VwGH 93/01/0971

VwGH93/01/09712.2.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Kremla, Dr. Händschke und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des Aurel Coroama in Linz, geboren am 30. Mai 1953, vertreten durch Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in Linz, Wischerstraße 30, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 27. Juli 1993, Zl. 4.325.806/2-III/13/91, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1991 §16 Abs1;
AsylG 1991 §20 Abs1;
AsylG 1991 §20 Abs2;
AVG §66 Abs4;
AsylG 1991 §16 Abs1;
AsylG 1991 §20 Abs1;
AsylG 1991 §20 Abs2;
AVG §66 Abs4;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein rumänischer Staatsangehöriger, ist am 5. November 1991 in das Bundesgebiet eingereist und hat am selben Tag beantragt, daß ihm Asyl gewährt werde. Die belangte Behörde wies die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 15. November 1991, mit dem festgestellt worden war, daß beim Beschwerdeführer die Voraussetzungen für die Anerkennung als Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention nicht vorliegen, gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab.

Bei der Ersteinvernahme des Beschwerdeführers vom 6. November 1991 vor der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich hat der Beschwerdeführer angegeben, daß er vor der Revolution wegen seines "penticostalen Glaubens" Schwierigkeiten mit der Polizei gehabt habe. Er habe Rumänien verlassen, weil er mit der Politik nicht einverstanden gewesen sei und seiner Meinung nach noch immer die Kommunisten an der Macht seien. Trotz vieler Versprechungen könne man noch keine Anzeichen für eine Demokratie erkennen.

In der Berufung führte der Beschwerdeführer ins Treffen, daß er in der Ceausescu-Zeit zusammen mit seiner Familie gezwungen worden sei, in eine Wohnung ca. 60 km von seinem Haus zu ziehen. Er habe eine Fabrik in Rumänien, und es sei ihm und der Familie verwehrt worden, die Fabrik zu betreten. Nach der Flucht seiner Schwester nach Österreich habe er viele Schwierigkeiten mit der Securitate gehabt. Nach der sogenannten Revolution habe er im Sinne einer echten Demokratie gesprochen, worauf Angehörige der Securitate von ihm verlangt hätten, Rumänien zu verlassen, wenn er mit der neuen Politik nicht einverstanden sei. In religiöser Hinsicht habe er nicht die Möglichkeit gehabt, seine Religion auszuüben. Seine Kinder hätten wegen ihres penticostalen Glaubens Schwierigkeiten mit der Schulbehörde gehabt. Der Staat und die Kirchenbehörde habe unter Gewaltanwendung den Friedhof für Menschen in einen Friedhof für Tiere umgewandelt. Weiters sei er aus "humanitären Gründen" geflüchtet. Seine Schwester und sein Schwager würden in Österreich leben, und er habe mit ihnen zusammen leben wollen. Er brauche keine Wirtschaftshilfe von Österreich, nur politischen Schutz.

Die belangte Behörde wies die Berufung mit dem angefochtenen Bescheid im wesentlichen mit der Begründung ab, daß der Beschwerdeführer keine Umstände glaubhaft gemacht habe, die objektiv die Annahme rechtfertigen könnten, daß er sich aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung außerhalb seines Heimatlandes befinde und nicht gewillt sei, sich wieder unter dessen Schutz zu begeben. Wenn der Beschwerdeführer tatsächlich vor seiner Ausreise irgendeiner Verfolgung ausgesetzt gewesen wäre, hätte er dies bereits bei seiner erstinstanzlichen Befragung vorgebracht, zumal ein Dolmetsch beigezogen gewesen sei, sodaß Mißverständnisse auszuschließen seien und gezielt nach Indizien einer Verfolgung gefragt worden sei. Auch aus dem gesteigerten Berufungsvorbringen seien keine konkreten, gegen den Beschwerdeführer gerichteten, staatlichen Stellen zurechenbaren Verfolgungshandlungen ersichtlich, die in ihrer Intensität eine massive Bedrohung seiner Lebensgrundlage darstellen würden. Der Beschwerdeführer sei somit nicht Flüchtling im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 und werde ihm nicht Asyl gemäß § 3 Asylgesetz 1991 gewährt.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid macht der Beschwerdeführer inhaltliche Rechtswidrigkeit des Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Der Beschwerdeführer erachtet sich im Recht auf Gewährung von Asyl verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Da das Verfahren bei der belangten Behörde am 1. Juni 1992 anhängig war, war gemäß § 25 Abs. 2 Asylgesetz 1991 dieses Gesetz anzuwenden.

Sofern der Beschwerdeführer der Auffassung ist, die belangte Behörde habe das Berufungsvorbringen zu Unrecht als unglaubwürdig beurteilt, ist ihm entgegenzuhalten, daß gemäß § 20 Abs. 1 Asylgesetz 1991 der Bundesminister für Inneres grundsätzlich von der Ergebnissen des erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens auszugehen hat. Nur wenn Gründe des § 20 Abs. 2 Asylgesetz 1991 (hier käme nur jener eines offenkundig mangelhaften erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens in Betracht) vorliegen, ist eine Ergänzung oder Wiederholung des Ermittlungsverfahrens in zweiter Instanz geboten. Die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Verfahrensmängel können nicht als solche offenkundige Mängel im Sinne des § 20 Abs. 2 Asylgesetz 1991 qualifiziert werden. Wenn der Beschwerdeführer meint, die Begründung des Berufungsbescheides sei mangelhaft, weil das Berufungsvorbringen nicht berücksichtigt worden sei, so genügt es darauf hinzuweisen, daß ein Eingehen auf das Berufungsvorbringen nur zulässig gewesen wäre, wenn die Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 Asylgesetz 1991 vorgelegen wären. Sofern der Beschwerdeführer den Vorwurf erhebt, die belangte Behörde hätte eine intensivere Befragung durchführen müssen, käme diesem Vorbringen selbst wieder nur Berechtigung zu, wenn die Voraussetzungen eines der Fälle des § 20 Abs. 2 Asylgesetz 1991 vorliegen würden, weil nur dann eine Ergänzung oder Wiederholung des Ermittlungsverfahrens durch die belangte Behörde geboten gewesen wäre. Der Beschwerdeführer macht derartige Mängel in der Beschwerde nicht geltend und es ergibt sich auch aus den Verwaltungsakten nicht, daß § 20 Abs. 2 Asylgesetz 1991 von der belangten Behörde anzuwenden gewesen wäre.

Durch den Umstand, daß sich die belangte Behörde entgegen § 20 Abs. 1 Asylgesetz 1991 auch mit dem Berufungsvorbringen auseinandergesetzt hat, kann der Beschwerdeführer aber nicht verletzt sein, wenn, ausgehend vom Ergebnis des Ermittlungsverfahrens erster Instanz, seine Flüchtlingseigenschaft nicht abgeleitet werden könnte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 1993, Zl. 93/01/0285).

Im Lichte des erstinstanzlichen Vorbringens ist die belangte Behörde zutreffend zur Auffassung gelangt, daß keine Verfolgung im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 vorliegt.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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