaus noch weitere 18 Stellplätze in dieser Tiefgarage geschaffen werden", und nach dem Wortlaut des Spruches des angefochtenen Bescheides "im 3. Absatz" dieses erstinstanzlichen Bescheides "der letzte Satz zu entfallen hat", woraus sich mit der erforderlichen Klarheit ergibt, daß diese 18 weiteren Stellplätze nicht als baubehördlich bewilligt anzusehen sind. Diese während des Berufungsverfahrens erfolgte Projektänderung wurde durch Vorlage geänderter Pläne aktenkundig gemacht, wobei dem Vorwurf der Beschwerdeführer, dieser Planwechsel sei ihnen nicht zur Kenntnis gebracht worden, obwohl er wesentliche Anrainerrechte berühre, zu entgegnen ist, daß diese unter dem Gesichtspunkt der zu erwartenden Emissionen nicht unerhebliche Reduktion des Bauvorhabens offensichtlich auf Grund der Einwendungen der Beschwerdeführer, und sohin in deren Interesse vorgenommen worden ist, weshalb nicht zu erkennen und von den Beschwerdeführern auch nicht aufgezeigt worden ist, inwiefern die belangte Behörde zu einem für die Beschwerdeführer günstigeren Bescheid gekommen wäre, wenn sie ihnen Gelegenheit gegeben hätte, sich zu dieser Projektänderung zu äußern. Es sind daher auch in dieser Hinsicht keine Rechte der Beschwerdeführer verletzt worden.

Im übrigen steht dem Nachbarn kein subjektiv-öffentliches Recht darauf zu, daß die Planunterlagen objektiv in jeder Hinsicht den gesetzlichen Anforderungen genügen, sofern die vorgelegten Planunterlagen ausgereicht haben, dem Nachbarn jene Informationen zu vermitteln, die er zur Verfolgung seiner Rechte im Verwaltungsverfahren und vor dem Verwaltungsgerichtshof braucht (vgl. dazu Hauer, Der Nachbar im Baurecht, 3. Aufl., S. 228 f, und die darin zitierte hg. Judikatur), weshalb durch den gerügten Planwechsel während des Berufungsverfahrens, welcher, wie schon erwähnt, lediglich den Wegfall von 18 Stellplätzen in der Garage, also kein "neues Bauansuchen" beinhaltet hat, unter diesem Gesichtspunkt auch dann keine Nachbarrechte der Beschwerdeführer verletzt worden sind, wenn die geänderten Pläne nicht den diesbezüglichen baurechtlichen Vorschriften entsprochen haben.

Den Beschwerdeausführungen über eine "technisch ohne weiteres mögliche", unter dem Gesichtspunkt des Immissionsschutzes der Anrainer zumutbare Ausführung der Garageneinfahrt muß entgegengehalten werden, daß das Baubewilligungsverfahren ein Projektgenehmigungsverfahren darstellt, weshalb es darauf ankommt, ob das beantragte Bauvorhaben den gesetzlichen Bestimmungen entspricht. Im Beschwerdefall wurden nach der während des Berufungsverfahrens hinsichtlich der Zahl der Stellplätze erfolgten Änderung des Projektes lediglich Pflichtstellplätze im Sinne des § 36 Abs. 1 des Wiener Garagengesetzes genehmigt, weshalb ein grundsätzlicher Widerspruch zu § 6 leg. cit. nicht angenommen werden kann, sofern nicht besondere Umstände vorliegen, die die Errichtung der Garage unzulässig erscheinen lassen (vgl. dazu die bei Geuder-Hauer, Wiener Bauvorschriften, auf S. 664 unter Z. 13 zitierten hg. Erkenntnisse). Eine derartige Annahme ist aber im Beschwerdefall nicht berechtigt, da sich aus dem Gutachten des Dipl.-Ing. A.R. vom 9. April 1993, welchem die Beschwerdeführer nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten sind, ergibt, daß von der - damals sogar noch für 34 Stellplätze vorgesehen gewesenen - Garage keine im Sinne des § 6 leg. cit. relevanten Immissionen der Anrainer zu erwarten sind.

Gemäß § 84 Abs. 3 der Bauordnung für Wien dürfen über Baufluchtlinien, in die Abstandsflächen und in die Vorgärten unterirdische Gebäude und Gebäudeteile vorragen, doch darf die allenfalls festgesetzte gärtnerische Ausgestaltung der Grundflächen nicht behindert werden. Der Beurteilung einer Baulichkeit als unterirdisches Gebäude oder unterirdischer Gebäudeteil steht nicht entgegen, wenn den oberen Abschluß eine andere nach den Bestimmungen dieses Gesetzes zulässige bauliche Anlage (Terrasse, Stützmauer, Weg u.ä.) bildet.

Soweit die Beschwerdeführer die Errichtung der Tiefgarage deshalb als unzulässig bekämpfen, weil sie unterhalb einer gärtnerisch auszugestaltenden Fläche ausgeführt werden soll, sind sie durch das bewilligte Vorhaben in keinem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt worden, weil dies nur im Fall von Hochbauten in Frage kommt (vgl. die bei Geuder-Hauer, a. a.O. auf S. 557 unter Z. 123 zitierten hg. Erkenntnisse). Wie schon in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausgeführt worden ist, wird der Bereich der Tiefgarage mit Erde aufgeschüttet und begrünt werden, sodaß die im Plandokument Nr. 5287 für den Bauplatz der mitbeteiligten Bauwerberin festgesetzte gärtnerische Gestaltung nicht behindert wird. Der gärtnerischen Gestaltung steht auch nicht die Befestigung mit Rasengittersteinen entlang der Baufluchtlinie entgegen. Ob durch die Errichtung des lediglich 70 cm hochragenden Garagen-Zuluftbrunnens mit einem Ausmaß von 1 m2 subjektiv-öffentliche Nachbarrechte der Beschwerdeführer verletzt werden und ob dieser Bauteil im Sinne des § 84 Abs. 3 der Bauordnung für Wien als zulässig zu beurteilen ist, kann schon deshalb dahingestellt bleiben, weil die Beschwerdeführer dagegen bei der Bauverhandlung keine ausdrückliche Einwendung erhoben haben und daher in dieser Hinsicht im Sinne des § 42 Abs. 1 AVG präkludiert sind. Gleiches gilt hinsichtlich der im Gartenbereich vorgesehenen Erhöhung des Niveaus. Im übrigen lassen die Pläne erkennen, daß die Beschwerdeführer mit ihrer Behauptung nicht im Recht sind, daß eine "weit in den Garten hineinragende Abfahrt in die Garage" vorgesehen sei, und es kann ihnen auch nicht gefolgt werden, daß eine unterirdische Verbauung der Gartenfläche nicht zulässig sei, weil sich weder aus den Bescheiden über die Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen noch aus dem erwähnten Plandokument ein Verbot der Errichtung von Kraftwageneinstellräumen unter den gärtnerisch zu gestaltenden Flächen ergibt.

Zu den Beschwerdeausführungen über befürchtete Belästigungen durch die für die Garage vorgesehene Be- und Entlüftungsanlage ist zu bemerken, daß schon in der Begründung des angefochtenen Bescheides mit Recht auf den Pkt. 13) der Auflagen des erstinstanzlichen Baubewilligungsbescheides hingewiesen worden ist, wonach "in der Garage eine ausreichend

dimensionierte Lüftungsanlage gemäß § 19 ... des Wiener

Garagengesetzes vorzusehen" ist, für welche "eine gesonderte Bewilligung zu erwirken ist". Eine Inbetriebnahme der Garage darf also erst nach Rechtskraft einer diesbezüglichen Bewilligung gemäß § 61 der Bauordnung für Wien erfolgen, wobei die Beschwerdeführer in diesem Verfahren ihre allfälligen subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte geltend machen können und daher nicht dadurch in ihren Rechten verletzt worden sind, daß im Baubewilligungsbescheid nicht auch gleichzeitig über die Bewilligung der Lüftungsanlage für die Garage abgesprochen worden ist. Der Gerichtshof ist bereits in dem seinem Erkenntnis vom 27. November 1990, Zl. 89/05/0026, zugrunde gelegenen Beschwerdefall davon ausgegangen, daß eine derartige Vorgangsweise aus der Sicht der Nachbarn nicht rechtswidrig ist.

Abschließend ist in Erwiderung auf den Vorwurf der unrichtigen Anwendung des § 78 der Bauordnung für Wien auf die vorstehenden Ausführungen zu § 69 Abs. 1 lit. m leg. cit. zu verweisen und zu bemerken, daß das Bauvorhaben der Mitbeteiligten angesichts der gemäß der letztgenannten Gesetzesstelle erteilten Bewilligung der Abweichung von den Bestimmungen über die Gebäudehöhe mit den Bestimmungen der Bauordnung über die Gebäudehöhe nicht mehr im Widerspruch steht, weshalb der Nachbar in einem subjektiv-öffentlichen Recht nicht verletzt sein kann, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für die Gewährung der Ausnahmebewilligung gegeben sind (vgl. die bei Geuder-Hauer, a.a.O. auf S. 309 unter Z. 4 zitierten hg. Erkenntnisse). Aus den vorstehenden Erwägungen des Gerichtshofes ergibt sich, daß die erwähnte Ausnahmebewilligung zu Recht erteilt worden ist.

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, daß die behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht vorliegt, weshalb sich die Beschwerde als unbegründet erweist und daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Damit erübrigt sich eine Entscheidung über den in der Beschwerde gestellten Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Der Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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