Normen
AVG §8;
BauO Bgld 1969 §4;
BauO Bgld 1969 §5;
BauO Bgld 1969 §94 Abs1;
BauO Bgld 1969 §94 Abs3;
BauRallg;
AVG §8;
BauO Bgld 1969 §4;
BauO Bgld 1969 §5;
BauO Bgld 1969 §94 Abs1;
BauO Bgld 1969 §94 Abs3;
BauRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Burgenland hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.870,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die erst- und zweitmitbeteiligten Parteien dieses Verfahrens haben mit Ansuchen vom 17. April 1992 um die Erteilung einer Baubewilligung zum Neubau eines Einfamilienhauses mit Garage auf dem Grundstück Nr. 666/5 angesucht. Das zu bebauende Grundstück ist vom Grundstück des Beschwerdeführers durch das dazwischenliegende Grundstück Nr. 667/1 getrennt, das eine Breite von 5,5 m aufweist.
Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, zu der wohl die Eigentümer des Grundstückes Nr. 667/1, geladen wurden, nicht aber der Beschwerdeführer, erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde den Erst- und Zweitmitbeteiligten die beantragte Baubewilligung. Gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer eine Berufung ein, in der er zusammengefaßt ausführte, der Baubewilligungsbescheid sei ihm zwar nicht zugestellt worden, es käme ihm aber aufgrund des räumlichen Naheverhältnisses die Parteistellung zu, zumal eine Bebauung bis an die Grundstücksgrenze vorgesehen sei, weshalb die Entfernung des beantragten Gebäudes zur Grundstücksgrenze des Beschwerdeführers nur 5,5 m betrage. Es folgen weitere Ausführungen, weshalb dem Beschwerdeführer Parteistellung zukomme. Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 10. März 1993 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bürgermeisters mangels Parteistellung als unzulässig zurückgewiesen. Der gegen diesen Bescheid eingebrachten Vorstellung gab die belangte Behörde mit dem nunmehr bekämpften Bescheid vom 15. September 1993 keine Folge. Zur Begründung wurde nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens im wesentlichen ausgeführt, bei der Prüfung der Punkte, auf die die Parteistellung gegründet werden sollte, habe sich ergeben, daß eine Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte des Beschwerdeführers unmöglich sei. So könne der Beschwerdeführer weder durch die Verletzung von Abstandsvorschriften, noch durch Bestimmungen über die Bebauungsweise oder im Zusammenhang mit einer ausreichend verkehrssicher benützbaren Zu- und Abfahrt in einem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt sein. Selbst eine allenfalls objektive Rechtswidrigkeit des Baubewilligungsbescheides wäre ungeeignet, die Parteistellung des Beschwerdeführers zu begründen, weil der Beschwerdeführer in dem betreffenden Beschwerdepunkt nicht in seinem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt werden könne. Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften habe nur dann zur Aufhebung zu führen, wenn sie für den Inhalt des Bescheides relevant gewesen sei. Die Aufsichtsbehörde könne selbst entweder klären, ob bei ordnungsgemäßen Verfahren anders zu entscheiden gewesen wäre, oder den Bescheid wegen der Verfahrensmängel zur Durchführung eines neuerlichen Verfahrens durch die Gemeinde aufheben. Da der Bescheid des Gemeinderates, wie sich aus den Ausführungen zum Vorstellungsvorbringen ergebe, auch bei eingehender Auseinandersetzung mit allen in der Berufung vorgetragenen Argumenten nicht anders zu lauten hätte, liege eine Verletzung eines subjektiven Rechtes nicht vor.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 94 Abs. 1 der Burgenländischen Bauordnung, LGBl. Nr. 13/1970 (BO), sind Nachbarn im Verfahren gemäß § 92 Parteien (§ 8 AVG 1950). Der Nachbar kann gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung Einwendungen erheben, daß er durch das Vorhaben in seinem subjektiven Recht verletzt wird. Nach Abs. 3 dieser Bestimmung können öffentlich-rechtliche Einwendungen insbesondere auf die Vorschriften über die Bebauungsweise, die Entfernung der Bauten von den Nachbargrenzen oder Nachbargebäuden, die Gebäudehöhe, die Beschaffenheit des Bauplatzes und die Vorschriften, die den Schutz der Nachbarn vor Immissionen zum Gegenstand haben, gestützt werden.
Der Begriff "Nachbar" wird in der Burgenländischen Bauordnung nicht näher umschrieben. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Nachbarn auch im Geltungsbereich der Burgenländischen Bauordnung die Eigentümer jener Liegenschaften, die zu der zur Verbauung vorgesehenen Liegenschaft in einem solchen räumlichen Naheverhältnis stehen, daß der geplante Bau oder dessen konsensgemäße Benützung Einwirkungen auf diese Liegenschaften ausüben können, zu deren Abwehr die Bauordnung eine Handhabe bietet. Somit begründet bereits die Möglichkeit der Beeinträchtigung der Rechtssphäre die Eigenschaft als Nachbar. Nachbar ist demnach nicht nur der Anrainer, also derjenige, dessen Grundstück mit dem zu verbauenden Grundstück eine gemeinsame Grundgrenze hat, sondern Nachbar kann auch der Eigentümer eines Grundstückes sein, das vom Baugrundstück durch ein dazwischenliegendes Grundstück getrennt ist. Je nach Größe des dazwischenliegenden Grundstückes und je nach der Art des Bauvorhabens kann ein unterschiedlich großer Personenkreis in Betracht kommen (vgl. Hauer, Der Nachbar im Baurecht, 3. Auflage S 23).
Nun kann ein Mangel der Parteistellung nicht damit begründet werden, daß im konkreten Fall keine Verletzung der GELTEND GEMACHTEN subjektiv-öffentlichen Rechte vorliegt. Voraussetzung der Parteistellung des Nachbarn ist nicht eine tatsächliche Verletzung von Nachbarrechten, vielmehr reicht zur Begründung der Parteistellung die Möglichkeit einer derartigen Verletzung aus.
Schon aufgrund des Umstandes, daß mit Baubewilligungsbescheid vom 7. Mai 1992 die Bewilligung zur Errichtung eines Einfamilienhauses mit Garage unmittelbar an der Grundgrenze erteilt wurde, kann wegen des gegebenen räumlichen Naheverhältnisses (Entfernung von 5,5 m zur Grundstücksgrenze des Beschwerdeführers) nicht ausgeschlossen werden, daß mit "Einwirkungen" auf das Grundstück des Beschwerdeführers zu rechnen ist. Dies kann etwa durch die Festlegung einer bestimmten Bebauungsweise der Fall sein. Auch kann beispielsweise die Möglichkeit von Emissionen bei der Zu- und Abfahrt zur Garage nicht ausgeschlossen werden. Würde das eingereichte Objekt in der offenen Bauweise in einer Entfernung von 5,5 m zur Grundgrenze eines Nachbarn (ohne Dazwischenliegen eines anderen Grundstückes) errichtet, so würde der Eigentümer der angrenzenden Liegenschaft ohne Zweifel als Nachbar dem Baubewilligungsverfahren zugezogen werden. Die Möglichkeit der Ausübung von Einwirkungen ist aber bei Dazwischenliegen eines (unbebauten) Grundstückes nicht anders zu beurteilen, als dann, wenn auf dem zu bebauenden Grundstück selbst etwa ein größerer Seitenabstand eingehalten wird. Damit ist in keiner Weise gesagt, daß die vom Beschwerdeführer schon in seiner Berufung gegen den Baubewilligungsbescheid erhobenen Einwendungen zu einer Versagung der Baubewilligung führen könnten; ob tatsächlich eine Verletzung von Nachbarschaftsrechten eingetreten ist, ist nur im Baubewilligungsverfahren selbst zu klären.
Die Verneinung der Parteistellung des Beschwerdeführers durch den Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde führte zu einer Zurückweisung seiner Berufung. Gegenstand der Prüfung des Gemeindebescheides durch die Aufsichtsbehörde war somit einzig und allein die Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisung. Beruhte aber schon die Annahme durch die Gemeinde, dem Beschwerdeführer käme keine Parteistellung zu, auf einer unrichtigen Rechtsansicht, so vermochten die Ausführungen der Aufsichtsbehörde diese Rechtswidrigkeit nicht zu sanieren. Die Prüfung, die die belangte Behörde in Zusammenhang mit den vom Beschwerdeführer geltend gemachten Rechten vorgenommen hat, ist erst in einem weiteren Rechtsgang, nach inhaltlicher Erledigung der Berufung des Beschwerdeführers durch den Gemeinderat, möglich. Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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