Normen
B-VG Art7 Abs1;
B-VG Art94;
JN §1;
EMRK Art6 Abs1;
MRKZP 01te Art1;
NatSchG Tir 1991 §32 Abs1;
NatSchG Tir 1991 §32 Abs7;
StGG Art5;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
B-VG Art7 Abs1;
B-VG Art94;
JN §1;
EMRK Art6 Abs1;
MRKZP 01te Art1;
NatSchG Tir 1991 §32 Abs1;
NatSchG Tir 1991 §32 Abs7;
StGG Art5;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird hinsichtlich der Vorgeschichte des Beschwerdefalles auf die Entscheidungsgründe des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. September 1992, Zl. 91/10/0205, verwiesen.
Mit Schreiben vom 23. August 1991 stellte der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde den Antrag, die Grundparzelle 459/2 in sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen des § 32 Abs. 1 und 7 des Tiroler Naturschutzgesetzes 1991, LGBl. Nr. 29/1991 (TNSchG 1991), gegen Zahlung einer angemessenen Entschädigung einzulösen. Begründet wurde das Ansuchen im wesentlichen damit, daß der Beschwerdeführer die genannte Parzelle im Ausmaß von 7.049 m2 um einen Kaufpreis von S 850,-- pro m2, somit insgesamt um einen Betrag in der Höhe von S 5,991.650, erworben habe. Das Grundstück sei nach dem von der Tiroler Landesregierung als Aufsichtsbehörde genehmigten Flächenwidmungsplan der Marktgemeinde als Gewerbe- und Industriegebiet (Aufschließungsgebiet) gewidmet und auf Grund seiner Lage und verkehrsmäßigen Erschließbarkeit für eine gewerbliche Nutzung bestens geeignet. Mit Schreiben vom 10. Oktober 1990 habe der Beschwerdeführer bei der Bezirkshauptmannschaft (BH) unter Vorlage von Projektsunterlagen den Antrag auf Erteilung der naturschutz- und wasserrechtlichen Bewilligung zur Erschließung des Grundstückes durch Errichtung einer Brücke über den Gießen angesucht. In dem über diesen Antrag eingeleiteten Verfahren habe die BH auf Grund einer naturschutzfachlichen Stellungnahme die Auffassung vertreten, daß es sich bei der gegenständlichen Parzelle um ein Feuchtgebiet gemäß § 6b des Tiroler Naturschutzgesetzes 1975 (gemeint: i.d.F. der Novelle LGBl. Nr. 52/1990) handle. Mit Rücksicht auf die von der Marktgemeinde geltend gemachten regionalwirtschaftlichen Interessen an der Erschließung der als Gewerbe- und Industriegebiet gewidmeten Grundflächen sei die BH jedoch zur Auffassung gekommen, daß andere langfristige öffentliche Interessen an der Erteilung der vom Beschwerdeführer beantragten Bewilligung das öffentliche Interesse an der Vermeidung von Beeinträchtigungen der Natur überstiegen. Mit Bescheid der BH vom 24. Jänner 1991 sei dem Beschwerdeführer daher die naturschutzrechtliche Bewilligung zur brückenmäßigen Erschließung seines Grundstückes erteilt worden. Über Berufung des Landesumweltanwaltes habe die Landesregierung jedoch mit Bescheid vom 18. Juli 1991 den erstbehördlichen Bewilligungsbescheid dahin abgeändert, daß dem Beschwerdeführer die naturschutzrechtliche Bewilligung zur Errichtung einer Brücke über den Gießen nach Maßgabe der vorgelegten Projektsunterlagen versagt werde. Durch die Versagung der naturschutzrechtlichen Genehmigung habe die gegenständliche Liegenschaft für den Beschwerdeführer auf Dauer ihre wirtschaftliche Nutzbarkeit verloren. Während dieses Grundstück dann, wenn es widmungsgemäß genutzt werden könne, einen Verkehrswert von zumindest S 10,573.500,-- hätte, sei es durch die mit Rücksicht auf die Interessen des Naturschutzes verweigerte Erschließung völlig wertlos geworden. Gemäß § 32 Abs. 7 TNSchG 1991 habe das Land Tirol ein Grundstück, welches durch eine der im § 32 Abs. 1 leg. cit. erwähnten Maßnahmen für den Eigentümer auf Dauer seine wirtschaftliche Nutzbarkeit verliere, auf dessen Verlangen einzulösen. Maßnahmen gemäß § 32 Abs. 1 TNSchG 1991, welche das Land Tirol zur angemessenen Entschädigung einer erheblichen Ertragsminderung oder einer erheblichen Erschwerung der Bewirtschaftung eines Grundstückes bzw. von dessen Einlösung im Falle des dauernden Verlustes der wirtschaftlichen Nutzbarkeit verpflichte, seien zwar nach dem Wortlaut der gesetzlichen Bestimmung bloß von der Naturschutzbehörde angeordnete Erklärungen von Gebieten zu Landschaftsschutzgebieten, Ruhegebieten oder geschützten Landschaftssteilen sowie von Naturgebilden zu Naturdenkmälern, während die für Feuchtgebiete im Sinne des § 9 TNSchG 1991 normierten Beschränkungen nach dem Gesetzeswortlaut keine Entschädigungs- bzw. Einlösungspflicht begründeten. Da jedoch die für Feuchtgebiete durch die Anordnung umfassender Bewilligungspflichten kraft Gesetzes bestehenden Nutzungsbeschränkungen zum Teil sogar weit umfassender seien als dies für Landschaftsschutzgebiete, Ruhegebiete, geschützte Landschaftsteile und Naturdenkmäler der Fall sei, könne der Umstand, daß die Feuchtgebietseigenschaft eines Grundstückes, welche nicht erst über entsprechende Anordnung der Naturschutzbehörde, sondern bei Zutreffen der im § 3 Abs. 7 leg. cit. angeführten Bedingungen kraft Gesetzes bestehe, nicht als entschädigungs- bzw. einlösungsverpflichtende Tatsache angeführt sei, nur auf einem Versehen des Gesetzgebers beruhen. Wolle man sohin die Bestimmung des § 32 TNSchG 1991 nicht mit Gleichheits- und damit Verfassungswidrigkeit belasten, so sei es geboten, diese Bestimmung extensiv dahingehend auszulegen, daß die Entschädigungs- bzw. Einlösungspflicht des Landes Tirol auch bei durch den Feuchtgebietscharakter eines Grundstückes bedingten Ertragsminderungen oder Bewirtschaftungserschwernissen bzw. bei einem durch den Feuchtgebietscharakter eines Grundstückes begründeten dauernden Verlust der wirtschaftlichen Nutzbarkeit bestehe.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 32 Abs. 1 und 7 TNSchG 1991 keine Folge gegeben. Nach Wiedergabe der angewendeten gesetzlichen Bestimmungen und des bisherigen Verfahrensganges vertrat die belangte Behörde im wesentlichen die Auffassung, daß die Nicht-Verwendbarkeit des gegenständlichen Grundstückes nicht auf das Vorhandensein einer Verordnung nach den §§ 10, 11, 13 oder 21 TNSchG 1991 zurückzuführen sei. Daraus folge, daß die Bestimmungen des § 31 (richtig: 32) TNSchG im vorliegenden Fall keine Anwendung finden könnten. Mangels gesetzlicher Grundlage könne somit eine Entschädigung gemäß § 32 Abs. 7 TNSchG 1991 nicht zuerkannt werden. Der Beschwerdeführer hätte sich vielmehr über alle Umstände erkundigen müssen, welche einer widmungsgemäßen Verwendung seines Grundstückes allenfalls hätten entgegenstehen können. Trotz Vorliegens einer rechtskräftigen Widmung als Gewerbe- und Industriegebiet (Aufschließungsgebiet) hätte der Beschwerdeführer erkennen müssen, daß er für die widmungsgemäße Nutzung dieses Grundstückes noch weiterer Genehmigungen (naturschutzrechtliche, wasserrechtliche, gewerberechtliche etc.) bedürfe und ein Vorhaben erst dann verwirklicht werden könne, wenn die für die Verwirklichung erforderlichen behördlichen Bewilligungen vorlägen.
Der Beschwerdeführer erhob zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser hat mit Beschluß vom 22. Juni 1992, B 44/92-3, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
In seiner auftragsgemäß ergänzten Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof beantragt der Beschwerdeführer - im wesentlichen mit denselben Argumenten, die er bereits im Verwaltungsverfahren vorgebracht hat - die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der mit "Entschädigung" überschriebene § 32 TNSchG 1991
lautet auszugsweise:
"(1) Hat
a) eine Verordnung, mit der ein Gebiet zu einem Schutzgebiet nach den §§ 10, 11, 13 oder 21 erklärt wurde,
- b) eine Verordnung nach § 25 Abs. 4 oder
- c) ein Bescheid nach § 18 Abs. 5 oder 6 nach § 25 Abs. 1 eine erhebliche Ertragsminderung oder eine erhebliche Erschwerung der Bewirtschaftung eines Grundstückes zur Folge, so hat der Eigentümer gegenüber dem Land Anspruch auf eine angemessene Entschädigung (§ 365 ABGB), soweit diese Nachteile nicht durch wirtschaftliche Vorteile ausgeglichen werden, die sich aus der betreffenden Verordnung oder dem betreffenden Bescheid ergeben.
(2) ...
(3) ...
(4) Der Anspruch auf Entschädigung ist, soweit eine gütliche Einigung über die Höhe der Entschädigung nicht zustande kommt, bei sonstigem Verlust innerhalb von zwei Jahren bei der Landesregierung geltend zu machen ...
(5) Die Entschädigung ist in Geld zu leisten. Der Wert der besonderen Vorliebe hat außer Betracht zu bleiben. Die Landesregierung hat die Entschädigung nach Anhören mindestens eines beeideten Sachverständigen mit Bescheid festzusetzen. Auf das Verfahren finden, soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, die Vorschriften des 12. Abschnittes des Tiroler Straßengesetzes, LGBl. Nr. 13/1989, in der jeweils geltenden Fassung sinngemäß Anwendung.
(6) Der Entschädigungswerber kann binnen zwei Monaten nach Zustellung des Bescheides bei dem Bezirksgericht, in dessen Sprengel das betroffene Grundstück gelegen ist, die Festsetzung der Entschädigung beantragen. Mit dem Einlangen des Antrages tritt der Bescheid der Landesregierung außer Kraft. Der Antrag kann nur mit Zustimmung des Landes zurückgezogen werden. Auf das Verfahren vor dem Bezirksgericht findet das Eisenbahnenteignungsgesetz 1954 sinngemäß Anwendung.
(7) Verliert ein Grundstück durch eine der im Abs. 1 erwähnten Maßnahmen für den Eigentümer auf Dauer seine wirtschaftliche Nutzbarkeit, so ist es auf Verlangen des Eigentümers durch das Land einzulösen. Die Entschädigung ist, soweit eine gütliche Einigung hierüber oder über die Bereitstellung eines Ersatzgrundstückes durch das Land nicht erzielt werden kann, von der Landesregierung mit Bescheid festzusetzen. Für die Festsetzung der Entschädigung gelten die Abs. 5 und 6 sinngemäß."
Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Antrag des Beschwerdeführers, die Grundparzelle 459/2 in sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen des § 32 Abs. 1 und 7 TNSchG 1991 gegen Zahlung einer angemessenen Entschädigung einzulösen, abgewiesen.
Für die "Festsetzung der Entschädigung" nach § 32 Abs. 7 leg. cit. gelten die Abs. 5 und 6 sinngemäß. Nach Abs. 5 der genannten Gesetzesstelle hat die Landesregierung die Entschädigung mit Bescheid festzusetzen. Der Entschädigungswerber kann gemäß Abs. 6 binnen zwei Monaten nach Zustellung des Bescheides bei dem Bezirksgericht, in dessen Sprengel das betroffene Grundstück gelegen ist, die Festsetzung der Entschädigung beantragen. Mit dem Einlangen des Antrages tritt der Bescheid der Landesregierung außer Kraft.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes schließt der Begriff der "Festsetzung" der Entschädigung im Umfang des äußerst möglichen Wortsinnes auch die Null-Festsetzung, die prozessual in der Abweisung des Entschädigungsbegehrens ihren Ausdruck findet, ein. Damit besteht auch in einem solchen Fall die sogenannte sukzessive Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte, was zur Folge hat, daß der gesamte Entschädigungsanspruch letztlich von einem Gericht geprüft wird (vgl. z.B. die Beschlüsse vom 2. Juli 1990, Zl. 89/10/0227, und vom 28. Juni 1993, Zl. 93/10/0112, jeweils mit weiteren Judikaturhinweisen).
Der Begriff der "Festsetzung der Entschädigung" in § 32 Abs. 7 TNSchG 1991 umfaßt auch den Einlösungsanspruch als solchen und nicht nur den Einlösungsbetrag. Es handelt sich dabei um eine einheitliche Angelegenheit, für die letztlich die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte besteht, wodurch eine unsachliche Differenzierung beim Rechtsschutz vermieden wird.
Schon die bloße Möglichkeit der Anrufung der ordentlichen Gerichte im Falle der gesetzlich vorgesehenen sukzessiven Zuständigkeit schließt die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes in derselben Angelegenheit aus (vgl. den bereits genannten Beschluß vom 2. Juli 1990). Da diese Voraussetzung im Beschwerdefall gegeben ist, fehlt dem Verwaltungsgerichtshof die Zuständigkeit zur meritorischen Behandlung der vorliegenden Beschwerde.
Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG als unzulässig zurückzuweisen.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
BGBl. Nr. 416/1994.
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