Normen
B-VG Art7 Abs1;
GewO 1973 §198 Abs2;
GewO 1973 §368 Z11;
GewO 1973 §370 Abs2;
GewO 1973 §9 Abs1;
StGG Art2;
VStG §5 Abs1;
VStG §9 Abs1;
VStG §9 Abs2;
B-VG Art7 Abs1;
GewO 1973 §198 Abs2;
GewO 1973 §368 Z11;
GewO 1973 §370 Abs2;
GewO 1973 §9 Abs1;
StGG Art2;
VStG §5 Abs1;
VStG §9 Abs1;
VStG §9 Abs2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 29. August 1991 wurde dem Beschwerdeführer folgende Tat zur Last gelegt:
"Sie haben es als Verantwortlicher der F GesmbH & Co KG zu verantworten, daß - wie auf Grund einer dienstlichen Wahrnehmung von Organen der Bundespolizeidirektion Linz, festgestellt wurde - am 2. Juni 1991 um 7.28 Uhr ihr Gaststättenbetrieb "X" in H-Gasse 8, noch offengehalten wurde, obwohl die Sperrstunde für Ihr Lokal mit 6.00 Uhr festgelegt ist. Zum Zeitpunkt der Übertretung befanden sich sechs Gäste im Lokal, welche Getränke konsumierten."
Der Beschwerdeführer habe dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt: § 368 Z. 11 GewO 1973 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 lit. f und § 3 Abs. 1 der Oberösterreichischen Sperrzeitenverordnung 1978, LGBl. Nr. 73/1977. Wegen dieser Verwaltungsübertretung werde über den Beschwerdeführer gemäß § 368 Z. 11 GewO 1973 eine Geldstrafe in Höhe von S 3.000,--, falls diese uneinbringlich sei, eine Ersatzarreststrafe von 3 Tagen verhängt.
Der der Berufung des Beschwerdeführers gegen dieses Straferkenntnis keine Folge gebende, sondern dieses sowohl hinsichtlich der Schuld, als auch hinsichtlich der Strafe vollinhaltlich bestätigende Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 9. April 1992 wurde mit hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 1993, Zl. 92/04/0129, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes zufolge zweier, im Hinblick auf § 44a VStG gegebener Spruchfehler aufgehoben. Mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 8. März 1993 wurde der Berufung des Beschwerdeführers neuerlich keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich des Schuld- wie des Strafausspruches mit der Maßgabe bestätigt, daß der Spruch (in den Teilen nach § 44a Z. 1 und 2 VStG) wie folgt zu lauten habe:
"Sie haben es als gewerberechtlicher Geschäftsführer der F GesmbH & Co KG zu verantworten, daß - wie auf Grund einer dienstlichen Wahrnehmung von Organen der Bundespolizeidirektion Linz, festgestellt wurde - am 2. Juni 1991 um 7.28 Uhr in Ihrem Gaststättenbetrieb "X" in H-Gasse 8, sechs Gästen, welche Getränke konsumierten, das weitere Verweilen im Lokal gestattet wurde, obwohl die Sperrstunde für Ihr Lokal mit 6.00 Uhr festgelegt ist. Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt: § 368 Z. 11 GewO 1973 in Verbindung mit § 198 Abs. 2 GewO 1973 und § 1 Abs. 1 lit. f und § 3 Abs. 1 der Oberösterreichischen Sperrzeiten-Verordnung 1978, LGBl. Nr. 73/1977."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie beantragte, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer erachtet sich (erkennbar) in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung nicht schuldig erkannt und dafür nicht bestraft zu werden.
Er bringt in Ausführung dieses Beschwerdepunktes im wesentlichen vor, es seien - wie sich aus dem erstinstanzlichen Straferkenntnis ergebe - Feststellungen, wonach den im Lokal befindlichen und Getränke konsumierenden Gästen das weitere Verweilen im Lokal gestattet worden sei, seitens der erhebenden Beamten nicht getroffen worden. Die entsprechende Feststellung im angefochtenen Bescheid sei daher "aktenwidrig" und stelle eine Verletzung von Verfahrensvorschriften dar. Aktenwidrig sei es auch, wenn die belangte Behörde im Zusammenhang mit der Frage, ob der Beschwerdeführer eine ausreichende Kontrolle des mit der Einhaltung der Sperrzeit betrauten Angestellten glaubhaft gemacht habe, davon spreche, daß die vom Beschwerdeführer geltend gemachten "gelegentlichen persönlichen Stichproben" nicht ausgereicht hätten. Er habe nämlich im Verwaltungsverfahren nicht vorgebracht, bloß gelegentliche persönliche Stichproben vorgenommen zu haben, sondern vielmehr, regelmäßig Stichproben durchgeführt zu haben. Davon ausgehend, hätte die Behörde jedoch "im Zusammenhang mit der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Jänner 1988, Zl. 87/08/0230" zum Ergebnis gelangen müssen, daß das Verwaltungsstrafverfahren mangels Verschuldens einzustellen sei. Eine weitere Verletzung von Verfahrensvorschriften sei darin zu erblicken, daß die belangte Behörde den mit der Einhaltung der Sperrzeit betrauten Angestellten nicht einvernommen habe. Schließlich habe die belangte Behörde § 9 Abs. 1 VStG unrichtig ausgelegt, indem sie daraus abgeleitet habe, daß § 9 Abs. 2 VStG "nur subsidiäre Geltung habe und im Zusammenhang mit Bestimmungen nach der Gewerbeordnung überhaupt nicht zur Anwendung zu gelangen habe." Wäre diese Auslegung zutreffend, so würde dies wegen der sachlich nicht gerechtfertigten Differenzierung in bezug auf Übertretungen nach der Gewerbeordnung eine verfassungsrechtliche Überprüfung des § 9 VStG notwendig erscheinen lassen.
Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die Beschwerde zum Erfolg zu führen:
Gemäß § 368 Z. 11 GewO 1973 - in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1992 - begeht eine Verwaltungsübertretung, wer die Bestimmungen des § 198 Abs. 2 oder der gemäß § 198 Abs. 1 erlassenen Verordnungen über Sperrstunden und Aufsperrstunden nicht einhält. Nach § 198 Abs. 1 GewO 1973 hat der Landeshauptmann den Zeitpunkt, in dem die Gastgewerbebetriebe geschlossen werden müssen (Sperrstunde), und den Zeitpunkt, in dem sie geöffnet werden dürfen (Aufsperrstunde), für die einzelnen Betriebsarten der Gastgewerbe durch Verordnung festzulegen.
In § 1 Abs. 1 der Sperrzeiten-Verordnung 1978, LGBl. für Oberösterreich Nr. 73/1977, wurden in sechs Punkten (lit. a bis f) für verschiedene Betriebsarten die Sperrstunde und die Aufsperrstunde festgelegt, u.a. in lit. f die Sperrstunde mit 6.00 Uhr für die Betriebsart "Bar".
Gemäß § 198 Abs. 2 GewO 1973 hat der Gastgewerbebetreibende die Betriebsräume und die allfälligen sonstigen Betriebsflächen, ausgenommen die der Beherbergung dienenden, während des Zeitraumes zwischen den im Abs. 1 festgelegten Sperr- und Aufsperrstunden geschlossen zu halten. Während dieser Sperrzeit darf er Gästen weder den Zutritt zu diesen Räumen und zu diesen Flächen noch dort ein weiteres Verweilen gestatten und die Gäste auch nicht in anderen Räumen oder auf anderen sonstigen Flächen gegen Entgelt bewirten. Die Gäste sind rechtzeitig auf den Eintritt der Sperrstunde aufmerksam zu machen; sie haben den Betrieb spätestens zur Sperrstunde zu verlassen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Bedeutung des Ausdruckes "... gestatten" im gegebenen Zusammenhang nicht auf das Verbot der Erteilung einer Erlaubnis in dem Sinn, daß die Einräumung eines Rechtes auf ein weiteres Verweilen über den Eintritt der Sperrstunde hinaus unerlaubt wäre, beschränkt. Der der Pflicht der Gäste, den Betrieb spätestens zur Sperrstunde zu verlassen, korrespondierende Ausdruck "gestatten" schließt vielmehr die Verpflichtung des Gewerbetreibenden in sich, bis zum Eintritt der Sperrstunde das Ziel zu erreichen, daß sich keine Gäste mehr im Betrieb aufhalten und somit beizeiten alle jene Maßnahmen zu ergreifen, die zur Verfügung stehen, um gerade auch im Tatsachenbereich keine Voraussetzungen für ein Verweilen über den Eintritt der Sperrstunde hinaus zu bieten, oder mit anderen Worten ausgedrückt, um ein solches, bereits mit dem Eintritt der Sperrstunde unzulässiges Verweilen abzuwenden, wobei als Mittel, um die Einhaltung der Sperrstundenvorschrift zu gewährleisten, insbesondere die Inanspruchnahme der Sicherheitsorgane in Betracht kommt. Somit liegt im Ausdruck "...gestatten" eine Verhaltensvorschrift, über das Gebot des Aufmerksammachens (§ 198 Abs. 2 dritter GewO 1973) hinaus, nämlich dahin, daß der Gewerbetreibende ein Verweilen von Gästen im Betrieb über den Zeitpunkt der Sperrstunde hinaus abwendet (vgl. z. B. die hg. Erkenntnisse vom 19. Oktober 1993, Zl. 93/04/0146 und vom 29. März 1994, 93/04/0263 bis 0265 m.w.N.).
Davon ausgehend, erweist sich die vom Beschwerdeführer gerügte Änderung des Spruches jedoch lediglich als eine - im Grunde des § 66 Abs. 4 AVG zulässige - Änderung in der rechtlichen Beurteilung des Sachverhaltes, zumal die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Bescheid keine anderen sind, als jene im Straferkenntnis erster Instanz.
Was den weiteren Vorwurf des Beschwerdeführers anlangt, die belangte Behörde sei zu Unrecht davon ausgegangen, daß er keine angemessene Kontrolle des mit der Einhaltung der Sperrzeit betrauten Angestellten glaubhaft gemacht habe, ist auf die ständige hg. Judikatur hinzuweisen, wonach die Befreiung von der persönlichen verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung im Einzelfall davon abhängt, daß glaubhaft alle Maßnahmen getroffen wurden, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Die bloße Erteilung von Weisungen reicht dafür freilich nicht aus; entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle der erteilten Weisungen erfolgt, wobei der Verwaltungsgerichtshof wiederholt - im übrigen auch in dem vom Beschwerdeführer zitierten Erkenntnis - die Auffassung vertreten hat, daß stichprobenweise Kontrollen nicht als wirksames Kontrollsystem, von dem mit gutem Grund erwartet werden kann, daß es die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften sicherstellt, angesehen werden können (vgl. dazu die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens4 (1990), 719 f. referierte
hg. Judikatur). Selbst wenn daher glaubhaft wäre, daß der Beschwerdeführer den Angestellten hinsichtlich der Einhaltung der Sperrzeit in Form von regelmäßig und nicht nur gelegentlich durchgeführten Stichproben kontrolliert, könnte ihn das von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung im Sinne des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG nicht befreien. Damit erübrigt es sich allerdings auch, auf die vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang gerügten Verfahrensmängel einzugehen, da diese - selbst wenn sie vorlägen - nicht wesentlich im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG sein könnten.
Dem Vorbringen des Beschwerdeführers zur Auslegung des § 9 Abs. 1 VStG ist schließlich die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entgegenzuhalten, wonach zufolge des diesbezüglich klaren Wortlautes des § 9 Abs. 1 VStG, der die Subsidiarität dieser Bestimmung gegenüber allfälligen entsprechenden Regelungen in den besonderen Verwaltungsgesetzen normiert, § 9 Abs. 2 VStG für den Bereich des Gewerberechtes nicht anwendbar ist, weil die Gewerbeordnung in § 9 Abs. 1 und § 370 Abs. 2 selbständige Regelungen hinsichtlich der Delegierung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit der nach außen zur Vertretung berufenen Organe juristischer Personen trifft (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 15. Dezember 1987, 87/04/0087, 0090, Slg. N.F. 12.590/A und vom 23. November 1993, Zl. 93/04/0152). Aus welchen Gründen jedoch die Anordnung der Subsidiarität der Regelungen des § 9 VStG gegenüber entsprechenden Regelungen in den Materiengesetzen Bedenken hinsichtlich einer Verletzung des Sachlichkeitsgebotes begegnen sollte, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen.
Die somit unbegründete Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.
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