Normen
AVG §66 Abs4;
VStG §24;
VStG §44a Z1;
VStG §51 Abs6 idF 1990/358 ;
WRG 1959 §137 Abs3 litd;
WRG 1959 §31 Abs1;
AVG §66 Abs4;
VStG §24;
VStG §44a Z1;
VStG §51 Abs6 idF 1990/358 ;
WRG 1959 §137 Abs3 litd;
WRG 1959 §31 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schreiben vom 27. November 1990 forderte die Bezirkshauptmannschaft (BH) den Beschwerdeführer zur Rechtfertigung zu dem Vorwurf auf,
"als das gemäß § 9 VStG verantwortliche Organ, nämlich als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma K.D. & Co in H., S.-Straße 10, für eine Gewässerverunreinigung verantwortlich zu sein, indem am 3.8.1990 gegen 08.00 Uhr unter Außerachtlassung der gebotenen Sorgfalt von S.Y., bei Reinigungsarbeiten in der Firmengarage Dieselölrückstände mit einem Wasserschlauch in den Oberwasserkanal geschwemmt wurden und es dadurch zu einer Verunreinigung des R.-Baches und in weiterer Folge des Bodensees gekommen ist."
Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 137 Abs. 3 lit. d i.V.m. § 31 Abs. 1 WRG 1959 begangen.
Nachdem diese Aufforderung reaktionslos geblieben war, erkannte die BH den Beschwerdeführer mit Straferkenntnis vom 31. Juli 1991 wegen der oben umschriebenen Tat der "Übertretung gemäß Wasserrechtsgesetz, BGBl. 215/1959 i.d.g.F.
Österr.R. VII h 1/1" schuldig und verhängte über ihn "gemäß § 137 Wasserrechtsgesetz" eine Geldstrafe von S 5.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 35 Stunden) und verhielt ihn gemäß § 64 Abs. 2 VStG zum Kostenersatz. Begründend führte die BH aus, daß nach dem Inhalt der Anzeige der Arbeiter S.Y. am 3. August 1990 eine Verschmutzung des R.-Baches sowie des Bodensees dadurch verursacht habe, daß er bei Reinigungsarbeiten im Unternehmen des Beschwerdeführers Dieselölrückstände mit einem Wasserschlauch in den Oberwasserkanal schwemmte.
In seiner gegen dieses Straferkenntnis erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer u.a. vor, daß durch den festgestellten Vorfall der R.-Bach nicht verschmutzt worden sei, weshalb kein Grund zur Bestrafung vorliege. Als sein Mitarbeiter den Asphalt vor der Produktionshalle mit einem Schlauch abgespritzt habe, seien geringe Rückstände von Öl gelöst worden, welche S.Y. nicht wahrnehmen habe können. Die Oberflächenwässer seien dabei in geringen Mengen in den M.-Bach gelangt, der vom R.-Bach aber rund 200 m entfernt sei und mit diesem keine Verbindung habe.
Über Anfrage der belangten Behörde teilte das Landeswasserbauamt Bregenz dieser mit, daß die Dach- und Oberflächenwässer aus dem Areal des Unternehmens des Beschwerdeführers in den M.-Bach, einen Werkskanal, entwässerten, welcher durch Wasser aus dem L.-Bach gespeist werde und unterhalb des Geländes des Unternehmens des Beschwerdeführers in den Bodensee münde. Daß der R.-Bach keine Verbindung zum Areal des Unternehmens des Beschwerdeführers habe, treffe zu. Es dürfte beim Strafantrag irrtümlich der Werkskanal mit dem R.-Bach verwechselt worden sein; eine Verschmutzung des R.-Baches als Folge von Reinigungsarbeiten auf dem Gelände des Unternehmens des Beschwerdeführers sei auf Grund der örtlichen Gegebenheiten nicht möglich. Der von der belangten Behörde als Zeuge vernommene Meldungsleger gab an, die Wasserprobe mit Sicherheit aus dem M.-Bach und nicht aus dem R.-Bach entnommen zu haben; er habe damals lediglich die Bezeichnung der beiden Gewässer verwechselt.
Die belangte Behörde teilte diese ihre Erhebungsergebnisse dem Beschwerdeführer mit, welcher sich dazu jedoch nicht äußerte.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid sprach die belangte Behörde aus:
"Der Berufung wird gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 i.V.m. § 24 VStG 1950 und Abs. 2 VStG-Übergangsrecht 1991 insofern Folge gegeben, als der Spruch wie folgt zu lauten hat:
(Beschwerdeführer) hat es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und damit als gemäß § 9 Abs. 1 VStG 1950 zur Vertretung nach außen berufenes Organ der K.D. & Co, H., unterlassen, dafür Sorge zu tragen, daß es durch die von S.Y. am 3.8.1990 um ca. 08.00 Uhr durchgeführten Reinigungsarbeiten auf dem Firmengelände in ..., die in der Folge eine Verunreinigung des M.-Baches mit Mineralölrückständen herbeigeführt haben, nicht zu einer Gewässerverunreinigung kommt, und hat durch dieses sein Verhalten die ihn gemäß § 31 Abs. 1 Wasserrechtsgesetz treffende Sorgfaltspflicht verletzt. Er hat dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 137 Abs. 3 lit. d i.V.m. § 31 Abs. 1 Wasserrechtsgesetz begangen. Gemäß § 137 Abs. 3 lit. d leg. cit. wird daher über ihn eine Geldstrafe von S 4.000,--, im Falle deren Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag, verhängt.
Gemäß § 64 VStG 1950 verringert sich der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auf S 400,--."
Begründend führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, daß nach der dem bekämpften Straferkenntnis zugrundeliegenden Aktenlage von Organen der Gendarmerie eine Verschmutzung des R.-Baches sowie des Bodensees im Mündungsbereich des R.-Baches festgestellt worden sei. Die im Zuge des Berufungsverfahrens durchgeführten ergänzenden Erhebungen hätten ergeben, daß es sich nicht um den R.-Bach, sondern um den M.-Bach handle und daß in der Anzeige der Gendarmerie lediglich versehentlich die Bezeichnung der Gewässer verwechselt worden sei, weshalb die Gewässerbezeichnung im Spruch des Bescheides richtiggestellt worden sei. Der Beschwerdeführer habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Gesellschaft, welche als Verpflichteter im Sinne des § 31 Abs. 1 WRG 1959 anzusehen sei, unterlassen, alle jene Vorkehrungen zu treffen, um bei Reinigungsarbeiten auf dem Gelände des Unternehmens eine Verunreinigung des M.-Baches auszuschließen. Daß er seine Mitarbeiter zu einem sorgsamen Umgang mit wassergefährdenden Stoffen angehalten und entsprechende Aufsichtsmaßnahmen getroffen hätte, habe der Beschwerdeführer nicht nachgewiesen. Neben dem Tatbestandsmerkmal der Außerachtlassung der den Beschwerdeführer im § 31 Abs. 1 WRG 1959 treffenden Sorgfaltspflicht sei aber auch das weitere Tatbestandsmerkmal der Gewässerverunreinigung auf Grund des vorliegenden Untersuchungsergebnisses der Vorarlberger Umweltschutzanstalt eindeutig erfüllt. Das bekämpfte Straferkenntnis sei aber dahin zu präzisieren gewesen, daß nicht eine Verschmutzung des R.-Baches, sondern des M.-Baches eingetreten sei, womit die dem erhebenden Organ der Gendarmerie unterlaufene Verwechselung richtiggestellt worden sei. Des weiteren habe eine Verschmutzung des Bodensees nicht als erwiesen angenommen werden können, da Gewässerproben vom Bodensee nicht entnommen worden seien; das bekämpfte Straferkenntnis sei auch diesbezüglich abzuändern gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher der Beschwerdeführer inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht und Bescheidaufhebung beantragt; er erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht, nicht ohne Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen wegen Übertretung des Wasserrechtsgesetzes bestraft zu werden, und in seinem Recht auf ein ordnungsgemäßes Verfahren als verletzt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer wirft der belangten Behörde u.a. vor, mit der neuen Gestaltung des ihm gegenüber getätigten Schuldspruches in unzulässiger Weise den im erstinstanzlichen Straferkenntis enthaltenen Tatort ausgewechselt und ihn damit im Ergebnis wegen eines Deliktes bestraft zu haben, hinsichtlich dessen nach dem Wortlaut der ihm gegenüber gesetzten Verfolgungshandlung bereits Verfolgungsverjährung eingetreten sei. Der Vorwurf ist berechtigt.
Die gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwendende Bestimmung des § 66 Abs. 4 AVG verpflichtet die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden, wobei sie berechtigt ist, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid - im Verwaltungsstrafverfahren allerdings unter Beachtung des geltenden Verschlimmerungsverbotes - nach jeder Richtung abzuändern. Entscheidung in der Sache bedeutet aber auch eine Beschränkung des Prozeßgegenstandes der Berufungsentscheidung durch jene Verwaltungssache, welche der unteren Instanz vorlag (vgl. die bei Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts5, 538, wiedergegebene hg. Judikatur).
Gemäß § 44a Z. 1 VStG hat der nicht auf Einstellung lautende Spruch eines Straferkenntnisses die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es dazu erforderlich, daß der Spruch des Straferkenntnisses alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale der zur Last gelegten Verwaltungsübertretung umfaßt, weil die Tat so eindeutig umschrieben werden muß, daß kein Zweifel darüber bestehen kann, wofür eine Bestrafung erfolgt ist; diesem Erfordernis ist nur entsprochen, wenn der Spruch alle jene Tatmerkmale enthält, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens erforderlich sind (vgl. die bei Ringhofer, Verwaltungsverfahrensgesetze II, E 10ff zu § 44a VStG wiedergegebene hg. Judikatur).
Die dem Beschwerdeführer vorgeworfene Verwaltungsübertretung nach § 137 Abs. 3 lit. d WRG 1959 enthält als Tatbestandsmerkmal auch den Umstand einer durch die Außerachtlassung der dort genannten Sorgfaltspflicht bewirkten Gewässerverunreinigung. Tatbildelement dieses Straftatbestandes ist somit auch die Herbeiführung des Erfolges der Verunreinigung eines Gewässers. Die Benennung jenes Gewässers, hinsichtlich dessen dieser zum Tatbild gehörige Erfolg herbeigeführt wurde, muß demnach zu den wesentlichen Tatbestandsmerkmalen der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung gezählt werden, deren Konkretisierung im Spruch des verurteilenden Erkenntnisses nach den oben genannten Grundsätzen zu fordern ist. Der Austausch eines solchen Elementes aber ist der Berufungsbehörde verwehrt. Mit dem Austausch des vom verpönten Erfolg der bewirkten Verunreinigung betroffenen Gewässers hat die belangte Behörde damit die dem Beschwerdeführer vorgeworfene Tat ausgewechselt. Dazu aber war die belangte Behörde auch dann nicht berechtigt, wenn sie damit nur einen dem Meldungsleger unterlaufenen und von der Strafbehörde erster Instanz übernommenen Irrtum richtigstellen wollte. Der Beschwerdeführer hatte Anspruch darauf, über seine wegen der wegen Verunreinigung des R.-Baches erfolgten Bestrafung erhobene Berufung nicht von der Berufungsbehörde wegen Verunreinigung des M.-Baches bestraft zu werden. Daß hinsichtlich des von der belangten Behörde beschriebenen Tatvorwurfes zudem auch schon Verfolgungsverjährung eingetreten war, zeigt der Beschwerdeführer ebenso zutreffend auf.
Der angefochtene Bescheid erwies sich somit als inhaltlich rechtswidrig und war demnach gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß es eines Eingehens auf die weiteren Beschwerdegründe bedurfte.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
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